Für Direktvermarkter oder als neues Standbein: Forscher der TU Dresden entwickeln eine Technologie, mit der Landwirte am Hof nachhaltige Verpackungen herstellen können.
Unsere Gesprächspartner sind Holger Unbehaun und Lydia Hofmann von der Technischen Universität Dresden, die sich am Institut für Holz- und Papiertechnik mit der Herstellung von Verpackungen aus nachhaltigen Faserstoffen beschäftigen.
Sie entwickeln eine Technologie, mit der Reststoffe aus der Landwirtschaft in Einwegverpackungen umwandelt werden. Sie soll direkt auf landwirtschaftlichen Betrieben zum Einsatz kommen. Wieso direkt am Hof?
Holger Unbehaun: Faserstoffe, die in der Landwirtschaft als Reste anfallen, eignen sich bekanntermaßen gut als Dämmstoffe. Das Problem ist, dass solche Stoffe wie Erbsen-, Bohnen- und Luzernestroh im Vergleich zu Holzfasern nur in kleinen Mengen und sehr dezentral anfallen.
Wenn ein Landwirt sein Stroh zu einer Industrieanlage zur Verarbeitung bringt, kostet ihn der verfahrene Sprit mehr, als er für den Strohballen bekommt. Also liegt ein Konzept nahe, das Transporte vermeidet.
Wir wollen den Betriebsleiter in die Lage versetzen, faserhaltige Reststoffe, die bisher kaum genutzt werden, direkt am Hof für die Herstellung von kompostierbaren Verpackungen einzusetzen. Daskann zu einem neuen Standbein für den Betrieb werden. Oder ein Direktvermarkter ersetztzugekaufte Kunststoff- oder Papptrays für sein Obst oder Gemüse.
Konzept für landwirtschaftliche Betriebe
Wie soll die Herstellung funktionieren?
Lydia Hofmann:Wir entwickelneine Prozesstechnologie bestehend aus den Schritten Mahlung/Trocknung, Mattenlegung und Formteilpresse. Sie soll so konzipiert und skaliert sein, dass sie bei einem mittelständischen, landwirtschaftlichen Erzeuger implementiert werden kann.Das Verfahren funktioniert im Gegensatz zu den bisher üblichen Papierprozessen als Trockenverfahren ohne Bindemittel. Außerdem haben wir geeignete Formwerkzeuge entwickelt, um unterschiedliche faserhaltige Reststoffe zu Verpackungen mit hoher Formtiefe zu verarbeiten.
Nächstes Ziel ist es, die Technologie inZusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Betrieben an die individuellen Gegebenheiten und Rohstoffsortimente anzupassen. Dazu bestehen bereits Kontakte zu einem Pilzproduzenten und landwirtschaftlichen Erzeugern in Sachsen. Weitere Interessenten sind aber sehr willkommen.
Was versprechen Sie sich vom Austausch mit den Bauern?
Holger Unbehaun: Jetzt geht es um die Fragen, die die praktische Umsetzung auf den Betrieben und deren Anforderungen betreffen: Welche Rohstoffe fallen überhaupt an? Denkbar ist die Anwendung aller biogenen, faserhaltigen Stoffe. Besonders von Vorteil sind kohlenhydrat- und proteinreiche pflanzliche Materialien.
Außer den schon genannten Stroharten sind auch Kleegras, Mais- und Sonnenblumenstängel, Rapsstroh, Tomatenstängel oder auch Seegras, Bagasse oder Palmblätter denkbar. Landwirte, bei denen diese Reststoffe anfallen und die Interesse haben, das Projekt mit uns weiterzuentwickeln, sind herzlich eingeladen, sich zu melden.
10 bis 12 Cent pro Schale
Welche Kosten sind mit der Herstellung der Verpackungen auf dem Betrieb verbunden? Müssen noch Zusatzstoffe oder die Maschinen erworben werden?
Lydia Hofmann:Es macht einen Unterschied, ob Himbeeren oder Pilze verpackt werden. Das entscheidet mit über die Verpackungseigenschaften wie Festigkeit und Oberflächenbeschaffenheit. Mit berücksichtigt werden müssen auchdie jeweils anfallende Rohstoffmenge, die geplante Stückzahl, die Art der benötigten Maschinen, der Platzbedarf und natürlich die Kosten. Ziel ist es, am Ende zu wettbewerbsfähigen Preisen zu produzieren. Nachhaltige Verpackungen im Wettbewerb liegen bei Produktionskosten pro Schale von etwa 10 bis 12 Cent. Das wollen wir auch erreichen.
Und was Maschinen angeht: Für die Mahlung bzw. Aufbereitung des Materials kann ggf. ein vorhandener Strohhäcksler oder ein Extruder aus der Vorbehandlung von Substraten für die Biogasgewinnung verwendet werden. Ab jetzt geht es im Projekt eben darum, die Portionierung, Vorverdichtung und Umformung des Materials zu Verpackungen im Produktionsmaßstab in die Umsetzung zu bringen. Daher suchen wir nach Betrieben, die Interesse haben.
Wie muss die Qualität der Rohware beschaffen sein, damit sie sich überhaupt eignet?
Holger Unbehaun:Die Rohstoffe können in Form von Stängeln, Häcksel, Spänen, Fasern oder Spelzen verarbeitet werden und sollten für eine bessere Lagerfähigkeit vorgetrocknet sein. Kleinmengen für Versuche können auch in nassem oder gefrorenem Zustand geliefert werden. Das Material sollte weitgehend frei von Fremdstoffen wir Steinen, Metall, Kunststoff oder Sand sein, um eine Beschädigung der Werkzeuge zu vermeiden.
Eine Marktumfrage mit Verpackungsschale aus verschiedenen Rohstoffen hat gezeigt, dass Eigenschaften wie Geruch, Farbe und Textur relevant sein können; wobei ein Eigengeruch nicht zwingend negativ ist, er wurde im Gegenteil eher positiv wahrgenommen.
Hinweis:
Bitte aktivieren Sie Javascipt in Ihrem Browser, um diese Seite optimal nutzen zu können
Zum Lesen dieses Artikels benötigen Sie ein top agrar Abonnement
Unsere Gesprächspartner sind Holger Unbehaun und Lydia Hofmann von der Technischen Universität Dresden, die sich am Institut für Holz- und Papiertechnik mit der Herstellung von Verpackungen aus nachhaltigen Faserstoffen beschäftigen.
Sie entwickeln eine Technologie, mit der Reststoffe aus der Landwirtschaft in Einwegverpackungen umwandelt werden. Sie soll direkt auf landwirtschaftlichen Betrieben zum Einsatz kommen. Wieso direkt am Hof?
Holger Unbehaun: Faserstoffe, die in der Landwirtschaft als Reste anfallen, eignen sich bekanntermaßen gut als Dämmstoffe. Das Problem ist, dass solche Stoffe wie Erbsen-, Bohnen- und Luzernestroh im Vergleich zu Holzfasern nur in kleinen Mengen und sehr dezentral anfallen.
Wenn ein Landwirt sein Stroh zu einer Industrieanlage zur Verarbeitung bringt, kostet ihn der verfahrene Sprit mehr, als er für den Strohballen bekommt. Also liegt ein Konzept nahe, das Transporte vermeidet.
Wir wollen den Betriebsleiter in die Lage versetzen, faserhaltige Reststoffe, die bisher kaum genutzt werden, direkt am Hof für die Herstellung von kompostierbaren Verpackungen einzusetzen. Daskann zu einem neuen Standbein für den Betrieb werden. Oder ein Direktvermarkter ersetztzugekaufte Kunststoff- oder Papptrays für sein Obst oder Gemüse.
Konzept für landwirtschaftliche Betriebe
Wie soll die Herstellung funktionieren?
Lydia Hofmann:Wir entwickelneine Prozesstechnologie bestehend aus den Schritten Mahlung/Trocknung, Mattenlegung und Formteilpresse. Sie soll so konzipiert und skaliert sein, dass sie bei einem mittelständischen, landwirtschaftlichen Erzeuger implementiert werden kann.Das Verfahren funktioniert im Gegensatz zu den bisher üblichen Papierprozessen als Trockenverfahren ohne Bindemittel. Außerdem haben wir geeignete Formwerkzeuge entwickelt, um unterschiedliche faserhaltige Reststoffe zu Verpackungen mit hoher Formtiefe zu verarbeiten.
Nächstes Ziel ist es, die Technologie inZusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Betrieben an die individuellen Gegebenheiten und Rohstoffsortimente anzupassen. Dazu bestehen bereits Kontakte zu einem Pilzproduzenten und landwirtschaftlichen Erzeugern in Sachsen. Weitere Interessenten sind aber sehr willkommen.
Was versprechen Sie sich vom Austausch mit den Bauern?
Holger Unbehaun: Jetzt geht es um die Fragen, die die praktische Umsetzung auf den Betrieben und deren Anforderungen betreffen: Welche Rohstoffe fallen überhaupt an? Denkbar ist die Anwendung aller biogenen, faserhaltigen Stoffe. Besonders von Vorteil sind kohlenhydrat- und proteinreiche pflanzliche Materialien.
Außer den schon genannten Stroharten sind auch Kleegras, Mais- und Sonnenblumenstängel, Rapsstroh, Tomatenstängel oder auch Seegras, Bagasse oder Palmblätter denkbar. Landwirte, bei denen diese Reststoffe anfallen und die Interesse haben, das Projekt mit uns weiterzuentwickeln, sind herzlich eingeladen, sich zu melden.
10 bis 12 Cent pro Schale
Welche Kosten sind mit der Herstellung der Verpackungen auf dem Betrieb verbunden? Müssen noch Zusatzstoffe oder die Maschinen erworben werden?
Lydia Hofmann:Es macht einen Unterschied, ob Himbeeren oder Pilze verpackt werden. Das entscheidet mit über die Verpackungseigenschaften wie Festigkeit und Oberflächenbeschaffenheit. Mit berücksichtigt werden müssen auchdie jeweils anfallende Rohstoffmenge, die geplante Stückzahl, die Art der benötigten Maschinen, der Platzbedarf und natürlich die Kosten. Ziel ist es, am Ende zu wettbewerbsfähigen Preisen zu produzieren. Nachhaltige Verpackungen im Wettbewerb liegen bei Produktionskosten pro Schale von etwa 10 bis 12 Cent. Das wollen wir auch erreichen.
Und was Maschinen angeht: Für die Mahlung bzw. Aufbereitung des Materials kann ggf. ein vorhandener Strohhäcksler oder ein Extruder aus der Vorbehandlung von Substraten für die Biogasgewinnung verwendet werden. Ab jetzt geht es im Projekt eben darum, die Portionierung, Vorverdichtung und Umformung des Materials zu Verpackungen im Produktionsmaßstab in die Umsetzung zu bringen. Daher suchen wir nach Betrieben, die Interesse haben.
Wie muss die Qualität der Rohware beschaffen sein, damit sie sich überhaupt eignet?
Holger Unbehaun:Die Rohstoffe können in Form von Stängeln, Häcksel, Spänen, Fasern oder Spelzen verarbeitet werden und sollten für eine bessere Lagerfähigkeit vorgetrocknet sein. Kleinmengen für Versuche können auch in nassem oder gefrorenem Zustand geliefert werden. Das Material sollte weitgehend frei von Fremdstoffen wir Steinen, Metall, Kunststoff oder Sand sein, um eine Beschädigung der Werkzeuge zu vermeiden.
Eine Marktumfrage mit Verpackungsschale aus verschiedenen Rohstoffen hat gezeigt, dass Eigenschaften wie Geruch, Farbe und Textur relevant sein können; wobei ein Eigengeruch nicht zwingend negativ ist, er wurde im Gegenteil eher positiv wahrgenommen.