Die Inflation, Lieferengpässe und steigende Rohstoffpreise erreichen nun auch den Verbraucher. Als erster Lebensmitteleinzelhändler zieht Aldi die Preise drastisch an. Laut Recherchen der „Lebensmittel Zeitung“ (LZ) seien von den Preiserhöhungen von zehn Cent bis zu einem Euro rund 400 Produkte aller Warengruppen betroffen. Solch drastische Preiserhöhungen habe es seit vielen Jahren nicht mehr gegeben.
Ein Unternehmenssprecher von Aldi Nord und Aldi Süd bestätigte die Rechercheergebnisse der LZ. Die aktuelle Marktlage sei stark geprägt von anhaltenden Herausforderungen. Die anhaltende Pandemie sowie der Kostenanstieg von Rohstoff- und Energiepreisen seien dabei nur zwei Gründe. Vor allem der Ukraine-Krieg habe die Lage erneut stark verschärft. „Dort, wo sich die Kosten im Einkauf durch die derzeitige Marktsituation verändern, müssen auch wir die Verkaufspreise erhöhen“, so der Aldi-Sprecher. Er verwies dabei auf das „Discounter-Modell“, nach welchem sich Preise reduzieren, wenn Einkaufspreise sinken und ebenso wieder ansteigen, sobald der Einkauf teurer werde. Die Margen des Discounters würden sich durch diesen Schritt jedoch in keiner Weise verändern.
Kaffee und Backwaren werden teurer
Laut der „Lebensmittel Zeitung“ zeige sich der Preisanstieg vor allem beim Kaffee. Je nach Sorte erhöhe Aldi die Preise dort um 60 Cent bis zu einem Euro. Ebenfalls betroffen seien Backwaren und Tiefkühlprodukte sowie Drogerieartikel und Waschmittel. Aldi habe sich nach eigenen Angaben lange gegen eines solche Preissteigerung gesperrt. Nun sei ein Anstieg durch die erheblich gestiegenen Kosten im Einkauf nicht mehr abzuwenden gewesen. Gegenüber der LZ erklärte ein Einkäufer: „In den letzten zehn Jahren hatten wir einen Markt, in dem die Einkäufer bestimmten. Das hat sich komplett gedreht. Jetzt haben die Lieferanten eine stärkere Position.“
Vermutlich werde sich die der Preissprung bei Aldi auch auf den übrigen Lebensmitteleinzelhandel auswirken. In den letzten Jahren hätten sich viele Händler an den Preisen des Discounters orientiert.
Backhaus kritisiert Supermarktketten wegen hoher Gewinnmargen
Im Rahmen der steigenden Lebensmittelpreise richtete sich Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Dr. Till Backhaus an den LEH: „Auf dem Sektor des Lebensmitteleinzelhandels haben wir mittlerweile Strukturen, die dem Oligopol auf dem Ölmarkt gleichen.“ Es mache ihn wütend zu sehen, wie der Markt aus den Fugen gerate. Er spricht in einer Pressemeldung vom Donnerstag vom LEH als „Kriegsgewinnler“, der auch während der anhaltenden Krisen „weiterhin Gewinnmargen von 40 bis 50 %“ einfahre. Im gleichen Zuge könnten landwirtschaftliche Betriebe weiterhin keine kostendeckenden Preise erwirtschaften. „Hier läuft etwas gewaltig schief“, so der Minister. Sollte sich die Lage nicht verändern, müsse man rechtsstaatliche Mittel einsetzten und Kartellwächter kontaktieren.
Auch an die Verbraucher wandte sich Backhaus: „Hamsterkäufe erzeugen künstliche Engpässe, die wiederum die Preise nach oben treiben.“ Es sei in Deutschland eine Ernährungssicherheit gewährleistet und leere Regale nach zwei Tagen wieder aufgefüllt. Es sei wichtig, dass die Kunden Ruhe und einen Überblick zurückgewinnen. Er appelliert an die Verbraucher haushaltsübliche Mengen einzukaufen und auch einmal auf Alternativen zurückzugreifen.