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„Aldi hat mit dem Schnellschuss einen Fehler gemacht!“

Aldi verunsichert mit dem Tierwohl-Vorstoß viele Tierhalter. Die ganze Branche ist überrumpelt. Veredelungspräsident Hubertus Beringmeier will Aldi wieder einfangen.

Lesezeit: 3 Minuten

Herr Beringmeier, was halten Sie von dem Aldi-Vorstoß, bis 2030 Frischfleisch auf die Haltungsstufe 3 und 4 umzustellen?

Beringmeier: Ehrlich gesagt: das Vorgehen von Aldi hat mich stark irritiert. Die Ergebnisse der Borchert-Kommission stehen im Raum, und plötzlich kommt dieser überraschende Alleingang. Die deutschen Landwirte sind zum Umbau der Tierhaltung bereit. Aber es gibt noch viele offene Fragen, zu denen ALDI gar nichts sagt: Nach derzeitigem Baurecht bekommen viele Landwirte überhaupt keine Genehmigung, ihre Ställe umzubauen. Wie lassen sich künftig Umweltstandards und Freiluftbereiche vereinbaren? Ist die Finanzierung überhaupt langfristig gesichert? Außerdem lassen die Aldi-Vorschläge z.B. Ferkelerzeuger komplett außen vor. Hier sind noch viele Fragen offen.

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Stehen Borchert und die Initiative Tierwohl durch den Vorstoß des LEH jetzt zur Disposition?

Beringmeier: Ich möchte noch einmal deutlich feststellen: Die Tierhaltung in Deutschland ist gut! Und die Tierhalter sind bereit, ihre Haltungssysteme weiterzuentwickeln. Zur dritten Programmphase der ITW haben wir hervorragende Anmeldezahlen, auch von Ferkelerzeugern. Und auch die Borchert-Kommission ist für uns nicht gescheitert.

Wir fordern ein klares Bekenntnis zu Fleisch aus deutscher Herkunft

Was fordern Sie von Aldi bzw. vom LEH ganz konkret?

Beringmeier: Wir fordern vom gesamten deutschen LEH ein klares Bekenntnis zu Fleisch aus deutscher Herkunft. Die Tierhalter brauchen Planungssicherheit. Und dass Aldi darauf hinweist, auch international einkaufen zu können, wenn bis 2030 die deutschen Mengen nicht reichen sollten, ist doch ein Widerspruch in sich! Unsere Verbraucher wollen Tierwohl-Ware aus regionaler Erzeugung.

Macht Aldi nicht das, was die Branche fordert – also den Absatz von Tierwohlfleisch garantieren?

Beringmeier: Wir sind in der gleichen Richtung unterwegs. Aber ich fordere Aldi und den gesamten LEH auf, sich offiziell zu den Zielen der Borchert-Kommission zu bekennen und gemeinsam die noch offenen Fragen zu lösen. Die jetzt geplante Kurzfristigkeit der Umstellung ist ein Plan, der noch geerdet werden muss. Wenn Sie vor ein paar Jahren einen neuen Stall gebaut haben, können sie den nicht einfach bis 2030 komplett umbauen – falls Sie überhaupt eine Genehmigung bekommen. Dazu kommen die steigenden Baukosten. Wir fordern eine realistische Kostenabschätzung des deutlich höheren Aufwands inklusive angemessener Stundenlöhne und die Berücksichtigung eines angemessenen Unternehmergewinns.

Wie stehen Ihre Mitglieder zu dem Thema?

Beringmeier: Bei unseren Tierhaltern gibt es Existenzängste. Viele werden aufgeben, weil sie nach Düngeverordnung, Nutztierhaltungsverordnung, ASP, Schlachtschweinestau usw. einfach keine Perspektive mehr sehen. Es kommt zu viel und zu schnell auf die Betriebe zu. Die Tierbestände, insbesondere die Schweinebestände, gehen seit Jahren zurück in Deutschland.

Die zentrale Frage: Ist der Handel bereit, den Mehraufwand der Tierhalter zu entlohnen?

Wie kann es denn weitergehen?

Beringmeier: Wir vom Bauernverband haben mit Aldi Nord und Aldi Süd Gespräche vereinbart. Wir wollen zusammen mit dem LEH diskutieren, wie ein Umbau der Nutztierhaltung aussehen könnte und fordern ein klares Bekenntnis zu Frischfleisch aus deutscher Herkunft. Es kann nicht sein, dass hier die Ställe umgebaut werden und dann der LEH günstigere Ware im Ausland einkauft. Unsere Tierhalter brauchen Planungssicherheit und eine Abnahmegarantie des Handels. Die zentrale Frage bleibt dabei: Ist der Handel bereit, den Mehraufwand der Tierhalter durch höhere Einkaufspreise zu entlohnen? Dies ist aus meiner Sicht zwingend erforderlich.

Und wenn Aldi nicht auf Ihre Kritik eingeht?

Beringmeier: Wir wollen den Dialog und eine gemeinsame Linie finden, um die große gesamtgesellschaftliche Herausforderung „Umbau der Nutztierhaltung“ zu bewältigen. Ich gehe davon aus, dass Aldi sich hier nicht entziehen kann und will. Dabei setze ich auch auf die Vorarbeit der Zukunftskommission. Im Moment müssen wir zuerst einmal wieder mehr Ruhe in die Diskussion bringen.

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