Genetiker klärt auf: Sind alte Sorten wirklich robuster?
Sind alte Getreidesorten resistenter und gesünder? Liegt hier noch eine Chance für die moderne Landwirtschaft, oder handelt es sich um Relikte alter Zeiten? Der Genetiker Nils Stein weiß Antworten.
Nach wie vor wachsen alte Getreidearten und -sorten wie Einkorn, Emmer und Champagnerroggen auf unseren Äckern. Befürworter preisen sie als widerstandsfähig, schmackhaft und gesund. Doch wie robust sind diese traditionellen Pflanzengene tatsächlich im Vergleich zu modernen Züchtungen? Und welche Rolle spielen sie in der heutigen Landwirtschaft?
Prof. Dr. Nils Stein vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) ist Experte für das Genom von Weizen, Gerste und Roggen und forscht damit sozusagen an der Wurzel der Pflanzenzüchtung. Die Genbank des IPK umfasst rund 150.000 Samenarten. Stein kennt sich also aus mit der Genetik alter und neuer Kulturpflanzen.
Herr Stein, bietet die genetische Vielfalt alter Arten und Sorten nicht schon alles, was wir für gesunde Pflanzen benötigen? Warum braucht es die Pflanzenzüchtung?
Nils Stein: Es gibt einschlägige statistische Untersuchungen, die belegen, dass die moderne Pflanzenzüchtung über die vergangenen Jahrzehnte einen kontinuierlichen Zuchtfortschritt in Bezug auf den Ertrag erreicht hat. Dieser Zuchtfortschritt hat sich zuletzt abgeflacht, insbesondere durch instabilere Umweltbedingungen.
Ein Großteil der Landwirte hat ein Interesse daran, diesen potenziellen Mehrertrag zu nutzen. Deshalb gibt es im konventionellen Anbau einen großen Zuspruch für moderne, neue Sorten. Moderne Sorten sind zudem oftmals besser angepasst an Krankheitserreger, die in der Vergangenheit noch keine große Bedeutung hatten.
Landwirte, die Dinkel, Emmer und Co. anbauen, schwören auf den robusten Genpool und werben damit, dass die Pflanzen zwar weniger Ertrag abwerfen, dafür aber resistenter, schmackhafter und gesünder sind. Stimmt das?
Stein: Durch die schlechtere Anpassung an die modernen, intensiven Produktionsbedingungen sind alte Sorten tatsächlich in der Regel weniger ertragreich. Dies liegt zum Teil auch an einer höheren Lageranfälligkeit durch höheren Wuchs.
Alte Sorten bei Getreide sind definitiv nicht resistenter, im Gegenteil, vergleicht man die Genetik alter Sorten Seite an Seite im Feld unter natürlichen Infektionsbedingungen, schneiden moderne Sorten in der Regel erheblich besser ab.
Stein: Es gibt es unter den alten Sorten sehr wertvolle Resistenzquellen. Diese müssen allerdings aufwendig gesucht und identifiziert werden und es handelt sich definitiv um Ausnahmen. Die erklären sich durch die Biologie, die der Entstehung von Resistenz und Anfälligkeit zugrunde liegt. Und, ob alte Getreidesorten gesünder sind oder besser schmecken, dazu ist mir kein solides Forschungsergebnis bekannt.
Deshalb ist es eine Aufgabe von gesellschaftlicher Bedeutung, alte Sorten, oder besser gesagt: genetische Ressourcen, zu erhalten.
Warum brauchen wir die genetischen Ressourcen noch, wenn sie „schlechter“ abschneiden, als moderne?
Stein: Der Großteil der pflanzengenetischen Ressourcen für die Anwendung wird in Deutschland in sogenannten Genbanken, steuergeldfinanzierten Einrichtungen, erhalten. Aber es gibt auch zahlreiche privat finanzierte Initiativen, die oftmals einen stark regionalen Fokus haben.
In erster Linie braucht es ein Bewusstsein, das alles was nicht mehr angebaut wird eines Tages verschwunden sein wird, weil Samen eine beschränkte Lebensfähigkeit haben. Es ist einer Pflanze nicht ohne weiteres anzusehen, ob sie genetische Varianten (Allele) trägt, die für zukünftige Anforderungen (Ertrag, Klimaanpassung, Resistenz, Qualität) vorteilhaft sein könnten. Denn die Rahmenbedingungen ändern sich: Allen voran das Klima, Regularien wie die Düngeverordnung oder Pestizidverbote und Anbaupraktiken. Deshalb ist es eine Aufgabe von gesellschaftlicher Bedeutung, alte Sorten, oder besser gesagt: genetische Ressourcen, zu erhalten.
In welchen Fällen könnte es für Landwirte Sinn machen, alte Sorten in ihre Fruchtfolge zu integrieren?
Stein: Ein konkretes Beispiel ist die Resistenz gegenüber bodenbürtigen Verzwergungsviren in der Gerste – hier arbeiten Getreidezüchter seit über 20 Jahren mit Resistenzquellen aus alten Sorten bzw. Landrassen. Ähnliche Beispiele lassen sich sicher auch für andere Kulturen finden.
Nach wie vor wachsen alte Getreidearten und -sorten wie Einkorn, Emmer und Champagnerroggen auf unseren Äckern. Befürworter preisen sie als widerstandsfähig, schmackhaft und gesund. Doch wie robust sind diese traditionellen Pflanzengene tatsächlich im Vergleich zu modernen Züchtungen? Und welche Rolle spielen sie in der heutigen Landwirtschaft?
Prof. Dr. Nils Stein vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) ist Experte für das Genom von Weizen, Gerste und Roggen und forscht damit sozusagen an der Wurzel der Pflanzenzüchtung. Die Genbank des IPK umfasst rund 150.000 Samenarten. Stein kennt sich also aus mit der Genetik alter und neuer Kulturpflanzen.
Herr Stein, bietet die genetische Vielfalt alter Arten und Sorten nicht schon alles, was wir für gesunde Pflanzen benötigen? Warum braucht es die Pflanzenzüchtung?
Nils Stein: Es gibt einschlägige statistische Untersuchungen, die belegen, dass die moderne Pflanzenzüchtung über die vergangenen Jahrzehnte einen kontinuierlichen Zuchtfortschritt in Bezug auf den Ertrag erreicht hat. Dieser Zuchtfortschritt hat sich zuletzt abgeflacht, insbesondere durch instabilere Umweltbedingungen.
Ein Großteil der Landwirte hat ein Interesse daran, diesen potenziellen Mehrertrag zu nutzen. Deshalb gibt es im konventionellen Anbau einen großen Zuspruch für moderne, neue Sorten. Moderne Sorten sind zudem oftmals besser angepasst an Krankheitserreger, die in der Vergangenheit noch keine große Bedeutung hatten.
Landwirte, die Dinkel, Emmer und Co. anbauen, schwören auf den robusten Genpool und werben damit, dass die Pflanzen zwar weniger Ertrag abwerfen, dafür aber resistenter, schmackhafter und gesünder sind. Stimmt das?
Stein: Durch die schlechtere Anpassung an die modernen, intensiven Produktionsbedingungen sind alte Sorten tatsächlich in der Regel weniger ertragreich. Dies liegt zum Teil auch an einer höheren Lageranfälligkeit durch höheren Wuchs.
Alte Sorten bei Getreide sind definitiv nicht resistenter, im Gegenteil, vergleicht man die Genetik alter Sorten Seite an Seite im Feld unter natürlichen Infektionsbedingungen, schneiden moderne Sorten in der Regel erheblich besser ab.
Stein: Es gibt es unter den alten Sorten sehr wertvolle Resistenzquellen. Diese müssen allerdings aufwendig gesucht und identifiziert werden und es handelt sich definitiv um Ausnahmen. Die erklären sich durch die Biologie, die der Entstehung von Resistenz und Anfälligkeit zugrunde liegt. Und, ob alte Getreidesorten gesünder sind oder besser schmecken, dazu ist mir kein solides Forschungsergebnis bekannt.
Deshalb ist es eine Aufgabe von gesellschaftlicher Bedeutung, alte Sorten, oder besser gesagt: genetische Ressourcen, zu erhalten.
Warum brauchen wir die genetischen Ressourcen noch, wenn sie „schlechter“ abschneiden, als moderne?
Stein: Der Großteil der pflanzengenetischen Ressourcen für die Anwendung wird in Deutschland in sogenannten Genbanken, steuergeldfinanzierten Einrichtungen, erhalten. Aber es gibt auch zahlreiche privat finanzierte Initiativen, die oftmals einen stark regionalen Fokus haben.
In erster Linie braucht es ein Bewusstsein, das alles was nicht mehr angebaut wird eines Tages verschwunden sein wird, weil Samen eine beschränkte Lebensfähigkeit haben. Es ist einer Pflanze nicht ohne weiteres anzusehen, ob sie genetische Varianten (Allele) trägt, die für zukünftige Anforderungen (Ertrag, Klimaanpassung, Resistenz, Qualität) vorteilhaft sein könnten. Denn die Rahmenbedingungen ändern sich: Allen voran das Klima, Regularien wie die Düngeverordnung oder Pestizidverbote und Anbaupraktiken. Deshalb ist es eine Aufgabe von gesellschaftlicher Bedeutung, alte Sorten, oder besser gesagt: genetische Ressourcen, zu erhalten.
In welchen Fällen könnte es für Landwirte Sinn machen, alte Sorten in ihre Fruchtfolge zu integrieren?
Stein: Ein konkretes Beispiel ist die Resistenz gegenüber bodenbürtigen Verzwergungsviren in der Gerste – hier arbeiten Getreidezüchter seit über 20 Jahren mit Resistenzquellen aus alten Sorten bzw. Landrassen. Ähnliche Beispiele lassen sich sicher auch für andere Kulturen finden.