Ortsansässige Landwirte fördern, mehr Transparenz auf dem Bodenmarkt schaffen und eine breite Eigentumsstreuung herstellen – diese politischen Ziele gibt es seit Jahren. Denn angesichts immer weiter steigender Bodenpreise und finanzkräftiger Investoren können Landwirte beim Flächenkauf oft nicht mehr mithalten.
Ein Kritikpunkt ist: Nach wie vor ist der reine Flächenkauf ab einer bestimmten Größe (siehe Übersicht 1) genehmigungspflichtig. Wer hingegen Anteile an einem Betrieb kauft, der Flächen besitzt, kann das ohne jegliche Meldung oder Genehmigung tun. Das ist vor allem in Ländern mit vielen Gesellschaften ein Thema.
„Etwa ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche ist in Ostdeutschland theoretisch durch Share Deals übertragbar“, erklärt Prof. Dr. Antje Tölle, Juristin an der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) und frühere Referentin im Bundeslandwirtschaftsministerium beim Bodenforum der Deutschen Gesellschaft für Agrarrecht (DGAR). In Westdeutschland sind nur 1,3 % der Flächen per Anteilskauf erwerbbar.
Dazu kommt: Der Share Deal hat auch massive steuerliche Vorteile. Erwerben Käufer über einen Betrachtungszeitraum von zehn Jahren insgesamt weniger als 90 % der Gesellschaft, fällt für diese Geschäfte keine Grunderwerbsteuer an, obwohl der Käufer über seinen Anteil an der Gesellschaft anteiliger Landbesitzer wird. Bei Landwirten, die per Vorkaufsverfahren Flächen erwerben, langt der Staat hingegen gleich zweimal zu. Sie müssen die von der Landgesellschaft gezahlte Grunderwerbsteuer nachträglich übernehmen und ein zweites Mal für den Kauf durch den eigenen Betrieb zahlen.
Länder sind am Zug
Die Ungerechtigkeiten und Regelungslücken sind lange bekannt, eine flächendeckende gesetzliche Lösung lässt aber weiter auf sich warten. Und das, obwohl die Bundesländer bereits seit 2006 dazu aufgerufen sind, das Grundstückverkehrsgesetz des Bundes durch eigene Regelungen zu ersetzen. Bislang sind nur zwei Bundesländer dies angegangen:
Baden-Württemberg: Weil immer mehr finanzstarke Bauern aus der Schweiz grenznahe Ländereien aufkauften, explodierten dort die Preise. Seitdem greift für Kaufverträge in den grenznahen Gebieten eine Preisbremse, wenn der Preis 20 % über dem landwirtschaftlichen Verkehrswert liegt. Außerhalb der grenznahen Bereiche gilt die aus dem Bundesrecht bekannte „Preisbremse“ von 50 % über dem Verkehrswert.
Das Problem, dass man einen kaufwilligen Landwirt braucht, damit die Landgesellschaft das Vorkaufsrecht ausüben kann, wird mit einem Vorratserwerb durch die Landgesellschaft gelöst, die solche Flächen innerhalb von zehn Jahren an einen aufstockungsbedürftigen Landwirt abgeben kann.
Niedersachsen: Das neue Gesetz über Grundstücksgeschäfte im Bereich der Landwirtschaft ergänzt seit 2022 das weiterhin gültige Bundesrecht. Es verschärft die Kontrolle beim Kauf und bei der Anzeigepflicht von Landpachtverträgen durch Absenkung der Freigrenze auf 0,5 ha. Ein Vorratserwerb durch die Landgesellschaft ist möglich. Ein wesentlich weitgehender Entwurf, der Pachtpreisbremsen, eine Kontrolle von Share Deals und Zukaufverbote für bestimmte Betriebe vorsah, kam aufgrund einer überraschenden Neuwahl nicht mehr zur Verabschiedung.
Jetzt oder nie?
Derzeit kommt wieder Bewegung in die Diskussion. „Aussagen zu Agrarstrukturgesetzen und zum Bodenmarkt finden sich in neun Bundesländern im Koalitionsvertrag“, sagt Prof. Dr. Antje Tölle und nennt einige Beispiele:
Mecklenburg-Vorpommern formuliert verschiedene Ziele der Agrarstruktur im Koalitionsvertrag, unter anderem eine Genehmigungspflicht für Share Deals.
Brandenburg hat zwar einen Referentenentwurf im Frühjahr 2024 vorgelegt, allerdings ist nicht mehr damit zu rechnen, dass dieser vor der Landtagswahl am 22.9.2024 beschlossen wird.
In Bayern findet sich der Satz „Bauernland in Bauernhand“ im Koalitionsvertrag. Es bleibt abzuwarten, ob daraus eine Gesetzesinitiative erwächst.
Hessen will das Problem der zweimal anfallenden Grunderwerbsteuer bei Vorkaufsverfahren angehen, evtl. wird der Grundstücksverkehr im geplanten Landwirtschaftsgesetz berücksichtigt.
In NRW forderten kurz vor der Wahl noch mehrere Landtagsfraktionen ein Agrarstrukturgesetz, jetzt sieht der Koalitionsvertrag „nur noch“ die Absicht vor, eine eigene Landgesellschaft zu gründen und etwas gegen die zweimal anfallende Grunderwerbssteuer zu tun.
Niedersachsen will das komplette Agrarstrukturgesetz erneut angehen.
Der in Sachsen-Anhalt 2020 vorgelegte Entwurf für ein Agrarstrukturgesetz konnte nicht mehr verabschiedet werden. Die neue Koalition will das Thema abschließen. Im Landtag fanden dazu mehrere Fachgespräche statt.
In Sachsen und Thüringen liegen konkrete Entwürfe zur Beratung in den Landtagen. Trotz vergleichbarer landwirtschaftlicher Struktur setzen sie aber an ganz verschiedenen Stellen an, wie Frau Prof. Dr. Tölle erklärt.
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Ortsansässige Landwirte fördern, mehr Transparenz auf dem Bodenmarkt schaffen und eine breite Eigentumsstreuung herstellen – diese politischen Ziele gibt es seit Jahren. Denn angesichts immer weiter steigender Bodenpreise und finanzkräftiger Investoren können Landwirte beim Flächenkauf oft nicht mehr mithalten.
Ein Kritikpunkt ist: Nach wie vor ist der reine Flächenkauf ab einer bestimmten Größe (siehe Übersicht 1) genehmigungspflichtig. Wer hingegen Anteile an einem Betrieb kauft, der Flächen besitzt, kann das ohne jegliche Meldung oder Genehmigung tun. Das ist vor allem in Ländern mit vielen Gesellschaften ein Thema.
„Etwa ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche ist in Ostdeutschland theoretisch durch Share Deals übertragbar“, erklärt Prof. Dr. Antje Tölle, Juristin an der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) und frühere Referentin im Bundeslandwirtschaftsministerium beim Bodenforum der Deutschen Gesellschaft für Agrarrecht (DGAR). In Westdeutschland sind nur 1,3 % der Flächen per Anteilskauf erwerbbar.
Dazu kommt: Der Share Deal hat auch massive steuerliche Vorteile. Erwerben Käufer über einen Betrachtungszeitraum von zehn Jahren insgesamt weniger als 90 % der Gesellschaft, fällt für diese Geschäfte keine Grunderwerbsteuer an, obwohl der Käufer über seinen Anteil an der Gesellschaft anteiliger Landbesitzer wird. Bei Landwirten, die per Vorkaufsverfahren Flächen erwerben, langt der Staat hingegen gleich zweimal zu. Sie müssen die von der Landgesellschaft gezahlte Grunderwerbsteuer nachträglich übernehmen und ein zweites Mal für den Kauf durch den eigenen Betrieb zahlen.
Länder sind am Zug
Die Ungerechtigkeiten und Regelungslücken sind lange bekannt, eine flächendeckende gesetzliche Lösung lässt aber weiter auf sich warten. Und das, obwohl die Bundesländer bereits seit 2006 dazu aufgerufen sind, das Grundstückverkehrsgesetz des Bundes durch eigene Regelungen zu ersetzen. Bislang sind nur zwei Bundesländer dies angegangen:
Baden-Württemberg: Weil immer mehr finanzstarke Bauern aus der Schweiz grenznahe Ländereien aufkauften, explodierten dort die Preise. Seitdem greift für Kaufverträge in den grenznahen Gebieten eine Preisbremse, wenn der Preis 20 % über dem landwirtschaftlichen Verkehrswert liegt. Außerhalb der grenznahen Bereiche gilt die aus dem Bundesrecht bekannte „Preisbremse“ von 50 % über dem Verkehrswert.
Das Problem, dass man einen kaufwilligen Landwirt braucht, damit die Landgesellschaft das Vorkaufsrecht ausüben kann, wird mit einem Vorratserwerb durch die Landgesellschaft gelöst, die solche Flächen innerhalb von zehn Jahren an einen aufstockungsbedürftigen Landwirt abgeben kann.
Niedersachsen: Das neue Gesetz über Grundstücksgeschäfte im Bereich der Landwirtschaft ergänzt seit 2022 das weiterhin gültige Bundesrecht. Es verschärft die Kontrolle beim Kauf und bei der Anzeigepflicht von Landpachtverträgen durch Absenkung der Freigrenze auf 0,5 ha. Ein Vorratserwerb durch die Landgesellschaft ist möglich. Ein wesentlich weitgehender Entwurf, der Pachtpreisbremsen, eine Kontrolle von Share Deals und Zukaufverbote für bestimmte Betriebe vorsah, kam aufgrund einer überraschenden Neuwahl nicht mehr zur Verabschiedung.
Jetzt oder nie?
Derzeit kommt wieder Bewegung in die Diskussion. „Aussagen zu Agrarstrukturgesetzen und zum Bodenmarkt finden sich in neun Bundesländern im Koalitionsvertrag“, sagt Prof. Dr. Antje Tölle und nennt einige Beispiele:
Mecklenburg-Vorpommern formuliert verschiedene Ziele der Agrarstruktur im Koalitionsvertrag, unter anderem eine Genehmigungspflicht für Share Deals.
Brandenburg hat zwar einen Referentenentwurf im Frühjahr 2024 vorgelegt, allerdings ist nicht mehr damit zu rechnen, dass dieser vor der Landtagswahl am 22.9.2024 beschlossen wird.
In Bayern findet sich der Satz „Bauernland in Bauernhand“ im Koalitionsvertrag. Es bleibt abzuwarten, ob daraus eine Gesetzesinitiative erwächst.
Hessen will das Problem der zweimal anfallenden Grunderwerbsteuer bei Vorkaufsverfahren angehen, evtl. wird der Grundstücksverkehr im geplanten Landwirtschaftsgesetz berücksichtigt.
In NRW forderten kurz vor der Wahl noch mehrere Landtagsfraktionen ein Agrarstrukturgesetz, jetzt sieht der Koalitionsvertrag „nur noch“ die Absicht vor, eine eigene Landgesellschaft zu gründen und etwas gegen die zweimal anfallende Grunderwerbssteuer zu tun.
Niedersachsen will das komplette Agrarstrukturgesetz erneut angehen.
Der in Sachsen-Anhalt 2020 vorgelegte Entwurf für ein Agrarstrukturgesetz konnte nicht mehr verabschiedet werden. Die neue Koalition will das Thema abschließen. Im Landtag fanden dazu mehrere Fachgespräche statt.
In Sachsen und Thüringen liegen konkrete Entwürfe zur Beratung in den Landtagen. Trotz vergleichbarer landwirtschaftlicher Struktur setzen sie aber an ganz verschiedenen Stellen an, wie Frau Prof. Dr. Tölle erklärt.