„Landwirte kritisieren, dass sie die Höhe des Milchpreises erst nach der Lieferung erfahren. Die Möglichkeit Festpreise abzusichern, nutzen aber viele gar nicht“, erklärte Mirko Wätjen vom Deutschen Milchkontor (DMK) in einer Diskussionsrunde zu einer aktuellen Studie zum Artikel 148 Gemeinsame Marktorganisation (GMO).
Die Studie stellte Prof. Dr. Torben Tiedemann von der Fachhochschule Kiel bei den Kieler Milchtagen vor. Er hatte untersucht, mit welchen Preis-Mengen-Effekten die Wertschöpfungskette Milch bei einer Einführung des Artikels 148 GMO rechnen kann. Die Studie lief in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Holger Thiele vom ife-Institut für Ernährung und Ernährungswirtschaft in Kiel.
Annahme: Milchpreise ohne Termingeschäfte
Die Wissenschaftler gingen in der Studie von festen Milchpreisen ohne Termingeschäfte aus. Sie unterstellten, dass Milchverarbeiter ihren Lieferanten feste Milchpreise und -mengen auf Basis einer geschätzten Gesamtverwertung der Absatzseite anbieten. „Für ein Angebot von festen Milchpreisen sind gute Preisprognosen notwendig“, erklärte Prof. Tiedemann und ergänzte: „Je weiter wir in die Zukunft gehen, desto ungenauer wird die Prognose.“ Er sprach dabei von Spannweiten von 24 bis 60 Cent.
Haben Molkereien eine hohe Risikoaversion, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines höheren Preisabschlags für einen festen Auszahlungspreis. Die Risikobereitschaft ist abhängig vom Liquiditätsstatus der Molkerei, vom Anteil gesicherter Nettoverwertungen für die nächsten Monate sowie vom Produktportfolio der Molkerei. „Hohe Preisabschläge wirken sich wiederum negativ auf die Liquidität und die Zinskosten der Lieferbetriebe aus“, verdeutlichte Prof. Tiedemann.
Die Kostenseite im Blick behalten
Der Wissenschaftler empfahl Milchviehbetrieben, Festpreisangebote von Molkereien zu prüfen, aber auch die Einkaufsseite hinsichtlich Kraftfutter und Energie im Blick zu haben.
Thiele und Tiedemann appellierten an die Politik, dass es wichtiger sei, die Nutzung von Terminmärkten zu stärken, statt feste Preise und Mengen in Lieferverträgen vorzuschreiben. „Wenn 80 % der deutschen Menge auf die Terminmärkte kommt, brauche ich erstmal eine entsprechende Gegenposition auf der Käuferseite“, verdeutlichte der Hochschulprofessor.
Für bemerkenswert hielt Manfred Ehlerding aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), dass es bereits wissenschaftliche Untersuchungen zur Auswirkung des Artikels 148 GMO gibt, wo doch der Referentenentwurf gerade mal in der Ressortabstimmung sei.
Ehlerding wies in der Diskussion auf den Absatz 4 in Artikel 148 hin: „Wir wollen Genossenschaften dazu verpflichten, ein Angebot für die Rohmilch, die sie abnehmen, zu machen“, erklärte er. Das könnten Landwirte dann annehmen oder eben nicht.
Nicht zu Ende gedacht?
Frank Wetterich von FrieslandCampina merkte an, dass bei dieser Theorie der Landwirt ja dann aber auch die Möglichkeit haben müsste, die Milch nicht bzw. zu einer anderen Molkerei zu liefern. Das ist aber nicht vorgesehen: „Der Landwirt bleibt im Vertrag“, verdeutlichte Manfred Ehlerding. Joachim Burgemeister vom Geno-Verband richtete daraufhin deutliche Worte an den BMEL-Vertreter: „Das ist Augenwischerei, weder Molkereien, noch Landwirte profitieren davon. Wer den Markt nicht versteht, braucht sich mit dem Artikel 148 GMO nicht zu beschäftigen!“