Artikel 148: Was ist das eigentlich und warum streitet die Milchbranche darüber?
Der Artikel 148 GMO kocht immer wieder in politischen Diskussionen bei Milcherzeugern auf. Was steckt eigentlich dahinter und wieso sind die Meinungen so unterschiedlich?
Mit der Veröffentlichung des 4-Punkte-Plans vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ist die Diskussion um die Einführung des Artikels 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) erneut in den Fokus gerückt. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bekräftigte seine Pläne im März und kündigte an, einen Vertragsentwurf vorlegen zu wollen.
Was ist der Artikel 148 der Gemeinsamen Marktordnung (GMO)?
Der Artikel 148 GMO ermächtigt die EU-Mitgliedstaaten, Molkereien und Milchlieferanten dazu zu verpflichten, vor Ablieferung der Milch Absprachen über verbindliche Preise und Mengen zu treffen.
Wie sollen die Verträge nach Artikel 148 GMO Milcherzeuger unterstützen?
Die nationale Einführung des Artikel 148 GMO soll zu mehr Planbarkeit und Verlässlichkeit für Landwirte führen hinsichtlich Liefermengen und Preise. Über die Wirksamkeit streiten sich aber unterschiedliche Interessenvertreter.
Wie reagieren unterschiedliche Akteure auf die mögliche Implementierung des Artikels 148 in Deutschland?
Während sich der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) dafür aussprechen, lehnen der Deutsche Bauernverband (DBV), der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) und der Milchindustrie-Verband (MIV) die nationale Einführung des Artikels 148 GMO strikt ab.
BDM und AbL sehen darin einen ersten Schritt für eine stärkere Marktstellung für Milcherzeugerinnen und -erzeuger. Die bisherige Liefersituation der Milcherzeuger bezeichnen BDM und Co. als absurdes System, das es in keinem anderen Wirtschaftsbereich gibt. Sie kritisieren, dass Erzeugerbetriebe erst nach dem Abliefern der Milch erfahren, welchen Preis sie für die Rohware erhalten.
Laut DBV und DRV schadet die Einführung der Branche und insbesondere kleineren Betrieben. Sie kritisieren außerdem den Eingriff in die Satzungsautonomie der genossenschaftlich organisierten Molkereien.
Welchen Einfluss könnte die Einführung von Artikel 148 auf die Milchpreise haben?
Die Verbände, egal ob für oder gegen die Einführung des Artikel 148 GMO, sind sich einig, dass die Umsetzung nicht automatisch zu höheren Milchpreisen führt.
Gibt es Beispiele aus anderen Ländern, die den Artikel 148 oder ähnlichen Regelungen bereits umgesetzt haben?
Ja, in Frankreich gibt es beispielsweise das sogenannte Egalim-Gesetz, das Experten allerdings als absolutes Bürokratiemonster einschätzen.
Auch Spanien und Italien versuchen auf unterschiedliche Weise die Stellung der Erzeuger in den Wertschöpfungsketten zu verbessern. Beispielsweise sollen Molkereien einen Milchpreis zahlen, der mindestens die Herstellungskosten deckt. Bisher hat das noch in keinem der Länder zu dem gewünschten Ergebnis geführt, fand das Thünen-Institut in einer Studie heraus. Vielmehr beklagen alle den bürokratischen Aufwand.
Wird die Umsetzung von Artikel 148 GMO auch Genossenschaftsmolkereien betreffen?
Das BMEL will auch Genossenschaftsmolkereien in die Pflicht nehmen, die mit rund 70 % den größten Teil der Milchmenge in Deutschland erfassen und verarbeiten. Ausnahmen sind möglich, wenn die Genossenschaften in ihren Satzungen oder Lieferordnungen Bestimmungen enthalten, die eine ähnliche Wirkung haben wie verpflichtende Verträge. Das können beispielsweise Festpreismodelle sein.
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Mit der Veröffentlichung des 4-Punkte-Plans vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ist die Diskussion um die Einführung des Artikels 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) erneut in den Fokus gerückt. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bekräftigte seine Pläne im März und kündigte an, einen Vertragsentwurf vorlegen zu wollen.
Was ist der Artikel 148 der Gemeinsamen Marktordnung (GMO)?
Der Artikel 148 GMO ermächtigt die EU-Mitgliedstaaten, Molkereien und Milchlieferanten dazu zu verpflichten, vor Ablieferung der Milch Absprachen über verbindliche Preise und Mengen zu treffen.
Wie sollen die Verträge nach Artikel 148 GMO Milcherzeuger unterstützen?
Die nationale Einführung des Artikel 148 GMO soll zu mehr Planbarkeit und Verlässlichkeit für Landwirte führen hinsichtlich Liefermengen und Preise. Über die Wirksamkeit streiten sich aber unterschiedliche Interessenvertreter.
Wie reagieren unterschiedliche Akteure auf die mögliche Implementierung des Artikels 148 in Deutschland?
Während sich der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) dafür aussprechen, lehnen der Deutsche Bauernverband (DBV), der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) und der Milchindustrie-Verband (MIV) die nationale Einführung des Artikels 148 GMO strikt ab.
BDM und AbL sehen darin einen ersten Schritt für eine stärkere Marktstellung für Milcherzeugerinnen und -erzeuger. Die bisherige Liefersituation der Milcherzeuger bezeichnen BDM und Co. als absurdes System, das es in keinem anderen Wirtschaftsbereich gibt. Sie kritisieren, dass Erzeugerbetriebe erst nach dem Abliefern der Milch erfahren, welchen Preis sie für die Rohware erhalten.
Laut DBV und DRV schadet die Einführung der Branche und insbesondere kleineren Betrieben. Sie kritisieren außerdem den Eingriff in die Satzungsautonomie der genossenschaftlich organisierten Molkereien.
Welchen Einfluss könnte die Einführung von Artikel 148 auf die Milchpreise haben?
Die Verbände, egal ob für oder gegen die Einführung des Artikel 148 GMO, sind sich einig, dass die Umsetzung nicht automatisch zu höheren Milchpreisen führt.
Gibt es Beispiele aus anderen Ländern, die den Artikel 148 oder ähnlichen Regelungen bereits umgesetzt haben?
Ja, in Frankreich gibt es beispielsweise das sogenannte Egalim-Gesetz, das Experten allerdings als absolutes Bürokratiemonster einschätzen.
Auch Spanien und Italien versuchen auf unterschiedliche Weise die Stellung der Erzeuger in den Wertschöpfungsketten zu verbessern. Beispielsweise sollen Molkereien einen Milchpreis zahlen, der mindestens die Herstellungskosten deckt. Bisher hat das noch in keinem der Länder zu dem gewünschten Ergebnis geführt, fand das Thünen-Institut in einer Studie heraus. Vielmehr beklagen alle den bürokratischen Aufwand.
Wird die Umsetzung von Artikel 148 GMO auch Genossenschaftsmolkereien betreffen?
Das BMEL will auch Genossenschaftsmolkereien in die Pflicht nehmen, die mit rund 70 % den größten Teil der Milchmenge in Deutschland erfassen und verarbeiten. Ausnahmen sind möglich, wenn die Genossenschaften in ihren Satzungen oder Lieferordnungen Bestimmungen enthalten, die eine ähnliche Wirkung haben wie verpflichtende Verträge. Das können beispielsweise Festpreismodelle sein.