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topplus Ohne GAP - Geht das?

Diese Landwirte verzichten auf EU-Subventionen

Hohe Auflagen, sinkende Prämien, regelmäßige Kontrollen und der bürokratische Aufwand lassen manche Landwirte damit liebäugeln, auf die EU-Subventionen zu verzichten. Wir haben uns umgehört.

Lesezeit: 6 Minuten

Während Subventionen kurzfristig finanzielle Sicherheit bieten können, sehen einige Landwirte langfristig einen Mehrwert darin, unabhängig und flexibel zu wirtschaften, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, die bürokratische Belastung zu reduzieren und praxisnahe Bewirtschaftungsweisen zu fördern. Jedoch gelten auch bei Verzicht auf einen Agrarantrag alle fachrechtlichen Regelungen des Dünge- und Pflanzenschutzrechts, des Wasserrechts, der Lebens- und Futtermittelsicherheit, des Tierschutzes usw.

top agrar hat Anfang 2022 für drei Beispielbetriebe berechnen lassen, wie sich ein Ausstieg aus der GAP ab 2023 auswirken würde. Dabei kamen die Experten zu dem Ergebnis, dass es sich für keinen der drei Betriebe lohnen würde, obwohl sie sehr intensiv wirtschaften. Dennoch gibt es Betriebe, die keinen Agrarantrag mehr stellen. Diese Entscheidung ist sehr betriebsindividuell und für die Betriebsleiter eine komplexe Abwägung verschiedener Faktoren. Wir stellen zwei Landwirte und ihre Beweggründe vor, die sich gegen die Subventionen aus Brüssel entschieden haben. 

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Schon seit 2023 keinen Antrag mehr gestellt

Landwirt Bernd Brunhöver aus Uelzen in der Lüneburger Heide verzichtet seit 2023 auf die EU-Agrarsubventionen und hat damit bereits zum zweiten Mal keinen Agrarantrag gestellt. Er bewirtschaftet 46 ha Ackerland mit hohem Hackfruchtanteil im Haupterwerb.

Ausschlaggebend waren für ihn die immer höheren und zum Teil undurchsichtigen Auflagen bei gleichzeitig immer geringeren Zahlungen. „Die EU fördert vor allem ökologische Maßnahmen, aber keine nachhaltige Bewirtschaftung im konventionellen Bereich. Ich bin keiner von gestern, ich hacke meine Rüben seit sechs Jahren und habe immer gehofft, dass mit einer neuen Agrarreform solche Bewirtschaftungsmethoden honoriert werden, aber das passiert nicht“, schildert der Landwirt seine Beweggründe.

„Außerdem muss ich Flächen, die durch Dauerregen abgesoffen sind, neu einsäen, wenn ich Fördermittel beantragt habe. Aber eine Neuansaat ist teuer und erfordert unter der GAP erst etliche Anträge. Ohne Subventionen kann ich solche Flächen im Extremfall einfach als kleine Brache liegen lassen“, sagt Brunhöver.

Zudem ärgert ihn die Benachteiligung der älteren Landwirte. „Die Höhe der Junglandwirte-Prämie finde ich fragwürdig. Natürlich sollten Junglandwirte unterstützt werden, aber in dieser Höhe ist das in meinen Augen wettbewerbsverzerrend“, sagt der 55-jährige Landwirt.

Die Vegetation ist jedes Jahr anders, wir können der Natur keine Vorgaben machen."
Bernd Brunhöver

Brunhöver kritisiert darüber hinaus die von den Behörden vorgeschriebenen Datumsvorgaben im Ackerbau: „Der Zwischenfruchtumbruch darf erst ab dem 15. Januar erfolgen, aber wenn ich vom 15. Januar bis Mitte März nicht mehr aufs Feld komme, weil es ständig regnet, dann funktionieren solche Vorgaben nicht. Die Vegetation ist jedes Jahr anders, wir können der Natur keine Vorgaben machen, wir müssen uns ihr anpassen. Starre Vorgaben funktionieren da nicht“, kritisiert er.

Gute Preise im letzten Jahr haben Subventionen ausgeglichen

Durch den Verzicht auf die Subventionen hat sich der bürokratische Aufwand für Brunhöver verringert. Das zeitraubende Antragsverfahren entfällt ebenso wie Überlegungen, wo er beispielsweise noch Platz für Blühstreifen oder Stilllegungsflächen hat, als diese noch verpflichtend waren. „Auch die Angst vor Kontrollen hat abgenommen. Man will ja alles richtig machen, aber es war trotzdem jedes Jahr eine Belastung. Passt das alles? Habe ich etwas übersehen? Diese Gedanken muss ich mir in dem Umfang nicht mehr machen und das erleichtert“, sagt er.

Wirtschaftlich fehlen zwar die Einnahmen aus den Flächenprämien, aber durch das sehr gute Speisekartoffel- und Zuckerrübenjahr 2023 war seine wirtschaftliche Situation im ersten Jahr ohne EU-Subventionen sogar besser als in den Jahren zuvor. „Wir hatten im letzten Jahr sehr gute Preise für Speisekartoffeln und auch für Zuckerrüben. Natürlich ist es mir als Landwirt lieber, wenn ich für meine Produkte gute Preise erhalte, als auf Subventionen angewiesen zu sein“.

Auch wenn er weiß, dass die Situation im nächsten Wirtschaftsjahr wieder anders aussehen könnte, wird er vorerst keinen Agrarantrag mehr stellen.

Sorgfältig abwägen und kalkulieren

Eike Bruns aus dem niedersächsischen Großenkneten im Landkreis Oldenburg hat in diesem Jahr zum ersten Mal keinen Agrarantrag gestellt. Er bewirtschaftet 100 ha Ackerland, betreibt eine Biogasanlage und hält rund 15.000 Puten. Durch den Verzicht auf die Subventionen will er seine Produktion fachlicher ausrichten und selbstbestimmter wirtschaften.

Der 53-jährige Landwirt ist Mitglied in der Interessenorganisation der Freien Bauern und hat sich dort mit weiteren Landwirten zu einer Arbeitsgruppe „Antragsfrei“ zusammengeschlossen. Die Arbeitsgruppe, der inzwischen 40 Landwirte angehören, hat einen Leitfaden ausgearbeitet, der anderen Landwirten, die auch über den Verzicht der Subventionen nachdenken, eine Hilfestellung geben soll. „Bei dieser Entscheidung handelt es sich um sehr betriebsindividuelle Entscheidungen, die jeder Betrieb für sich sehr sorgfältig abwägen und kalkulieren muss“, weiß Bruns aus eigener Erfahrung.

Für seinen Betrieb ergaben die Kalkulationen, dass er mit den Subventionen weniger Geld nach Steuern einnehmen würde. „Da die Prämien direkt einkommenswirksam sind, verändern sie unmittelbar das Betriebsergebnis. Was nützt mir das Geld, wenn ich es in der linken Tasche einnehme, aber in der rechten direkt wieder an den Staat abführen muss“, sagt der Landwirt.

Es handelt sich um sehr betriebsindividuelle Entscheidungen, die jeder für sich sehr sorgfältig abwägen und kalkulieren muss.“
Eike Bruns

Vor allem Fruchtfolgevorgaben ausschlaggebend

Die Kosten, die sich für Bruns aus dem Agrarantrag ergeben, setzen sich zum einen aus der Stilllegung und dem anteiligen Rekultivierungsaufwand für diese Flächen zusammen. „Die Auflagen zur Stilllegung sind in meinen Augen jetzt nur anders benannt statt aufgehoben worden“, kritisiert er. Zum anderen entstehen ihm Kosten durch die Fruchtfolgegestaltung aufgrund der geringeren Deckungsbeiträge der vorgeschriebenen Kulturen, die Bodenbedeckungspflicht und die damit verbundenen höheren Kosten für Saatbett und Pflanzenschutz. Hinzu kämen Kosten für den bürokratischen Aufwand und die damit verbundene Beratung.

Vor allem die Fruchtfolgevorgaben der GAP passen für seinen Betrieb nicht ins Konzept. „Wir betreiben eine Biogasanlage mit Gülle, Mist und Mais. Wenn ich Mais nicht mehr nach Mais anbauen darf, obwohl diese Kultur sehr selbstverträglich ist, muss ich den fehlenden Mais von weit her holen. Mit den Transportkosten und vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit ergibt das keinen Sinn“, sagt Eike Bruns.

In der Arbeitsgruppe von Bruns ist deutlich geworden, dass sich der Agrarantrag vor allem für kleinere, intensiv wirtschaftende Betriebe unter 200 ha teilweise nicht rechnet. „Dabei sind gerade diese kleineren Familienbetriebe gewünscht“, kritisiert der Landwirt. „Viele dieser Betriebe sind arbeitsmäßig längst am Limit. Wenn einem dann noch die Kontrolleure im Nacken sitzen, zehrt das an den Nerven“, gibt Bruns zu bedenken. Oftmals kämen im laufenden Antragsverfahren noch neue Auflagen hinzu. Das könne man als Betriebsleiter gar nicht mehr auffangen. Die GAP-Reform hat in den Augen von Bruns die psychischen Belastungen der Landwirte deutlich erhöht. 

Stärkere Kontrollen ohne Agrarantrag?

Mit dem Verzicht auf den Agrarantrag sieht Bruns jedoch auch Nachteile. Er befürchtet, dass sein Betrieb stärker kontrolliert wird, weil er die Grundanforderungen der guten fachlichen Praxis nicht mehr über das Antragsverfahren nachweist.

„Aber es geht ja darum, in der Politik etwas anzustoßen, auch wenn das noch ein fernes Ziel ist. Es darf nicht sein, dass unsere Selbstversorgungsgrade der einzelnen Lebensmittel immer weiter abnehmen, weil die Produktion in anderen Ländern deutlich einfacher ist. Wenn wir auf die Subventionen verzichten, so Bruns weiter, haben wir andere Möglichkeiten für unsere Fachlichkeit zu argumentieren. Sonst heißt es immer, ihr bekommt Subventionen, also seid ruhig. Man wird zum Spielball der Politik und das möchte ich nicht.“

Sagen Sie uns Ihre Meinung!

Wie stehen Sie zur europäischen Agrarpolitik? Befürworten Sie die Subventionen oder denken Sie über einen Ausstieg nach? Was stört Sie an der GAP? Schreiben Sie uns gerne an vanessa.aufmkolk@topagrar.com

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