Balmann: Digitalisierung wird nicht mit 20 Hektar-Betrieben funktionieren
Für IAMO-Direktor Balmann setzt die Agrarpolitik die falschen Prioritäten. Statt kleine Strukturen zu konservieren, sollte sie die Landwirtschaft in die Lage versetzen, moderne Technologien zu nutzen.
Der Agrarsektor hat sich schon immer verändert, in den vergangenen Jahrzehnten legte das Tempo allerdings deutlich zu. Hinzu kommen nationale und globale Krisen, die ihrerseits in immer engeren Abständen eintreffen. Die Agrarbetriebe müssen damit klarkommen und sich stetig anpassen. Vielen gelingt das, manche überfordert es. Wie kann die Politik helfen, die Branche krisenfester aufzustellen?
Veränderte Weltlage betrifft auch die Landwirtschaft
Mit der aktuellen agrarpolitischen Ausrichtung jedenfalls nicht, findet Prof. Alfons Balmann, Direktor des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO). Beim diesjährigen Symposium der Rehwinkel-Stiftung fragte er sich am Mittwoch sogar, ob die Landwirte überhaupt auf eine Politik setzen sollten, die aktuell an den bestehenden Strukturen festhält und an den „kleinen Schrauben“ dreht. Denn die Krisen der letzten Jahre wie der Ukraine-Krieg seien keine temporären Ereignisse, sondern verändern die gesamte Weltlage – auch für die Landwirtschaft.
„Gleichzeitig sagt die Landwirtschaft, wir wollen aber weiter so gefördert werden wie bisher“, konstatierte Balmann. Stattdessen müsse man in der neuen Situation wesentlich stärker und ehrlicher hinterfragen, ob das bisherige Modell von Agrarpolitik oder Landwirtschaft überhaupt noch tragfähig sei. Der IAMO-Direktor ist deshalb auch skeptisch, was die Vorschläge der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft angeht.
Geschäftsmodelle hinterfragen
Versuche die Politik, Probleme mit Regulierung und Subventionen zu lösen, berge immer ein großes Risiko zu scheitern, meinte Balmann. Besser sei ein ganz anderer Ansatz, nämlich Geschäftsmodelle zu hinterfragen und auf moderne Technologien zur Erreichung der politischen Ziele zu setzen. „Das wird nicht mit 20, 30, 50 Hektar-Betrieben funktionieren“, betonte der Agrarökonom mit Blick auf die dafür notwendigen Systeme und Investitionen. Dennoch sei es politisch populärer, kleine Betriebe zu unterstützen. Damit werde man die Digitalisierung in der Landwirtschaft aber nicht vorantreiben.
Balmann plädiert dafür, gemeinsam mit der Landwirtschaft Ziele zu formulieren. Das könne „Farm to Fork sein“, aber auch klare Ziele wie eine Halbierung des chemischen Pflanzenschutzeinsatzes. Das sei mit der richtigen Technologie möglich, wenn man die Agrarbetriebe in die Lage versetzt, diese Verfahren auch zu nutzen.
Mikrosteuerung hält den Strukturwandel nicht auf
Momentan setze die Politik aber nicht darauf, sondern auf die Erhaltung des Status Quo und „Mikrosteuerung“, die in Überreglementierung und Bürokratie ende. Das könne in der heterogenen Landwirtschaft nicht funktionieren und werde auch den Strukturwandel nicht aufhalten, so Balmann. Deutschland verschwende dabei „unglaubliche Mittel“ und blockiere gleichzeitig die Veränderungsprozesse, die am Ende doch stattfinden.
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Der Agrarsektor hat sich schon immer verändert, in den vergangenen Jahrzehnten legte das Tempo allerdings deutlich zu. Hinzu kommen nationale und globale Krisen, die ihrerseits in immer engeren Abständen eintreffen. Die Agrarbetriebe müssen damit klarkommen und sich stetig anpassen. Vielen gelingt das, manche überfordert es. Wie kann die Politik helfen, die Branche krisenfester aufzustellen?
Veränderte Weltlage betrifft auch die Landwirtschaft
Mit der aktuellen agrarpolitischen Ausrichtung jedenfalls nicht, findet Prof. Alfons Balmann, Direktor des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO). Beim diesjährigen Symposium der Rehwinkel-Stiftung fragte er sich am Mittwoch sogar, ob die Landwirte überhaupt auf eine Politik setzen sollten, die aktuell an den bestehenden Strukturen festhält und an den „kleinen Schrauben“ dreht. Denn die Krisen der letzten Jahre wie der Ukraine-Krieg seien keine temporären Ereignisse, sondern verändern die gesamte Weltlage – auch für die Landwirtschaft.
„Gleichzeitig sagt die Landwirtschaft, wir wollen aber weiter so gefördert werden wie bisher“, konstatierte Balmann. Stattdessen müsse man in der neuen Situation wesentlich stärker und ehrlicher hinterfragen, ob das bisherige Modell von Agrarpolitik oder Landwirtschaft überhaupt noch tragfähig sei. Der IAMO-Direktor ist deshalb auch skeptisch, was die Vorschläge der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft angeht.
Geschäftsmodelle hinterfragen
Versuche die Politik, Probleme mit Regulierung und Subventionen zu lösen, berge immer ein großes Risiko zu scheitern, meinte Balmann. Besser sei ein ganz anderer Ansatz, nämlich Geschäftsmodelle zu hinterfragen und auf moderne Technologien zur Erreichung der politischen Ziele zu setzen. „Das wird nicht mit 20, 30, 50 Hektar-Betrieben funktionieren“, betonte der Agrarökonom mit Blick auf die dafür notwendigen Systeme und Investitionen. Dennoch sei es politisch populärer, kleine Betriebe zu unterstützen. Damit werde man die Digitalisierung in der Landwirtschaft aber nicht vorantreiben.
Balmann plädiert dafür, gemeinsam mit der Landwirtschaft Ziele zu formulieren. Das könne „Farm to Fork sein“, aber auch klare Ziele wie eine Halbierung des chemischen Pflanzenschutzeinsatzes. Das sei mit der richtigen Technologie möglich, wenn man die Agrarbetriebe in die Lage versetzt, diese Verfahren auch zu nutzen.
Mikrosteuerung hält den Strukturwandel nicht auf
Momentan setze die Politik aber nicht darauf, sondern auf die Erhaltung des Status Quo und „Mikrosteuerung“, die in Überreglementierung und Bürokratie ende. Das könne in der heterogenen Landwirtschaft nicht funktionieren und werde auch den Strukturwandel nicht aufhalten, so Balmann. Deutschland verschwende dabei „unglaubliche Mittel“ und blockiere gleichzeitig die Veränderungsprozesse, die am Ende doch stattfinden.