Angesichts der derzeit sehr angespannten Marktsituation in der Schweinehaltung wird die bayerische Staatsregierung im nächsten Jahr die Beiträge zur Tierseuchenkasse für die Ferkelerzeuger in voller Höhe übernehmen. Das haben Ministerpräsident Markus Söder und Agrarministerin Michaela Kaniber beim Branchengipfel in der Staatskanzlei in München bekanntgegeben. „Das ist eine Hilfe, die sofort und unmittelbar ankommt. Gerade in diesen schwierigen wirtschaftlichen Zeiten setzen wir alle Hebel in Bewegung, um die Kostenbelastungen für unsere Ferkelerzeuger zu reduzieren. Wir stehen zu unseren Nutztierhaltern“, sagte Kaniber. Zu dem Treffen waren die Spitzen aus Erzeugung, Verarbeitung und Lebensmittelhandel eingeladen.
Neue Vermarktungsplattform
Wie Ministerin Kaniber mitteilte, baut der Freistaat Bayern zur Unterstützung des Schweinemarkts eine Vermarktungsplattform für das heimische Qualitätssegment auf, damit Angebot und Nachfrage zukünftig noch besser zusammenfinden. Erzeuger und Vermarkter sollen mit der Plattform stärker vernetzt werden. Kaniber: „Damit bringen wir die richtigen Akteure zusammen und sorgen für mehr heimische Qualitätsprodukte in den Regalen. Unser Ziel sind Vereinbarungen mit Handschlagqualität.“ Das Cluster Ernährung am Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) in Kulmbach werde die Plattform realisieren.
Bayerisches Tierwohlprogramm
Um die Erzeuger auch beim gesellschaftlich geforderten Umbau der Tierhaltung zu begleiten, werde Bayern im nächsten Jahr beginnen, die Zuchtsauenhalter mit dem neuen Bayerischen Programm Tierwohl (BayProTier) zu unterstützen. Das Programm startet nach Genehmigung durch die EU voraussichtlich Mitte nächsten Jahres mit zunächst 6 Mio. € und kann in den Folgejahren auf bis zu 50 Mio. € anwachsen. Kaniber: „Unser Ziel ist es, die gebeutelten Zuchtsauenhalter beim Umbau der Tierhaltung hin zu mehr Tierwohl zu unterstützen. Diejenigen Betriebe, die diesen Schritt zu mehr Tierwohl wagen, werden wir durch eine Tierwohlprämie unterstützen. Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, dass sie diesen von der Borchert-Kommission vorgezeichneten Weg unverzüglich und für ganz Deutschland umsetzt.“
Coronahilfen in Anspruch nehmen
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, der ebenfalls an dem Gespräch teilnahm, forderte die Schweinehalter auf, in dieser schwierigen Situation kurzfristige Corona-Hilfen in Anspruch zu nehmen. Aiwanger: „Die Landwirte sind wegen der niedrigen Fleischpreise unverschuldet in eine Existenzkrise geraten. Die Hilfen sind ein wirksames Instrument der Unterstützung. Mehrere hundert Schweineerzeuger haben die Überbrückungshilfe bereits beantragt, 200 Betriebe haben bereits ihr Geld bekommen. Das kann den Schaden wenigstens etwas mildern. Ich appelliere an alle Schweinehalter, für ihren Betrieb beispielsweise vom Steuerberater die Möglichkeit prüfen zu lassen, Überbrückungshilfe aufgrund Umsatzeinbruch zu bekommen.“
Die Bundesregierung muss handeln
Daneben stehe aus Sicht der Teilnehmer des bayerischen Branchengipfels auch die neue Bundesregierung in der Pflicht, vor allem in Bezug auf dringend notwendige Anpassungen im Bau- und Immissionsschutzrecht. Auch mit Blick auf ein kürzlich angekündigtes Hilfspaket in Höhe von umgerechnet 87,1 Mio. €, mit dem Polen seine heimische Ferkelproduzenten stützen will, mahnt die bayerische Landwirtschaftsministerin Kaniber die Bundesregierung zum Handeln: „Wir brauchen auch in Deutschland ein nationales Hilfsprogramm für den Schweinemarkt. Sonst führen Initiativen in anderen EU-Mitgliedstaaten wie jetzt in Polen in der angespannten Lage zu zusätzlichen Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten unserer Schweinehalter“, so Kaniber.
Bauernverband erkennt Bemühungen an
Der Bayerische Bauernverband bedankt sich, dass die Bayerische Staatsregierung mit der Übernahme der Tierseuchenkassenbeiträge in 2022 einen konkreten Beitrag zur Kostenentlastung der bayerischen Sauenhalter leistet. Außerdem erkennt der BBV das Signal, dass Ministerpräsident Söder dieses Thema zur Chefsache gemacht hat, an. Trotzdem erwartet der BBV noch weitere flankierende politische Maßnahmen zur Unterstützung der Schweinehalter.
Bauernpräsident Walter Heidl erklärt: "Der Branchengipfel, zu dem Ministerpräsident Söder geladen hatte, hat erneut die Dramatik der aktuellen Situation auf dem Schweinemarkt gezeigt.“ In den vergangenen Monaten habe der der Bayerische Bauernverband immer wieder Alarm geschlagen und bereits im September zu einem Krisengespräch geladen. Aufgrund des corona-bedingten Absturzes der Erzeugerpreise für Schweinefleisch sowie Ferkel drohe ein massiver Strukturbruch in der bayerischen Schweinehaltung. Ohne bayerische Schweinehalter aber gebe es auch keine regionalen Schweinefleischprodukte.