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Bewegungsbuchten: Viel Platz bereitet Probleme

Größere Bewegungsbuchten sind nicht automatisch besser – im Gegenteil! Worauf es stattdessen ankommt, erläutert Eckhard Meyer, Lehr- und Versuchsgut Köllitsch in Sachsen.

Lesezeit: 7 Minuten

Sauen brauchen mehr Bewegungsfreiheit. Das fordern Tierschützer schon lange. Deshalb macht die Diskussion, die sich zuletzt vor allem auf Kastenstände im Deckzentrum konzentrierte, auch vor dem Abferkelbereich nicht Halt. Die geplanten Änderungen für den Deck- und Abferkelbereich sollen im Sommer bzw. Herbst 2019 in der überarbeiteten Version der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung klar definiert werden.

Erste Entwürfe wurden jedoch bereits jetzt bekannt. Es ist die Rede davon, dass den Sauen in der Bewegungsbucht künftig ein Aktionsradius mit 1,80 bis 2 m Durchmesser zur Verfügung stehen muss. In Summe soll die Bewegungsfläche für die Sau 5 m2 pro Bucht betragen.

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Kann das eine Lösung sein? Praktiker befürchten, dass auf diese Weise zwar ein Tierschutzproblem gelöst würde, die mangelnde Bewegungsfreiheit für Sauen. Gleichzeitig würden aber neue Probleme geschaffen.

Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass ein Ferkelschutzkorb in der Abferkelbucht die Erdrückungsverluste im Mittel um 5% senken kann. Der Erfolg zeigt sich umso deutlicher, je höher das einzelbetriebliche Verlustrisiko ist. Darüber hinaus kann ein richtig dimensionierter Ferkelschutzkorb auch das Aufstehen und Ablegen der Sauen unterstützen. Dadurch gleicht er Schwächen im Fundament aus und erhöht die Standsicherheit der Tiere.

Drei Kriterien entscheidend

Doch was macht eine gute, funktionale Bewegungsbucht wirklich aus? In eigenen Untersuchungen hat sich gezeigt, dass lediglich drei Kriterien entscheidend sind, um einen optimalen Kompromiss zwischen mehr Bewegungsfreiheit für die Sauen und weniger Ferkelverlusten zu erreichen:

  • Die Größe und Geometrie der Bucht,
  • ein trapezförmiger Aktionsbereich,
  • und Ferkel-Fluchträume ringsum.

Die wichtigsten Merkmale einer guten Bewegungsbucht sind ihre Größe und ihre Geometrie. Beide Kriterien legen den Grundstein für das Verhalten der Tiere.

Zunächst zur Größe: Während der EuroTier 2018 in Hannover reichte das Angebot der Stalleinrichter von knapp unter 5,8 m2 bis hin zu maximal 7,5 m2 großen Buchten. Die Details finden Sie in der Marktübersicht, die top agrar in der Novemberausgabe 2018 ab Seite S44 veröffentlicht hat.

Im Mittel betrug die Buchtengröße etwa 6,5 m2. Das ist ein guter Kompromiss, bei dieser Größe bleiben die Bewegungsbuchten für den Landwirt bezahlbar, denn die Baukosten korrelieren direkt mit dem umbauten Raum. Gegenüber den bisher üblichen Standard-Abferkelbuchten entspricht das größere Platzangebot einer Kostensteigerung um 25 bis 30%.

Zahlreiche Tierschützer fordern aber noch mehr Bewegungsfreiheit. Sie wollen den Sauen mehr als 6,50 m2 pro Abferkelbucht zur Verfügung zu stellen. In Bezug auf die Ferkelverluste und die Produktivität stellt das allerdings keine Verbesserung dar, im Gegenteil.

In eigenen Untersuchungen konnten wir zeigen, dass sich etwa 40% der Sauen beim Abliegen nicht langsam auf den Bauch legen und dann vorsichtig zur Seite rollen, sondern sich direkt auf die Seite werfen. Dadurch erhöht sich das Erdrückungsrisiko für die Saugferkel enorm.

Hier hat die Geometrie der Bucht großen Einfluss wie Übersicht 1 verdeutlicht. In schmalen 2,15 m breiten Bewegungsbuchten wurden bei annähernd gleichen Säugezunahmen pro Wurf 0,8 Ferkel mehr aufgezogen als in breiten Buchten. Denn in schmalen Buchten lässt sich der Ferkelschutzkorb nicht ganz so weit aufklappen. Durch den eher schmalen Aktionsraum legen sich die Sauen auf der für sie vorgesehenen Fläche ab. Dabei gibt ihnen der Ferkelschutzkorb Halt. Die Abliege- und Rollbewegungen am Boden erfolgen insgesamt vorsichtiger und die Sauen erdrücken weniger Ferkel.

Ergebnisse aus Praxisversuchen mit 194 Würfen bestätigen diese Erkenntnisse. In schmaleren Buchten traten etwa 5% geringere Ferkelverluste auf. Das ist fast ein Ferkel pro Wurf, das nicht mehr sinnlos verstirbt. Diese Tatsache sollte auch von den Tierschützern nicht ignoriert werden!

Ein weiteres Problem ist der zu große Aktionsradius, der im Entwurf der neuen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vorgesehen ist. Bei geöffnetem Ferkelschutzkorb soll der Sau ein Aktionsradius von 1,80 bis 2 m zur Verfügung stehen.

Dahinter steckt die Annahme, dass Sauen, deren Körper im Schnitt 1,90m lang ist, diesen Aktionsradius brauchen, um sich in der Bucht ungehindert umdrehen zu können. Unter dem Strich sollen die Sauen über eine 5 m2-große Aktionsfläche verfügen können.

Aus bautechnischer Sicht ist diese Forderung irrsinnig. Keine der zur EuroTier vorgestellten Buchtenvarianten erfüllt diese Vorgabe. Das ist aber auch gar nicht notwendig, denn die Sauen können sich auch in einem viel engeren Radius umdrehen. Das verdeutlichen allein die Erfahrungen mit 1 m-breiten Kastenständen im Deckzentrum.

Buchtengeometrie wichtig

Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Roll- und Abliegebewegungen koordinierter und vorsichtiger erfolgen, wenn den Sauen etwas weniger Fläche zur Verfügung steht. Überdimensionierte Flächenvorgaben würden nur dazu führen, dass die Stalleinrichter mehr quadratische Bewegungsbuchten anbieten – mit allen bereits diskutieren, negativen Auswirkungen auf die Höhe der Erdrückungsverluste.

Für Bewegungsbuchten ist aus unserer Sicht ein Seitenverhältnis von 3:2 (Länge/Breite) ideal. Von den in Hannover vorgestellten Bewegungsbuchten erfüllte nur etwa ein Drittel diese Vorgabe. Die Länge der Buchten variierte dabei zwischen 2,60 und 3,00 m und die Breite zwischen 2,10 und 2,40 m. Zwei Drittel der Bewegungsbuchten waren hingegen eher quadratisch aufgebaut.

Trapezförmige Aktionsfläche

Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Ausrichtung des Ferkelschutzkorbes. Die meisten Stalleinrichter ordnen ihn inzwischen gerade an. Das wirkt sich positiv auf die Erdrückungsverluste aus, denn dadurch kann der Ferkelschutzkorb bei gerader Aufstallung nicht ganz so weit geöffnet werden wie bei der Diagonalaufstallung. Auf diese Weise bietet der Korb den Sauen zusätzlich Halt beim Abliegen. Darüber hinaus können die Bodenelemente bei gerader Aufstallung parallel zu den Unterzügen angeordnet werden. Das vermindert das Verletzungsrisiko für die Zitzen, wie Übersicht 2 deutlich zeigt.

Aus der Ausrichtung des Ferkelschutzkorbes ergibt sich häufig auch die Anordnung der Abferkelbucht im Abteil. Zahlreiche Stalleinrichter sehen inzwischen eine Aufstallung parallel zum Kontrollgang vor. In der Regel ist dann auch das Ferkelnest am Gang angeordnet. Das hat arbeitswirtschaftliche und hygienische Vorteile – insbesondere bei eingehausten Ferkelnestern. Zudem schätzen viele Ferkelerzeuger die Parallelaufstallung, weil die Sauen hier insgesamt ruhiger sind.

Die Aufstallung parallel zum Gang hat aber auch Nachteile. Der umbaute Raum vergrößert sich dadurch erfahrungsgemäß um 7 bis 10%. Das erhöht natürlich auch die Baukosten. Der Effekt ist angesichts des ohnehin schon sehr hohen Platzbedarfs der Bewegungsbuchten ein wichtiges Argument.Wichtig sind zudem ausreichende Fluchträume für die Ferkel. Sie müssen ringsherum in der Bucht verlaufen, damit die Ferkel gut ausweichen können – auch unter dem Trog der Sau. Das Größenverhältnis des Aktionsraumes für die Sauen zu den Fluchträumen für die Ferkel sollte 1:1 bis 1,2:1 betragen.

Einfache Bedienung

Für den täglichen Gebrauch ist ein einfaches Handling entscheidend. Der Ferkelschutzkorb muss sich leicht schwenken und arretieren lassen. Zum Öffnen und Schließen sollten nur wenige Handgriffe erforderlich sein.

Ideal ist es, wenn der Aktionsbereich der Sau zum Arretieren des Ferkelschutzkorbes bzw. zum Behandeln der Ferkel vom Betreuungspersonal gar nicht mehr betreten werden muss. Denn nach eigenen Tierbeobachtungen reagieren etwa 25% der frei gehaltenen Sauen aggressiv auf den oder die Betreuer. Das ist ein unerwünschter Nebeneffekt der Zucht auf Mütterlichkeit.

Dort, wo die Buchtentrennwand dennoch häufiger überstiegen werden muss, sollten die Trennwände möglichst nicht höher als 0,50m sein. Das reduziert die Unfallgefahr und verbessert die Arbeitswirtschaft. Im Aktionsbereich der Sauen empfehlen sich hingegen mindestens 1,00 m hohe Trennwände.

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Anordnung der Bodenelemente ist schwieriger

Ein besonderes Problem stellt die Bodengestaltung in Bewegungsbuchten dar. Denn Sauen brauchen eine rutschsichere Liegefläche, die das Gesäuge schützt und die Stoffwechselwärme gut ableitet. Dafür bieten sich teilgeschlossene Flächen aus Beton oder Metall an. Die Ferkel hingegen benötigen einen perforierten, Klauen sowie Gelenke schonenden und isolierenden Untergrund. Hier ist Kunststoff die bessere Wahl.

Die Bodenmaterialien werden in der Regel nach dem „Inselprinzip“ verbaut: Die Gesäuge schonenden und Standsicherheit der Sau erhöhenden Elemente kommen nach innen und die perforierten Kunststoffelemente nach außen.

Das Problem: In Bewegungsbuchten lässt sich dieses Prinzip nicht mehr so konsequent umsetzen, denn die Bewegungsfläche für die Sauen ist wesentlich größer. Als Kompromisslösung statten die Hersteller große Flächenanteile mit Kunststoffrosten aus. Der bietet den Sauen jedoch weniger Halt. Die Folge: Mehr Sauen legen sich abrupt ab, und die Erdrückungsgefahr für die Ferkel steigt.

Zudem werden die Kunststoffroste häufig gehärtet, damit sie das Gewicht der Sauen tragen können. Das kann sich nach unseren Untersuchungen wie ein Radiergummi auf die empfindlichen Karpalgelenke der Ferkel auswirken. Unter Umständen können sich daraus später Gelenkentzündungen entwickeln, die sich kaum noch behandeln lassen.

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