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topplus Gefälschte Zertifikate

Bioenergiebranche fordert Verschärfung der Zertifizierung und Kontrollen

Das Hauptstadtbüro Bioenergie und der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie kritisieren den Beschluss des Bundeskabinetts als völlig unzureichend im Umgang mit gefälschten Zertifikaten.

Lesezeit: 4 Minuten

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch (22. Mai) den Entwurf einer Verordnung zur Durchführung der Regelungen der Biokraftstoffquote und der Upstream-Emissionsminderungs-Verordnung (UERV) verabschiedet. Einige Bioenergieverbände reagieren schockiert angesichts der zögerlichen Art und Weise, mit der die Bundesregierung mit den Betrugsfällen bei sogenannten Upstream Emission-Reduction-Zertifikaten umgeht. „Mit dem heutigen Beschluss des Bundeskabinetts wird der Spuk zwar für die Zukunft beendet, 7,6 Mio. t nicht erbrachter Klimaschutz werden aber einfach mit einem Achselzucken abgetan. Die Mineralölwirtschaft hat exorbitante Gewinne aus Luftnummern geschöpft und bleibt sanktionslos“, kommentiert Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie, die Beschlüsse. Für das laufende Quotenjahr könnten sogar weiterhin offenkundige Fälschungen angerechnet werden.

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Laut Rostek zahlen die Zeche alle redlichen Erfüllungsoptionen, deren Markt mit gefälschten Nachweisen unterwandert wurde: Ladesäulenbetreiber und Kommunen, Produzenten von erneuerbarem Strom, Biomethan, Wasserstoff und Biokraftstoffen. „Und letztlich ist natürlich auch das Klima ein Geschädigter und deutsche Steuergelder wurden verschleudert“, macht sie deutlich.

Dass auch nach Bekanntwerden der Beweise, die auch das ZDF in dieser Sache vorgelegt hatte, keine weiteren Schritte unternommen wurden, um bestehende Regelungslücken zu schließen, sei frappierend. Rostek: „Wir erwarten Nachbesserungen bei nächster Gelegenheit, um zumindest für das laufende Quotenjahr noch den Schaden abzumildern.“

Auch VDB reagiert enttäuscht

Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) fordert, dass Zertifizierung und Kontrollen bei fortschrittlichen Biokraftstoffen und Projekten zur Minderung des Treibhausgasausstoßes bei der Erdölförderung deutlich verschärft werden. Dies sei unabdingbare Voraussetzung für die Anrechnung auf die deutsche Treibhausgasminderungs-Quote (THG-Quote).

Der VDB hatte nach den Betrufsvorwürfen mit einer deutlichere Sanktionierung in Form einer rückwirkenden Aberkennung falscher Zertifikate durch das zuständige Bundesumweltministerium (BMUV) erwartet. Es gäbe Hinweise auf weit verbreiteten Betrug bei UER-Projekten in China. „Wir begrüßen, dass die Anrechnung von UER-Maßnahmen früher als geplant beendet wird. Der Vorgang zeigt, dass Klimaschutz klare Regeln und wirksame Kontrolle durch die deutschen Behörden benötigt. Nun muss der Gesetzgeber kurzfristig die Nachhaltigkeitszertifizierung und Kontrollen bei fortschrittlichen Biokraftstoffen verschärfen: es wird häufig falsch deklariertes Palmöl eingesetzt“, sagt Elmar Baumann, Geschäftsführer beim VDB.  

Die Folgen der Fälschung

Die Flut von mutmaßlich gefälschten Zertifikaten für angeblich fortschrittlichen Biodiesel und vermeintliche UER-Projekte haben dazu geführt, dass auf dem deutschen Markt ein Überangebot entstanden ist. Dadurch ist der Preis für die Zertifikate gesunken, von über 400 € zur Jahresmitte 2022 auf derzeit etwa 120 €. „Die Wirtschaftlichkeit der deutschen Biokraftstoffproduktion ist durch betrügerische Importe stark gefährdet“, sagt Baumann. Es gehe allerdings nicht nur um die Biokraftstoffbranche. „Die deutsche Industrie muss sich darauf verlassen können, dass schwarze Schafe zur Rechenschaft gezogen werden, wenn es um die Zertifizierung von Klimaschutz geht. Das betrifft neben den Biokraftstoffproduzenten zum Beispiel die Zement- und Stahlindustrie. Bundesregierung und Verwaltung müssen robust gegen kriminelle Machenschaften vorgehen und die hiesigen Unternehmen schützen, die regelkonform arbeiten“, fordert der Geschäftsführer.

Hintergrund zu UER

Bei dem jetzt im Bundeskabinett verabschiedeten Gesetz handelt es sich um die UERV, das heißt die Upstream Emissions Reduction-Verordnung. Bei Upstream Emissions handelt es sich um Treibhausgasemissionen, die bei der Erdölförderung entstehen. Reduziert ein Mineralölkonzern diese Emissionen, indem das klimaschädliche Begleitgas Methan abgefackelt oder genutzt wird, kann er sich dies auf seine deutschen Klimaverpflichtungen anrechnen lassen. Dies gilt unabhängig davon, wo die UER-Projekte lokalisiert sind, zum Beispiel auch in China.  Nachforschungen haben ergeben, dass zahlreiche UER-Projekte in China aber überhaupt nicht existieren. Gleichwohl erreichen Deutschland Zertifikate, mit denen die angeblichen Treibhausgasminderungen nachgewiesen werden.

Die Zertifikate können im Rahmen der deutschen THG-Quote angerechnet werden, die auch für Biokraftstoffe, E-Fuels und Elektromobilität gilt. Die Quote schreibt den Mineralölunternehmen die Minderung des Treibhausgasausstoßes ihrer Kraftstoffe um einen bestimmten Prozentsatz vor, der aktuell bei 9,25 % liegt. Referenzwert ist der CO2-Ausstoß von fossilem Benzin und Diesel. Die verpflichteten Unternehmen können Treibhausgasminderungen mittels Zertifikaten untereinander handeln.

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