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topplus Blick über die Landesgrenze

Biogas: Was wir von Dänemark lernen können

Die Dänen setzen auf Biomethan, Reststoffvergärung und Nahwärmenetze zum Beheizen von Dörfern – alles Ideen, die bei uns auch relevant werden. Daher lohnt sich ein Blick über die Grenze.

Lesezeit: 5 Minuten

Reststoffe statt Mais, Einspeisung von Biomethan ins Gasnetz und ein hoher Anteil von Fernwärmenetzen: Was in Deutschland vielerorts erst angestrebt wird, ist in Dänemark längst übliche Praxis. Das zeigten mehrere Vorträge auf der Tagung „Dänische Biogastechnologien in der Praxis“, zu der das dänische Generalkonsulat in Hamburg eingeladen hatte.

In Dänemark liegt der Anteil von Biogas im öffentlichen Gasnetz bei fast 40 %. „In keinem Land ist der Biogasanteil im Gasnetz so hoch“, erklärt Dr. Reinhard Klimeck. Klimeck ist beim dänischen Unternehmen Nature Energy für die Geschäftsentwicklung zuständig. Nature Energy ist ein ehemaliger Gasversorger, der heute zwölf Biogasanlagen betreibt. „Ein Merkmal der Anlagen in Dänemark ist, dass es kaum Hofanlagen gibt, die meisten sind Gemeinschaftsprojekte“, beschreibt Klimeck.

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Großanlagen und Gaseinspeisung

Weitere Besonderheiten der Biogasproduktion bei unserem nördlichen Nachbarn:

  • Die dänische Biogasproduktion basiert überwiegend auf Großanlagen. Die meisten Anlagen produzieren keinen Strom, sondern speisen das Biomethan dezentral in das Gasnetz ein. „Begrenzender Faktor für die Größe ist nicht die Anlagentechnik, sondern aufgrund des sonst zu hohen Transportaufwandes das Biomasseaufkommen“, sagt Klimeck. Ein Beispiel ist die Anlage in Koskro mit einer jährlichen Biogasproduktion von 36 Mio. m3. Sie produziert 250 Gigawattstunden (GWh) Biomethan im Jahr. Zu Vergleich: Die 220 deutschen Biomethananlagen haben im Jahr 2022 zusammen 11.000 GWh Biomethan produziert. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Produktionskapazität von 50 GWh pro Anlage.
  • Dänemark produziert mit mehr als 8 TWh Biogas im Jahr rund 8 % der Menge, die in Deutschland produziert wird (typischer Weise etwa 100 TWh). Aber der Anteil von Biomethan im Gasnetz ist extrem stark angestiegen. „2014 war er noch zu vernachlässigen, jetzt liegt er bei 40 %“, sagt Klimeck. In Deutschland liegt er erst bei rund 1 %.
  • Es gibt ca. 180 Biogasanlagen in Dänemark, davon sind über 50 Biomethananlagen. Sie speisen heute Biomethan ins Netz ein. Damit wird 75 % des in Dänemark erzeugten Biogases zu Biomethan aufbereitet. Bis zum Jahr 2030 will Dänemark fossiles Erdgas komplett durch heimisches Biogas ersetzen.
  • Anders, als in Deutschland, wird das Gas nicht überwiegend zur dezentralen Stromerzeugung eingesetzt, sondern soll in Zukunft vor allem für die großen Verbraucher, wie Industrie, genutzt werden. „Es wird auch für die Fernwärme genutzt zur Beheizung, allerdings eher als Backup. Privathaushalte sollen in den kommenden Jahren nicht mehr über das Gasnetz beheizt werden, sondern durch Fernwärmenetze oder Wärmepumpen“, erklärt Kathrin Holm, Biogasexpertin beim dänischen Generalkonsulat. Auch anders, als in Deutschland: Als Kraftstoff ist Biomethan hier nicht so gebräuchlich.
  • Als Rohstoffe werden überwiegend biologische Abfälle und Rückstände verwendet. „Die Biogasproduktion ist somit eine kombinierte Energieerzeugungs- und Abfallbehandlungstechnologie“, erklärt die dänische Energieagentur.
  • Ähnlich wie in Deutschland hat auch in Dänemark eine steigende Nachfrage nach Wirtschaftsdünger zu verzeichnen. Der Wirtschaftsdüngerpreis ist in den letzten drei Jahren um 300 % gestiegen.
  • Dreiviertel des Rohstoffanteils sind Gülle und Mist, sowohl von Milchvieh- als auch von Schweinemastbetrieben. „Die Gülle wird per Lkw von den Betrieben abgeholt. Die meisten Anlagen werden aus einem Umkreis von 25 km versorgt“, sagt Klimeck.

Thermophile Vergärung

Da die Einkaufspreise für Erdgas in der Vergangenheit geringer als die Verkaufspreise für Biomethan waren, haben die Anlagenbetreiber früher vor allem mit Erdgas geheizt oder die Wärme von Stroh- oder Hackschnitzelheizwerken genutzt. Die Nutzung von Erdgas ist allerdings bei Neuanlagen nicht mehr gestattet. Diese müssen nun auf erneuerbare Energien zurückgreifen bzw. ihr eigenes Biogas verfeuern.

Die Wärme wird bei der häufig angewendeten Aminwäsche gebraucht, um das CO₂ ­­­aus der amingesättigten Lösung zu lösen. Bei der Aminwäsche des Herstellers Ammongas beispielsweise können bis zu 80 % dieses Wärmebedarfes wiedergewonnen und als Abwärme genutzt werden. „Mittels Wärmetauscher wird diese Wärme zur Fermenterbeheizung bzw. für die Aufwärmung des Substrates genutzt“, erklärt Dr. Dirk Manns von Ammongas. Während in Deutschland die meisten Biogasanlagen auf mesophile Vergärung, also eine Fermentertemperatur um 40 °C, setzen, arbeiten die dänischen Anlagen bei thermophilen Temperaturen um 55 °C. „Das dient auch der Hygienisierung der eingesetzten Gülle“, sagt Holm.

Fernwärme im Fokus

Eine weitere Besonderheit der dänischen Biogasproduktion ist die Fernwärme. „64 % der Häuser in Dänemark sind an ein Fernwärmenetz gekoppelt“, sagt Anders Laier vom dänischen Generalkonsulat. Das erklärte Ziel der dänischen Regierung: Bis zum Jahr 2030 vollständig auf „grüne“ Wärme umsteigen. „Die Wärme stammt entweder aus Gasthermen oder ist die Abwärme von Aufbereitungsanlagen“, erklärt Holm.

Die Fernwärmenetze sind in Dänemark in ländlichen Regionen genauso anzutreffen wie in den Städten. „57 % der Fernwärmeanlagen sind in Großstädten anzutreffen, aber auch die ländlichen Regionen sind hierbei nicht zu vernachlässigen“, sagt Laier.

Beheizt werden die Netze nicht nur über Biogas, sondern auch über Wärmepumpen sowie über Abwärme von industriellen Prozessen. Dazu kommen Power-to-Heat-Anlagen, also Heizanlagen auf Basis von Strom, die bei günstigen Strompreisen zugeschaltet werden. Der Anteil von erneuerbaren Energien im Fernwärmenetz beträgt 76 %.

„Die Wärmepreise werden dabei so kalkuliert, dass es zu keinen Schwankungen kommt. Die Fernwärmenetzbetreiber wollen mit der Wärme keinen Gewinn machen“, erklärt Laier.

Der Preis ist in jedem Fernwärmenetz individuell festgelegt. Er ist abhängig von den Kosten der Anlage, wie Holm erklärt: „Wenn die Anlange günstiger produziert, muss der Preis sinken, damit sich die Einnahmen und Ausgaben ausgleichen.

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