Biomineralisierung mit Bind-X: Unkraut unterdrücken statt bekämpfen?
Der Wirkstoffwegfall dünnt die Herbizidpalette in Kartoffeln zunehmend aus. Inwieweit ein neues Verfahren die Unkräuter unterdrücken kann, zeigen aktuelle Versuche.
Unsere Autoren: Dr. Marianne Benker, Karl-Josef Behr, Hermann Klockenbusch und Fabian Napp, LWK Nordrhein-Westfalen
Unkräuter und Gräser biologisch unterdrücken und zeitgleich die Gefahr von Winderosion deutlich senken – mit einem neuen Verfahren des Unternehmens Bind-X GmbH soll das möglich sein. Entwickelt wurde die Methode auf Basis der sogenannten Biomineralisierung.
Das Verfahren ist vielfältig einsetzbar. So verhindert es im Bergbau bereits großflächig unerwünschte Staubbildung und Erosion. Im Heimgartenbereich ist es zur Unkrautunterdrückung in Fachmärkten schon verfügbar. In der Landwirtschaft soll es künftig eine umweltfreundliche Alternative zur chemischen Unkrautkontrolle darstellen. Inwieweit das neue Verfahren der Biotechnologie-Firma Bind-X die Unkräuter unterdrücken kann, hat die LWK NRW in ersten Versuchen in Kartoffeln geprüft.
Was macht das Verfahren so besonders?
Die Wirkung beruht auf einer temporären Verfestigung der obersten Bodenschicht – diese soll den Auflauf von Samenunkräutern verhindern. Das Mittel von Bind-X enthält natürliche Bodenbakterien (Nagoya-Protokoll-konform), die Nährstoffe aufnehmen und eine Calcit-Schicht (Calciumcarbonat) bilden.
Durch diese Calcit-Schicht, die wasser- und luftdurchlässig ist, kann das Unkraut nicht durchwachsen, während z.B. Kartoffeln problemlos durchstoßen können. Sie ist demnach eine physikalische Barriere, die das Unkrautwachstum über einen längeren Zeitraum unterdrücken kann. Später übernimmt dann der Kartoffelbestand die Unkrautunterdrückung, indem er sie beschattet. Nach Abbau der Schicht können die Kartoffeln das im Boden verbleibende Calcium als Pflanzennährstoff nutzen.
Allerdings hat das Mittel nicht nur eine unkrautunterdrückende Wirkung. Mithilfe des Verfahrens lässt sich auch Winderosion verhindern. Das heißt: keine rieselnden Kartoffeldämme mehr.
Um die Wirkung des Mittels als alternatives Verfahren zur Unkrautkontrolle in Kartoffeln zu prüfen, hat die LWK NRW zweijährige Versuche durchgeführt. Dabei brachte man es vor dem Auflaufen der Unkräuter auf die Dämme aus. Das ist wichtig, weil bereits aufgelaufene Unkräuter weiterwachsen können.
Der erste Versuch mit Bind-X wurde 2020 am Standort Köln-Auweiler in der Sorte Belana angelegt. Die Pflanzung erfolgte am 9.4.2020, behandelt wurde am 28.4.2020. Das Mittel wurde im Streu- und Gießverfahren ausgebracht, um die unterschiedlichen Anwendungen vergleichen zu können. Das Streuen erfolgte im Versuch manuell.
Die Streuapplikation im Jahr 2020 erwies sich trotz der guten Wirkungsgrade nicht als praxistauglich. Denn der „Prototyp“ war noch recht feinkörnig und wurde leicht vom Wind verweht, wodurch sich die manuelle Ausbringung schwierig gestaltete. Weil zudem die Dämme in 2020 aufgrund fehlender Niederschläge am Behandlungstermin stark ausgetrocknet waren, musste man die Parzellen vor dem Einsatz beregnen. Auch anschließend war noch ein Beregnungsgang in der Streuvariante erforderlich, damit das Mittel seine Wirkung entfalten konnte.
Im Gießverfahren brachte man das Mittel wegen der hohen Wassermenge von 2,0 l/m² mit der Gießkanne aus. Schon bei der Versuchsdurchführung zeigte sich, dass man nicht über die behandelte Fläche laufen darf, weil hierdurch die Verfestigung zerstört wird und an diesen Stellen Unkraut durchwachsen kann.
Die wichtigsten Ergebnisse: Die Kartoffeln liefen ohne Probleme auf und es zeigten sich keine Verträglichkeitsprobleme. Die Bonituren erfolgten am 15.5.2020 und 4.6.2020. Auf der Fläche traten Ackerhellerkraut, Weißer Gänsefuß und Schwarzer Nachtschatten auf (Letzterer war bei der ersten Bonitur noch nicht aufgelaufen). Gegen diese drei Unkrautarten zeigten beide Verfahren (Streu- und Gießverfahren) eine sehr gute und lang anhaltende, unkrautunterdrückende Wirkung.
Da sich aufgrund der trockenen Bedingungen der Kartoffelbestand nicht schloss und somit das Unkraut nicht beschatten konnte (Deckungsgrad Kartoffeln nur 28%), war die Wirkung am zweiten Boniturtermin gegen Weißen Gänsefuß und Schwarzen Nachtschatten reduziert. Dennoch war überraschend, über welch langen Zeitraum das Verfahren das Unkraut wirksam unterdrücken konnte.
In 2021 legte man die Kartoffelversuche mit Bind-X an drei Standorten in NRW an – in Köln-Auweiler, Warendorf und Soest. In Köln-Auweiler erfolgte die Pflanzung der Sorte Belana am 23.4.2021. Die Behandlung mit dem Mittel ließ sich hier aber erst am 19.5.2021 durchführen, weil aufgrund hoher Niederschläge und feuchter Böden ein früherer Einsatz unmöglich war.
Wegen der wiederum hohen Wasseraufwandmenge von 1,0 bis 2,0 l/m² brachte man das Präparat – wie bereits 2020 – mit der Gießkanne aus. Die Bonituren erfolgten am 10.6.2021 und 30.6.2021. Die Ergebnisse: Das Mittel zeigte über einen sehr langen Zeitraum eine sehr gute Wirkung gegen Weißen Gänsefuß, Schwarzen Nachschatten, kleinblütiges Franzosenkraut und Purpurrote Taubnessel (Letztere war bei der ersten Bonitur am 10.6.21 noch nicht aufgelaufen). Allerdings half in 2021 der wüchsige Bestand mit einem Deckungsgrad von ca. 80% gut mit.
In den Kreisen Warendorf und Soest lief der Versuch 2021 parallel mit. Aufgrund der vorangegangenen und der prognostizierten hohen Niederschläge setzte man an beiden Standorten nur die halbe Wasseraufwandmenge ein. Weil die kalte Witterung den Auflauf der Kartoffeln verzögerte, lag zwischen Behandlung und Bonitur ein recht langer Zeitraum.
In Warendorf erfolgte die Gießapplikation in der Sorte Belana am 20.4.2021 daher mit einer Wasseraufwandmenge 1,0 l/m². Bonitiert wurde am 5.7.2021 – somit musste das Mittel seine Wirksamkeit über eine lange Zeit zeigen.
Die Ergebnisse: Trotz des langen Zeitraums erzielte es sehr gute und gute Wirkungsgrade gegen Echte Kamille, Vogelmiere und Gänsedistel. Lediglich die Wirkung gegenüber Nachtschatten reichte nicht aus. Das liegt wahrscheinlich daran, dass an diesem Standort mehr Gelber Nachtschatten auftrat, der scheinbar schwerer zu unterdrücken ist als der Schwarze Nachtschatten.
In Soest wurde der Versuch in der Sorte Belana am 6.5.2021 im Gießverfahren ebenfalls mit einer Wasseraufwandmenge von 1,0 l/m² angelegt. Bonitiert wurde auch hier erst am 5.7.2021, sodass das Mittel wiederum über einen langen Zeitraum wirken musste. Die Ergebnisse: Es ließen sich sehr gute und gute Wirkungsgrade gegen Echte Kamille, Ackerstiefmütterchen, Vogelknöterich, Gemeine Hundspetersilie und Hühnerhirse erreichen.
In den durchgeführten Kartoffelversuchen der LWK NRW erzielte das Verfahren der Firma Bind-X – abhängig von den aufgetretenen Unkrautarten – sehr gute bis gute unkrautunterdrückende Wirkungsgrade. In den Versuchen waren die Mittel- und Wasseraufwandmengen noch recht hoch. Das Unternehmen Bind-X prüft aber bereits neue Granulatformulierungen, bei denen zukünftig nur etwa 1/10 der jetzigen Wassermenge notwendig ist bzw. sogar der natürliche Tau zur Aktivierung ausreicht.
Zukünftig soll so die Applikation des Mittels mit der Feldspritze oder einem Granulatstreuer möglich sein. Die LWK NRW wird diese neuen Formulierungen bereits 2022 im Feld prüfen.
Insgesamt handelt es sich um ein innovatives, umweltfreundliches Verfahren. Allerdings muss es sich noch zeigen, ob es wirtschaftlich ist. Ein ganz wichtiger Aspekt ist vor allem in der Dammkultur Kartoffel sicherlich auch der Schutz vor Winderosion.
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Unsere Autoren: Dr. Marianne Benker, Karl-Josef Behr, Hermann Klockenbusch und Fabian Napp, LWK Nordrhein-Westfalen
Unkräuter und Gräser biologisch unterdrücken und zeitgleich die Gefahr von Winderosion deutlich senken – mit einem neuen Verfahren des Unternehmens Bind-X GmbH soll das möglich sein. Entwickelt wurde die Methode auf Basis der sogenannten Biomineralisierung.
Das Verfahren ist vielfältig einsetzbar. So verhindert es im Bergbau bereits großflächig unerwünschte Staubbildung und Erosion. Im Heimgartenbereich ist es zur Unkrautunterdrückung in Fachmärkten schon verfügbar. In der Landwirtschaft soll es künftig eine umweltfreundliche Alternative zur chemischen Unkrautkontrolle darstellen. Inwieweit das neue Verfahren der Biotechnologie-Firma Bind-X die Unkräuter unterdrücken kann, hat die LWK NRW in ersten Versuchen in Kartoffeln geprüft.
Was macht das Verfahren so besonders?
Die Wirkung beruht auf einer temporären Verfestigung der obersten Bodenschicht – diese soll den Auflauf von Samenunkräutern verhindern. Das Mittel von Bind-X enthält natürliche Bodenbakterien (Nagoya-Protokoll-konform), die Nährstoffe aufnehmen und eine Calcit-Schicht (Calciumcarbonat) bilden.
Durch diese Calcit-Schicht, die wasser- und luftdurchlässig ist, kann das Unkraut nicht durchwachsen, während z.B. Kartoffeln problemlos durchstoßen können. Sie ist demnach eine physikalische Barriere, die das Unkrautwachstum über einen längeren Zeitraum unterdrücken kann. Später übernimmt dann der Kartoffelbestand die Unkrautunterdrückung, indem er sie beschattet. Nach Abbau der Schicht können die Kartoffeln das im Boden verbleibende Calcium als Pflanzennährstoff nutzen.
Allerdings hat das Mittel nicht nur eine unkrautunterdrückende Wirkung. Mithilfe des Verfahrens lässt sich auch Winderosion verhindern. Das heißt: keine rieselnden Kartoffeldämme mehr.
Um die Wirkung des Mittels als alternatives Verfahren zur Unkrautkontrolle in Kartoffeln zu prüfen, hat die LWK NRW zweijährige Versuche durchgeführt. Dabei brachte man es vor dem Auflaufen der Unkräuter auf die Dämme aus. Das ist wichtig, weil bereits aufgelaufene Unkräuter weiterwachsen können.
Der erste Versuch mit Bind-X wurde 2020 am Standort Köln-Auweiler in der Sorte Belana angelegt. Die Pflanzung erfolgte am 9.4.2020, behandelt wurde am 28.4.2020. Das Mittel wurde im Streu- und Gießverfahren ausgebracht, um die unterschiedlichen Anwendungen vergleichen zu können. Das Streuen erfolgte im Versuch manuell.
Die Streuapplikation im Jahr 2020 erwies sich trotz der guten Wirkungsgrade nicht als praxistauglich. Denn der „Prototyp“ war noch recht feinkörnig und wurde leicht vom Wind verweht, wodurch sich die manuelle Ausbringung schwierig gestaltete. Weil zudem die Dämme in 2020 aufgrund fehlender Niederschläge am Behandlungstermin stark ausgetrocknet waren, musste man die Parzellen vor dem Einsatz beregnen. Auch anschließend war noch ein Beregnungsgang in der Streuvariante erforderlich, damit das Mittel seine Wirkung entfalten konnte.
Im Gießverfahren brachte man das Mittel wegen der hohen Wassermenge von 2,0 l/m² mit der Gießkanne aus. Schon bei der Versuchsdurchführung zeigte sich, dass man nicht über die behandelte Fläche laufen darf, weil hierdurch die Verfestigung zerstört wird und an diesen Stellen Unkraut durchwachsen kann.
Die wichtigsten Ergebnisse: Die Kartoffeln liefen ohne Probleme auf und es zeigten sich keine Verträglichkeitsprobleme. Die Bonituren erfolgten am 15.5.2020 und 4.6.2020. Auf der Fläche traten Ackerhellerkraut, Weißer Gänsefuß und Schwarzer Nachtschatten auf (Letzterer war bei der ersten Bonitur noch nicht aufgelaufen). Gegen diese drei Unkrautarten zeigten beide Verfahren (Streu- und Gießverfahren) eine sehr gute und lang anhaltende, unkrautunterdrückende Wirkung.
Da sich aufgrund der trockenen Bedingungen der Kartoffelbestand nicht schloss und somit das Unkraut nicht beschatten konnte (Deckungsgrad Kartoffeln nur 28%), war die Wirkung am zweiten Boniturtermin gegen Weißen Gänsefuß und Schwarzen Nachtschatten reduziert. Dennoch war überraschend, über welch langen Zeitraum das Verfahren das Unkraut wirksam unterdrücken konnte.
In 2021 legte man die Kartoffelversuche mit Bind-X an drei Standorten in NRW an – in Köln-Auweiler, Warendorf und Soest. In Köln-Auweiler erfolgte die Pflanzung der Sorte Belana am 23.4.2021. Die Behandlung mit dem Mittel ließ sich hier aber erst am 19.5.2021 durchführen, weil aufgrund hoher Niederschläge und feuchter Böden ein früherer Einsatz unmöglich war.
Wegen der wiederum hohen Wasseraufwandmenge von 1,0 bis 2,0 l/m² brachte man das Präparat – wie bereits 2020 – mit der Gießkanne aus. Die Bonituren erfolgten am 10.6.2021 und 30.6.2021. Die Ergebnisse: Das Mittel zeigte über einen sehr langen Zeitraum eine sehr gute Wirkung gegen Weißen Gänsefuß, Schwarzen Nachschatten, kleinblütiges Franzosenkraut und Purpurrote Taubnessel (Letztere war bei der ersten Bonitur am 10.6.21 noch nicht aufgelaufen). Allerdings half in 2021 der wüchsige Bestand mit einem Deckungsgrad von ca. 80% gut mit.
In den Kreisen Warendorf und Soest lief der Versuch 2021 parallel mit. Aufgrund der vorangegangenen und der prognostizierten hohen Niederschläge setzte man an beiden Standorten nur die halbe Wasseraufwandmenge ein. Weil die kalte Witterung den Auflauf der Kartoffeln verzögerte, lag zwischen Behandlung und Bonitur ein recht langer Zeitraum.
In Warendorf erfolgte die Gießapplikation in der Sorte Belana am 20.4.2021 daher mit einer Wasseraufwandmenge 1,0 l/m². Bonitiert wurde am 5.7.2021 – somit musste das Mittel seine Wirksamkeit über eine lange Zeit zeigen.
Die Ergebnisse: Trotz des langen Zeitraums erzielte es sehr gute und gute Wirkungsgrade gegen Echte Kamille, Vogelmiere und Gänsedistel. Lediglich die Wirkung gegenüber Nachtschatten reichte nicht aus. Das liegt wahrscheinlich daran, dass an diesem Standort mehr Gelber Nachtschatten auftrat, der scheinbar schwerer zu unterdrücken ist als der Schwarze Nachtschatten.
In Soest wurde der Versuch in der Sorte Belana am 6.5.2021 im Gießverfahren ebenfalls mit einer Wasseraufwandmenge von 1,0 l/m² angelegt. Bonitiert wurde auch hier erst am 5.7.2021, sodass das Mittel wiederum über einen langen Zeitraum wirken musste. Die Ergebnisse: Es ließen sich sehr gute und gute Wirkungsgrade gegen Echte Kamille, Ackerstiefmütterchen, Vogelknöterich, Gemeine Hundspetersilie und Hühnerhirse erreichen.
In den durchgeführten Kartoffelversuchen der LWK NRW erzielte das Verfahren der Firma Bind-X – abhängig von den aufgetretenen Unkrautarten – sehr gute bis gute unkrautunterdrückende Wirkungsgrade. In den Versuchen waren die Mittel- und Wasseraufwandmengen noch recht hoch. Das Unternehmen Bind-X prüft aber bereits neue Granulatformulierungen, bei denen zukünftig nur etwa 1/10 der jetzigen Wassermenge notwendig ist bzw. sogar der natürliche Tau zur Aktivierung ausreicht.
Zukünftig soll so die Applikation des Mittels mit der Feldspritze oder einem Granulatstreuer möglich sein. Die LWK NRW wird diese neuen Formulierungen bereits 2022 im Feld prüfen.
Insgesamt handelt es sich um ein innovatives, umweltfreundliches Verfahren. Allerdings muss es sich noch zeigen, ob es wirtschaftlich ist. Ein ganz wichtiger Aspekt ist vor allem in der Dammkultur Kartoffel sicherlich auch der Schutz vor Winderosion.