Biotechnologe Kühnl: Kultiviertes Fleisch bald auch preislich attraktiv
Das Unternehmen von Wolfgang Kühnl erzeugt „Laborfleisch“ schon heute zu Kosten von nur noch 3 bis 5 €/kg. In spätestens zehn Jahren will er preiswerter sein als die herkömmliche Erzeugung.
Kunstfleisch? Laborfleisch? Wie soll man Fleisch, das in einem Reaktor aus Stammzellen gezüchtet wird, nennen und am besten von der „natürlichen“ Variante unterscheiden? Beim Raiffeisentag des DRV plädierte der Biotechnologe Dr. Wolfgang Kühnl von der InFamily Foods Holding gestern in Berlin für „Cultivated Meat“, also „Kultiviertes Fleisch“. Das stellt die Holding in ihrer Firmentochter The Cultivated B inzwischen selbst her.
Die Ausbeute ist dabei durchaus beeindruckend. Laut Kühnl erzeugt ein Reaktor mit einem Fassungsvermögen von einem Kubikmeter schon heute rund 4,5 t Fleisch pro Jahr. Er geht davon aus, dass dies erst der Anfang ist. Das soll auch für die Kosten gelten, die Kühnl heute noch mit 3 bis 5 €/kg angibt. Er rechnet jedoch damit, dass die Herstellungskosten von Cultivated Meat (CM) in den nächsten fünf bis zehn Jahren unter die von konventionell erzeugtem herkömmlichen Fleisch sinken werden.
Aminosäuren als limitierender Faktor
Der geschäftsführende Gesellschafter der InFamily Holding rechnet in diesem Zeitraum durchaus mit einem beachtlichen Absatzpotenzial für das Produkt, das kaum von natürlich gewachsenem Fleisch zu unterscheiden ist. Dabei wurde in der EU bislang noch nicht einmal ein einziger Antrag auf Zulassung gestellt. Das dürfte nach Kühnls Einschätzung aber in den nächsten fünf Jahren der Fall sein.
Limitierender Faktor einer möglichen Massenproduktion sind ihm zufolge allerdings die Zutaten für das Nährmedium, allen voran die notwendigen Aminosäuren. Die werden aktuell aber auch aus Algen und anderen Pflanzen gewonnen, was laut Kühnl auch eine Einstiegsmöglichkeit für die hiesige Landwirtschaft sein könnte. Er rechnet jedenfalls fest mit einer Zukunft für Fleisch – egal welcher Herkunft, „weil es so verdammt gut schmeckt“.
Minhoff: Neue Produkte bleiben noch lange Nische
Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, Christoph Minhoff, rät allerdings Politik und Unternehmen, Trends bei Lebensmitteln nicht überzubewerten. Die neuen Produkte, ob vegan oder Cultivated Meat, werden nach seiner Auffassung „noch sehr lange Nische bleiben“. Der Massenmarkt dürfe nicht aus dem Auge verloren werden.
Minhoff warnt deshalb davor, die konventionelle Landwirtschaft echten oder eingebildeten Trends zu opfern, „ohne zu wissen, was der Verbraucher eigentlich will“.
Schulze Bockeloh: Tierhaltung hat Zukunft verdient
Die Vizepräsidentin des Deutschen Bauernverbandes, Susanne Schulze Bockeloh, sieht ihrerseits keinen Grund für einen „Abgesang auf Fleisch und Tierhaltung. Beide haben ihr zufolge allein schon wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, aber auch wegen ihres Beitrags zur Kreislaufwirtschaft und Kulturlandschaft eine Zukunft verdient.
Die hat die Tierhaltung nach Überzeugung von Schulze Bockeloh aber vor allem dann, wenn sie sich auch zukunftsfähig aufstellt, also nachhaltiger und tierwohlgerechter wird. Fleisch werde nämlich auch dann gegessen – wenn auch womöglich nicht „in Massen“. Die Landwirtschaft werde sich mit dem Markt weiterentwickeln, „denn das macht Unternehmertum aus“, so die DBV-Vizepräsidentin.
Schruck: Nicht aus dem Markt schießen lassen
Carsten Schruck von der Westfleisch gab allerdings zu bedenken, dass der Verbraucher auch heute noch mehrheitlich über den Preis einkauft. Auch seien die Haltungsbedingungen für Nutztiere in Deutschland schon weiter als in den meisten anderen Ländern. Daher könne der Bogen beim Tierwohl nicht beliebig weit gespannt werden, denn „wir dürfen uns nicht aus dem Markt schießen lassen“, argumentierte Schruck. Dann werde der Import von Ware mit deutlich niedrigeren Standards die Folge sein.
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Kunstfleisch? Laborfleisch? Wie soll man Fleisch, das in einem Reaktor aus Stammzellen gezüchtet wird, nennen und am besten von der „natürlichen“ Variante unterscheiden? Beim Raiffeisentag des DRV plädierte der Biotechnologe Dr. Wolfgang Kühnl von der InFamily Foods Holding gestern in Berlin für „Cultivated Meat“, also „Kultiviertes Fleisch“. Das stellt die Holding in ihrer Firmentochter The Cultivated B inzwischen selbst her.
Die Ausbeute ist dabei durchaus beeindruckend. Laut Kühnl erzeugt ein Reaktor mit einem Fassungsvermögen von einem Kubikmeter schon heute rund 4,5 t Fleisch pro Jahr. Er geht davon aus, dass dies erst der Anfang ist. Das soll auch für die Kosten gelten, die Kühnl heute noch mit 3 bis 5 €/kg angibt. Er rechnet jedoch damit, dass die Herstellungskosten von Cultivated Meat (CM) in den nächsten fünf bis zehn Jahren unter die von konventionell erzeugtem herkömmlichen Fleisch sinken werden.
Aminosäuren als limitierender Faktor
Der geschäftsführende Gesellschafter der InFamily Holding rechnet in diesem Zeitraum durchaus mit einem beachtlichen Absatzpotenzial für das Produkt, das kaum von natürlich gewachsenem Fleisch zu unterscheiden ist. Dabei wurde in der EU bislang noch nicht einmal ein einziger Antrag auf Zulassung gestellt. Das dürfte nach Kühnls Einschätzung aber in den nächsten fünf Jahren der Fall sein.
Limitierender Faktor einer möglichen Massenproduktion sind ihm zufolge allerdings die Zutaten für das Nährmedium, allen voran die notwendigen Aminosäuren. Die werden aktuell aber auch aus Algen und anderen Pflanzen gewonnen, was laut Kühnl auch eine Einstiegsmöglichkeit für die hiesige Landwirtschaft sein könnte. Er rechnet jedenfalls fest mit einer Zukunft für Fleisch – egal welcher Herkunft, „weil es so verdammt gut schmeckt“.
Minhoff: Neue Produkte bleiben noch lange Nische
Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, Christoph Minhoff, rät allerdings Politik und Unternehmen, Trends bei Lebensmitteln nicht überzubewerten. Die neuen Produkte, ob vegan oder Cultivated Meat, werden nach seiner Auffassung „noch sehr lange Nische bleiben“. Der Massenmarkt dürfe nicht aus dem Auge verloren werden.
Minhoff warnt deshalb davor, die konventionelle Landwirtschaft echten oder eingebildeten Trends zu opfern, „ohne zu wissen, was der Verbraucher eigentlich will“.
Schulze Bockeloh: Tierhaltung hat Zukunft verdient
Die Vizepräsidentin des Deutschen Bauernverbandes, Susanne Schulze Bockeloh, sieht ihrerseits keinen Grund für einen „Abgesang auf Fleisch und Tierhaltung. Beide haben ihr zufolge allein schon wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, aber auch wegen ihres Beitrags zur Kreislaufwirtschaft und Kulturlandschaft eine Zukunft verdient.
Die hat die Tierhaltung nach Überzeugung von Schulze Bockeloh aber vor allem dann, wenn sie sich auch zukunftsfähig aufstellt, also nachhaltiger und tierwohlgerechter wird. Fleisch werde nämlich auch dann gegessen – wenn auch womöglich nicht „in Massen“. Die Landwirtschaft werde sich mit dem Markt weiterentwickeln, „denn das macht Unternehmertum aus“, so die DBV-Vizepräsidentin.
Schruck: Nicht aus dem Markt schießen lassen
Carsten Schruck von der Westfleisch gab allerdings zu bedenken, dass der Verbraucher auch heute noch mehrheitlich über den Preis einkauft. Auch seien die Haltungsbedingungen für Nutztiere in Deutschland schon weiter als in den meisten anderen Ländern. Daher könne der Bogen beim Tierwohl nicht beliebig weit gespannt werden, denn „wir dürfen uns nicht aus dem Markt schießen lassen“, argumentierte Schruck. Dann werde der Import von Ware mit deutlich niedrigeren Standards die Folge sein.