BMEL bietet Entscheidungsspielraum bei Mindestbodenbedeckung nach GLÖZ 6 an
In Deutschland wird es diesen Herbst keine flächendeckenden Ausnahmen für die Mindestbodenbedeckung geben. Bei schwierigen Witterungsbedingungen sollen die Kontrolleure aber Spielraum bekommen.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) wird kurzfristig in diesem Herbst keine Ausnahmeregeln mehr für die Mindestbodenbedeckung nach GLÖZ 6 festlegen. „Kurzfristig sind keine Änderungen der geltenden Rechtslage geplant. Insgesamt gelten die Regelungen für GLÖZ 6 bundeseinheitlich, wie die GAP-Konditionalitäten-Verordnung vorgibt“, das antwortet das BMEL auf eine Anfrage von topagrar. Das Ministerium von Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) sieht bereits ausreichend Möglichkeiten gegeben, wie die Betriebe die Mindestbodenbedeckung erfüllen können.
Einen kleinen Entscheidungsspielraum macht das BMEL allerdings für die Länder und die Kontrolleure offen. „Erlauben die örtlichen Witterungsverhältnisse unter Zugrundelegung der guten fachlichen Praxis allerdings keine rechtzeitige Aussaat, haben die zuständigen Kontrollbehörden dies bei ihren ggf. stattfindenden Kontrollen vor Ort zu berücksichtigen. Dies müsste im Einzelfall geprüft werden“, schreibt das BMEL.
Betriebe, die einen Agrarantrag stellen, müssen spätestens ab dem 15. November eine Mindestbodenbedeckung auf mindestens 80 % der Ackerfläche und auf Dauerkulturflächen vorhalten. So sehen es die GAP-Anforderungen nach GLÖZ 6, Mindestbodenbedeckung in sensiblen Zeiten, vor. Die Mindestbodenbedeckung ist danach vom 15. November bis zum 15. Januar einzuhalten. Die Regel stellt Landwirte in einigen Regionen Nordwestdeutschlands und in Süddeutschland in diesem Herbst jedoch vor große Herausforderungen. Wegen der anhaltenden Nässe kommen sie nicht auf ihre Felder, um diese mit Spätsaaten für Winterkulturen zu bestellen.
Bundesländer verweisen auf Regelkompetenz des Bundes
Obwohl die GLÖZ-Standards bundeseinheitlich gelten, legen die Bundesländer diese zum Teil unterschiedlich strikt aus. So hat NRW in der vergangenen Woche auf die Probleme vieler Landwirte mit Nässe in der Region reagiert. Das Land erlaubt Landwirten im Jahr 2023 eine Winterkultur im Anschluss an späträumende Kulturen wie Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln bis zum 15. November auszusäen. „Diese gilt als Bodenbedeckung, ohne dass die Saat zum 15. November aufgelaufen sein muss“, legt sich das Landwirtschaftsministerium in NRW fest.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) bestätigt NRWs Auslegung gegenüber top agrar. Die aktuelle Regelung in NRW entspreche den vom BMEL vorgegebenen Grundsätzen für die Mindestbodenbedeckung, teilt das BMEL mit.
Die Bundesländer Bayern, Brandenburg, Hessen, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen verweisen auf Anfrage von topagrar alle auf die BMEL-Regeln, die es zur Mindestbodenbedeckung nach GLÖZ 6 zu beachten gelte. Weitere landdesspezifische Ausnahmen gibt es dort für GLÖZ 6 nicht.
Sachsen-Anhalt teilt mit, dass für eine generelle Ausnahmemöglichkeit von GLÖZ 6 keine rechtliche Grundlage bestehe. „Kernpunkt bleibt bei GLÖZ 6 die konkrete Situation bei den wenigen noch ausstehenden Vorortkontrollen“, schreibt das Landwirtschaftsministerium aus Magdeburg. Entsprechende Fälle unterlägen insofern immer einer Einzelfallprüfung. „Können die Verpflichtungen beispielsweise aufgrund der derzeitigen schlechten Befahrbarkeit der Böden nicht oder nicht rechtzeitig eingehalten werden und trifft den Antragssteller kein Verschulden, liegt in der Regel auch kein Verstoß vor“, heißt es weiter.
Das BMEL legt GLÖZ 6 wörtlich so aus: „Die rechtlichen Regelungen bei GLÖZ 6 eröffnen den Landwirtinnen und Landwirten eine Reihe von Möglichkeiten zur Erbringung der erforderlichen Mindestbodenbedeckung auf 80 % des Ackerlandes eines Betriebes. So kann ein Landwirt auf schweren Böden die Mindestbodenbedeckung von der Ernte der Hauptkultur bis zum 1. Oktober erbringen. In einem solchen Fall gilt die Mindestbodenbedeckung als erbracht, wenn die Ernte der Hauptkultur erst nach dem 1. Oktober stattgefunden hat. Dasselbe gilt, wenn bei früherer Ernte der Hauptkultur bis 1. Oktober eine Stoppelbrache (ohne Bodenbearbeitung) etabliert war. Beim Anbau bestimmter, früher Sommerkulturen im Folgejahr (siehe Anlage 5 der GAP-Konditionalitäten-Verordnung) kann die Mindestbodenbedeckung nach Wahl des Landwirtes auch in der Zeit vom 15. September bis zum 15. November erbracht werden. Sofern diese abweichenden Zeiträume nicht zur Anwendung kommen können, ist die Mindestbodenbedeckung vom 15. November bis zum 15. Januar des Folgejahres zu gewährleisten. Dabei sollte eine Mindestbodenbedeckung im gesamten Schutzzeitraum bestehen. Grundsätzlich reicht es als alleinige Mindestbodenbedeckung also nicht, wenn die betreffenden Kulturen erst zu Beginn des Zeitraumes ausgesät werden. Vielmehr sollte sichtbar sein, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits flächig aufgegangen sind. Als Maßstab dient dabei die „gute fachliche Praxis“ unter Berücksichtigung der örtlichen Witterungsverhältnisse im Zeitraum um die Aussaat. Erlauben die örtlichen Witterungsverhältnisse unter Zugrundelegung der guten fachlichen Praxis allerdings keine rechtzeitige Aussaat, haben die zuständigen Kontrollbehörden dies bei ihren ggf. stattfindenden Kontrollen vor Ort zu berücksichtigen. Dies müsste im Einzelfall geprüft werden. Die aktuelle Regelung in NRW entspricht diesem Grundsatz."
Änderungen ab 2025 möglich
Änderungen an den GLÖZ-Regeln für die Mindestbodenbedeckung könnte es frühestens ab dem Jahr 2025 geben. Denn für das Jahr plant Agrarminister Cem Özdemir mehrere Änderungen an der GAP-Agrarförderung. „Es ist geplant, die nationale Umsetzung der GLÖZ-Standards im ersten Halbjahr 2024 eingehend zu evaluieren. Sich hieraus ergebender Änderungsbedarf soll dann im Strategieplan für 2025 umgesetzt werden“, bestätigt das BMEL mit Bezug auf die Mindestbodenbedeckung. Am 21. November trifft sich zu den Änderungen auch die Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern zu einer Sondersitzung.
Beim Deutschen Bauerverband (DBV) stößt die Haltung des BMEL zur Mindestbodenbedeckung auf Unverständnis. „Diese Auslegung ist lediglich eine kosmetische Korrektur und reicht nicht, um das Problem zu lösen – die aktuelle Witterung belegt das mehr als deutlich“, sagte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken gegenüber top agrar.
„Die GLÖZ-6 Regelung bleibt völlig praxisfern, Ackerbau funktioniert nicht nach solchen bürokratischen Vorstellungen“, sagte Krüsken weiter. Er hält zudem den föderalen Flickenteppich bei der Umsetzung der GLÖZ-Regeln für wenig hilfreich. „Wir fordern daher unverändert, endlich pragmatische und bundeseinheitliche Lösungen zu liefern.“
Betroffen von schwierigen Aussaatbedingungen sind in diesem Jahr vor allem Landwirte in NRW, Niedersachsen und in Teilen von Bayern und Baden-Württemberg. Einige davon, meldeten sich bei top agrar. Auf unsere Frage, ob das nach dem aktuellen Stand noch möglich ist, antworten 42 % von rund 1.200 befragten Lesern mit einem „Nein“. Nur 38 % gaben an, die Vorgaben in diesem Jahr einhalten zu können. Als Grund für die nicht einzuhaltende Frist nannte uns der Großteil unserer Umfrageteilnehmenden, die Flächen seien zu nass, um zu säen.
Hinweis:
Bitte aktivieren Sie Javascipt in Ihrem Browser, um diese Seite optimal nutzen zu können
Zum Lesen dieses Artikels benötigen Sie ein top agrar Abonnement
Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) wird kurzfristig in diesem Herbst keine Ausnahmeregeln mehr für die Mindestbodenbedeckung nach GLÖZ 6 festlegen. „Kurzfristig sind keine Änderungen der geltenden Rechtslage geplant. Insgesamt gelten die Regelungen für GLÖZ 6 bundeseinheitlich, wie die GAP-Konditionalitäten-Verordnung vorgibt“, das antwortet das BMEL auf eine Anfrage von topagrar. Das Ministerium von Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) sieht bereits ausreichend Möglichkeiten gegeben, wie die Betriebe die Mindestbodenbedeckung erfüllen können.
Einen kleinen Entscheidungsspielraum macht das BMEL allerdings für die Länder und die Kontrolleure offen. „Erlauben die örtlichen Witterungsverhältnisse unter Zugrundelegung der guten fachlichen Praxis allerdings keine rechtzeitige Aussaat, haben die zuständigen Kontrollbehörden dies bei ihren ggf. stattfindenden Kontrollen vor Ort zu berücksichtigen. Dies müsste im Einzelfall geprüft werden“, schreibt das BMEL.
Betriebe, die einen Agrarantrag stellen, müssen spätestens ab dem 15. November eine Mindestbodenbedeckung auf mindestens 80 % der Ackerfläche und auf Dauerkulturflächen vorhalten. So sehen es die GAP-Anforderungen nach GLÖZ 6, Mindestbodenbedeckung in sensiblen Zeiten, vor. Die Mindestbodenbedeckung ist danach vom 15. November bis zum 15. Januar einzuhalten. Die Regel stellt Landwirte in einigen Regionen Nordwestdeutschlands und in Süddeutschland in diesem Herbst jedoch vor große Herausforderungen. Wegen der anhaltenden Nässe kommen sie nicht auf ihre Felder, um diese mit Spätsaaten für Winterkulturen zu bestellen.
Bundesländer verweisen auf Regelkompetenz des Bundes
Obwohl die GLÖZ-Standards bundeseinheitlich gelten, legen die Bundesländer diese zum Teil unterschiedlich strikt aus. So hat NRW in der vergangenen Woche auf die Probleme vieler Landwirte mit Nässe in der Region reagiert. Das Land erlaubt Landwirten im Jahr 2023 eine Winterkultur im Anschluss an späträumende Kulturen wie Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln bis zum 15. November auszusäen. „Diese gilt als Bodenbedeckung, ohne dass die Saat zum 15. November aufgelaufen sein muss“, legt sich das Landwirtschaftsministerium in NRW fest.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) bestätigt NRWs Auslegung gegenüber top agrar. Die aktuelle Regelung in NRW entspreche den vom BMEL vorgegebenen Grundsätzen für die Mindestbodenbedeckung, teilt das BMEL mit.
Die Bundesländer Bayern, Brandenburg, Hessen, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen verweisen auf Anfrage von topagrar alle auf die BMEL-Regeln, die es zur Mindestbodenbedeckung nach GLÖZ 6 zu beachten gelte. Weitere landdesspezifische Ausnahmen gibt es dort für GLÖZ 6 nicht.
Sachsen-Anhalt teilt mit, dass für eine generelle Ausnahmemöglichkeit von GLÖZ 6 keine rechtliche Grundlage bestehe. „Kernpunkt bleibt bei GLÖZ 6 die konkrete Situation bei den wenigen noch ausstehenden Vorortkontrollen“, schreibt das Landwirtschaftsministerium aus Magdeburg. Entsprechende Fälle unterlägen insofern immer einer Einzelfallprüfung. „Können die Verpflichtungen beispielsweise aufgrund der derzeitigen schlechten Befahrbarkeit der Böden nicht oder nicht rechtzeitig eingehalten werden und trifft den Antragssteller kein Verschulden, liegt in der Regel auch kein Verstoß vor“, heißt es weiter.
Das BMEL legt GLÖZ 6 wörtlich so aus: „Die rechtlichen Regelungen bei GLÖZ 6 eröffnen den Landwirtinnen und Landwirten eine Reihe von Möglichkeiten zur Erbringung der erforderlichen Mindestbodenbedeckung auf 80 % des Ackerlandes eines Betriebes. So kann ein Landwirt auf schweren Böden die Mindestbodenbedeckung von der Ernte der Hauptkultur bis zum 1. Oktober erbringen. In einem solchen Fall gilt die Mindestbodenbedeckung als erbracht, wenn die Ernte der Hauptkultur erst nach dem 1. Oktober stattgefunden hat. Dasselbe gilt, wenn bei früherer Ernte der Hauptkultur bis 1. Oktober eine Stoppelbrache (ohne Bodenbearbeitung) etabliert war. Beim Anbau bestimmter, früher Sommerkulturen im Folgejahr (siehe Anlage 5 der GAP-Konditionalitäten-Verordnung) kann die Mindestbodenbedeckung nach Wahl des Landwirtes auch in der Zeit vom 15. September bis zum 15. November erbracht werden. Sofern diese abweichenden Zeiträume nicht zur Anwendung kommen können, ist die Mindestbodenbedeckung vom 15. November bis zum 15. Januar des Folgejahres zu gewährleisten. Dabei sollte eine Mindestbodenbedeckung im gesamten Schutzzeitraum bestehen. Grundsätzlich reicht es als alleinige Mindestbodenbedeckung also nicht, wenn die betreffenden Kulturen erst zu Beginn des Zeitraumes ausgesät werden. Vielmehr sollte sichtbar sein, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits flächig aufgegangen sind. Als Maßstab dient dabei die „gute fachliche Praxis“ unter Berücksichtigung der örtlichen Witterungsverhältnisse im Zeitraum um die Aussaat. Erlauben die örtlichen Witterungsverhältnisse unter Zugrundelegung der guten fachlichen Praxis allerdings keine rechtzeitige Aussaat, haben die zuständigen Kontrollbehörden dies bei ihren ggf. stattfindenden Kontrollen vor Ort zu berücksichtigen. Dies müsste im Einzelfall geprüft werden. Die aktuelle Regelung in NRW entspricht diesem Grundsatz."
Änderungen ab 2025 möglich
Änderungen an den GLÖZ-Regeln für die Mindestbodenbedeckung könnte es frühestens ab dem Jahr 2025 geben. Denn für das Jahr plant Agrarminister Cem Özdemir mehrere Änderungen an der GAP-Agrarförderung. „Es ist geplant, die nationale Umsetzung der GLÖZ-Standards im ersten Halbjahr 2024 eingehend zu evaluieren. Sich hieraus ergebender Änderungsbedarf soll dann im Strategieplan für 2025 umgesetzt werden“, bestätigt das BMEL mit Bezug auf die Mindestbodenbedeckung. Am 21. November trifft sich zu den Änderungen auch die Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern zu einer Sondersitzung.
Beim Deutschen Bauerverband (DBV) stößt die Haltung des BMEL zur Mindestbodenbedeckung auf Unverständnis. „Diese Auslegung ist lediglich eine kosmetische Korrektur und reicht nicht, um das Problem zu lösen – die aktuelle Witterung belegt das mehr als deutlich“, sagte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken gegenüber top agrar.
„Die GLÖZ-6 Regelung bleibt völlig praxisfern, Ackerbau funktioniert nicht nach solchen bürokratischen Vorstellungen“, sagte Krüsken weiter. Er hält zudem den föderalen Flickenteppich bei der Umsetzung der GLÖZ-Regeln für wenig hilfreich. „Wir fordern daher unverändert, endlich pragmatische und bundeseinheitliche Lösungen zu liefern.“
Betroffen von schwierigen Aussaatbedingungen sind in diesem Jahr vor allem Landwirte in NRW, Niedersachsen und in Teilen von Bayern und Baden-Württemberg. Einige davon, meldeten sich bei top agrar. Auf unsere Frage, ob das nach dem aktuellen Stand noch möglich ist, antworten 42 % von rund 1.200 befragten Lesern mit einem „Nein“. Nur 38 % gaben an, die Vorgaben in diesem Jahr einhalten zu können. Als Grund für die nicht einzuhaltende Frist nannte uns der Großteil unserer Umfrageteilnehmenden, die Flächen seien zu nass, um zu säen.