Nachdem die Biogasproduktion viele Jahre lang ein stiefmütterliches Dasein in Österreich fristete, könnte ihr das neue EGG in den nächsten Jahren zu einem ordentlichen Aufschwung verhelfen.
Unser Autor: Bernhard Stürmer, Geschäftsführer Kompost & Biogas Verband Österreich, Wien
Erneuerbare Gase spielen eine zentrale Rolle bei der Umstellung der Gasversorgung auf Erneuerbare. Nur so kann die Zukunft des Gasnetzes und der Gasversorgung gesichert werden. Dazu wurde im Februar im Ministerrat das Erneuerbaren-Gas-Gesetz (EGG) verabschiedet.
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Das Ausbauziel von 7,5 TWh bis 2030 könnte allein mit Biogas erreicht werden. Das Gros der dafür notwendigen Gasmenge wird durch Reststoffe der Landwirtschaft aufgebracht werden.
Aktuell erzeugen erst knapp 30 Biogasanlagen Biomethan bzw. haben eine Umstellung auf Gasproduktion beantragt.
Es gibt ein Potenzial von weiteren rund 150 Anlagen in Österreich.
Für die Umstellung einer bestehenden Anlage sind 4 bis 10 Mio. € Investitionssumme notwendig, für Neuanlagen bis zu 25 Mio. €.
Auch erste Unternehmen aus der Lebensmittel- und Futtermittelbranche zeigen bereits Interesse am Bau von Biogasanlagen.
10 % heimisches Gas ab 2030
Das Gesetz beinhaltet eine Quotenverpflichtung für Erdgashändler. Mit steigenden Anteilen an national produzierten erneuerbaren Gasen (wie Biomethan, Holzgas und grüner Wasserstoff) sollen ab 2030 jährlich 7,5 TWh (ca. 7 Mio. m³ Methan) oder knapp 10 % des österreichischen Erdgasverbrauchs gedeckt werden.
Aktuell gibt es wenige Anlagen, die auf die Biomethanproduktion gesetzt haben. Auch gibt es erst ein Projekt für die Einspeisung von Wasserstoff. Das hat einen Grund: Im Gasbereich gibt es keinen rechtlichen Rahmen, der einen wirtschaftlichen Betrieb nachhaltig ermöglicht. Dies soll sich aufgrund der Lücke im Erneuerbaren Ausbau Gesetz nun ändern. Damit die Produktion gesteigert werden kann, braucht es ein Gesetz wie das EGG.
Das Ausbauziel von 7,5 TWh könnte auch nur mit Biogas allein erreicht werden. Für die Zeit nach 2030 kann die Biogasproduktion noch weiter gesteigert werden. Studien belegen ein Potenzial von bis zu 15 TWh Biogas (organische Abfälle und Reststoffe der Landwirtschaft wie Gülle und Stroh) und zusätzlich bis zu 25 TWh Holzgas. Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II bzw. bald die RED III) legt Kriterien zur Nachhaltigkeit und Treibhausgaseinsparung für biogene Energieträger fest.
Mist, Maisstroh etc. gefragt
Diese Anforderungen lassen Kulturpflanzen nur im extrem begrenzten Ausmaß als Substrat zu. Auch die geplante EAG-Investitionszuschüsseverordnung Gas begrenzt den Einsatz von Kulturpflanzen. So wird das Gros der Biogasmenge durch Reststoffe der Landwirtschaft (z. B. Gülle und Mist, Zwischenfrüchte oder Maisstroh) aufgebracht werden. Biogene Abfälle aus der Lebens- und Futtermittelindustrie sind eine willkommene Ergänzung und tragen zusätzlich zur Kreislaufwirtschaft durch den Nährstoffimport bei.
Aktuell produzieren 13 Biogasanlagen ca. 0,15 TWh Biomethan. Bereits dieses erneuerbare Gas wird zu über 80 % aus biogenen Abfällen produziert. Rund 15 Biogasanlagen, die derzeit noch vor Ort verstromen, haben eine Genehmigung für die Umstellung Richtung Gaseinspeisung erwirkt.
Bis zu dreifache Kapazität ist notwendig
Weitere 50 bis 80 aktuell in Betrieb befindliche Biogasanlagen besitzen eine Produktionskapazität und eine Entfernung zum Gasnetz, welche eine Umstellung wirtschaftlich interessant macht. Aufgrund der bereits erstellten Planungen ist von einer Verdoppelung bis Verdreifachung der aktuellen Produktionskapazität auszugehen. Insgesamt ist so, relativ rasch, ein Biomethanpotenzial von knapp 2 TWh zu heben.
Auch neue Anlagen wurden bereits genehmigt bzw. werden aktuell gebaut. Diese Anlagen rechnen in der Regel mit einem Einzugsgebiet von bis zu 10 km. Insbesondere in viehstarken Regionen lassen sich mit der Veredelung von Gülle und Mist für Landwirte Vorteile bei der Lagerkapazität, Anforderungen bei der Ammoniakreduktion und der verbesserten Düngewirkung erzielen.
Die verstärkte Nutzung von Zwischenfrüchten hilft – insbesondere durch das intensivere Wurzelwachstum und durch die Rückführung von organisch gebundenem Kohlenstoff über die Gärprodukte – den Humusaufbau zu forcieren.
Gegenüber der Einarbeitung der Pflanzenrückstände ergibt sich kaum ein Unterschied im Kohlenstoffkreislauf. Denn der leicht verfügbare Kohlenstoff würde über den bakteriologischen Abbau auf dem Feld ohnehin als CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden.
Phytosanitäre Wirkungen durch den Abtransport von z. B. Maisstroh wurden bereits in mehreren Studien bewiesen. In der Regel wird ein Rohstoff-Dünger-Tausch von den Biogasanlagenbetreibern angeboten. Dadurch wird Lagerkapazität bei den Bauernhöfen eingespart, und das Gärprodukt kann zum optimalen Zeitpunkt auf die Felder gebracht werden.
Aufgrund des hohen Energieumsatzes einer Biogasanlage beträgt der Energiebedarf für die Substratlieferung und die Gärproduktrücklieferung unter 5 % der gesamten Energieproduktion. Wird der Bau der Anlagen noch hinzugerechnet, liegt die sogenannte energetische Amortisation bei rund 2,5 Monaten.
Bis 25 Mio. € pro Neuanlage
Die Umstellung einer Biogasanlage wird je nach Konzept zwischen 4 und 10 Mio. € kosten. Neuprojekte werden nach ersten Grobschätzungen jedenfalls 25 Mio. € an Investitionen benötigen. Daher kann mit einem Investitionsvolumen für die Umstellung und für den Bau von rund 150 neuen Biogasanlagen von insgesamt über 4 Mrd. € gerechnet werden. Aufgrund der engen Verflechtung mit und dem Know-how von österreichischen Firmen, fließt dieses Geld direkt in die regionale Wirtschaft. Keine andere Branche liefert eine so hohe heimische Wertschöpfung.
Die hohen Investitionen in die Gasreinigungsanlage, aber auch der Substratumstieg Richtung Maisstroh und Zwischenfrüchte bedingen eine gewisse Mindestleistung, um Größendegressionseffekte nutzen zu können. Allerdings zeigen Modellrechnungen (Übersicht), dass die Größendegressionseffekte bei den Investitions-, Betriebs- und Personalkosten die Zusatzkosten für die Logistik nur teilweise kompensieren können. Die Produktion des 2030iger Ziels von 7,5 TWh Biomethan würde Betriebskosten von 1 Mrd. € jährlich verursachen, zusätzlich entstehen direkt bei den Anlagen 1.500 Arbeitsplätze.
Einige Lebens- und Futtermittelproduzenten zeigen bereits Interesse an eigenen Biogasanlagen bzw. an Kooperationen mit Biogasanlagenbetreibern. Die Dimensionen sind nicht zu unterschätzen: Würde man z. B. die Standorte der Berglandmilch komplett mit Biomethan für die Wärme- und Stromproduktion versorgen wollen, sind 10 neue Biogasanlagen mit einer durchschnittlichen Leistung von 400 m³ Biomethan pro Stunde (ca. 4,4 MW) notwendig.
Auch wenn das EGG nicht auf eine Vollversorgung abzielt, steht für diese Unternehmen zusätzlich die Versorgungssicherheit im Fokus. Immerhin hat der ukrainische Energieminister Haluschtschenko erneut bestätigt, dass es zu keiner Verlängerung des bis Jahresende laufenden Transitvertrags zur Durchleitung russischer Gaslieferungen durch die Ukraine nach Westeuropa kommen wird.
Neuanlagen nur für Betriebszusammenschlüsse geeignet
Auch Landwirte interessieren sich vermehrt für den Bau einer Biogasanlage. Allerdings sind die Betriebe für sich in der Regel zu klein. Daher werden neue Anlagen entweder von mehreren Betrieben gemeinsam gedacht oder ein Unternehmen versucht, mit den Bäuerinnen und Bauern in der Umgebung Lieferverträge auszuverhandeln.
Unter 500 GVE in Kombination mit mindestens 1.500 ha Reststofffläche (Maisstroh, Zwischenfrüchte etc.) und nahe liegenden pflanzlichen Abfallströmen wird es für Biomethaneinspeiseanlagen schwer, die notwendigen Rohstoffe für einen optimalen Betrieb zu sichern. Kleinere Biogasanlagen für die Vor-Ort-Verstromung sind zwar im Erneuerbaren Ausbau Gesetz berücksichtigt. Allerdings kann keine Marktprämie beantragt werden, wenn der Standort innerhalb eines 10 km-Korridors zur nächsten Gasleitung liegt.
Im Unterschied zum Erneuerbaren Ausbau Gesetz werden durch das EGG keine Vergütungen in Aussicht gestellt, sondern durch die Verpflichtung der Gashändler ein Markt geschaffen. Die Abnahmepreise sind von der Art der Biogasanlage, den Finanzierungsmöglichkeiten und den zur Verfügung stehenden Reststoffen abhängig und werden bilateral verhandelt.
Auch sind einige Gashändler bereit, statt Biomethan Roh-Biogas abzunehmen, um dieses selbst aufzureinigen und zu vermarkten. Hierbei ist aber darauf zu achten, dass die Investitionszuschüsse an der Gasaufbereitungsanlage hängen. Im derzeitigen Entwurf liegt die Förderhöhe für Neuanlagen bei rund 1.200 € je kW Einspeiseleistung.
Warten auf den Beschluss
Die Branche wartet jetzt auf die Beschlussfassung des EGG, welche die notwendige Planungssicherheit bringen und den Ausbau massiv beschleunigen würde. Die Regierungsvorlage dazu ist bereits im Parlament eingelangt und für den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie vorgesehen. Anschließend braucht das EGG noch eine Zweidrittelmehrheit im Plenum des Parlaments zur finalen Beschlussfassung.
Die heimische Erzeugung von nachhaltiger Energie und die Nutzung von österreichischen erneuerbaren Ressourcen ist das Gebot der Stunde und trägt zur notwendigen Versorgungssicherheit sowie zum Klimaschutz bei. Zudem werden dadurch Milliarden-Strafzahlungen wegen verfehlter CO2-Reduktionsziele reduziert und Österreich ein wenig energieunabhängiger.
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Biogasblitzlichter
Tipps für Interessierte
Arbeitskreis Biogas: Zukunftsorientierte Betreiber von Biogasanlagen optimieren laufend ihre Energieproduktion und steuern damit einen Kreislaufprozess der Natur. Sie gehen zielstrebig und aktiv ans Werk, um auch in Zukunft Marktchancen mit Ökostrom, Wärme und Biomethan zu realisieren. www.arbeitskreise.at/biogas
Biogas-Dienstag: Seit Anfang April gibt es den diesjährigen Biogas-Dienstag. Fast jeden Dienstag um 8:00 werden verschiedenste Themen rund um Biogas und Biomethan im einstündigen Webinar diskutiert. www.greengasservice.at/biogas-dienstag
Grundkurs Biogas: Jedes Jahr findet im November dieser Grundkurs statt: Recht, Technik, Biologie und Betriebswirtschaft. Dieses Jahr am 21./22. November in Bad Blumau. Und natürlich darf eine Exkursion nicht fehlen! www.kompost-biogas.info/veranstaltungen
Grüngas24 Kongress: Vom 4. bis 6. Dezember findet die diesjährige, erweiterte Biogaskongress in St. Pölten statt. Neben Biogas und Biomethan werden Wasserstoff und Holzgas thematisiert. Seien auch Sie dabei! www.kompost-biogas.info/ggk
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Unser Autor: Bernhard Stürmer, Geschäftsführer Kompost & Biogas Verband Österreich, Wien
Erneuerbare Gase spielen eine zentrale Rolle bei der Umstellung der Gasversorgung auf Erneuerbare. Nur so kann die Zukunft des Gasnetzes und der Gasversorgung gesichert werden. Dazu wurde im Februar im Ministerrat das Erneuerbaren-Gas-Gesetz (EGG) verabschiedet.
Schnell gelesen
Das Ausbauziel von 7,5 TWh bis 2030 könnte allein mit Biogas erreicht werden. Das Gros der dafür notwendigen Gasmenge wird durch Reststoffe der Landwirtschaft aufgebracht werden.
Aktuell erzeugen erst knapp 30 Biogasanlagen Biomethan bzw. haben eine Umstellung auf Gasproduktion beantragt.
Es gibt ein Potenzial von weiteren rund 150 Anlagen in Österreich.
Für die Umstellung einer bestehenden Anlage sind 4 bis 10 Mio. € Investitionssumme notwendig, für Neuanlagen bis zu 25 Mio. €.
Auch erste Unternehmen aus der Lebensmittel- und Futtermittelbranche zeigen bereits Interesse am Bau von Biogasanlagen.
10 % heimisches Gas ab 2030
Das Gesetz beinhaltet eine Quotenverpflichtung für Erdgashändler. Mit steigenden Anteilen an national produzierten erneuerbaren Gasen (wie Biomethan, Holzgas und grüner Wasserstoff) sollen ab 2030 jährlich 7,5 TWh (ca. 7 Mio. m³ Methan) oder knapp 10 % des österreichischen Erdgasverbrauchs gedeckt werden.
Aktuell gibt es wenige Anlagen, die auf die Biomethanproduktion gesetzt haben. Auch gibt es erst ein Projekt für die Einspeisung von Wasserstoff. Das hat einen Grund: Im Gasbereich gibt es keinen rechtlichen Rahmen, der einen wirtschaftlichen Betrieb nachhaltig ermöglicht. Dies soll sich aufgrund der Lücke im Erneuerbaren Ausbau Gesetz nun ändern. Damit die Produktion gesteigert werden kann, braucht es ein Gesetz wie das EGG.
Das Ausbauziel von 7,5 TWh könnte auch nur mit Biogas allein erreicht werden. Für die Zeit nach 2030 kann die Biogasproduktion noch weiter gesteigert werden. Studien belegen ein Potenzial von bis zu 15 TWh Biogas (organische Abfälle und Reststoffe der Landwirtschaft wie Gülle und Stroh) und zusätzlich bis zu 25 TWh Holzgas. Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II bzw. bald die RED III) legt Kriterien zur Nachhaltigkeit und Treibhausgaseinsparung für biogene Energieträger fest.
Mist, Maisstroh etc. gefragt
Diese Anforderungen lassen Kulturpflanzen nur im extrem begrenzten Ausmaß als Substrat zu. Auch die geplante EAG-Investitionszuschüsseverordnung Gas begrenzt den Einsatz von Kulturpflanzen. So wird das Gros der Biogasmenge durch Reststoffe der Landwirtschaft (z. B. Gülle und Mist, Zwischenfrüchte oder Maisstroh) aufgebracht werden. Biogene Abfälle aus der Lebens- und Futtermittelindustrie sind eine willkommene Ergänzung und tragen zusätzlich zur Kreislaufwirtschaft durch den Nährstoffimport bei.
Aktuell produzieren 13 Biogasanlagen ca. 0,15 TWh Biomethan. Bereits dieses erneuerbare Gas wird zu über 80 % aus biogenen Abfällen produziert. Rund 15 Biogasanlagen, die derzeit noch vor Ort verstromen, haben eine Genehmigung für die Umstellung Richtung Gaseinspeisung erwirkt.
Bis zu dreifache Kapazität ist notwendig
Weitere 50 bis 80 aktuell in Betrieb befindliche Biogasanlagen besitzen eine Produktionskapazität und eine Entfernung zum Gasnetz, welche eine Umstellung wirtschaftlich interessant macht. Aufgrund der bereits erstellten Planungen ist von einer Verdoppelung bis Verdreifachung der aktuellen Produktionskapazität auszugehen. Insgesamt ist so, relativ rasch, ein Biomethanpotenzial von knapp 2 TWh zu heben.
Auch neue Anlagen wurden bereits genehmigt bzw. werden aktuell gebaut. Diese Anlagen rechnen in der Regel mit einem Einzugsgebiet von bis zu 10 km. Insbesondere in viehstarken Regionen lassen sich mit der Veredelung von Gülle und Mist für Landwirte Vorteile bei der Lagerkapazität, Anforderungen bei der Ammoniakreduktion und der verbesserten Düngewirkung erzielen.
Die verstärkte Nutzung von Zwischenfrüchten hilft – insbesondere durch das intensivere Wurzelwachstum und durch die Rückführung von organisch gebundenem Kohlenstoff über die Gärprodukte – den Humusaufbau zu forcieren.
Gegenüber der Einarbeitung der Pflanzenrückstände ergibt sich kaum ein Unterschied im Kohlenstoffkreislauf. Denn der leicht verfügbare Kohlenstoff würde über den bakteriologischen Abbau auf dem Feld ohnehin als CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden.
Phytosanitäre Wirkungen durch den Abtransport von z. B. Maisstroh wurden bereits in mehreren Studien bewiesen. In der Regel wird ein Rohstoff-Dünger-Tausch von den Biogasanlagenbetreibern angeboten. Dadurch wird Lagerkapazität bei den Bauernhöfen eingespart, und das Gärprodukt kann zum optimalen Zeitpunkt auf die Felder gebracht werden.
Aufgrund des hohen Energieumsatzes einer Biogasanlage beträgt der Energiebedarf für die Substratlieferung und die Gärproduktrücklieferung unter 5 % der gesamten Energieproduktion. Wird der Bau der Anlagen noch hinzugerechnet, liegt die sogenannte energetische Amortisation bei rund 2,5 Monaten.
Bis 25 Mio. € pro Neuanlage
Die Umstellung einer Biogasanlage wird je nach Konzept zwischen 4 und 10 Mio. € kosten. Neuprojekte werden nach ersten Grobschätzungen jedenfalls 25 Mio. € an Investitionen benötigen. Daher kann mit einem Investitionsvolumen für die Umstellung und für den Bau von rund 150 neuen Biogasanlagen von insgesamt über 4 Mrd. € gerechnet werden. Aufgrund der engen Verflechtung mit und dem Know-how von österreichischen Firmen, fließt dieses Geld direkt in die regionale Wirtschaft. Keine andere Branche liefert eine so hohe heimische Wertschöpfung.
Die hohen Investitionen in die Gasreinigungsanlage, aber auch der Substratumstieg Richtung Maisstroh und Zwischenfrüchte bedingen eine gewisse Mindestleistung, um Größendegressionseffekte nutzen zu können. Allerdings zeigen Modellrechnungen (Übersicht), dass die Größendegressionseffekte bei den Investitions-, Betriebs- und Personalkosten die Zusatzkosten für die Logistik nur teilweise kompensieren können. Die Produktion des 2030iger Ziels von 7,5 TWh Biomethan würde Betriebskosten von 1 Mrd. € jährlich verursachen, zusätzlich entstehen direkt bei den Anlagen 1.500 Arbeitsplätze.
Einige Lebens- und Futtermittelproduzenten zeigen bereits Interesse an eigenen Biogasanlagen bzw. an Kooperationen mit Biogasanlagenbetreibern. Die Dimensionen sind nicht zu unterschätzen: Würde man z. B. die Standorte der Berglandmilch komplett mit Biomethan für die Wärme- und Stromproduktion versorgen wollen, sind 10 neue Biogasanlagen mit einer durchschnittlichen Leistung von 400 m³ Biomethan pro Stunde (ca. 4,4 MW) notwendig.
Auch wenn das EGG nicht auf eine Vollversorgung abzielt, steht für diese Unternehmen zusätzlich die Versorgungssicherheit im Fokus. Immerhin hat der ukrainische Energieminister Haluschtschenko erneut bestätigt, dass es zu keiner Verlängerung des bis Jahresende laufenden Transitvertrags zur Durchleitung russischer Gaslieferungen durch die Ukraine nach Westeuropa kommen wird.
Neuanlagen nur für Betriebszusammenschlüsse geeignet
Auch Landwirte interessieren sich vermehrt für den Bau einer Biogasanlage. Allerdings sind die Betriebe für sich in der Regel zu klein. Daher werden neue Anlagen entweder von mehreren Betrieben gemeinsam gedacht oder ein Unternehmen versucht, mit den Bäuerinnen und Bauern in der Umgebung Lieferverträge auszuverhandeln.
Unter 500 GVE in Kombination mit mindestens 1.500 ha Reststofffläche (Maisstroh, Zwischenfrüchte etc.) und nahe liegenden pflanzlichen Abfallströmen wird es für Biomethaneinspeiseanlagen schwer, die notwendigen Rohstoffe für einen optimalen Betrieb zu sichern. Kleinere Biogasanlagen für die Vor-Ort-Verstromung sind zwar im Erneuerbaren Ausbau Gesetz berücksichtigt. Allerdings kann keine Marktprämie beantragt werden, wenn der Standort innerhalb eines 10 km-Korridors zur nächsten Gasleitung liegt.
Im Unterschied zum Erneuerbaren Ausbau Gesetz werden durch das EGG keine Vergütungen in Aussicht gestellt, sondern durch die Verpflichtung der Gashändler ein Markt geschaffen. Die Abnahmepreise sind von der Art der Biogasanlage, den Finanzierungsmöglichkeiten und den zur Verfügung stehenden Reststoffen abhängig und werden bilateral verhandelt.
Auch sind einige Gashändler bereit, statt Biomethan Roh-Biogas abzunehmen, um dieses selbst aufzureinigen und zu vermarkten. Hierbei ist aber darauf zu achten, dass die Investitionszuschüsse an der Gasaufbereitungsanlage hängen. Im derzeitigen Entwurf liegt die Förderhöhe für Neuanlagen bei rund 1.200 € je kW Einspeiseleistung.
Warten auf den Beschluss
Die Branche wartet jetzt auf die Beschlussfassung des EGG, welche die notwendige Planungssicherheit bringen und den Ausbau massiv beschleunigen würde. Die Regierungsvorlage dazu ist bereits im Parlament eingelangt und für den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie vorgesehen. Anschließend braucht das EGG noch eine Zweidrittelmehrheit im Plenum des Parlaments zur finalen Beschlussfassung.
Die heimische Erzeugung von nachhaltiger Energie und die Nutzung von österreichischen erneuerbaren Ressourcen ist das Gebot der Stunde und trägt zur notwendigen Versorgungssicherheit sowie zum Klimaschutz bei. Zudem werden dadurch Milliarden-Strafzahlungen wegen verfehlter CO2-Reduktionsziele reduziert und Österreich ein wenig energieunabhängiger.
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Biogasblitzlichter
Tipps für Interessierte
Arbeitskreis Biogas: Zukunftsorientierte Betreiber von Biogasanlagen optimieren laufend ihre Energieproduktion und steuern damit einen Kreislaufprozess der Natur. Sie gehen zielstrebig und aktiv ans Werk, um auch in Zukunft Marktchancen mit Ökostrom, Wärme und Biomethan zu realisieren. www.arbeitskreise.at/biogas
Biogas-Dienstag: Seit Anfang April gibt es den diesjährigen Biogas-Dienstag. Fast jeden Dienstag um 8:00 werden verschiedenste Themen rund um Biogas und Biomethan im einstündigen Webinar diskutiert. www.greengasservice.at/biogas-dienstag
Grundkurs Biogas: Jedes Jahr findet im November dieser Grundkurs statt: Recht, Technik, Biologie und Betriebswirtschaft. Dieses Jahr am 21./22. November in Bad Blumau. Und natürlich darf eine Exkursion nicht fehlen! www.kompost-biogas.info/veranstaltungen
Grüngas24 Kongress: Vom 4. bis 6. Dezember findet die diesjährige, erweiterte Biogaskongress in St. Pölten statt. Neben Biogas und Biomethan werden Wasserstoff und Holzgas thematisiert. Seien auch Sie dabei! www.kompost-biogas.info/ggk