Bündnis fordert von Bundesregierung sozial gerechte Agrarwende
Auch 2023 wollen zahlreiche Organisationen am Rande der Grünen Woche wieder für eine „Agrarwende“ trommeln. Das Motto der Veranstalter ist diesmal „Gutes Essen für alle - statt Profite für wenige!“.
Cem Özdemir war vor einem Jahr noch ein Hoffnungsträger für die im Bündnis „Wir haben es satt!“ versammelten Organisationen. Inzwischen sind die Vorschusslorbeeren offenbar aufgebraucht.
Im Vorfeld der für dem kommenden Samstag angekündigten Berliner Agrarwende-Demo des Bündnisses ging der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Georg Janßen, jedenfalls hart mit der bisherigen Arbeit des Grünen-Politikers ins Gericht: „Das Höfesterben geht ungebremst weiter und Agrarminister Özdemir schaut dabei wie seine Vorgängerin einfach zu.“
Janßen: Özdemir ist vor „Agrarindustrie“ eingeknickt
Janßen wirft Özdemir nicht nur Untätigkeit, sondern auch ein Einknicken vor der „Agrarindustrie“ vor. Ein Beleg dafür ist ihm zufolge die Aussetzung der für dieses Jahr eigentlich geplanten Stilllegung von 4 % der deutschen Anbaufläche. Özdemir nutze zudem nicht die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten wie den §148 der Gemeinsamen Marktordnung (GMO), um die Milcherzeuger in der Lieferkette zu stärken, monierte der AbL-Geschäftsführer. Er fordert den Bundesminister daher auf, sich den Interessen der „Agrarindustrie“ entgegenzustellen und bäuerlichen Betrieben eine Zukunftsperspektive zu geben.
Krüger: Fleischverzehr muss runter
Der Präsident vom Naturschutzbund (Nabu), Jörg Andreas Krüger, sieht noch viel Potenzial für mehr Arten- und Klimaschutz in der Landwirtschaft und der Kulturlandschaft. Ein großer Hemmschuh ist für ihn, dass heute noch viel Nutzfläche für Futter und Bioenergie genutzt wird. Dabei gebe es genügend Landwirtschaftsfläche für Nahrungsmittel sowie den Schutz von Umwelt und Natur, wenn der wöchentliche Fleischkonsum von heute 1 kg pro Kopf auf 400 g abgesenkt werden würde, so Krüger. Dafür müsse die Bundesregierung die politischen Rahmenbedingungen schaffen.
Krüger: Voller Mehrwertsteuersatz für tierische Produkte
Das sollte nach Auffassung des geschäftsführende Vorstands von Greenpeace, Martin Kaiser, am besten über eine Reform der Lebensmittelbesteuerung erfolgen: „Statt den klimaschädlichen Konsum von Fleisch- und Milchprodukten durch die ermäßigte Mehrwertsteuer auch noch staatlich zu fördern, sollten pflanzliche Lebensmittel wie Obst und Gemüse von der Mehrwertsteuer befreit werden", fordert Kaiser zusätzlich zu einer vollen Mehrwertsteuerbelastung von tierischen Produkten.
Von den Veranstaltern wurde heute auch ein „6-Punkte-Plan für die sozial gerechte Agrarwende und gutes Essen für alle" vorgestellt:
Höfesterben stoppen – faire Erzeugerpreise durchsetzen und Bauernhöfe beim klima- und artgerechten Umbau unterstützen.
Krisengewinne besteuern – Übergewinnsteuer auch für Agrar- und Lebensmittelkonzerne und viel mehr Unterstützung für Armutsbetroffene.
Klimakrise und Artensterben bekämpfen – durch Mehrwertsteuersenkung mehr Pflanzliches auf die Teller bringen und pestizidfreie Lebensräume für Insekten sichern.
Bäuerliche Tierhaltung erhalten – mit weniger Tieren, die dafür artgerecht gehalten werden.
Hunger beenden und Agro-Gentechnik stoppen – Spekulationsverbot für Lebensmittel, gerechter Handel und gutes, gentechnikfreies Essen für alle.
2023 wird Sprit gespart
Diese Forderungen sollen am 21. Januar lautstark in Berlin vorgetragen werden. In früheren Jahren konnte das Bündnis „Wir haben es satt!“ dafür nach Polizeiangaben bis zu 25.000 Teilnehmer mobilisieren. Während der Pandemiejahre machten die Veranstalter mit kleineren Aktionen auf ihre Anliegen aufmerksam. Im vergangenen Jahr wurde mit etwa 30 Traktoren und 50 Teilnehmern vor dem BMEL demonstriert und ein Forderungskatalog an Özdemir übergeben. Im Anschluss wurde am Reichstag eine Strohskulptur mit dem Slogan "Agrarwende Jetzt!" errichtet.
In diesem Jahr ist erneut ein Traktorprotest mit Übergabe einer bäuerlichen Protestnote an Minister Özdemir sowie eine Kundgebung am Brandenburger Tor geplant. Nach Darstellung von Bündnissprecher Christian Rollmann will man diesmal aber aus Gründen des „Ressourcenschutzes“ und wegen der hohen Spritpreise bei der Zahl der Schlepper auf die Bremse treten.
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Cem Özdemir war vor einem Jahr noch ein Hoffnungsträger für die im Bündnis „Wir haben es satt!“ versammelten Organisationen. Inzwischen sind die Vorschusslorbeeren offenbar aufgebraucht.
Im Vorfeld der für dem kommenden Samstag angekündigten Berliner Agrarwende-Demo des Bündnisses ging der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Georg Janßen, jedenfalls hart mit der bisherigen Arbeit des Grünen-Politikers ins Gericht: „Das Höfesterben geht ungebremst weiter und Agrarminister Özdemir schaut dabei wie seine Vorgängerin einfach zu.“
Janßen: Özdemir ist vor „Agrarindustrie“ eingeknickt
Janßen wirft Özdemir nicht nur Untätigkeit, sondern auch ein Einknicken vor der „Agrarindustrie“ vor. Ein Beleg dafür ist ihm zufolge die Aussetzung der für dieses Jahr eigentlich geplanten Stilllegung von 4 % der deutschen Anbaufläche. Özdemir nutze zudem nicht die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten wie den §148 der Gemeinsamen Marktordnung (GMO), um die Milcherzeuger in der Lieferkette zu stärken, monierte der AbL-Geschäftsführer. Er fordert den Bundesminister daher auf, sich den Interessen der „Agrarindustrie“ entgegenzustellen und bäuerlichen Betrieben eine Zukunftsperspektive zu geben.
Krüger: Fleischverzehr muss runter
Der Präsident vom Naturschutzbund (Nabu), Jörg Andreas Krüger, sieht noch viel Potenzial für mehr Arten- und Klimaschutz in der Landwirtschaft und der Kulturlandschaft. Ein großer Hemmschuh ist für ihn, dass heute noch viel Nutzfläche für Futter und Bioenergie genutzt wird. Dabei gebe es genügend Landwirtschaftsfläche für Nahrungsmittel sowie den Schutz von Umwelt und Natur, wenn der wöchentliche Fleischkonsum von heute 1 kg pro Kopf auf 400 g abgesenkt werden würde, so Krüger. Dafür müsse die Bundesregierung die politischen Rahmenbedingungen schaffen.
Krüger: Voller Mehrwertsteuersatz für tierische Produkte
Das sollte nach Auffassung des geschäftsführende Vorstands von Greenpeace, Martin Kaiser, am besten über eine Reform der Lebensmittelbesteuerung erfolgen: „Statt den klimaschädlichen Konsum von Fleisch- und Milchprodukten durch die ermäßigte Mehrwertsteuer auch noch staatlich zu fördern, sollten pflanzliche Lebensmittel wie Obst und Gemüse von der Mehrwertsteuer befreit werden", fordert Kaiser zusätzlich zu einer vollen Mehrwertsteuerbelastung von tierischen Produkten.
Von den Veranstaltern wurde heute auch ein „6-Punkte-Plan für die sozial gerechte Agrarwende und gutes Essen für alle" vorgestellt:
Höfesterben stoppen – faire Erzeugerpreise durchsetzen und Bauernhöfe beim klima- und artgerechten Umbau unterstützen.
Krisengewinne besteuern – Übergewinnsteuer auch für Agrar- und Lebensmittelkonzerne und viel mehr Unterstützung für Armutsbetroffene.
Klimakrise und Artensterben bekämpfen – durch Mehrwertsteuersenkung mehr Pflanzliches auf die Teller bringen und pestizidfreie Lebensräume für Insekten sichern.
Bäuerliche Tierhaltung erhalten – mit weniger Tieren, die dafür artgerecht gehalten werden.
Hunger beenden und Agro-Gentechnik stoppen – Spekulationsverbot für Lebensmittel, gerechter Handel und gutes, gentechnikfreies Essen für alle.
2023 wird Sprit gespart
Diese Forderungen sollen am 21. Januar lautstark in Berlin vorgetragen werden. In früheren Jahren konnte das Bündnis „Wir haben es satt!“ dafür nach Polizeiangaben bis zu 25.000 Teilnehmer mobilisieren. Während der Pandemiejahre machten die Veranstalter mit kleineren Aktionen auf ihre Anliegen aufmerksam. Im vergangenen Jahr wurde mit etwa 30 Traktoren und 50 Teilnehmern vor dem BMEL demonstriert und ein Forderungskatalog an Özdemir übergeben. Im Anschluss wurde am Reichstag eine Strohskulptur mit dem Slogan "Agrarwende Jetzt!" errichtet.
In diesem Jahr ist erneut ein Traktorprotest mit Übergabe einer bäuerlichen Protestnote an Minister Özdemir sowie eine Kundgebung am Brandenburger Tor geplant. Nach Darstellung von Bündnissprecher Christian Rollmann will man diesmal aber aus Gründen des „Ressourcenschutzes“ und wegen der hohen Spritpreise bei der Zahl der Schlepper auf die Bremse treten.