Bundestierschutzgesetz: Widerstand auf allen Ebenen
Ob Bauernverband, Freie Bauern oder sogar der Bundesrat: Der Entwurf zum Bundestierschutzgesetz hat wenige Fürsprecher, aber umso mehr Kritiker. Die Sorge ist, dass am Ende nur mehr Bürokratie steht.
Es kommt eher selten vor, dass Der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Freien Bauern auf einer Linie liegen. Doch bei der Novelle zum Bundestierschutzgesetz scheint beide Verbände die gleiche Sorge zu treiben: Dass die Tierhalter in Deutschland durch neue überbordende Auflagen aus der Erzeugung getrieben werden.
Der Entwurf sieht neben dem Ausstieg aus der Anbindehaltung unter anderem neue Vorgaben zu nicht-kurativen Eingriffen vor. Das bedeutet beispielsweise, dass bei Ferkeln konkretere Vorgaben für das Kupieren der Schwänze gelten. So sollen Halter erst 5 % geschädigte Tiere nachweisen, bevor kupiert werden darf. Bisher gilt eine Schadschwelle von 2 %. Praktiker sehen dadurch eher zusätzliches Tierleid aufkommen, da alles unter dieser Schwelle praktisch hingenommen werden müsste. Kälber dürfen nur noch mit Betäubung enthornt werden. Auch sind zusätzliche Dokumentationspflichten, etwa zu Falltieren geplant. In anderen Bereichen zeichnen sich ebenfalls zusätzliche Berichtsauflagen ab.
Bereits in der vergangenen Woche hatte der Veredlungspräsident des DBV, Hubertus Beringmeier, eindringlich vor einer Umsetzung der Novelle in ihrer jetzigen Form gewarnt, denn die werde den deutschen Tierhaltern das Genick brechen. Er hält die Novelle des Tierschutzgesetzes in der aktuellen Fassung für ein „Bürokratiemonster“, das die Realitäten in der landwirtschaftlichen Praxis in Gänze ignoriert. Beringmeier fordert deshalb dringen Nachbesserungen an dem Gesetzentwurf.
Freie Bauern: „Unverhältnismäßig und nicht praxistauglich“
Nun legen die Freien Bauern nach. Auch sie lehnen die Novelle des Tierschutzgesetzes als „in wesentlichen Punkten unverhältnismäßig und nicht praxistauglich“ ab. Tierschutz und Tierwohl ließen sich nicht auf rechtliche Normen und technische Standards reduzieren, sondern würden in hohem Maße vom persönlichen Engagement des Tierhalters abhängen, argumentiert Georg Straller von der Bundesvertretung des Verbands.
Er verdeutlicht das so: „Wenn aber eine Gesetzesänderung im Ergebnis bewirkt, dass Tierhalter aus der Produktion ausscheiden und die Tierhaltung insgesamt unwirtschaftlicher wird – und sich damit in größere Betriebe oder andere Länder verlagert – verfehlt sie ihren Zweck und bewirkt das Gegenteil.“
Mehr Schaden als Nutzen
In einer an das Bundeslandwirtschaftsministerium versandten Stellungnahme wendet sich Straller unter anderem gegen das Verbot der Anbindehaltung von Rindern. Diese ohnehin stark rückläufige Haltungsform dürfe nicht durch feste Fristen abgeschafft werden, um nicht noch mehr kleine Rinderhalter zu verlieren.
In den geplanten Verschärfungen bei der Einkürzung der Schwänze von Schweinen und Schafen sieht der Schweinemäster mehr Schaden als Nutzen für die Tiere und sinnlose Bürokratie für die Betriebe. Lediglich einer Betäubung beim Enthornen von Kälbern können die Freien Bauern zustimmen, verlangen aber, dass diese durch den Tierhalter selbst vorgenommen werden darf.
BRS: Bemühungen der Halter wird durch Papierflut untergraben
Der Bundesverband Rind und Schwein (BRS) sieht das beim Thema Kupierverzicht ähnlich. Er kritisiert den "bürokratischen Wahnsinn", der damit einhergeht und warnt, dass die Landwirte überfordert und frustriert werden. Problematisch ist für den Verband dabei nicht, dass der bisher freiwillige Aktionsplan Kupierverzicht verbindlich werden soll. Warum aber diese Bemühungen nun durch Risikoanalysen und die damit verbundene Papierflut alle 4 Monate untergraben wird, ist für den BRS unverständlich. Die Erhöhung der Schadschwelle von 2 auf 5 %, bei der Tierhalter mit dem Kupieren beginnen dürfen, werde zu erheblichem Tierleid im Stall führen, so der Fachverband. Eine Patenlösung gegen Schwanzbeißen und die damit verbundenen Erkrankungen gebe es nicht . Ein Erzwingen des Langschwanzes mit der gesetzgeberischen Brechstange werde den Herausforderungen daher nicht gerecht.
Bundesrat tritt auf die Bremse
Auch auf politischer Ebene ist die Novelle nicht sonderlich gut angekommen. Im Bundesrat sind die Länder mächtig auf die Bremse getreten und haben sage und schreibe 138 Änderungsanträge zum Bundestierschutzgesetz eingebracht. Die abzuarbeiten, dürfte auf jeden Fall Zeit kosten. Damit ist aktuell nicht ganz klar, ob der Fahrplan bei der Umsetzung des Gesetzes noch einzuhalten ist. Was für Änderungswünsche am Ende in dem fertigen Gesetz landen werden, lässt sich aktuell ebenfalls noch nicht sagen. Im Moment gleicht das Vorhaben aber eher einer großen Baustelle als einem fast fertigen Gesetz.
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Es kommt eher selten vor, dass Der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Freien Bauern auf einer Linie liegen. Doch bei der Novelle zum Bundestierschutzgesetz scheint beide Verbände die gleiche Sorge zu treiben: Dass die Tierhalter in Deutschland durch neue überbordende Auflagen aus der Erzeugung getrieben werden.
Der Entwurf sieht neben dem Ausstieg aus der Anbindehaltung unter anderem neue Vorgaben zu nicht-kurativen Eingriffen vor. Das bedeutet beispielsweise, dass bei Ferkeln konkretere Vorgaben für das Kupieren der Schwänze gelten. So sollen Halter erst 5 % geschädigte Tiere nachweisen, bevor kupiert werden darf. Bisher gilt eine Schadschwelle von 2 %. Praktiker sehen dadurch eher zusätzliches Tierleid aufkommen, da alles unter dieser Schwelle praktisch hingenommen werden müsste. Kälber dürfen nur noch mit Betäubung enthornt werden. Auch sind zusätzliche Dokumentationspflichten, etwa zu Falltieren geplant. In anderen Bereichen zeichnen sich ebenfalls zusätzliche Berichtsauflagen ab.
Bereits in der vergangenen Woche hatte der Veredlungspräsident des DBV, Hubertus Beringmeier, eindringlich vor einer Umsetzung der Novelle in ihrer jetzigen Form gewarnt, denn die werde den deutschen Tierhaltern das Genick brechen. Er hält die Novelle des Tierschutzgesetzes in der aktuellen Fassung für ein „Bürokratiemonster“, das die Realitäten in der landwirtschaftlichen Praxis in Gänze ignoriert. Beringmeier fordert deshalb dringen Nachbesserungen an dem Gesetzentwurf.
Freie Bauern: „Unverhältnismäßig und nicht praxistauglich“
Nun legen die Freien Bauern nach. Auch sie lehnen die Novelle des Tierschutzgesetzes als „in wesentlichen Punkten unverhältnismäßig und nicht praxistauglich“ ab. Tierschutz und Tierwohl ließen sich nicht auf rechtliche Normen und technische Standards reduzieren, sondern würden in hohem Maße vom persönlichen Engagement des Tierhalters abhängen, argumentiert Georg Straller von der Bundesvertretung des Verbands.
Er verdeutlicht das so: „Wenn aber eine Gesetzesänderung im Ergebnis bewirkt, dass Tierhalter aus der Produktion ausscheiden und die Tierhaltung insgesamt unwirtschaftlicher wird – und sich damit in größere Betriebe oder andere Länder verlagert – verfehlt sie ihren Zweck und bewirkt das Gegenteil.“
Mehr Schaden als Nutzen
In einer an das Bundeslandwirtschaftsministerium versandten Stellungnahme wendet sich Straller unter anderem gegen das Verbot der Anbindehaltung von Rindern. Diese ohnehin stark rückläufige Haltungsform dürfe nicht durch feste Fristen abgeschafft werden, um nicht noch mehr kleine Rinderhalter zu verlieren.
In den geplanten Verschärfungen bei der Einkürzung der Schwänze von Schweinen und Schafen sieht der Schweinemäster mehr Schaden als Nutzen für die Tiere und sinnlose Bürokratie für die Betriebe. Lediglich einer Betäubung beim Enthornen von Kälbern können die Freien Bauern zustimmen, verlangen aber, dass diese durch den Tierhalter selbst vorgenommen werden darf.
BRS: Bemühungen der Halter wird durch Papierflut untergraben
Der Bundesverband Rind und Schwein (BRS) sieht das beim Thema Kupierverzicht ähnlich. Er kritisiert den "bürokratischen Wahnsinn", der damit einhergeht und warnt, dass die Landwirte überfordert und frustriert werden. Problematisch ist für den Verband dabei nicht, dass der bisher freiwillige Aktionsplan Kupierverzicht verbindlich werden soll. Warum aber diese Bemühungen nun durch Risikoanalysen und die damit verbundene Papierflut alle 4 Monate untergraben wird, ist für den BRS unverständlich. Die Erhöhung der Schadschwelle von 2 auf 5 %, bei der Tierhalter mit dem Kupieren beginnen dürfen, werde zu erheblichem Tierleid im Stall führen, so der Fachverband. Eine Patenlösung gegen Schwanzbeißen und die damit verbundenen Erkrankungen gebe es nicht . Ein Erzwingen des Langschwanzes mit der gesetzgeberischen Brechstange werde den Herausforderungen daher nicht gerecht.
Bundesrat tritt auf die Bremse
Auch auf politischer Ebene ist die Novelle nicht sonderlich gut angekommen. Im Bundesrat sind die Länder mächtig auf die Bremse getreten und haben sage und schreibe 138 Änderungsanträge zum Bundestierschutzgesetz eingebracht. Die abzuarbeiten, dürfte auf jeden Fall Zeit kosten. Damit ist aktuell nicht ganz klar, ob der Fahrplan bei der Umsetzung des Gesetzes noch einzuhalten ist. Was für Änderungswünsche am Ende in dem fertigen Gesetz landen werden, lässt sich aktuell ebenfalls noch nicht sagen. Im Moment gleicht das Vorhaben aber eher einer großen Baustelle als einem fast fertigen Gesetz.