Der chemische Pflanzenschutz sicherte jahrzehntelang Ernten – jetzt will man ihn politisch verdrängen. Wichtig ist nun, den Integrierten Pflanzenschutz besser in die Gesamtstrategie einzubauen.
Unser Autor: Prof. Dr. Klaus Schlüter, ehemals Fachhochschule Kiel
In rasantem Tempo veränderten sich die landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Strukturen in Deutschland seit den 1950er-Jahren und ermöglichten eine enorme Intensivierung in der Produktion. Damit einher ging aber auch ein immer stärkeres Auftreten von Krankheiten, Schädlingen und Konkurrenzpflanzen. So begann vor 50 Jahren der Siegeszug des modernen Pflanzenschutzes mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen.
Heute dagegen befinden wir uns mitten in einem politisch gewollten Wandel, der sich genau gegen diese Wirkstoffe richtet, die in Europa jahrzehntelang Ernten und Qualitäten sicherten. Rückblickend haben folgende drei Entwicklungsphasen stattgefunden:
1. Die Zeit der Intensivierung
Nach dem 2. Weltkrieg war die Sicherstellung der Ernährung vorrangiges Ziel der Politik. Eine intensive Agrarforschung und technische Innovationen verbesserten den Anbau von Kulturpflanzen rasant. Zusätzlich stiegen durch erfolgreiche Pflanzenzüchtung die Erträge bei hoher Produktqualität kontinuierlich an. So wurden Getreide und Co. für den Anbau auf spezialisierten Betrieben immer lukrativer. Gleichzeitig wuchs auch die Nachfrage, nicht zuletzt wegen des steigenden Futtermittelbedarfs.
Allerdings ging die Ausdehnung der Anbauflächen zulasten anderer Kulturen. Zudem förderten die Bewirtschaftung und Düngung das Auftreten von Unkräutern, was zu hohen Ertragsverlusten führte. Die ersten Wuchsstoffherbizide im Getreide sorgten dann für einen bis dahin unvorstellbaren Anstieg der Getreideerträge.
Gleichzeitig setzte damals aber schon eine agrarökologisch folgenschwere Entwicklung ein: Die biologische Vielfalt in der Landschaft verringerte sich, als Beikräuter wie Kornrade, Klatschmohn und Kornblume von den Feldern verschwanden – dafür stieg aber die Produktivität enorm.
Vor gut 50 Jahren waren viele Erkenntnisse aus der Forschung Anlass, 1968 in Deutschland ein neues Pflanzenschutzgesetz zu erlassen (lange bevor andere westliche Industriestaaten Vergleichbares realisierten). In diesem Gesetz war vor allem die amtliche Wirkstoffprüfung geregelt, aber auch die Festlegung von Höchstmengen – das sind die maximal im Erntegut erlaubten Wirkstoffmengen, die keine gesundheitliche Gefahr beim Verzehr mit sich bringen. Damit war Deutschland im vorbeugenden Verbraucherschutz weltweit führend!
Im Jahr 1986 folgte dann eine Novellierung des Gesetzes: Die Prüfung des Umweltverhaltens von Wirkstoffen im Rahmen der Zulassung wurde verpflichtend eingeführt und das Umweltbundesamt (UBA) erhielt ein Vetorecht. Dem Schutz des Naturhaushaltes wurde somit eine wichtige Stellung eingeräumt. Seitdem muss man übrigens auch die Sachkunde für Anwendung und Verkauf nachweisen.
Ab 1991 begann schließlich der lange Weg der Harmonisierung des Pflanzenschutzrechtes in der EU, was im Jahr 2009 mit der ersten, europaweit gültigen Pflanzenschutzverordnung abgeschlossen wurde.
Ab den 1970er-Jahren entwickelten sich Gräser auf dem Acker zu einer hartnäckigen Konkurrenz, da sie durch den Anbau von Wintergetreide und ausgefeilte Stickstoffdüngungsstrategien stark gefördert wurden. Harnstoff-Derivate als Bodenherbizide eroberten deshalb schnell den Markt.
Selektive Graminizide ließen sich ab Mitte der 1980er dank der Safener-Technologie nicht nur in Raps, Rüben und Kartoffeln, sondern auch in vielen Getreidearten im Nachauflauf gegen Ackerfuchsschwanz & Co. einsetzen – das Ungrasproblem schien endgültig gelöst zu sein. Dass der regelmäßige Einsatz wirkungsgleicher Stoffe in getreidereichen Fruchtfolgen im Laufe der Jahre resistente Ackerungräser selektiert, war vielen nicht bewusst.
Dazu kam noch folgende Entwicklung: Weil die intensivierte Düngung die Stickstoffgehalte im Blattgewebe über viele Wochen auf einem hohen Niveau hält, bildet sich ein idealer Nährboden für anspruchsvolle Parasiten. Echter Mehltau, Blattdürre- und Blattfleckenkrankheiten, Roste, Brande sowie viele weitere Krankheitserreger entwickelten sich immer schneller und bedrohen seither die Ernten.
In den hochproduktiven Anbaugebieten Deutschlands dominieren seit Jahrzehnten Getreide, Raps und Mais das Landschaftsbild. Damit hat sich der Lebensraum für Krankheitserreger und Schädlinge kontinuierlich vergrößert und die Ernten werden immer häufiger von Schädlingskalamitäten und Krankheitsepidemien heimgesucht.
Alles schien beherrschbar
Seit den 1970er-Jahren sind deshalb zahlreiche Fungizide und Insektizide entwickelt worden, um diese Schadorganismen in Schach zu halten. Dabei dominierten über 30 Jahre vor allem in landwirtschaftlichen Kulturen nur wenige Wirkstoffgruppen. Das führte zur Resistenzbildung der Schadorganismen auf breiter Front – bis heute ist sie eine Herausforderung für Praxis, Beratung und Forschung.
Damals schien es gegen jeden Schädling, jedes Kraut und jede Krankheit eine Lösung zu geben. Die zahlreichen Pflanzenschutzfirmen in Deutschland zündeten in den 1980er- und 1990er-Jahren in jeder Wintersaison ein Feuerwerk neuer Insektizide, Fungizide, Herbizide und Graminizide.
Das gesamte Denken und Handeln der Praxis war über Jahrzehnte von dem Gedanken beseelt, möglichst nur das „beste Mittel“ einzusetzen. Jede Produktinnovation eroberte blitzschnell den Markt. Und so war die Zeitspanne von ca. 1970 bis zur Jahrtausendwende gekennzeichnet von der ständig wachsenden Bedeutung des chemischen Pflanzenschutzes. Man glaubte tatsächlich, alle Widersacher auf dem Feld seien für alle Zeit sicher zu beherrschen – welch ein Trugschluss!
2. Zwang zur Ökonomisierung
Neue agrarpolitische Vorgaben erschütterten Anfang der 1990er-Jahre die Landwirtschaft, vor allem den Ackerbau. Das Bild der rosigen Zukunft, in der perfektionierte Anbausysteme mit zahlreichen Agrochemikalien höchste Erträge und geringsten Befall sichern, verblasste angesichts sinkender Marktpreise.
Und so stieg das Kostenbewusstsein kräftig, was vor allem in Norddeutschland eine harte ökonomische Optimierung zur Folge hatte. Im Ackerbau führte das zu Fehlentwicklungen, wie z. B. den langjährigen Anbau von Mono-Weizen, in dem sich DTR, Fusarien und Halmbasiskrankheiten extrem entwickeln konnten.
Es wurde überall gespart: Man düngte meist nur noch reine Hauptnährstoffe und keine Düngemittel mehr mit Mikronährelementen. Dazu kam ein reduziertes Kalken der Ackerböden. Für den Pflanzenschutz hieß es: „Ganz weit runter mit der Aufwandmenge, lieber einmal mehr spritzen“.
Weit verbreitet war – und ist seitdem – die „Mini-Mengen-Strategie“ im Splitting. Was offenbar so clever aussah, entpuppte sich aber schnell als Ursache für die nachlassende Wirkung der wichtigsten Pflanzenschutzmittel. Denn die Schadorganismen wurden dadurch selektiert und zunehmend resistent. Sie konnten deutlich höhere Wirkstoffmengen vertragen und überlebten bald jede Spritzung.
Die Folgen waren verheerend: Gerade einmal zwei Jahre nach Markteinführung 1996 versagten die ersten Strobilurine – sie waren als Hoffnungsträger einer neuen Pflanzenschutz-Ära gegen Echten Weizenmehltau angetreten. Später passierte das Gleiche mit den Chinolinen. Nur eine Zeit lang ließ sich das alles durch andere Wirkstoffe kompensieren.
Völlig unverständlich ist deshalb die immer noch in einigen Regionen praktizierte Vorgehensweise, auf sehr geringe Aufwandmengen zu setzen. Das ist der sicherste Weg, auch die letzten, langfristig zugelassenen Wirkstoffe der Resistenz preiszugeben. Bei den SDHI (Carboxamide) ist z. B. der Resistenzgrad der Weizenblattdürre (Zymoseptoria tritici) schon weit fortgeschritten – die ursprünglich überragende Wirkung wird schon lange nicht mehr erreicht.
3. Ökologisierung – Pflanzenschutz wird unerwünscht
Schon in den 1980er-Jahren stellte man fest, dass alte Wirkstoffe aus der Frühzeit des Pflanzenschutzes der 1960er-Jahre den aktuellen Umweltanforderungen absolut nicht standhielten. Deshalb wurde im 1986 novellierten Pflanzenschutzgesetz das Umweltverhalten der Wirkstoffe in die Gesamtbeurteilung eingebunden. Seitdem nimmt das UBA im Zulassungsverfahren eine besonders wichtige Position ein, insbesondere auch wegen des Vetorechts.
Dadurch stiegen die Anforderungen an neue Wirkstoffe erheblich und die Zulassungen gingen zurück. Zum gleichen Zeitpunkt wurde die „Gute fachliche Praxis (GFP)“ in Deutschland eingeführt.
Generell sieht die Politik die ausgebrachten Wirkstoffmengen im Pflanzenschutz derzeit sehr kritisch. Das Europäische Parlament will den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln deshalb deutlich einschränken. Oft wird unterstellt, dass der Einsatz dieser Produkte von Jahr zu Jahr gestiegen sei. Mit Blick auf die letzten 50 Jahre zeigt sich aber, dass es in Deutschland keine nennenswerte Veränderung der ausgebrachten Wirkstoffmengen gegeben hat – und das, obwohl sich durch die deutsche Wiedervereinigung nach 1990 die landwirtschaftliche Nutzfläche erheblich vergrößert hat.
Mit der Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik um das Jahr 2010 übernahm die EFSA (Europäische Lebensmittel-Sicherheitsbehörde) die Zulassungsprüfung für Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln nach dem „Null-Risiko-Prinzip“. Seitdem sind die Hürden für eine Zulassung so hoch wie in keiner anderen Region der Welt. In der Öffentlichkeit werden Pflanzenschutzmittel mittlerweile nur noch als Pestizide bezeichnet und gelten als unerwünschte Stoffe.
Angesichts der extrem hohen Anforderungen an neue Wirkstoffe ist der europäische Markt für die internationalen, forschenden Pflanzenschutzunternehmen kaum noch attraktiv. Somit kommen zurzeit nur noch wenige wirklich neue Wirkstoffe in die EU-Zulassungsprüfung. Zeitgleich verlieren alte Substanzen ihre Zulassung. Ab 2025 wird das Spektrum der chemischen Pflanzenschutzmittel noch weiter schrumpfen – gegen viele Schadorganismen wird es kaum noch Abwehrmaßnahmen geben. Der chemischen Regulation von Konkurrenzpflanzen wurde ebenfalls eine Absage erteilt, dies soll künftig mit unterschiedlichsten technischen Verfahren geschehen. Herbizide und Graminizide könnten demnach ebenfalls bald Geschichte sein.
Wie geht es weiter?
Wichtig ist es nun, den Integrierten Pflanzenschutz noch viel besser in die Gesamtstrategie einzubauen. Dieser ist in Deutschland zwar schon seit 1986 gesetzlich verankert, die Umsetzung erfolgte bislang aber eher stiefmütterlich.
Mit dem Anbau gesunder Sorten ist es z. B. möglich, den Ausgangsbefall mit Schadpilzen erheblich zu verringern – das entlastet dann die Pflanzenschutzmittelwirkstoffe. Wer zudem spätere Aussaattermine von Wintergetreide wählt, senkt die Befallsstärke aller Schadorganismen vor Winter, vermeidet massives Auflaufen von Ungräsern und hindert wichtige Vektoren an einer frühen Virusübertragung. Darüber hinaus lässt sich über die Fruchtfolge der Befallsdruck standorttreuer Krankheiten vermindern.
Dennoch: Unter alleiniger Nutzung solcher indirekten Pflanzenschutzverfahren wird es nicht gelingen, Ertragsverluste zu verhindern. Notwendig ist ein abgestimmtes System, um die Schadenswahrscheinlichkeit zu mindern. Dafür muss es künftig möglich sein, eine breite Palette unterschiedlichster Werkzeuge miteinander zu kombinieren. Dazu gehören z. B. modernste Pflanzenschutzmittelwirkstoffe, Resistenzinduktoren, Pflanzenstärkungsmittel und zahlreiche andere Biologicals sowie molekulare Verfahren.
Wenngleich die Effektivität dieser einzelnen Verfahren nicht mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen vergleichbar ist, so können sie zukünftig zusammen mit den wenigen verbleibenden oder neuen Wirkstoffen Ertragsverluste einschränken. Das wichtigste Fundament für diesen Weg bildet eine weitere Verbesserung der pflanzlichen Widerstandskraft gegen Schadorganismen – somit erlangt die Pflanzenzüchtung eine immer größere Bedeutung bei der Gesunderhaltung unserer Nutzpflanzen.
Wichtig ist auch, die Nützlinge als Feinde tierischer Schädlinge durch Verbesserung des Lebensraums zu schonen und zu fördern. Bezüglich ihrer Wirkung ist aber zu bedenken, dass räuberische oder parasitisch lebende Insekten bei der Regulation sich träge vermehrender Blattlauskolonien im Bestand nur dann erfolgreich sind, wenn Insektizide nicht zur Anwendung kommen. Die Krux: Ohne Insektizide ist die Kontrolle von Virusvektoren im Bestand kaum möglich, weil diese als geflügelte Tiere einwandern und nicht Opfer der Nützlinge werden.
Ein enormes Potenzial bieten molekulare Pflanzenschutzverfahren, wie die RNA-Interferenz-Technik, die sich zurzeit in der Entwicklung befindet. Dabei geht es um den Einsatz spezieller Nucleinsäuren (RNAi), mit denen z. B. die Erkennung einer Pflanze durch Schadpilze oder Insekten verhindert werden kann – sogar die Ausschaltung von Konkurrenzpflanzen wird damit möglich. Vorteil dieses zukunftsweisenden Verfahrens ist die hochspezifische Wirkung bei fehlender Toxizität. RNAi lässt sich züchterisch in Pflanzen verankern, oder es kann in Form von Spritzmitteln zum Einsatz kommen. Im Ausland ist das schon Realität, in Europa wird darüber noch gestritten.
Die „German Angst“ – kein guter Ratgeber
Doch was könnte geschehen, wenn noch größere Lücken bei den verfügbaren Wirkstoffen entstehen, neue molekulare Verfahren in der Gesellschaft und Politik keine Akzeptanz finden und nur Biologicals übrig bleiben? Das Szenario lässt sich wie folgt beschreiben:
Beim Fehlen von Fungiziden , z. B. gegen Krautfäule in Kartoffeln oder Roste im Getreide, können die Verluste in Befallsjahren aufgrund der extrem schnellen Epidemie bereits auf dem Feld verheerend sein – ganz abgesehen von der Lagerproblematik bei den Kartoffeln.
Über 100 Jahre hat die Saatgutbehandlung erfolgreich dafür gesorgt, Schadpilze an und in Samen sowie bodenbürtige Auflaufkrankheiten zu unterdrücken. Die restriktive Zulassung hat zur Folge, dass dieses Instrument der Auflaufsicherung in Europa bald nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Krankheiten wie die Flugbrande des Getreides werden sich daher wieder verstärkt verbreiten, denn sie sind mit physikalischen Verfahren (Elektronen, Hitze) nicht sicher zu eliminieren und können sich bei fehlender Saatgutbeizung unaufhaltsam weiter vermehren.
Äußerst problematisch ist der Mangel moderner Insektizide gegen Virusvektoren (Getreide, Kartoffeln, Zuckerrüben, Raps, Obst, Gemüse). Denn hier ist es erforderlich, den Erstbefall sicher zu erfassen. Ein eindrucksvolles Beispiel ist die Zuckerrübe: Da die gut wirksamen Neonicotinoide zur Saatgutbehandlung nach 25 Jahren nicht mehr zugelassen sind, hat die „Viröse Vergilbung“ in Europa bereits dramatische Verluste ausgelöst und stellt die Rentabilität dieser wertvollen Kultur endgültig infrage.
Molekulare Verfahren wie die Genom-Editierung zur Verbesserung pflanzlicher Eigenschaften sind in wichtigen Agrar-Exportländern wie Kanada, USA, Brasilien und Australien längst etabliert. Etliche Beispiele für den erfolgreichen Einsatz der RNAi-Technik gibt es bereits in den USA – dort setzt man gerade im ökologischen Landbau große Hoffnungen auf molekulare Verfahren, um damit Verluste zu vermeiden. Es bleibt zu hoffen, dass man in Europa den Fortschritt durch eine prinzipielle Ablehnung der modernen Gentechnik nicht dauerhaft verhindert.
Die Ausführungen zeigen, dass eines sicher ist: Zukünftig wird der Pflanzenschutz immer höhere Anforderungen an Praxis, Beratung sowie die gesamte Agrarforschung stellen!
So hat sich der Absatz entwickelt
Wie sich der Absatz von Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen in Deutschland von 1977 bis 2020 verändert hat, zeigt folgende Übersicht. Dargestellt sind die amtlichen Daten zum Inlandsabsatz (verkaufte Menge) von Wirkstoffen in Deutschland. Die tatsächlichen Produktmengen sind größer, weil sie verschiedene weitere Komponenten enthalten. Für eine Bewertung ist aber die Wirkstoffmenge pro Jahr die wichtigste Zahl.
Nicht berücksichtigt sind die sogenannten inerten Gase. Dazu gehört im wesentlichen Kohlenstoffdioxid (CO2), das gegen Vorratsschädlinge in gasdichten Silos eingesetzt wird.
Die rote Linie in der Übersicht zeigt die Gesamtmenge an Wirkstoffen, die gestrichelte Linie stellt die Mengen aus der ehemaligen DDR dar. Wie man deutlich sieht, war die Wiedervereinigung Deutschlands nicht mit einem dauerhaften Anstieg der ausgebrachten Wirkstoffmengen nach 1993 verbunden, obwohl die Fläche deutlich wuchs. Grund dafür ist vor allem die starke Reduktion der Aufwandmengen bei den Herbiziden seit Einführung der Sulfonyl-Harnstoff-Präparate – deren Einsatz liegt oft nur im Grammbereich pro Hektar.
Unser Autor: Prof. Dr. Klaus Schlüter, ehemals Fachhochschule Kiel
In rasantem Tempo veränderten sich die landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Strukturen in Deutschland seit den 1950er-Jahren und ermöglichten eine enorme Intensivierung in der Produktion. Damit einher ging aber auch ein immer stärkeres Auftreten von Krankheiten, Schädlingen und Konkurrenzpflanzen. So begann vor 50 Jahren der Siegeszug des modernen Pflanzenschutzes mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen.
Heute dagegen befinden wir uns mitten in einem politisch gewollten Wandel, der sich genau gegen diese Wirkstoffe richtet, die in Europa jahrzehntelang Ernten und Qualitäten sicherten. Rückblickend haben folgende drei Entwicklungsphasen stattgefunden:
1. Die Zeit der Intensivierung
Nach dem 2. Weltkrieg war die Sicherstellung der Ernährung vorrangiges Ziel der Politik. Eine intensive Agrarforschung und technische Innovationen verbesserten den Anbau von Kulturpflanzen rasant. Zusätzlich stiegen durch erfolgreiche Pflanzenzüchtung die Erträge bei hoher Produktqualität kontinuierlich an. So wurden Getreide und Co. für den Anbau auf spezialisierten Betrieben immer lukrativer. Gleichzeitig wuchs auch die Nachfrage, nicht zuletzt wegen des steigenden Futtermittelbedarfs.
Allerdings ging die Ausdehnung der Anbauflächen zulasten anderer Kulturen. Zudem förderten die Bewirtschaftung und Düngung das Auftreten von Unkräutern, was zu hohen Ertragsverlusten führte. Die ersten Wuchsstoffherbizide im Getreide sorgten dann für einen bis dahin unvorstellbaren Anstieg der Getreideerträge.
Gleichzeitig setzte damals aber schon eine agrarökologisch folgenschwere Entwicklung ein: Die biologische Vielfalt in der Landschaft verringerte sich, als Beikräuter wie Kornrade, Klatschmohn und Kornblume von den Feldern verschwanden – dafür stieg aber die Produktivität enorm.
Vor gut 50 Jahren waren viele Erkenntnisse aus der Forschung Anlass, 1968 in Deutschland ein neues Pflanzenschutzgesetz zu erlassen (lange bevor andere westliche Industriestaaten Vergleichbares realisierten). In diesem Gesetz war vor allem die amtliche Wirkstoffprüfung geregelt, aber auch die Festlegung von Höchstmengen – das sind die maximal im Erntegut erlaubten Wirkstoffmengen, die keine gesundheitliche Gefahr beim Verzehr mit sich bringen. Damit war Deutschland im vorbeugenden Verbraucherschutz weltweit führend!
Im Jahr 1986 folgte dann eine Novellierung des Gesetzes: Die Prüfung des Umweltverhaltens von Wirkstoffen im Rahmen der Zulassung wurde verpflichtend eingeführt und das Umweltbundesamt (UBA) erhielt ein Vetorecht. Dem Schutz des Naturhaushaltes wurde somit eine wichtige Stellung eingeräumt. Seitdem muss man übrigens auch die Sachkunde für Anwendung und Verkauf nachweisen.
Ab 1991 begann schließlich der lange Weg der Harmonisierung des Pflanzenschutzrechtes in der EU, was im Jahr 2009 mit der ersten, europaweit gültigen Pflanzenschutzverordnung abgeschlossen wurde.
Ab den 1970er-Jahren entwickelten sich Gräser auf dem Acker zu einer hartnäckigen Konkurrenz, da sie durch den Anbau von Wintergetreide und ausgefeilte Stickstoffdüngungsstrategien stark gefördert wurden. Harnstoff-Derivate als Bodenherbizide eroberten deshalb schnell den Markt.
Selektive Graminizide ließen sich ab Mitte der 1980er dank der Safener-Technologie nicht nur in Raps, Rüben und Kartoffeln, sondern auch in vielen Getreidearten im Nachauflauf gegen Ackerfuchsschwanz & Co. einsetzen – das Ungrasproblem schien endgültig gelöst zu sein. Dass der regelmäßige Einsatz wirkungsgleicher Stoffe in getreidereichen Fruchtfolgen im Laufe der Jahre resistente Ackerungräser selektiert, war vielen nicht bewusst.
Dazu kam noch folgende Entwicklung: Weil die intensivierte Düngung die Stickstoffgehalte im Blattgewebe über viele Wochen auf einem hohen Niveau hält, bildet sich ein idealer Nährboden für anspruchsvolle Parasiten. Echter Mehltau, Blattdürre- und Blattfleckenkrankheiten, Roste, Brande sowie viele weitere Krankheitserreger entwickelten sich immer schneller und bedrohen seither die Ernten.
In den hochproduktiven Anbaugebieten Deutschlands dominieren seit Jahrzehnten Getreide, Raps und Mais das Landschaftsbild. Damit hat sich der Lebensraum für Krankheitserreger und Schädlinge kontinuierlich vergrößert und die Ernten werden immer häufiger von Schädlingskalamitäten und Krankheitsepidemien heimgesucht.
Alles schien beherrschbar
Seit den 1970er-Jahren sind deshalb zahlreiche Fungizide und Insektizide entwickelt worden, um diese Schadorganismen in Schach zu halten. Dabei dominierten über 30 Jahre vor allem in landwirtschaftlichen Kulturen nur wenige Wirkstoffgruppen. Das führte zur Resistenzbildung der Schadorganismen auf breiter Front – bis heute ist sie eine Herausforderung für Praxis, Beratung und Forschung.
Damals schien es gegen jeden Schädling, jedes Kraut und jede Krankheit eine Lösung zu geben. Die zahlreichen Pflanzenschutzfirmen in Deutschland zündeten in den 1980er- und 1990er-Jahren in jeder Wintersaison ein Feuerwerk neuer Insektizide, Fungizide, Herbizide und Graminizide.
Das gesamte Denken und Handeln der Praxis war über Jahrzehnte von dem Gedanken beseelt, möglichst nur das „beste Mittel“ einzusetzen. Jede Produktinnovation eroberte blitzschnell den Markt. Und so war die Zeitspanne von ca. 1970 bis zur Jahrtausendwende gekennzeichnet von der ständig wachsenden Bedeutung des chemischen Pflanzenschutzes. Man glaubte tatsächlich, alle Widersacher auf dem Feld seien für alle Zeit sicher zu beherrschen – welch ein Trugschluss!
2. Zwang zur Ökonomisierung
Neue agrarpolitische Vorgaben erschütterten Anfang der 1990er-Jahre die Landwirtschaft, vor allem den Ackerbau. Das Bild der rosigen Zukunft, in der perfektionierte Anbausysteme mit zahlreichen Agrochemikalien höchste Erträge und geringsten Befall sichern, verblasste angesichts sinkender Marktpreise.
Und so stieg das Kostenbewusstsein kräftig, was vor allem in Norddeutschland eine harte ökonomische Optimierung zur Folge hatte. Im Ackerbau führte das zu Fehlentwicklungen, wie z. B. den langjährigen Anbau von Mono-Weizen, in dem sich DTR, Fusarien und Halmbasiskrankheiten extrem entwickeln konnten.
Es wurde überall gespart: Man düngte meist nur noch reine Hauptnährstoffe und keine Düngemittel mehr mit Mikronährelementen. Dazu kam ein reduziertes Kalken der Ackerböden. Für den Pflanzenschutz hieß es: „Ganz weit runter mit der Aufwandmenge, lieber einmal mehr spritzen“.
Weit verbreitet war – und ist seitdem – die „Mini-Mengen-Strategie“ im Splitting. Was offenbar so clever aussah, entpuppte sich aber schnell als Ursache für die nachlassende Wirkung der wichtigsten Pflanzenschutzmittel. Denn die Schadorganismen wurden dadurch selektiert und zunehmend resistent. Sie konnten deutlich höhere Wirkstoffmengen vertragen und überlebten bald jede Spritzung.
Die Folgen waren verheerend: Gerade einmal zwei Jahre nach Markteinführung 1996 versagten die ersten Strobilurine – sie waren als Hoffnungsträger einer neuen Pflanzenschutz-Ära gegen Echten Weizenmehltau angetreten. Später passierte das Gleiche mit den Chinolinen. Nur eine Zeit lang ließ sich das alles durch andere Wirkstoffe kompensieren.
Völlig unverständlich ist deshalb die immer noch in einigen Regionen praktizierte Vorgehensweise, auf sehr geringe Aufwandmengen zu setzen. Das ist der sicherste Weg, auch die letzten, langfristig zugelassenen Wirkstoffe der Resistenz preiszugeben. Bei den SDHI (Carboxamide) ist z. B. der Resistenzgrad der Weizenblattdürre (Zymoseptoria tritici) schon weit fortgeschritten – die ursprünglich überragende Wirkung wird schon lange nicht mehr erreicht.
3. Ökologisierung – Pflanzenschutz wird unerwünscht
Schon in den 1980er-Jahren stellte man fest, dass alte Wirkstoffe aus der Frühzeit des Pflanzenschutzes der 1960er-Jahre den aktuellen Umweltanforderungen absolut nicht standhielten. Deshalb wurde im 1986 novellierten Pflanzenschutzgesetz das Umweltverhalten der Wirkstoffe in die Gesamtbeurteilung eingebunden. Seitdem nimmt das UBA im Zulassungsverfahren eine besonders wichtige Position ein, insbesondere auch wegen des Vetorechts.
Dadurch stiegen die Anforderungen an neue Wirkstoffe erheblich und die Zulassungen gingen zurück. Zum gleichen Zeitpunkt wurde die „Gute fachliche Praxis (GFP)“ in Deutschland eingeführt.
Generell sieht die Politik die ausgebrachten Wirkstoffmengen im Pflanzenschutz derzeit sehr kritisch. Das Europäische Parlament will den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln deshalb deutlich einschränken. Oft wird unterstellt, dass der Einsatz dieser Produkte von Jahr zu Jahr gestiegen sei. Mit Blick auf die letzten 50 Jahre zeigt sich aber, dass es in Deutschland keine nennenswerte Veränderung der ausgebrachten Wirkstoffmengen gegeben hat – und das, obwohl sich durch die deutsche Wiedervereinigung nach 1990 die landwirtschaftliche Nutzfläche erheblich vergrößert hat.
Mit der Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik um das Jahr 2010 übernahm die EFSA (Europäische Lebensmittel-Sicherheitsbehörde) die Zulassungsprüfung für Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln nach dem „Null-Risiko-Prinzip“. Seitdem sind die Hürden für eine Zulassung so hoch wie in keiner anderen Region der Welt. In der Öffentlichkeit werden Pflanzenschutzmittel mittlerweile nur noch als Pestizide bezeichnet und gelten als unerwünschte Stoffe.
Angesichts der extrem hohen Anforderungen an neue Wirkstoffe ist der europäische Markt für die internationalen, forschenden Pflanzenschutzunternehmen kaum noch attraktiv. Somit kommen zurzeit nur noch wenige wirklich neue Wirkstoffe in die EU-Zulassungsprüfung. Zeitgleich verlieren alte Substanzen ihre Zulassung. Ab 2025 wird das Spektrum der chemischen Pflanzenschutzmittel noch weiter schrumpfen – gegen viele Schadorganismen wird es kaum noch Abwehrmaßnahmen geben. Der chemischen Regulation von Konkurrenzpflanzen wurde ebenfalls eine Absage erteilt, dies soll künftig mit unterschiedlichsten technischen Verfahren geschehen. Herbizide und Graminizide könnten demnach ebenfalls bald Geschichte sein.
Wie geht es weiter?
Wichtig ist es nun, den Integrierten Pflanzenschutz noch viel besser in die Gesamtstrategie einzubauen. Dieser ist in Deutschland zwar schon seit 1986 gesetzlich verankert, die Umsetzung erfolgte bislang aber eher stiefmütterlich.
Mit dem Anbau gesunder Sorten ist es z. B. möglich, den Ausgangsbefall mit Schadpilzen erheblich zu verringern – das entlastet dann die Pflanzenschutzmittelwirkstoffe. Wer zudem spätere Aussaattermine von Wintergetreide wählt, senkt die Befallsstärke aller Schadorganismen vor Winter, vermeidet massives Auflaufen von Ungräsern und hindert wichtige Vektoren an einer frühen Virusübertragung. Darüber hinaus lässt sich über die Fruchtfolge der Befallsdruck standorttreuer Krankheiten vermindern.
Dennoch: Unter alleiniger Nutzung solcher indirekten Pflanzenschutzverfahren wird es nicht gelingen, Ertragsverluste zu verhindern. Notwendig ist ein abgestimmtes System, um die Schadenswahrscheinlichkeit zu mindern. Dafür muss es künftig möglich sein, eine breite Palette unterschiedlichster Werkzeuge miteinander zu kombinieren. Dazu gehören z. B. modernste Pflanzenschutzmittelwirkstoffe, Resistenzinduktoren, Pflanzenstärkungsmittel und zahlreiche andere Biologicals sowie molekulare Verfahren.
Wenngleich die Effektivität dieser einzelnen Verfahren nicht mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen vergleichbar ist, so können sie zukünftig zusammen mit den wenigen verbleibenden oder neuen Wirkstoffen Ertragsverluste einschränken. Das wichtigste Fundament für diesen Weg bildet eine weitere Verbesserung der pflanzlichen Widerstandskraft gegen Schadorganismen – somit erlangt die Pflanzenzüchtung eine immer größere Bedeutung bei der Gesunderhaltung unserer Nutzpflanzen.
Wichtig ist auch, die Nützlinge als Feinde tierischer Schädlinge durch Verbesserung des Lebensraums zu schonen und zu fördern. Bezüglich ihrer Wirkung ist aber zu bedenken, dass räuberische oder parasitisch lebende Insekten bei der Regulation sich träge vermehrender Blattlauskolonien im Bestand nur dann erfolgreich sind, wenn Insektizide nicht zur Anwendung kommen. Die Krux: Ohne Insektizide ist die Kontrolle von Virusvektoren im Bestand kaum möglich, weil diese als geflügelte Tiere einwandern und nicht Opfer der Nützlinge werden.
Ein enormes Potenzial bieten molekulare Pflanzenschutzverfahren, wie die RNA-Interferenz-Technik, die sich zurzeit in der Entwicklung befindet. Dabei geht es um den Einsatz spezieller Nucleinsäuren (RNAi), mit denen z. B. die Erkennung einer Pflanze durch Schadpilze oder Insekten verhindert werden kann – sogar die Ausschaltung von Konkurrenzpflanzen wird damit möglich. Vorteil dieses zukunftsweisenden Verfahrens ist die hochspezifische Wirkung bei fehlender Toxizität. RNAi lässt sich züchterisch in Pflanzen verankern, oder es kann in Form von Spritzmitteln zum Einsatz kommen. Im Ausland ist das schon Realität, in Europa wird darüber noch gestritten.
Die „German Angst“ – kein guter Ratgeber
Doch was könnte geschehen, wenn noch größere Lücken bei den verfügbaren Wirkstoffen entstehen, neue molekulare Verfahren in der Gesellschaft und Politik keine Akzeptanz finden und nur Biologicals übrig bleiben? Das Szenario lässt sich wie folgt beschreiben:
Beim Fehlen von Fungiziden , z. B. gegen Krautfäule in Kartoffeln oder Roste im Getreide, können die Verluste in Befallsjahren aufgrund der extrem schnellen Epidemie bereits auf dem Feld verheerend sein – ganz abgesehen von der Lagerproblematik bei den Kartoffeln.
Über 100 Jahre hat die Saatgutbehandlung erfolgreich dafür gesorgt, Schadpilze an und in Samen sowie bodenbürtige Auflaufkrankheiten zu unterdrücken. Die restriktive Zulassung hat zur Folge, dass dieses Instrument der Auflaufsicherung in Europa bald nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Krankheiten wie die Flugbrande des Getreides werden sich daher wieder verstärkt verbreiten, denn sie sind mit physikalischen Verfahren (Elektronen, Hitze) nicht sicher zu eliminieren und können sich bei fehlender Saatgutbeizung unaufhaltsam weiter vermehren.
Äußerst problematisch ist der Mangel moderner Insektizide gegen Virusvektoren (Getreide, Kartoffeln, Zuckerrüben, Raps, Obst, Gemüse). Denn hier ist es erforderlich, den Erstbefall sicher zu erfassen. Ein eindrucksvolles Beispiel ist die Zuckerrübe: Da die gut wirksamen Neonicotinoide zur Saatgutbehandlung nach 25 Jahren nicht mehr zugelassen sind, hat die „Viröse Vergilbung“ in Europa bereits dramatische Verluste ausgelöst und stellt die Rentabilität dieser wertvollen Kultur endgültig infrage.
Molekulare Verfahren wie die Genom-Editierung zur Verbesserung pflanzlicher Eigenschaften sind in wichtigen Agrar-Exportländern wie Kanada, USA, Brasilien und Australien längst etabliert. Etliche Beispiele für den erfolgreichen Einsatz der RNAi-Technik gibt es bereits in den USA – dort setzt man gerade im ökologischen Landbau große Hoffnungen auf molekulare Verfahren, um damit Verluste zu vermeiden. Es bleibt zu hoffen, dass man in Europa den Fortschritt durch eine prinzipielle Ablehnung der modernen Gentechnik nicht dauerhaft verhindert.
Die Ausführungen zeigen, dass eines sicher ist: Zukünftig wird der Pflanzenschutz immer höhere Anforderungen an Praxis, Beratung sowie die gesamte Agrarforschung stellen!
So hat sich der Absatz entwickelt
Wie sich der Absatz von Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen in Deutschland von 1977 bis 2020 verändert hat, zeigt folgende Übersicht. Dargestellt sind die amtlichen Daten zum Inlandsabsatz (verkaufte Menge) von Wirkstoffen in Deutschland. Die tatsächlichen Produktmengen sind größer, weil sie verschiedene weitere Komponenten enthalten. Für eine Bewertung ist aber die Wirkstoffmenge pro Jahr die wichtigste Zahl.
Nicht berücksichtigt sind die sogenannten inerten Gase. Dazu gehört im wesentlichen Kohlenstoffdioxid (CO2), das gegen Vorratsschädlinge in gasdichten Silos eingesetzt wird.
Die rote Linie in der Übersicht zeigt die Gesamtmenge an Wirkstoffen, die gestrichelte Linie stellt die Mengen aus der ehemaligen DDR dar. Wie man deutlich sieht, war die Wiedervereinigung Deutschlands nicht mit einem dauerhaften Anstieg der ausgebrachten Wirkstoffmengen nach 1993 verbunden, obwohl die Fläche deutlich wuchs. Grund dafür ist vor allem die starke Reduktion der Aufwandmengen bei den Herbiziden seit Einführung der Sulfonyl-Harnstoff-Präparate – deren Einsatz liegt oft nur im Grammbereich pro Hektar.