Piétrain-Eber vererben hohe Mast- und Schlachtleistungen. Bisher haben sie beim Spermaeinsatz die Nase vorn. Doch die Nachfrage nach Duroc-Vätern steigt. Ein Wandel oder ein kurzfristiger Trend?
Ein Blick auf die Zahlen der deutschen Besamungsstationen zeigt: Bei den Endstufenebern zeichnet sich ein Trend zu Wuchs und Vitalität ab, also zu den Duroc-Herkünften und den synthetischen Ebern (siehe Übersicht unten).
Den größten Marktanteil deutschlandweit halten jedoch nach wie vor die Piétrains. Sie punkten mit ihrer Fleischfülle, aber auch Zunahmen und Futterverwertung wurden züchterisch verbessert. Und das biologische Wachstums-Plateau sieht Christine Noack vom Zuchtunternehmen German Genetic noch nicht erreicht.
So lagen die Spermaverkäufe der Rasse im vergangenen Jahr noch zwischen 60 und 70 % – zumindest bei der Genossenschaft zur Förderung der Schweinehaltung (GFS) im Westen und bei der Besamungsunion Schwein (BuS) im Süden Deutschlands.
Anderswo sinkt dagegen die Nachfrage: „Piétrain-Sperma hatte bei uns 2023 erstmals einen Anteil von weniger als 40 % am Gesamtverkauf“, berichtet Johannes Korfhage von der Schweinebesamung Weser-Ems (SWE).
Wo liegen die Unterschiede?
Der Schweinemarkt ist schnelllebig und regional geprägt. Deshalb sollten Landwirte sich laut Silvia Zinner vom Besamungsverein Neustadt/Aisch (BVN) keine Sorgen machen, einen Trend zu verpassen: „Was auf einem Betrieb funktioniert, wird das auf einem anderen noch lange nicht.“ So sei es in den letzten Jahren mehrfach vorgekommen, dass eine Genetik nachgefragt wurde und sie ein Jahr später fast niemand mehr haben wollte.
Aber wie stark unterscheiden sich die Eber überhaupt noch? „Da besonders fleischreiche Schweine von den Schlachthöfen nicht genügend honoriert wurden, hat sich der Schwerpunkt in der Piétrainzucht immer mehr auf Zunahmen und Futterverwertung verlagert“, erklärt Stefan Derks von DanBred. Der ursprüngliche Duroc mit besonderer Mastleistung entwickelte sich dagegen zum heutigen modernen Typ mit guter Fleischfülle und starkem Fundament.
„Insbesondere beim Schinkenanteil und der Fleischtiefe gibt es aber noch deutliche Differenzen zwischen Durocs oder synthetischen Varianten und den Piétrain“, sagt Dr. Stephan Welp vom Bundes Hybrid Zuchtprogramm BHZP.
So oder so sind wuchsbetonte Eber in der künftigen Schweineproduktion angesagt. „Nur damit funktionieren Klimaeffizienz und Nachhaltigkeit“, stellt Armin Prosteder, Ebereinkäufer bei Bayern-Genetik, fest. Außerdem unterscheiden sich die Eber auch innerhalb der Rassen zum Teil stark.
Die Krux in der Zucht
Einfach zu messende Merkmale mit hoher Erblichkeit wie der Muskelfleischanteil können Zuchtorganisationen bei allen Rassen gezielt verbessern. Gleichzeitig erwarten Sauenhalter aber besonders vitale, robuste und ruhige Ferkel, um Herausforderungen wie dem Ringelschwanz und freier Bewegung etwa in der Abferkelbucht zu begegnen.
Das stellt hohe Ansprüche an die Zucht, weil Verhaltensmerkmale nur zu einem geringen Grad vererbbar sind. Bildanalyse und künstliche Intelligenz helfen zwar, die genetischen Grundlagen zu verstehen. Für die Zuchtunternehmen bedeutet das aber enormen Aufwand.
Dennoch sind die Erforschung und Entwicklung bei vielen ein Thema. „Ziel ist es, mittels künstlicher Intelligenz Verhalten zu erfassen und Zuchtwerte zu entwickeln, die in den Gesamtzuchtwert aufgenommen werden können“, erklärt Stefanie Nuphaus von Topigs Norsvin. „So können alle Linien – nicht nur die Eber, sondern auch die Mutterlinien – entsprechend bearbeitet werden."
Dabei dürfen die Mast- und Schlachtleistung nicht vernachlässigt werden. „Selbst wenn genetische Variationen identifiziert werden, müssen Korrelationen zu anderen Verhaltensweisen berücksichtigt werden, um nicht ungewollt auf unerwünschte Eigenschaften zu selektieren“, stellt Dr. Jan Bielfeldt vom Zuchtunternehmen PIC klar.
Als weiteren Ansatzpunkt sieht Henning Luther vom Schweizer Zuchtunternehmen Suisag die Zucht auf Tiergesundheit. Sie bietet wirtschaftliche Vorteile, weil Antibiotika kaum noch verfügbar und Impfungen vergleichsweise teuer geworden sind.
Ein Beispiel nennt Dr. Peter Heinrichs von Hendrix Genetics/Hypor: „Ein gesunder Darm bietet weniger Nährboden für Entzündungen oder Nekrosen und somit für Aggressionen, die Schwanzbeißen hervorrufen können.“
Den Eber wechseln
Wer über einen Eberwechsel nachdenkt, sollte mehr als ein paar Tuben ausprobieren. Damit sich die Ergebnisse vergleichen lassen, müssen Ferkelerzeuger und Mäster einige Monate Zeit in den neuen Eber investieren.
Vorher und nachher sollten sie den Status quo erfassen, empfiehlt Susanne Rohde von der GFS. Das gilt erst recht, wenn für den Eber noch keine Prüf-ergebnisse seitens der Besamungsstation vorliegen. Die neue Ebergenetik sollte auch zu den betrieblichen Gegebenheiten passen:
Mastverfahren (Eber oder Börge);
Fütterungssystem (ad libitum oder rationiert);
vorhandene Sauenherde;
Verkaufsintervall;
Sortiermöglichkeiten und
Vorlieben sowie Verfügbarkeit der Mitarbeiter.
Ihre Meinung ist gefragt
Was bewegt Sie beim Thema Ebergenetik? Wie wird sich der Markt Ihrer Meinung nach entwickeln?
Schicken Sie uns Ihre Hinweise für die topagrar-Community per Mail an viktoria.schulze-lohoff@topagrar.com. Wir behalten uns vor, Einsendungen gekürzt zu veröffentlichen.
Ein Blick auf die Zahlen der deutschen Besamungsstationen zeigt: Bei den Endstufenebern zeichnet sich ein Trend zu Wuchs und Vitalität ab, also zu den Duroc-Herkünften und den synthetischen Ebern (siehe Übersicht unten).
Den größten Marktanteil deutschlandweit halten jedoch nach wie vor die Piétrains. Sie punkten mit ihrer Fleischfülle, aber auch Zunahmen und Futterverwertung wurden züchterisch verbessert. Und das biologische Wachstums-Plateau sieht Christine Noack vom Zuchtunternehmen German Genetic noch nicht erreicht.
So lagen die Spermaverkäufe der Rasse im vergangenen Jahr noch zwischen 60 und 70 % – zumindest bei der Genossenschaft zur Förderung der Schweinehaltung (GFS) im Westen und bei der Besamungsunion Schwein (BuS) im Süden Deutschlands.
Anderswo sinkt dagegen die Nachfrage: „Piétrain-Sperma hatte bei uns 2023 erstmals einen Anteil von weniger als 40 % am Gesamtverkauf“, berichtet Johannes Korfhage von der Schweinebesamung Weser-Ems (SWE).
Wo liegen die Unterschiede?
Der Schweinemarkt ist schnelllebig und regional geprägt. Deshalb sollten Landwirte sich laut Silvia Zinner vom Besamungsverein Neustadt/Aisch (BVN) keine Sorgen machen, einen Trend zu verpassen: „Was auf einem Betrieb funktioniert, wird das auf einem anderen noch lange nicht.“ So sei es in den letzten Jahren mehrfach vorgekommen, dass eine Genetik nachgefragt wurde und sie ein Jahr später fast niemand mehr haben wollte.
Aber wie stark unterscheiden sich die Eber überhaupt noch? „Da besonders fleischreiche Schweine von den Schlachthöfen nicht genügend honoriert wurden, hat sich der Schwerpunkt in der Piétrainzucht immer mehr auf Zunahmen und Futterverwertung verlagert“, erklärt Stefan Derks von DanBred. Der ursprüngliche Duroc mit besonderer Mastleistung entwickelte sich dagegen zum heutigen modernen Typ mit guter Fleischfülle und starkem Fundament.
„Insbesondere beim Schinkenanteil und der Fleischtiefe gibt es aber noch deutliche Differenzen zwischen Durocs oder synthetischen Varianten und den Piétrain“, sagt Dr. Stephan Welp vom Bundes Hybrid Zuchtprogramm BHZP.
So oder so sind wuchsbetonte Eber in der künftigen Schweineproduktion angesagt. „Nur damit funktionieren Klimaeffizienz und Nachhaltigkeit“, stellt Armin Prosteder, Ebereinkäufer bei Bayern-Genetik, fest. Außerdem unterscheiden sich die Eber auch innerhalb der Rassen zum Teil stark.
Die Krux in der Zucht
Einfach zu messende Merkmale mit hoher Erblichkeit wie der Muskelfleischanteil können Zuchtorganisationen bei allen Rassen gezielt verbessern. Gleichzeitig erwarten Sauenhalter aber besonders vitale, robuste und ruhige Ferkel, um Herausforderungen wie dem Ringelschwanz und freier Bewegung etwa in der Abferkelbucht zu begegnen.
Das stellt hohe Ansprüche an die Zucht, weil Verhaltensmerkmale nur zu einem geringen Grad vererbbar sind. Bildanalyse und künstliche Intelligenz helfen zwar, die genetischen Grundlagen zu verstehen. Für die Zuchtunternehmen bedeutet das aber enormen Aufwand.
Dennoch sind die Erforschung und Entwicklung bei vielen ein Thema. „Ziel ist es, mittels künstlicher Intelligenz Verhalten zu erfassen und Zuchtwerte zu entwickeln, die in den Gesamtzuchtwert aufgenommen werden können“, erklärt Stefanie Nuphaus von Topigs Norsvin. „So können alle Linien – nicht nur die Eber, sondern auch die Mutterlinien – entsprechend bearbeitet werden."
Dabei dürfen die Mast- und Schlachtleistung nicht vernachlässigt werden. „Selbst wenn genetische Variationen identifiziert werden, müssen Korrelationen zu anderen Verhaltensweisen berücksichtigt werden, um nicht ungewollt auf unerwünschte Eigenschaften zu selektieren“, stellt Dr. Jan Bielfeldt vom Zuchtunternehmen PIC klar.
Als weiteren Ansatzpunkt sieht Henning Luther vom Schweizer Zuchtunternehmen Suisag die Zucht auf Tiergesundheit. Sie bietet wirtschaftliche Vorteile, weil Antibiotika kaum noch verfügbar und Impfungen vergleichsweise teuer geworden sind.
Ein Beispiel nennt Dr. Peter Heinrichs von Hendrix Genetics/Hypor: „Ein gesunder Darm bietet weniger Nährboden für Entzündungen oder Nekrosen und somit für Aggressionen, die Schwanzbeißen hervorrufen können.“
Den Eber wechseln
Wer über einen Eberwechsel nachdenkt, sollte mehr als ein paar Tuben ausprobieren. Damit sich die Ergebnisse vergleichen lassen, müssen Ferkelerzeuger und Mäster einige Monate Zeit in den neuen Eber investieren.
Vorher und nachher sollten sie den Status quo erfassen, empfiehlt Susanne Rohde von der GFS. Das gilt erst recht, wenn für den Eber noch keine Prüf-ergebnisse seitens der Besamungsstation vorliegen. Die neue Ebergenetik sollte auch zu den betrieblichen Gegebenheiten passen:
Mastverfahren (Eber oder Börge);
Fütterungssystem (ad libitum oder rationiert);
vorhandene Sauenherde;
Verkaufsintervall;
Sortiermöglichkeiten und
Vorlieben sowie Verfügbarkeit der Mitarbeiter.
Ihre Meinung ist gefragt
Was bewegt Sie beim Thema Ebergenetik? Wie wird sich der Markt Ihrer Meinung nach entwickeln?
Schicken Sie uns Ihre Hinweise für die topagrar-Community per Mail an viktoria.schulze-lohoff@topagrar.com. Wir behalten uns vor, Einsendungen gekürzt zu veröffentlichen.