Pessimistisch schauen die Landwirte in den Niederlanden in die Zukunft. Seit Jahren schon belasten die strengen Vorschriften des Landes bei der Stickstoffpolitik die Betriebe. Nun kommen auch noch die neuen Düngevorschriften der Europäischen Union oben drauf, die die Existenzen noch unsicherer werden lassen, erfuhr die Fachzeitschrift Boerderij bei einer Umfrage unter 900 Bauern.
Sieben von zehn Viehhaltern gaben etwa an, dass die Düngeregeln das Ende ihres Betriebs bedeuten könnten. Bisher durften die niederländischen Milchbauern mehr Gülle auf den Feldern ausbringen als Berufskollegen in anderen EU-Ländern. Diese Ausnahmeregelung läuft nun jedoch schrittweise aus, sodass sie immer mehr Gülle gegen eine Gebühr abholen lassen müssen.
Landwirte rechnen mit Ende ihre Hofes
Doch nicht nur die Viehhalter zeigen sich missmutig: Ein Viertel aller befragten Landwirte geht davon aus, dass es ihren Betrieb in zehn Jahren wahrscheinlich oder bestimmt nicht mehr geben wird. Das Fehlen einer Perspektive, das zum Teil auf die sich ständig ändernde Politik zurückzuführen sei, erschwere es, einen Betriebsnachfolger zu finden.
„Ich bin jetzt sechs Jahre lang von der Abrisspolitik gebeutelt worden“, erklärte ein Landwirt. „Meinen vier Kindern rate ich davon ab, Landwirt zu werden, ich will ihnen das nicht antun“, so der Umfrageteilnehmer.
Rechte Parteien sollen Vorgaben wieder abschaffen
Derweil hoffen 85 % der befragten Landwirte mit Blick auf die laufende Regierungsbildung in den Niederlanden auf ein rechtsgerichtetes Kabinett unter Beteiligung der Partei für die Freiheit (PVV) des Rechtspopulisten Geert Wilders, der konservativ-liberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD), der „sozial-konservativen“ Partei Neuer Sozialer Vertrag (NSC) und der Bauern-Bürger-Bewegung (BBB).
Diese Parteien würden sich wahrscheinlich mehr für die Landwirte einsetzen als die zurzeit nur noch kommissarisch arbeitende Regierung unter Ministerpräsident Mark Rutte. Etwa 58% der Befragten erwarten von der neuen Regierung, dass die Stickstoffpolitik der letzten Jahre rückgängig gemacht wird. Außerdem sprachen sich 62% dafür aus, dass die neue Koalition den Druck der EU-Kommission mit Blick auf die Erfüllung der Klimaziele in den Niederlanden ignorieren sollte.
Kaum noch Vertrauen in EU
So sehr die Landwirte auch auf ein neues Kabinett hoffen, so pessimistisch sind sie gegenüber der Europäischen Union eingestellt. Nur 18 % der Umfrageteilnehmer gaben an, Vertrauen in die Gemeinschaft zu haben.
Trotz der Agrarsubventionen und der mit dem Binnenmarkt verbundenen Exportchancen verknüpften 43 % mit der EU eher Nachteile; Vorteile sahen nur 27 %. Allerdings befürworten zwei Drittel, dass die Niederlande EU-Mitglied bleibt. Als wichtigster Grund dafür wurde angeführt, dass die Zusammenarbeit in der EU gut für die niederländische Wirtschaft und Landwirtschaft sei.
Zudem äußerten 45 % durchaus Verständnis dafür, dass die EU von ihnen verlange, nachhaltiger zu wirtschaften. Allerdings seien die Bedingungen für die Subventionen zu streng. Einige der befragten Landwirte plädierten indes für die Abschaffung des Beihilfesystems: „Ich würde lieber mehr Freiheit und Raum haben, um Produkte zu erzeugen, die der Markt verlangt“, so ein Bauer. Außerdem äußerten 72% die Ansicht, dass sie auch ohne EU-Geld über die Runden kommen könnten; 23 % glauben das nicht.
Bauernverband verliert Unterstützer
Interessant ist auch die Meinung zur Interessenvertretung der Bauern. Dem Bauernverband LTO Nederland attestieren die Landwirte zwar viel Fachwissen, er sei jedoch zu harmlos und zu sehr auf Regierungskurs. Um politische Veränderungen zu erzwingen, halten 43 % der Befragten auch „harte Maßnahmen“ für zulässig. Da punktet vor allem der Zusammenschluss "Agractie" mit 69 % Zustimmung, der schon mehrere Bauernproteste in Brüssel organisiert hat. Die Bewegung Farmers Defence Force (FDF) findet dagegen nur bei 38 % der Befragten Anklang, weil deren Forderungen nicht real und zu extrem seien, heißt es.