Wie Milchviehhalter mit Gülle und Mist Biogas erzeugen und sich ein Standbein aufbauen können
Biogaskonzept für eine Region: Wie können Milchviehhalter im Westerwald mit Gülle und Mist Biogas erzeugen und sich ein zusätzliches Standbein aufbauen? Das haben Landwirte und Experten diskutiert.
Grünes Gas, Energieautonomie, flexible Energie, Nachhaltigkeit: Die Einstellung von Landwirten und Bürgern gegenüber Biogas ist überwiegend positiv. Das zeigte zumindest eine Kurzumfrage zu Beginn der Dialogveranstaltung „Gülle & Mist - Energierohstoff mit Potenzial“, zu der die Mitglieder der Kampagne "Landwirtschaft, die Werte schafft" am Montag, 30.10. ins Kulturwerk in Wissen eingeladen hatten. Die Kampagne haben engagierte Landwirte aus der Raiffeisen-Region sowie den Regionen Rhein-Wied und Westerwald-Sieg ins Leben gerufen, um auf die Bedeutung der regionalen Landwirtschaft aufmerksam zu machen und mit Verbrauchern ins Gespräch zu kommen.
Ein Dialog bietet sich u.a. bei dem Thema Energie an: Der Krieg in der Ukraine und die Energiekrise im Jahr 2022 haben viele Verbrauchern vor Augen geführt, dass Energieimporte und extrem günstige Preise kein Selbstläufer sind. Landwirte dagegen haben Fläche und Rohstoffe, um daraus Energie zu produzieren – wie z.B. Biogas, mit dem sich Strom, Wärme und Kraftstoffe herstellen lassen. „Wir denken schon seit einigen Jahren darüber nach, wie wir unseren Dünger und unsere Gülle zur Energieerzeugung effizient nutzen können“, erklärte Landwirt Andreas Buttgereit aus Harbach bei der Podiumsdiskussion in Wissen.
Er betonte, dass Biogas für Landwirte essentiell werden könnte: „Bei Lebensmitteln wird künftig der CO₂-Fußabdruck eine Rolle spielen. In der Milchviehhaltung können wir diesen nur reduzieren, wenn wir Emissionen aus Gülle und Mist vermeiden. Und das geht nur mit Biogas.“
Weniger Emissionen, besserer Dünger
„Ohne Vergärung von Gülle und Mist gibt es Emissionen von Methan, Lachgas und Ammoniak bei der Güllelagerung, aber auch bei der Ausbringung“, bestätigte Prof. Walter Stinner vom Deutschen Biomasse-Forschungszentrum aus Leipzig. Die Verarbeitung von 50 bis 70 % des Wirtschaftsdüngers in Biogasanlagen und eine Senkung der Stickstoffüberschüsse entsprechen 57 bis 81 % der geplanten Reduzierung von Klimagasemissionen im Sektor Landwirtschaft.
Auch dabei könnte die Biogastechnik helfen, wie Stinner erläuterte: „Bei der Vergärung wird organischer Stickstoff in Ammoniumstickstoff umgewandelt und ist damit direkt pflanzenverfügbar. Wenn wir die richtige Düngetechnik einsetzen, können wir damit Mineraldünger ersetzen.“
Wenn der Gärrest nach der Vergärung separiert, also in eine Fest- und eine Flüssigphase getrennt wird, ist die Flüssigphase ein idealer Dünger für das Grünland. „Sie dringt schneller in den Boden, stinkt weniger, der Stickstoff wird schnell sorbiert, kommt schnell an die Wurzeln und verflüchtigt sich weniger, was die N-Effizienz und auch den Klimaschutz verbessert“, zählte Stinner die Vorteile auf.
Ende 2022 gab es laut Fachverband Biogas etwa 9800 Biogasanlagen in Deutschland. Die meisten erzeugen vor Ort im Blockheizkraftwerk Strom und Wärme. Nur 243 davon erzeugen Biomethan und speisen das Gas ins Gasnetz ein. „Die Zahl wird sich aber deutlich erhöhen, da massiv neue Biomethananlagen entstehen“, erklärte Henning Dicks, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens agriportance aus Münster, das verschiedene Dienstleistungen rund um den Biomethanverkauf anbietet. Bei einer Vergärung von überwiegend Gülle und Mist bietet sich die Erzeugung von Biomethan für den Kraftstoffmarkt an.
Was man beachten sollte: Biomethananlagen sind in der Regel drei- bis sechsfach so groß wie Verstromungsanlagen. Der Grund ist, dass sich die Aufbereitungstechnik erst ab einer gewissen Biogasmenge lohnt. Die Aufbereitung ist nötig, um aus Biogas Biomethan zu produzieren. Hierbei wird vor allem das CO₂ aus dem Biogas abgetrennt, sodass ein erdgasgleiches Gas mit über 95 % Methan entsteht.
Bis zum Jahr 2022 lag der Biomethanpreis in der Regel bei 6,3 bis 6,5 ct/kWh, wie Dicks beschrieb. „Der Preis ist jetzt teilweise mehr als doppelt so hoch“, berichte er.
Das Biomethan lässt sich entweder ins Erdgasnetz einspeisen und an anderer Stelle zur Weiterverarbeitung entnehmen. Oder es wird auf dem Betrieb zu Kraftstoff verarbeitet, entweder zu komprimiertem Biogas (Compressed Natural Gas, Bio-CNG) oder verflüssigt (Liquefied Natural Gas, Bio-LNG).
Neben Biomethan kann auch CO₂ verwendet werden. „Das kann man verflüssigen und in der Getränkeindustrie oder der chemischen Industrie verwenden, wo es CO₂ aus fossilem Erdgas ersetzt“, sagte Dicks.
THG-Quote als wichtige Erlösoption
Eine weitere wichtige Einnahmequelle für Biomethan im Kraftstoffmarkt ist die THG-Quote. Sie entsteht so: In Deutschland sind Inverkehrbringer von Kraftstoffen gesetzlich verpflichtet, den Ausstoß von Treibhausgasen durch die von ihnen in Verkehr gebrachten Kraftstoffe um einen bestimmten Prozentsatz zu mindern. Nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz steigt diese Quote zur Treibhausgasminderung bei Kraftstoffen schrittweise von ehemals 6 auf 25 % im Jahr 2030. Das bedeutet: Im Jahr 2030 muss der Kraftstoffmix eines Verkäufers am Jahresende 25 % weniger THG verursachen als fossile Kraftstoffe.
Diese Quote kann der Verpflichtete wie z.B. ein Mineralölkonzern erfüllen, in dem er selbst Biokraftstoffe in Reinform oder in Beimischungen, grünen Wasserstoff oder Strom für Elektrofahrzeuge verkauft. Oder er kauft – vereinfacht dargestellt – THG-Quoten von „Dritten“ zu. Das können Tankstellenbetreiber sein, die z.B. Biomethan verkaufen. „Die Quotenmenge hängt von der Menge an eingesparten CO₂ ab, was wiederum abhängig vom eingesetzten Rohstoff ist“, berichtete Dicks.
Die Berechnungslogik der THG-Minderung ist in der REDII aufgeführt. Silomais schneidet dabei am schlechtesten ab mit Praxiswerten von +25 g CO₂ /MJ Biogas. Bioabfall und Reststoffe sind fast klimaneutral mit um die +5 g CO₂/MJ, während Wirtschaftsdünger mit um die -100 g CO₂ / MJ sogar negative Emissionen verursachen. Der sogenannte fossile Vergleichswert liegt bei 94,1 g CO₂/ MJ.
Entsprechend wird das Biomethan vergütet:
Nawaro-Gas kostet 8,5 bis 9,5 ct/kWh,
Gas aus Bioabfällen und Reststoffen 9 bis 12 ct/kWh,
Gas aus Wirtschaftsdünger über 16 ct/kWh.
Allerdings sind beim Wirtschaftsdünger auch die Kosten höher, die Dicks mit 10 bis 16 ct/kWh bezifferte. „Trotzdem entsteht aus dem Verkauf von Biomethan, THG-Quote und CO₂ ein sehr guter Gewinn, weshalb die Nachfrage nach Wirtschaftsdünger steigt“, erklärte er. Das bedeutet auch: Wer eine Biomethananlage plant, sollte für längere Zeit Zugriff auf die Wirtschaftsdünger haben. „Und die Anlage sollte nach sieben bis spätestens zehn Jahren abgeschrieben sein, ansonsten wäre das Risiko zu hoch“, mahnte er.
Gemeinschaftsanlage als Lösung
„Wegen unserer Betriebsgrößen wird für uns nur eine Gemeinschaftsanlage infrage kommen“, resümierte Landwirt Andreas Buttgereit. In der Tat sind die Betriebe für eine eigene Biomethanproduktion zu klein: Laut Statistik des Landkreises liegt die durchschnittliche Kuhzahl pro Betrieb bei 74. „Wir haben im Landkreis 4000 Milchkühe“ berichtete Lina Dietrich, für Landwirtschaft zuständige Sachbearbeiterin bei der Kreisverwaltung Altenkirchen. Bei den Rinderhaltern fällt nicht nur Gülle an, es gibt auch Bullenmäster oder Mutterkuhhalter mit Tretmistställen.
Der richtige Standort
Doch wo platziert man diese Anlage am besten? „Eine Gemeinschaftsanlage wird sehr wahrscheinlich nicht privilegiert in der Nähe eines landwirtschaftlichen Betriebes angesiedelt sein, sondern eher in einem Gewerbe- oder Sondergebiet“, erklärte Elena Schäfer, Referatsleiterin Bauleitplanung und Umweltschutz der Kreisverwaltung Altenkirchen.
Günstig wäre ein Standort in der Nähe des Gasnetzes. Denn bei einer Zugangsleitung zum Gasnetz unter 1 km Länge sind die Kosten für den Einspeiser nach der Gasnetzzugangsverordnung auf 250.000 € gedeckelt. „Planung und Standortfrage ist sehr wichtig. Die Komplexität wird größer, wenn man schauen muss, dass man nicht nur das Gas möglichst günstig einspeisen will, sondern auch Substrate günstig in die Anlage bekommt“, sagte Dicks. Als Faustformel gab er an: Im Umkreis von 5 bis 7 km sollte es 100 bis 150 Milchkühe geben.
Daher wird ebenfalls die Entfernung zu den Betrieben ausschlaggebend sein, um die Transportdistanzen für die wasserhaltige Gülle möglichst gering zu halten, wie Dicks erklärte: „Wenn 10 Milchviehhalter in 3-5 km Entfernung liegen, kann es sinnvoll sein, die Wirtschaftsdünger zu einer Gemeinschaftsanlage zu fahren und von aus die Gärreste wieder zu den einzelnen Betrieben oder in die Ackerbauregionen.“ Eine Alternative wäre es, die Gülle auf dem Betrieb zu separieren und nur die Festphase in der Biogasanlage zu vergären. Die stickstoffhaltige Dünnphase ließe sich dagegen sehr gut auf dem Grünland verwerten, weil dabei das Gras nicht durch Fasern usw. verschmutzt werden kann.
Sicherheit bei den Substraten
Eine Gemeinschaftsanlage bietet auch mehr Sicherheit bei der Substratbeschaffung. „Wir wissen nicht, wie sich unter den gegebenen Rahmenbedingungen die Tierhaltung in Deutschland entwickeln wird. Wenn bei 10 bis 20 Landwirten, die an einer Biogasanlage beteiligt sind, einzelne aus der Tierhaltung aussteigen, ist das Rohstoffkonzept noch nicht gefährdet“, ergänzte Stinner. Weitere Rohstoffquellen in der Grünlandregion könnten minderwertige Silagen, Gras aus der Landschaftspflege sowie in den Regionen mit mehr Ackeranteil Maisstroh sein, das bei Nutzung von CCM als Kraftfutter anfällt und sehr gut in Biogasanlagen vergoren werden kann.
Wenn die Anlage logistisch günstig liegt, könnte man auch einen Teil des Gases vor Ort zu Bio-CNG aufbereiten und damit Traktoren versorgen. Zudem gibt es in der Stadt Wissen und Umgebung Unternehmen mit einer eigenen Lkw-Flotte. Sollten diese zu einer Umrüstung auf Gasfahrzeuge motiviert werden können, ließe sich ein neuer Absatzmarkt für das Bio-CNG eröffnen.
„Man sollte bei der Standortsuche auch berücksichtigen, dass bei Nutzung des Gases in Speicherkraftwerken der Wärmeverkauf eine wichtige Einnahmequelle werden kann. Speicherkraftwerk bedeutet, dass die Anlage mit Speichern ausgestattet ist und aus dem Gas dann Strom erzeugt, wenn zu wenig Wind- und Solarstrom im Netz ist. Die Abwärme kann in Pufferspeichern zwischengespeichert und ebenfalls nach Bedarf genutzt werden. Daher sollte die Anlage nicht nur in der Nähe des Gasnetzes, sondern auch so stehen, dass sie einen Wärmekunden oder ein Wärmenetz bedienen kann“, riet Stinner. So könnte man sich auch einen Kombi-Betrieb aus Biomethanverkauf und Stromerzeugung im Speicherkraftwerk vorstellen. Das Gas aus Wirtschaftsdünger ließe sich dann als Kraftstoff vermarkten, Gas aus minderwertigen Silagen bzw. Energiepflanzen eher in der Stromerzeugung nutzen. Wo kein Gasnetz ist, könnte man einen Teil des Biomethans auch mit einer Tankstelle vor Ort verkaufen.
Das Fazit
Es gibt keinen Königsweg für die Biogasnutzung. Der Verkauf von Strom, Wärme und Kraftstoff sind interessante Optionen, wobei Biomethan auf Basis von Gülle und Mist im Moment am attraktivsten erscheint. Um eine Anlage krisensicher und zukunftsfähig zu errichten, kommt es auf ein rundes Konzept an, für das die Standortwahl der wichtigste Schlüssel ist.
Grünes Gas, Energieautonomie, flexible Energie, Nachhaltigkeit: Die Einstellung von Landwirten und Bürgern gegenüber Biogas ist überwiegend positiv. Das zeigte zumindest eine Kurzumfrage zu Beginn der Dialogveranstaltung „Gülle & Mist - Energierohstoff mit Potenzial“, zu der die Mitglieder der Kampagne "Landwirtschaft, die Werte schafft" am Montag, 30.10. ins Kulturwerk in Wissen eingeladen hatten. Die Kampagne haben engagierte Landwirte aus der Raiffeisen-Region sowie den Regionen Rhein-Wied und Westerwald-Sieg ins Leben gerufen, um auf die Bedeutung der regionalen Landwirtschaft aufmerksam zu machen und mit Verbrauchern ins Gespräch zu kommen.
Ein Dialog bietet sich u.a. bei dem Thema Energie an: Der Krieg in der Ukraine und die Energiekrise im Jahr 2022 haben viele Verbrauchern vor Augen geführt, dass Energieimporte und extrem günstige Preise kein Selbstläufer sind. Landwirte dagegen haben Fläche und Rohstoffe, um daraus Energie zu produzieren – wie z.B. Biogas, mit dem sich Strom, Wärme und Kraftstoffe herstellen lassen. „Wir denken schon seit einigen Jahren darüber nach, wie wir unseren Dünger und unsere Gülle zur Energieerzeugung effizient nutzen können“, erklärte Landwirt Andreas Buttgereit aus Harbach bei der Podiumsdiskussion in Wissen.
Er betonte, dass Biogas für Landwirte essentiell werden könnte: „Bei Lebensmitteln wird künftig der CO₂-Fußabdruck eine Rolle spielen. In der Milchviehhaltung können wir diesen nur reduzieren, wenn wir Emissionen aus Gülle und Mist vermeiden. Und das geht nur mit Biogas.“
Weniger Emissionen, besserer Dünger
„Ohne Vergärung von Gülle und Mist gibt es Emissionen von Methan, Lachgas und Ammoniak bei der Güllelagerung, aber auch bei der Ausbringung“, bestätigte Prof. Walter Stinner vom Deutschen Biomasse-Forschungszentrum aus Leipzig. Die Verarbeitung von 50 bis 70 % des Wirtschaftsdüngers in Biogasanlagen und eine Senkung der Stickstoffüberschüsse entsprechen 57 bis 81 % der geplanten Reduzierung von Klimagasemissionen im Sektor Landwirtschaft.
Auch dabei könnte die Biogastechnik helfen, wie Stinner erläuterte: „Bei der Vergärung wird organischer Stickstoff in Ammoniumstickstoff umgewandelt und ist damit direkt pflanzenverfügbar. Wenn wir die richtige Düngetechnik einsetzen, können wir damit Mineraldünger ersetzen.“
Wenn der Gärrest nach der Vergärung separiert, also in eine Fest- und eine Flüssigphase getrennt wird, ist die Flüssigphase ein idealer Dünger für das Grünland. „Sie dringt schneller in den Boden, stinkt weniger, der Stickstoff wird schnell sorbiert, kommt schnell an die Wurzeln und verflüchtigt sich weniger, was die N-Effizienz und auch den Klimaschutz verbessert“, zählte Stinner die Vorteile auf.
Ende 2022 gab es laut Fachverband Biogas etwa 9800 Biogasanlagen in Deutschland. Die meisten erzeugen vor Ort im Blockheizkraftwerk Strom und Wärme. Nur 243 davon erzeugen Biomethan und speisen das Gas ins Gasnetz ein. „Die Zahl wird sich aber deutlich erhöhen, da massiv neue Biomethananlagen entstehen“, erklärte Henning Dicks, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens agriportance aus Münster, das verschiedene Dienstleistungen rund um den Biomethanverkauf anbietet. Bei einer Vergärung von überwiegend Gülle und Mist bietet sich die Erzeugung von Biomethan für den Kraftstoffmarkt an.
Was man beachten sollte: Biomethananlagen sind in der Regel drei- bis sechsfach so groß wie Verstromungsanlagen. Der Grund ist, dass sich die Aufbereitungstechnik erst ab einer gewissen Biogasmenge lohnt. Die Aufbereitung ist nötig, um aus Biogas Biomethan zu produzieren. Hierbei wird vor allem das CO₂ aus dem Biogas abgetrennt, sodass ein erdgasgleiches Gas mit über 95 % Methan entsteht.
Bis zum Jahr 2022 lag der Biomethanpreis in der Regel bei 6,3 bis 6,5 ct/kWh, wie Dicks beschrieb. „Der Preis ist jetzt teilweise mehr als doppelt so hoch“, berichte er.
Das Biomethan lässt sich entweder ins Erdgasnetz einspeisen und an anderer Stelle zur Weiterverarbeitung entnehmen. Oder es wird auf dem Betrieb zu Kraftstoff verarbeitet, entweder zu komprimiertem Biogas (Compressed Natural Gas, Bio-CNG) oder verflüssigt (Liquefied Natural Gas, Bio-LNG).
Neben Biomethan kann auch CO₂ verwendet werden. „Das kann man verflüssigen und in der Getränkeindustrie oder der chemischen Industrie verwenden, wo es CO₂ aus fossilem Erdgas ersetzt“, sagte Dicks.
THG-Quote als wichtige Erlösoption
Eine weitere wichtige Einnahmequelle für Biomethan im Kraftstoffmarkt ist die THG-Quote. Sie entsteht so: In Deutschland sind Inverkehrbringer von Kraftstoffen gesetzlich verpflichtet, den Ausstoß von Treibhausgasen durch die von ihnen in Verkehr gebrachten Kraftstoffe um einen bestimmten Prozentsatz zu mindern. Nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz steigt diese Quote zur Treibhausgasminderung bei Kraftstoffen schrittweise von ehemals 6 auf 25 % im Jahr 2030. Das bedeutet: Im Jahr 2030 muss der Kraftstoffmix eines Verkäufers am Jahresende 25 % weniger THG verursachen als fossile Kraftstoffe.
Diese Quote kann der Verpflichtete wie z.B. ein Mineralölkonzern erfüllen, in dem er selbst Biokraftstoffe in Reinform oder in Beimischungen, grünen Wasserstoff oder Strom für Elektrofahrzeuge verkauft. Oder er kauft – vereinfacht dargestellt – THG-Quoten von „Dritten“ zu. Das können Tankstellenbetreiber sein, die z.B. Biomethan verkaufen. „Die Quotenmenge hängt von der Menge an eingesparten CO₂ ab, was wiederum abhängig vom eingesetzten Rohstoff ist“, berichtete Dicks.
Die Berechnungslogik der THG-Minderung ist in der REDII aufgeführt. Silomais schneidet dabei am schlechtesten ab mit Praxiswerten von +25 g CO₂ /MJ Biogas. Bioabfall und Reststoffe sind fast klimaneutral mit um die +5 g CO₂/MJ, während Wirtschaftsdünger mit um die -100 g CO₂ / MJ sogar negative Emissionen verursachen. Der sogenannte fossile Vergleichswert liegt bei 94,1 g CO₂/ MJ.
Entsprechend wird das Biomethan vergütet:
Nawaro-Gas kostet 8,5 bis 9,5 ct/kWh,
Gas aus Bioabfällen und Reststoffen 9 bis 12 ct/kWh,
Gas aus Wirtschaftsdünger über 16 ct/kWh.
Allerdings sind beim Wirtschaftsdünger auch die Kosten höher, die Dicks mit 10 bis 16 ct/kWh bezifferte. „Trotzdem entsteht aus dem Verkauf von Biomethan, THG-Quote und CO₂ ein sehr guter Gewinn, weshalb die Nachfrage nach Wirtschaftsdünger steigt“, erklärte er. Das bedeutet auch: Wer eine Biomethananlage plant, sollte für längere Zeit Zugriff auf die Wirtschaftsdünger haben. „Und die Anlage sollte nach sieben bis spätestens zehn Jahren abgeschrieben sein, ansonsten wäre das Risiko zu hoch“, mahnte er.
Gemeinschaftsanlage als Lösung
„Wegen unserer Betriebsgrößen wird für uns nur eine Gemeinschaftsanlage infrage kommen“, resümierte Landwirt Andreas Buttgereit. In der Tat sind die Betriebe für eine eigene Biomethanproduktion zu klein: Laut Statistik des Landkreises liegt die durchschnittliche Kuhzahl pro Betrieb bei 74. „Wir haben im Landkreis 4000 Milchkühe“ berichtete Lina Dietrich, für Landwirtschaft zuständige Sachbearbeiterin bei der Kreisverwaltung Altenkirchen. Bei den Rinderhaltern fällt nicht nur Gülle an, es gibt auch Bullenmäster oder Mutterkuhhalter mit Tretmistställen.
Der richtige Standort
Doch wo platziert man diese Anlage am besten? „Eine Gemeinschaftsanlage wird sehr wahrscheinlich nicht privilegiert in der Nähe eines landwirtschaftlichen Betriebes angesiedelt sein, sondern eher in einem Gewerbe- oder Sondergebiet“, erklärte Elena Schäfer, Referatsleiterin Bauleitplanung und Umweltschutz der Kreisverwaltung Altenkirchen.
Günstig wäre ein Standort in der Nähe des Gasnetzes. Denn bei einer Zugangsleitung zum Gasnetz unter 1 km Länge sind die Kosten für den Einspeiser nach der Gasnetzzugangsverordnung auf 250.000 € gedeckelt. „Planung und Standortfrage ist sehr wichtig. Die Komplexität wird größer, wenn man schauen muss, dass man nicht nur das Gas möglichst günstig einspeisen will, sondern auch Substrate günstig in die Anlage bekommt“, sagte Dicks. Als Faustformel gab er an: Im Umkreis von 5 bis 7 km sollte es 100 bis 150 Milchkühe geben.
Daher wird ebenfalls die Entfernung zu den Betrieben ausschlaggebend sein, um die Transportdistanzen für die wasserhaltige Gülle möglichst gering zu halten, wie Dicks erklärte: „Wenn 10 Milchviehhalter in 3-5 km Entfernung liegen, kann es sinnvoll sein, die Wirtschaftsdünger zu einer Gemeinschaftsanlage zu fahren und von aus die Gärreste wieder zu den einzelnen Betrieben oder in die Ackerbauregionen.“ Eine Alternative wäre es, die Gülle auf dem Betrieb zu separieren und nur die Festphase in der Biogasanlage zu vergären. Die stickstoffhaltige Dünnphase ließe sich dagegen sehr gut auf dem Grünland verwerten, weil dabei das Gras nicht durch Fasern usw. verschmutzt werden kann.
Sicherheit bei den Substraten
Eine Gemeinschaftsanlage bietet auch mehr Sicherheit bei der Substratbeschaffung. „Wir wissen nicht, wie sich unter den gegebenen Rahmenbedingungen die Tierhaltung in Deutschland entwickeln wird. Wenn bei 10 bis 20 Landwirten, die an einer Biogasanlage beteiligt sind, einzelne aus der Tierhaltung aussteigen, ist das Rohstoffkonzept noch nicht gefährdet“, ergänzte Stinner. Weitere Rohstoffquellen in der Grünlandregion könnten minderwertige Silagen, Gras aus der Landschaftspflege sowie in den Regionen mit mehr Ackeranteil Maisstroh sein, das bei Nutzung von CCM als Kraftfutter anfällt und sehr gut in Biogasanlagen vergoren werden kann.
Wenn die Anlage logistisch günstig liegt, könnte man auch einen Teil des Gases vor Ort zu Bio-CNG aufbereiten und damit Traktoren versorgen. Zudem gibt es in der Stadt Wissen und Umgebung Unternehmen mit einer eigenen Lkw-Flotte. Sollten diese zu einer Umrüstung auf Gasfahrzeuge motiviert werden können, ließe sich ein neuer Absatzmarkt für das Bio-CNG eröffnen.
„Man sollte bei der Standortsuche auch berücksichtigen, dass bei Nutzung des Gases in Speicherkraftwerken der Wärmeverkauf eine wichtige Einnahmequelle werden kann. Speicherkraftwerk bedeutet, dass die Anlage mit Speichern ausgestattet ist und aus dem Gas dann Strom erzeugt, wenn zu wenig Wind- und Solarstrom im Netz ist. Die Abwärme kann in Pufferspeichern zwischengespeichert und ebenfalls nach Bedarf genutzt werden. Daher sollte die Anlage nicht nur in der Nähe des Gasnetzes, sondern auch so stehen, dass sie einen Wärmekunden oder ein Wärmenetz bedienen kann“, riet Stinner. So könnte man sich auch einen Kombi-Betrieb aus Biomethanverkauf und Stromerzeugung im Speicherkraftwerk vorstellen. Das Gas aus Wirtschaftsdünger ließe sich dann als Kraftstoff vermarkten, Gas aus minderwertigen Silagen bzw. Energiepflanzen eher in der Stromerzeugung nutzen. Wo kein Gasnetz ist, könnte man einen Teil des Biomethans auch mit einer Tankstelle vor Ort verkaufen.
Das Fazit
Es gibt keinen Königsweg für die Biogasnutzung. Der Verkauf von Strom, Wärme und Kraftstoff sind interessante Optionen, wobei Biomethan auf Basis von Gülle und Mist im Moment am attraktivsten erscheint. Um eine Anlage krisensicher und zukunftsfähig zu errichten, kommt es auf ein rundes Konzept an, für das die Standortwahl der wichtigste Schlüssel ist.