Erster Solargipfel: Habeck legt Entwurf einer Photovoltaik-Strategie vor
Das Wirtschaftsministerium will u.a. Agri-Photovoltaik stärken und auch Biotop-Solarparks voranbringen. Genauso soll die Bürokratie abgebaut werden, um den Ausbau zu beschleunigen.
Beim ersten Solargipfel am vergangenen Freitag hat Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck den Entwurf einer Photovoltaik-Strategie vorgelegt.
Hintergrund: Die Bundesregierung will bis zum Jahr 2035 Treibhausgasneutralität im Stromsektor erreichen. Im Jahr 2030 soll 80 % des Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Im Erneuerbare-Energien-Gesetz sind 215 Gigawatt installierter Photovoltaik-Leistung (PV) im Jahr 2030 als Zwischenziel gesetzt. Hierfür muss sich der jährliche PV-Ausbau auf 22 Gigawatt im Jahr 2026 verdreifachen.
Verschiedene Handlungsfelder
Um den Ausbau der Solarenergie in Deutschland entsprechend zu beschleunigen, hat das BMWK für mehrere Handlungsfelder konkrete Maßnahmen erarbeitet. Darunter befinden sich Klarstellungen für PV-Anlagen in Industrie- und Gewerbegebieten und Erleichterungen im Baugesetzbuch sowie die Stärkung von Agri-Photovoltaikanlagen, um Freiflächenanlagen stärker ausbauen.
Damit die PV-Anlage auf dem Dach zum Regelfall wird, enthält die PV-Strategie eine Anpassung der Direktvermarktungspflicht sowie die Förderung von Dachanlagen auf Gebäuden im Außenbereich. Um Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung zu vereinfachen, hält die PV-Strategie als Maßnahmen unter anderem eine Erweiterung der Eigenverbrauchsvorteile bereit.
Schnellerer Netzanschluss
Zum schnelleren Anschluss von PV-Anlagen an das Stromnetz umfassen die Maßnahmen eine Duldungspflicht für Anschlussleitungen bei PV-Freiflächenanlagen und bei den PV-Dachanlagen eine verkürzte Frist für den Zählertausch. Steckersolargeräte (auch: „Balkon-PV“) bieten eine niedrigschwellige Möglichkeit, sich an der Energiewende zu beteiligen. Dafür sollen etwa Meldepflichten vereinfacht und Schukostecker als Standard zugelassen werden.
Die geplante Erweiterung der Fachagentur Wind an Land wird dazu beitragen, das Thema Photovoltaik konstruktiv zu begleiten und die gute Akzeptanz von Photovoltaik weiter zu stärken.
Stellungnahmen zu allen Handlungsfeldern können bis zum 24.03.2023 abgegeben werden. Im Anschluss wird die PV-Strategie überarbeitet und finalisiert. Anfang Mai 2023 wird Bundesminister Habeck im Rahmen eines zweiten PV-Gipfels die endgültige PV-Strategie vorstellen.
Der Bundesverband Solarwirtschaft begrüßt die Pläne. „Die im letzten Jahr erreichte Beschleunigung des Photovoltaik-Ausbaus um knapp 30 % gegenüber Vorjahr ist erfreulich. Zur Zielerreichung muss sie jedoch auch in den kommenden vier Jahren gelingen, also jedes Jahr ein weiteres Plus von mindestens 30 % gegenüber dem jeweiligen Vorjahr“, fordert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Solarwirtschaft (BSW).
Dazu reicht der Ausbau auf Privathausdächern nicht aus. „Der überwiegende Teil der angestrebten Solarstrommenge muss künftig auf Firmendächern und ebenerdig errichteten Freiflächen-Solarparks geerntet werden“, sagt er. Herausfordernd dabei ist, dass Unternehmer mit besonders spitzem Bleistift kalkulieren würden. Sie erwarten, dass sich eine Solarinvestition in durchschnittlich sieben bis acht Jahren amortisiert. „Unter den aktuellen Rahmenbedingungen gelingt das in der Mehrzahl der Fälle noch nicht.
Hinzu kommt, dass viele potenzielle Investoren heute noch von einem regelrechten Dschungel an Bürokratie abschreckt werden“, erklärt er. Darum begrüße der BSW,z.B. die Vorhaben, Solarinvestitionen in der Landwirtschaft zu vereinfachen, eine Duldungspflicht bei der Netzdurchleitung einzuführen und die solare Direktversorgung z.B. von Mietern zu vereinfachen.
bne fordert Biotopsolarparks auf Stilllegungsflächen
Erfreulich ist für den Bundesverband Neue Energiewirtschaft e.V. (bne), dass die Biodiversität-Photovoltaik als extensive Form der Agri-PV in der PV-Strategie konkret benannt wird. Die Biodiversität-PV sollte auch auf Flächen genutzt werden, die aufgrund der Vorgaben der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) aus der landwirtschaftlichen Produktion genommen werden. Dies wäre eine wirksame Antwort auf die Flächenfrage der Energiewende, was in der Strategie erkannt wurde.
Solardachpflicht als Lösung
Auf allen Ebenen muss konsequent Bürokratie abgebaut werden. Bei der Photovoltaik auf Gebäuden sollte dies an erster Stelle stehen. Auch sollte der Zugang zur Direktvermarktung bei kleinen Anlagen verbessert und die Vor-Ort-Versorgung ermöglich werden, z.B. als gemeinschaftlicher Eigenverbrauch. „PV-Dachanlagen müssen künftig Standard werden. Eine Solardachpflicht sollte in der PV-Strategie daher nicht fehlten“, sagt bne-Geschäftsführer Robert Busch.
Auf allen Netzebenen sollten die Netzanschlussprozesse entbürokratisiert und beschleunigt werden. Auch dicke Bretter sollten gebohrt werden: Die technischen Anschlussbedingungen in den Verteilungsnetzen müssen schnell auf das Wesentliche reduziert und harmonisiert werden.
Darüber hinaus begrüßt der bne die Erweiterung der Fachagentur Windenergie auf Photovoltaik. Dies wird eine bessere Basis für gute politische Entscheidungen von Regierungen und Parlamenten von Bund und Ländern im PV-Markt bilden.
Zu schwach und zu langsam ist die PV-Strategie bei der Industrialisierung der PV-Lieferkette. Ein Jahr nach den ersten Terminen gibt es immer noch keine PV-Industriestrategie sondern nur einen Prüfauftrag in Form eines Eckpunktepapiers. „Die PV-Industrie braucht jetzt konkrete Maßnahmen statt weiterer Prüfberichte“, so Busch abschließend.
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Beim ersten Solargipfel am vergangenen Freitag hat Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck den Entwurf einer Photovoltaik-Strategie vorgelegt.
Hintergrund: Die Bundesregierung will bis zum Jahr 2035 Treibhausgasneutralität im Stromsektor erreichen. Im Jahr 2030 soll 80 % des Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Im Erneuerbare-Energien-Gesetz sind 215 Gigawatt installierter Photovoltaik-Leistung (PV) im Jahr 2030 als Zwischenziel gesetzt. Hierfür muss sich der jährliche PV-Ausbau auf 22 Gigawatt im Jahr 2026 verdreifachen.
Verschiedene Handlungsfelder
Um den Ausbau der Solarenergie in Deutschland entsprechend zu beschleunigen, hat das BMWK für mehrere Handlungsfelder konkrete Maßnahmen erarbeitet. Darunter befinden sich Klarstellungen für PV-Anlagen in Industrie- und Gewerbegebieten und Erleichterungen im Baugesetzbuch sowie die Stärkung von Agri-Photovoltaikanlagen, um Freiflächenanlagen stärker ausbauen.
Damit die PV-Anlage auf dem Dach zum Regelfall wird, enthält die PV-Strategie eine Anpassung der Direktvermarktungspflicht sowie die Förderung von Dachanlagen auf Gebäuden im Außenbereich. Um Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung zu vereinfachen, hält die PV-Strategie als Maßnahmen unter anderem eine Erweiterung der Eigenverbrauchsvorteile bereit.
Schnellerer Netzanschluss
Zum schnelleren Anschluss von PV-Anlagen an das Stromnetz umfassen die Maßnahmen eine Duldungspflicht für Anschlussleitungen bei PV-Freiflächenanlagen und bei den PV-Dachanlagen eine verkürzte Frist für den Zählertausch. Steckersolargeräte (auch: „Balkon-PV“) bieten eine niedrigschwellige Möglichkeit, sich an der Energiewende zu beteiligen. Dafür sollen etwa Meldepflichten vereinfacht und Schukostecker als Standard zugelassen werden.
Die geplante Erweiterung der Fachagentur Wind an Land wird dazu beitragen, das Thema Photovoltaik konstruktiv zu begleiten und die gute Akzeptanz von Photovoltaik weiter zu stärken.
Stellungnahmen zu allen Handlungsfeldern können bis zum 24.03.2023 abgegeben werden. Im Anschluss wird die PV-Strategie überarbeitet und finalisiert. Anfang Mai 2023 wird Bundesminister Habeck im Rahmen eines zweiten PV-Gipfels die endgültige PV-Strategie vorstellen.
Der Bundesverband Solarwirtschaft begrüßt die Pläne. „Die im letzten Jahr erreichte Beschleunigung des Photovoltaik-Ausbaus um knapp 30 % gegenüber Vorjahr ist erfreulich. Zur Zielerreichung muss sie jedoch auch in den kommenden vier Jahren gelingen, also jedes Jahr ein weiteres Plus von mindestens 30 % gegenüber dem jeweiligen Vorjahr“, fordert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Solarwirtschaft (BSW).
Dazu reicht der Ausbau auf Privathausdächern nicht aus. „Der überwiegende Teil der angestrebten Solarstrommenge muss künftig auf Firmendächern und ebenerdig errichteten Freiflächen-Solarparks geerntet werden“, sagt er. Herausfordernd dabei ist, dass Unternehmer mit besonders spitzem Bleistift kalkulieren würden. Sie erwarten, dass sich eine Solarinvestition in durchschnittlich sieben bis acht Jahren amortisiert. „Unter den aktuellen Rahmenbedingungen gelingt das in der Mehrzahl der Fälle noch nicht.
Hinzu kommt, dass viele potenzielle Investoren heute noch von einem regelrechten Dschungel an Bürokratie abschreckt werden“, erklärt er. Darum begrüße der BSW,z.B. die Vorhaben, Solarinvestitionen in der Landwirtschaft zu vereinfachen, eine Duldungspflicht bei der Netzdurchleitung einzuführen und die solare Direktversorgung z.B. von Mietern zu vereinfachen.
bne fordert Biotopsolarparks auf Stilllegungsflächen
Erfreulich ist für den Bundesverband Neue Energiewirtschaft e.V. (bne), dass die Biodiversität-Photovoltaik als extensive Form der Agri-PV in der PV-Strategie konkret benannt wird. Die Biodiversität-PV sollte auch auf Flächen genutzt werden, die aufgrund der Vorgaben der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) aus der landwirtschaftlichen Produktion genommen werden. Dies wäre eine wirksame Antwort auf die Flächenfrage der Energiewende, was in der Strategie erkannt wurde.
Solardachpflicht als Lösung
Auf allen Ebenen muss konsequent Bürokratie abgebaut werden. Bei der Photovoltaik auf Gebäuden sollte dies an erster Stelle stehen. Auch sollte der Zugang zur Direktvermarktung bei kleinen Anlagen verbessert und die Vor-Ort-Versorgung ermöglich werden, z.B. als gemeinschaftlicher Eigenverbrauch. „PV-Dachanlagen müssen künftig Standard werden. Eine Solardachpflicht sollte in der PV-Strategie daher nicht fehlten“, sagt bne-Geschäftsführer Robert Busch.
Auf allen Netzebenen sollten die Netzanschlussprozesse entbürokratisiert und beschleunigt werden. Auch dicke Bretter sollten gebohrt werden: Die technischen Anschlussbedingungen in den Verteilungsnetzen müssen schnell auf das Wesentliche reduziert und harmonisiert werden.
Darüber hinaus begrüßt der bne die Erweiterung der Fachagentur Windenergie auf Photovoltaik. Dies wird eine bessere Basis für gute politische Entscheidungen von Regierungen und Parlamenten von Bund und Ländern im PV-Markt bilden.
Zu schwach und zu langsam ist die PV-Strategie bei der Industrialisierung der PV-Lieferkette. Ein Jahr nach den ersten Terminen gibt es immer noch keine PV-Industriestrategie sondern nur einen Prüfauftrag in Form eines Eckpunktepapiers. „Die PV-Industrie braucht jetzt konkrete Maßnahmen statt weiterer Prüfberichte“, so Busch abschließend.