Vom 6. bis 9. Juni 2024 findet die Europawahl statt. Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union wählen dabei die Mitglieder des Europäischen Parlaments. Für Landwirtinnen und Landwirte spielen die gewählten Vertreter eine fundamentale Rolle, denn Sie bestimmen, wie von der EU zukünftig Gelder in der Agrarpolitik verteilt werden und welche Ziele die EU in der Landwirtschaft künftig verfolgt.
Mit einer Übersicht wendet sich das EU-Parlament vor der Europawahl explizit auch an die Landwirte und fasst dort nochmal alle wichtigen Projekten und Fördermaßnahmen für die Landwirtschaft zusammen.
Neues Parlament entscheidet über Agrarreform 2027
Das Kernelement der europäischen Agrarpolitik ist die GAP. Konkret verteilt die EU im Förderzeitraum 2021 bis 2027 rund 387 Mrd. € in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Der 2023 bis 2027 beschlossene GAP Strategieplan wurde im Frühling 2024 allerdings von allen EU-Instanzen (Kommission, Parlament und Rat) im Eilverfahren wieder aufgeschnürt. Wesentliche Elemente wie die verpflichtenden 4 % Stilllegung der Ackerfläche sind seitdem wieder abgeschafft. Das neue Parlament wird die Neuausrichtung der GAP ab 2027 entscheiden. Wie es nun mit den Zielen des europäischen Green Deals, der „Farm-to-Fork“-Strategie sowie der Biodiversitätsstrategie weiter geht, fällt ab Mitte 2024 in den Zuständigkeitsbereich des neu gewählten EU-Parlaments.
EU stellt Sicherheitsnetz bei Extremwetter bereit
Von der EU profitieren Landwirtinnen und Landwirte auch durch eine finanzielle Absicherung der Betriebe bei unvorhersehbaren Ereignissen oder bei der betrieblichen Umstellung auf nachhaltige Systeme. Die EU hat aus diesem Grund zahlreiche Fonds eingerichtet, um Landwirte auch in Krisenzeiten finanziell zu unterstützen. Mit diesen Maßnahmen und Angeboten verfolgt die EU das Ziel, den landwirtschaftlichen Sektor zu stärken und das Berufsbild Landwirt auch unter erschwerten Bedingungen attraktiv zu gestalten, stellt das EU-Parlament in seiner Übersicht heraus. Landwirte können bei Ernteausfällen oder Qualitätsminderungen durch Extremwettereignisse auf Gelder unterschiedlicher Notfallpakete zurückgreifen.
EU vereinheitlicht Schlachtung, Tierwohl und Seuchenschutz
Ähnliches gilt auch im Falle von Tierseuchen. Müssen Tiere aus Herden nach einem Seuchenausbruch geschlachtet oder gekeult werden, bietet die EU Gelder aus Fonds zur finanziellen Entschädigung an.
Auch Schlachtbetriebe stehen in der EU unter Bewachung, mit strengem Blick in Richtung Tierwohl bei der Schlachtung. Ziel ist eine möglichst Schmerzfreie Tötung der Tiere. Strikte Vorgaben und regelmäßige Kontrollen sowie Verfahrensanpassungen auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse sollen dazu beitragen, die bestehenden Strukturen stetig weiterzuentwickeln. Für Schweinezüchter ist die objektive Einstufung der Fleischqualität und der Schlachtkörper seitens der EU relevant. Zusätzlich werden von der EU Maßnahmen zur Stabilisierung des Schweinefleischmarktes durch Einfuhrbestimmungen durchgeführt. Auch Gesundheits- und Tierschutzvorschriften (z.B. die Mindestnutzfläche für die Schweine und Zugang zu Beschäftigungs- und Spielmaterial) werden von der EU festgelegt.
Wie geht es mit dem Wolf weiter?
Der Schutz des Wolfes und die Entschädigung von Schäden, die er bei Nutztieren verursacht, gehören auch in die Zuständigkeit des EU-Parlamentes. Durch die EU-Habitat Richtlinie, bei der die Populationen gefährdeter Raubtierarten (vor allem vom Braunbär, Luchs, Wolf und Vielfraß) erhöht werden sollen, kam es in den letzte Jahren vor allem zu einem Populationsanstieg bei Wölfen. Landwirte und vor allem Schäfer sind seitdem fortwährend von Raubtierschäden bedroht. Das EU Parlament verwaltet für diese Fälle Fonds zur Entschädigung bei einer Herdendezimierung durch Raubtiere. Zusätzlich werden von der EU Gelder für präventive Maßnahmen, wie elektrische Zäune, Herdenschutzhunde und Schulungen für Schäfer, bereitgestellt.
Entwicklung des Ökolandbaus
Im Green Deal hatte die EU sich im Jahr 2021 ambitionierte Ziele für den Ausbau des Ökolandbaus gesetzt. Laut dem Plan sollten Landwirte bis zum Jahr 2030 mindestens 25 % der landwirtschaftlichen Flächen in der EU ökologisch bewirtschaften. Die betriebliche Umstellung auf eine ökologische Bewirtschaftung stellt vor allem kleinere Betriebe vor viele Herausforderungen. Um die Maßgaben zu realisieren, werden Landwirte, die von einer konventionellen auf eine ökologische Bewirtschaftung umstellen wollen, finanziell bei der Umstellung unterstützt. Durch eine Verschärfung der Kontrollmaßnahmen bei der Vergabe des Bio-Siegels gewinnen die erzeugten ökologisch erzeugten Güter zudem weiter an Wettbewerbsfähigkeit.
EU will den ländlichen Raum stärken
Durch die Förderung von Vertriebsstrukturen in Form von Direktvermarktungen strebt die EU eine wirtschaftliche Stärkung des ländlichen Raumes an. Durch eine Erhöhung der Absätze vor Ort werden auch lokale Strukturen gefördert, wodurch mehr Arbeitsplätze und Perspektiven in den abgelegeneren Regionen begünstigt werden. Auch eine Ausweitung von Tourismusangeboten sichert vor allem Landwirte mit kleineren Betriebsstrukturen finanziell ab und schafft eine Brücke zwischen Lebensmittelerzeugern und -verbrauchern. Die EU setzt auch hier an und stellt Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in der Tourismusbranche zur Verfügung.