Der Streit um den Agrardiesel hält nun schon seit Dezember an und die Fronten fangen an zu erodieren. Oder doch nicht? Am Wochenende hatte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, für Aufsehen gesorgt, als er gegenüber der "Welt am Sonntag" sagte, man werde nicht in vollem Umfang auf Steuervergünstigungen bestehen, „wenn es im Gegenzug zu Mehrbelastungen beim Kraftstoff an anderer Stelle zu realen Entlastungen kommt“.
Das hatten viele als neuen Kompromissvorschlag verstanden, nachdem es zuvor strikt geheißen hatte, entweder der Agrardiesel bleibe in seiner bisherigen Form erhalten oder man werde weiterprotestieren. Die scheinbar neue Positionierung stieß bei etlichen Organisationen von LsV bis Bauernbund aber auf Widerspruch. Dort warf man dem DBV unter anderem vor, die Bauernproteste zu unterminieren.
Felßner: Krüsken wurde missverstanden
Nun hat der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), Günther Felßner, nochmals klargestellt, dass Krüsken missverstanden worden sei. „Wir geben keinen Millimeter nach beim Agrardiesel“, betonte Felßner heute in der radioWelt am Morgen. Und: Die Agrardieselsubventionen müssten erhalten bleiben. Falls aber eine Abschaffung erfolge, müsse eine mindestens deutliche Überkompensation mit anderen Erleichterungen kommen. „Aber das heißt noch lange nicht, dass wir den Agrardiesel aufgeben und den teuersten Diesel Europas in Zukunft bezahlen“, so Felßner.
Das sind die Vorschläge des Bauernverbandes
Aber unter welchen Umständen wäre der Bauernverband kompromissfähig? Krüsken hatte hierzu bereits am Wochenende auf die Forderungen des DBV in einem Offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz verwiesen. Darin definiert der DBV, was für ihn in Frage kommt:
Eine für die Landwirtschaft tragfähige Lösung beim Agrardiesel
Steuerliche Entlastungen und Maßnahmen zur Stärkung des einzelbetrieblichen Risikomanagements
Steuerbefreiung für den Einsatz von nicht fossilen Kraftstoffen in der Landwirtschaft
Ein Auflagenmoratorium für die Landwirtschaft in Verbindung mit einem Programm zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Binnenmarkt
Eine ernst gemeinte und wirksame Initiative zur Entbürokratisierung auf nationaler und europäischer Ebene
Zudem machte DBV-Generalsekretär Krüsken noch einmal unmissverständlich deutlich, dass der Bauernverband erst dann Entgegenkommen zeigen werde, wenn es im Gegenzug zu den Mehrbelastungen an anderer Stelle "mindestens gleichwertige Entlastungen" gebe.
Wir sind dann kompromissbereit beim #Agrardiesel, wenn es im Gegenzug zu Mehrbelastungen zu mindestens gleichwertigen Entlastungen kommt.
— Deutscher Bauernverband e.V. (@Bauern_Verband) March 9, 2024
Welche das sind? Wir haben diese in einem offenen Brief an @Bundeskanzler Olaf Scholz formuliert.⬇️https://t.co/9nbBm2eSkY pic.twitter.com/z2P1Nym4lR
Union signalisiert Offenheit für Kompromisse
Mit seiner Forderung nach dem Erhalt des Agrardiesels hatte der Bauernverband bisher in den Unionsparteien treue Unterstützer. CDU und CSU hatten angedroht, das Wachstumschancengesetz der Bundesregierung im Bundesrat zu blockieren, sollte der Agrardiesel nicht bleiben wie er bis Ende 2023 war. Neueste Äußerungen deuten hier aber ebenfalls in eine andere Richtung.
Wie TableMedia zuerst berichtete, können sich die unionsregierten Länder aber nun angeblich eine Zustimmung zum Wachstumschancengesetz unter der Voraussetzung vorstellen, dass die Bundesregierung den Landwirten Entlastungen bei Bürokratie und Abgaben anbietet. Der Erhalt der ursprünglichen Steuerrückerstattung beim Agrardiesel soll stattdessen nicht mehr die Voraussetzung für die Zustimmung der unionsgeführten Länder zum Wachstumschancengesetz am 22. März im Bundesrat sein.