Geflügelpest: Impfversuch bei Gänsen macht Hoffnung
Im Friedrich-Loeffler-Institut läuft ein Impfversuch mit Gänsen. Vorläufiges Ergebnis: Alle Impfstoffe gegen die Geflügelpest haben eine hohe Immunität erzielt. Gelöst ist das Problem damit nicht.
Das Geflügelpestvirus macht weltweit Probleme. Entstanden ist es im Jahr 1996 in Asien und hat sich von dort aus in mehreren Wellen über den gesamten Globus ausgebreitet. In Südasien zirkuliert aktuell das H5N6-Virus. In Südafrika ist die Variante H7N6 zu finden. Sonst dominiert weltweit das H5N1-Virus. Prof. Timm Harder, Leiter des Referenzlabors für Geflügelpest am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), geht davon aus, dass bald auch in Australien und Ozeanien Fälle von Geflügelpest auftreten. Bislang ist die Region noch davon verschont geblieben.
Mehr Fleischfresser infiziert
Wie sehr sich das Virus verändert, zeigen die vielen Fälle von Geflügelpest, die in den vergangenen zwei Jahren bei fleischfressenden Wildsäugern aufgetreten sind. „H5N1 ist kein einheitliches Virus“, betonte Harder auf dem Osnabrücker Geflügelsymposium. So hat die als „BB“ bezeichnete Reassortante (Neukombination) viele Verluste bei Möwen verursacht. Zuletzt sei dieser Virustyp im September vergangenen Jahres nachgewiesen worden, so Harder. Seitdem treten vier neue Genotypen des H5N1-Virus auf. „Es fängt eine neue Zeitrechnung an“, sagte Harder. Unterschiedliche Genotypen können dabei unterschiedlich virulent sein. Einige Virustypen werden besser über die Kloake, andere beispielsweise nur über den Schnabel ausgeschieden. Dies entscheidet über die Verbreitung.
Tauben bleiben auf natürlichem Weg bislang kaum empfänglich für das Virus. Hingegen finden die Wissenschaftler aber Viren, die eine Anpassung an Säugetiere vermuten lassen. „Dies bedarf größter Aufmerksamkeit“, betonte Harder. Mittlerweile sind mehr als 100 Fleischfresserarten betroffen, allerdings gibt es nur wenige Verdachtsfälle, bei denen das Virus von einem Säugetier auf ein anderes übertragen wurde. In Deutschland ist inzwischen ein Monitoring des hochpathogenen Influenzavirus bei Füchsen angelaufen.
Unverändert bleibt glücklicherweise das geringe zoonotische Potenzial. So sind weltweit weniger als 20 Fälle von Geflügelpest beim Menschen dokumentiert, zwei davon zeigten einen schweren Verlauf.
Passender Impfstoff nötig
Durch eine im vergangenen Jahr in Kraft getretene neue Delegierte Verordnung der EU ist nun erstmals die Impfung gegen die Geflügelpest möglich. Derzeit ist jedoch nur ein Impfstoff innerhalb der EU zugelassen. Dieser enthält allerdings Antigene, die weit weg von den aktuell zirkulierenden Viren sind. Wann und ob die europäische Zulassungsbehörde neue und damit besser abgestimmte Impfstoffe zulässt, bleibe abzuwarten. Wie Harder mitteilte zeigten die in den Niederlanden bei Legehennen durchgeführten Impfversuche sehr gute Ergebnisse – jedoch nur für aktuell angepasste Impfstoffe. Diese sind bislang lediglich außerhalb der EU zugelassen. Das gilt ebenso für die vier verwendeten Impfstoffe bei den Versuchen an Gänsen am FLI. Auch sie enthalten aktuelle, im Feld zirkulierende Linien. „Alle Impfstoffe haben eine hohe Immunität erzielt“, sagte Harder. Jetzt wird über ein Jahr lang kontrolliert, wie sich der Impfschutz der Gänse verändert.
Selbst wenn die im Versuch applizierten Impfstoffe innerhalb der EU zugelassen werden sollten, erschweren aufwendige Auflagen zur Überwachung der Impfung die praktische Umsetzung. Geimpfte Bestände müssen alle vier Wochen amtstierärztlich untersucht werden. Weiterhin sind alle vier Wochen PCR-Untersuchungen der Tupferproben von 60 Tieren des Bestandes vorgeschrieben. Das gilt, bis das letzte Tier den Bestand verlassen hat. Aus Sicht Harders ist es unbedingt erforderlich, mit weniger Aufwand und Kosten den gleichen Effekt zu erzielen. Dafür gibt es bereits alternative Methoden wie die Beprobung des Tränkewassers oder Staubwischproben aus dem Stall. „Wir müssen der EU klarmachen, dass das statistisch genauso belastbar ist wie die Proben alle vier Wochen“, betonte Harder.
Aufwendige Überwachung
In Frankreich läuft ein landesweites Impfprogramm von Enten. Bei zwei Impfbeständen wurde im Rahmen der Überwachung eine Infektion nachgewiesen. Wie Harder erläuterte, war das eine Herde, bei denen die wenige Tage alten Tiere noch keine Immunität ausgebildet hatten. Im anderen Fall habe bei den elf Wochen alten Enten der Impfschutz bereits wieder abgenommen. Dies zeige, dass Wiederholungsimpfungen nötig seien.
Wie Dr. Christiane Soltau vom BMEL erläuterte, ist eine Impfung auch mit hohen bürokratischen Auflagen verbunden. Neben einer Risikobewertung durch die zuständige Behörde sind eine Impfstrategie und ein Impfplan auszuarbeiten. Eine Präventivimpfung muss durch risikomindernde Maßnahmen flankiert werden. Dazu gehört beispielsweise ein Verbringungsverbot von Eiern und Geflügel, mit der Ausnahme einer Schlachtung.
Eine Impfung kann zudem durch Handelsrestriktionen belastet sein. Im Falle Frankreichs haben Japan und die USA umgehend Importe aus Frankreich geblockt.
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Das Geflügelpestvirus macht weltweit Probleme. Entstanden ist es im Jahr 1996 in Asien und hat sich von dort aus in mehreren Wellen über den gesamten Globus ausgebreitet. In Südasien zirkuliert aktuell das H5N6-Virus. In Südafrika ist die Variante H7N6 zu finden. Sonst dominiert weltweit das H5N1-Virus. Prof. Timm Harder, Leiter des Referenzlabors für Geflügelpest am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), geht davon aus, dass bald auch in Australien und Ozeanien Fälle von Geflügelpest auftreten. Bislang ist die Region noch davon verschont geblieben.
Mehr Fleischfresser infiziert
Wie sehr sich das Virus verändert, zeigen die vielen Fälle von Geflügelpest, die in den vergangenen zwei Jahren bei fleischfressenden Wildsäugern aufgetreten sind. „H5N1 ist kein einheitliches Virus“, betonte Harder auf dem Osnabrücker Geflügelsymposium. So hat die als „BB“ bezeichnete Reassortante (Neukombination) viele Verluste bei Möwen verursacht. Zuletzt sei dieser Virustyp im September vergangenen Jahres nachgewiesen worden, so Harder. Seitdem treten vier neue Genotypen des H5N1-Virus auf. „Es fängt eine neue Zeitrechnung an“, sagte Harder. Unterschiedliche Genotypen können dabei unterschiedlich virulent sein. Einige Virustypen werden besser über die Kloake, andere beispielsweise nur über den Schnabel ausgeschieden. Dies entscheidet über die Verbreitung.
Tauben bleiben auf natürlichem Weg bislang kaum empfänglich für das Virus. Hingegen finden die Wissenschaftler aber Viren, die eine Anpassung an Säugetiere vermuten lassen. „Dies bedarf größter Aufmerksamkeit“, betonte Harder. Mittlerweile sind mehr als 100 Fleischfresserarten betroffen, allerdings gibt es nur wenige Verdachtsfälle, bei denen das Virus von einem Säugetier auf ein anderes übertragen wurde. In Deutschland ist inzwischen ein Monitoring des hochpathogenen Influenzavirus bei Füchsen angelaufen.
Unverändert bleibt glücklicherweise das geringe zoonotische Potenzial. So sind weltweit weniger als 20 Fälle von Geflügelpest beim Menschen dokumentiert, zwei davon zeigten einen schweren Verlauf.
Passender Impfstoff nötig
Durch eine im vergangenen Jahr in Kraft getretene neue Delegierte Verordnung der EU ist nun erstmals die Impfung gegen die Geflügelpest möglich. Derzeit ist jedoch nur ein Impfstoff innerhalb der EU zugelassen. Dieser enthält allerdings Antigene, die weit weg von den aktuell zirkulierenden Viren sind. Wann und ob die europäische Zulassungsbehörde neue und damit besser abgestimmte Impfstoffe zulässt, bleibe abzuwarten. Wie Harder mitteilte zeigten die in den Niederlanden bei Legehennen durchgeführten Impfversuche sehr gute Ergebnisse – jedoch nur für aktuell angepasste Impfstoffe. Diese sind bislang lediglich außerhalb der EU zugelassen. Das gilt ebenso für die vier verwendeten Impfstoffe bei den Versuchen an Gänsen am FLI. Auch sie enthalten aktuelle, im Feld zirkulierende Linien. „Alle Impfstoffe haben eine hohe Immunität erzielt“, sagte Harder. Jetzt wird über ein Jahr lang kontrolliert, wie sich der Impfschutz der Gänse verändert.
Selbst wenn die im Versuch applizierten Impfstoffe innerhalb der EU zugelassen werden sollten, erschweren aufwendige Auflagen zur Überwachung der Impfung die praktische Umsetzung. Geimpfte Bestände müssen alle vier Wochen amtstierärztlich untersucht werden. Weiterhin sind alle vier Wochen PCR-Untersuchungen der Tupferproben von 60 Tieren des Bestandes vorgeschrieben. Das gilt, bis das letzte Tier den Bestand verlassen hat. Aus Sicht Harders ist es unbedingt erforderlich, mit weniger Aufwand und Kosten den gleichen Effekt zu erzielen. Dafür gibt es bereits alternative Methoden wie die Beprobung des Tränkewassers oder Staubwischproben aus dem Stall. „Wir müssen der EU klarmachen, dass das statistisch genauso belastbar ist wie die Proben alle vier Wochen“, betonte Harder.
Aufwendige Überwachung
In Frankreich läuft ein landesweites Impfprogramm von Enten. Bei zwei Impfbeständen wurde im Rahmen der Überwachung eine Infektion nachgewiesen. Wie Harder erläuterte, war das eine Herde, bei denen die wenige Tage alten Tiere noch keine Immunität ausgebildet hatten. Im anderen Fall habe bei den elf Wochen alten Enten der Impfschutz bereits wieder abgenommen. Dies zeige, dass Wiederholungsimpfungen nötig seien.
Wie Dr. Christiane Soltau vom BMEL erläuterte, ist eine Impfung auch mit hohen bürokratischen Auflagen verbunden. Neben einer Risikobewertung durch die zuständige Behörde sind eine Impfstrategie und ein Impfplan auszuarbeiten. Eine Präventivimpfung muss durch risikomindernde Maßnahmen flankiert werden. Dazu gehört beispielsweise ein Verbringungsverbot von Eiern und Geflügel, mit der Ausnahme einer Schlachtung.
Eine Impfung kann zudem durch Handelsrestriktionen belastet sein. Im Falle Frankreichs haben Japan und die USA umgehend Importe aus Frankreich geblockt.