Die Bundesregierung sollte deutlich mehr tun, um die Bildung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen in der industriellen Tierhaltung einzudämmen. Das hat am vergangenen Freitag die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation Germanwatch gefordert. Sie sieht sich durch die Ergebnisse eines von ihr in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens bei der Anwaltskanzlei Günther in Hamburg bestätigt.
Darin wird zunächst festgestellt, dass antimikrobielle Resistenzen (AMR) als ein globales Problem für die öffentliche Gesundheit anerkannt und ab einem gewissen Grad faktisch irreversibel seien. Somit gebe es Ähnlichkeiten in der gesellschaftlichen Bedeutung und der freiheitseinschränkenden Wirkung wie beim Klimawandel. Es wurde deshalb untersucht, inwieweit sich der richtungweisende Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerG) zum Klimaschutz von 2021 auf die Antibiotikaresistenzproblematik übertragen lässt. Dem Gutachten zufolge ist dies allerdings „nicht ohne Weiteres“ möglich, doch könnten eine bisherige „Schutzpflichtverletzung des Gesetzgebers“ und eine hohe Dringlichkeit des politischen wie rechtlichen Handels abgeleitet werden.
Germanwatch fordert wirksames Handeln
„Das neue Rechtsgutachten zeigt auf, dass bislang getroffene Regelungen zur Bekämpfung von Resistenzen aus der industriellen Tierhaltung bei weitem nicht ausreichen“, erklärte der politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals. Es komme zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber damit seine Schutzpflichten verletzt habe. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach stünden nun gleichermaßen in der Pflicht, schnell und entschieden Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Resistenzen einzuleiten, was auch für die internationale Ebene gelte.
Germanwatch-Teamleiter Konstantinos Tsilimekis betonte, dass es möglich sei, mit Gesetzen und Verordnungen wirksam zu handeln. Zum einen müsse die Menge des Antibiotikaeinsatzes und zwar - insbesondere von Reserveantibiotika - reguliert, also Höchstabgabemengen und AMR-Grenzwerte etabliert werden. Zum anderen müsse die Tierhaltung endlich umgebaut werden, mit Fokus auf die Tiergesundheit und auf eine deutliche Verringerung der Tierzahlen.