Die EU-Kommission hat die Zulassung für Glyphosat im November um weitere zehn Jahre verlängert. Damit ist es jedoch nicht getan, denn auf nationaler Ebene regeln Verordnungen die Anwendung. Das entsprechende Regelwerk wurde vergangene Woche vom Bundeskabinett beschlossen. Aber was ist nun eigentlich bei Glyphosat noch möglich? top agrar hat das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) gefragt.
Hat sich grundsätzlich etwas bei den Anwendungsbestimmungen geändert?
Nein. Wie ein Sprecher des BMEL erläutert, stellt die aktuelle Änderungsverordnung lediglich die bis Ende 2023 geltende Rechtslage formell wieder her. Nach der für manche in Deutschland überraschenden Verlängerung der Zulassung durch Brüssel hatte eine Eilverordnung kurzfristig für Rechtssicherheit gesorgt. Die wäre allerdings zum 30. Juni 2024 ausgelaufen. Wie der Sprecher betont, sind mit der zeitlich nicht befristeten Änderungsverordnung aber keine weiteren Einschränkungen hinzugekommen.
Unter welchen Bedingungen ist der Einsatz im Agrarsektor möglich?
In der Landwirtschaft darf Glyphosat damit nur eingesetzt werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalles vorbeugende Maßnahmen, wie die Wahl einer geeigneten Fruchtfolge, eines geeigneten Aussaatzeitpunktes oder mechanischer Maßnahmen im Bestand oder das Anlegen einer Pflugfurche, nicht durchgeführt werden können und andere technische Maßnahmen nicht geeignet oder zumutbar sind (ultima ratio). Wenn ein berechtigter Einsatz stattfindet, dann müssen Aufwandmenge, Anzahl der Behandlungen und die behandelte (Teil-)Fläche auf das notwendige Maß beschränkt werden.
Was geht auf keinen Fall?
Der Einsatz von Glyphosat zur Vorsaatbehandlung oder der Stoppelbehandlung ist grundsätzlich verboten. Eine Ausnahme gilt hier lediglich bei Direkt- oder Mulchsaat, zur Bekämpfung perennierender Unkrautarten und zur Bekämpfung von Unkraut bei Erosionsgefahr.
Vollständig verboten ist die Spätanwendung vor der Ernte sowie in Wasserschutzgebieten, Heilquellenschutzgebieten sowie Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten ist vollständig verboten.
Was gilt auf dem Grünland?
Die flächige Anwendung von Glyphosat auf Grünland ist grundsätzlich untersagt. Ausgenommen von dem Verbot sind nur diese Spezialfälle:
Zur Erneuerung des Grünlandes, wenn die Verunkrautung die wirtschaftliche Nutzung oder das gewonnene Futter die Tiergesundheit gefährdet
Zur Vorbereitung einer Neueinsaat auf Flächen bei Erosionsgefahr bzw. auf denen wendende Bodenbearbeitung aus anderen Gründen nicht erlaubt ist
Zur Bekämpfung von gebietsfremdeninvasiven Arten und Quarantäneschädlingen wenn es keine anderen geeigneten oder zumutbaren Verfahren gibt. Die neueingeführte dritte Ausnahme entspricht bereits geltendem EU-Recht.
Kann ich Glyphosat gegen die Unkrautecken auf meinem Hof einsetzen?
Nicht ohne weiteres. Laut Anwendungsverordnung gilt ein Anwendungsverbot auf und an versiegelten Flächen wie Straßen, Hof- und Betriebsflächen, Parkplätze, Grundstücks- und Garageneinfahrten, Bürgerstiege, Treppenanlagen etc. Ebenfalls verboten ist der Einsatz auf und direkt an nicht versiegelten Flächen, die mit Schlacke, Split, Kies und ähnlichen Materialien befestigt sind wie z.B. Wege oder Plätze, wenn die Gefahr der Abschwemmung in Gewässer, Kanalisationen o.ä. besteht. Die zuständige Behörde kann den Einsatz in beiden Fällen ausnahmsweise genehmigen, wenn die Gefahr der Abschwemmung nicht besteht.
Wird es weitere Verschärfungen geben?
Unklar. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir setzt weiter auf eine Reduzierung der Glyphosat-Anwendung oder sogar den Totalverzicht. Diese Strategie ist auch Teil vom im März gestarteten „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“. Konsequenterweise heißt ein Kapitel des vom BMEL dazu vorgelegten Diskussionspapiers auch „Auf Anwendung des Totalherbizids Glyphosat verzichten“. Statt über das Ordnungsrecht soll hier nach jetzigem Stand aber vor allem mit Beratung, Forschung und Förderung gearbeitet werden. Vorbild sind beispielsweise der „Niedersächsische Weg“ und dessen Pendant in Baden-Württemberg.
Der Deutsche Bauernverband hält trotzdem gar nichts vom „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“. DBV-Präsident Joachim Rukwied kritisierte das Projekt stattdessen als „Affront gegenüber der Landwirtschaft“ und als „Rückbauprogramm für die deutsche Landwirtschaft und für deren Produktivität“.
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