Künstlicher Intelligenz (KI) steht im Ackerbau offenbar eine große Zukunft bevor; zumindest gibt es viele Ideen und Projekte in dem Bereich.
Ganz aktuell haben Forscher der Universität Bonn eine Software entwickelt, die das Wachstum von Ackerpflanzen simulieren kann. Dazu fütterten sie einen lernfähigen Algorithmus mit Tausenden von Drohnenfotos aus Feldexperimenten. Das Verfahren lernte dadurch, auf Basis eines einzigen Ausgangsbildes die zukünftige Entwicklung angebauter Pflanzen zu visualisieren. Anhand der bei diesem Prozess erzeugten Bilder lassen sich Parameter wie die Blattfläche oder auch der Ertrag treffsicher abschätzen, informiert die Uni in der Zeitschrift Plant Methods.
Mit dem neuen Computerprogramm soll es irgendwann einmal möglich sein, bestimmte Entscheidungen virtuell durchzuspielen. Landwirte könnten z.B. ermitteln, welche Pflanzen man in welchem Verhältnis kombinieren muss, um einen möglichst hohen Ertrag zu erzielen. Oder man kann vorhersagen wie sich die Kultur entwickeln wird, wenn sie statt Mineraldünger Gülle bekommt. Bei der Beantwortung derartiger Fragen sollen Landwirte künftig immer stärker auf Computerunterstützung zählen können, wünschen sich die Wissenschaftler der Uni Bonn.
Das Ganze klappt heute schon sehr treffsicher, solange die Kulturbedingungen denen ähneln, die bei der Aufnahme der Trainingsfotos geherrscht haben. Den Effekt eines plötzlichen Kälteeinbruchs oder tagelangen Landregens berücksichtigt die Software also nicht. In Zukunft soll sie jedoch lernen, wie sich solche Einflüsse - aber auch etwa eine verstärkte Düngung - auf das Wachstum auswirken. Dadurch soll sie prognostizieren können, welche Folge bestimmte Eingriffe durch den Landwirt haben werden.
Pflanzenmischungen im Fokus
Ein Fokus der Forschenden liegt dabei im Einsatz von Pflanzenmischungen. Da Pflanzen unterschiedliche Ansprüche haben, machen sie sich bei einem solchen Misch-Anbau weniger Konkurrenz als in einer Reinkultur, bei der nur eine Art angebaut wird. Dadurch lässt sich der Ertrag steigern. Hinzu kommt, dass manche Arten Stickstoff aus der Luft binden und als natürlichen Dünger nutzen können. Davon profitiert dann auch die andere Art, in diesem Fall der Weizen.
„Außerdem sind Mischungen unempfindlicher gegen Schädlingsbefall und andere Umwelteinflüsse“, erläutert Lukas Drees vom Institut für Geodäsie und Geoinformation. „Allerdings hängt es sehr stark von den kombinierten Arten und ihrem Mischungsverhältnis ab, wie gut das Ganze funktioniert.“ Wenn man lernfähige Algorithmen mit Ergebnissen aus zahlreichen unterschiedlichen Mischungsexperimenten füttert, lassen sich damit Empfehlungen ableiten, welche Pflanzen in welchem Verhältnis besonders gut harmonieren.
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Uni Osnabrück und Amazone wollen KI-Spritzroboter zur Marktreife bringen
Ebenfalls nah an der Praxis sind die Forscher der Uni Osnabrück. Dort trainieren die Mitarbeiter eine KI, die Unkraut im Bestand erkennen soll. Gegenüber dem NDR zeigt die Geoinformatikerin Maren Pukrop, wie sie das mittels einer Polygonen-Maske am PC macht. So könne die KI lernen, was z.B. ein weißer Gänsefuß ist und was eine Vogelmiere usw.
Dabei sei es wichtig, die Kräuter in verschiedenen Wachstumsphasen in das System zu integrieren. Damit die KI in der Lage ist auch Kräuter zu klassifizieren, die sie vorher noch nicht "gesehen" hat, die vielleicht auch in einem anderen Jahr aufgenommen wurden", sagt die Wissenschaftlerin.
Inzwischen könne die KI zehn verschiedene Pflanzenarten erkennen und deren Erkennung automatisch erledigen. "Händisch bräuchte ich für eine Fläche von zwei Quadratmetern ungefähr eine Stunde, mit der KI geht das innerhalb von zwei Sekunden. Gerade wenn es nicht nur um ein paar Quadratmeter geht, sondern um Daten von mehreren Hektar, dann geht das nur mit einer KI", erklärt die 27-Jährige.
Die digitalen Karten mit den von der KI erkannten und markierten Unkräutern schickt Pukrop dann zum Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Osnabrück. Dort entsteht die sogenannte Applikationskarte, also die Karte, mit der die Spritze für Pflanzenschutzmittel später computergesteuert arbeiten kann. Eine weitere KI entscheidet hier darüber, welche Pflanze "Unkraut" ist und behandelt wird, oder welche als Beikraut stehen bleiben darf.
Neben Hochschule und Universität ist auch der Landmaschinenhersteller Amazone aus Hasbergen (Landkreis Osnabrück) an dem Projekt beteiligt. Dafür hat Mechatroniker Phillip Stark extra einen Prototypen gebaut. Das Besondere an der computer- und ki-gesteuerten Spritze für Pflanzenschutzmittel ist, dass jede Sprühdüse einzeln angesteuert werden kann. Auf dem Feld arbeitet dann jede Düse autark die Karte ab. Das heißt, dort, wo die KI ein Unkraut erkannt hat, wird gespritzt, bei einem Beikraut daneben nicht.
Das Projekt läuft seit drei Jahren. "Wir konnten zeigen, dass unser System funktioniert. Ich denke, in ein paar Jahren sind wir soweit, dass alles auf Knopfdruck funktioniert."