Insekten sind das fehlende Bindeglied in der Kreislaufwirtschaft. So sagt es zumindest Nils Borchard, Leitung der DLG Forschung und Entwicklung. „Sie können das Tierfutter der Zukunft sein, denn sie liefern wertvolle Proteine, Fette und andere Nährstoffe“, so Borchard. Was aber macht sie zu einem möglichen Rohstoff für die zukünftige Futtermittelproduktion? Und wo liegen Herausforderung bei der Zucht von Insekten für Lebensmittel?
Die DLG gibt in einer Pressemitteilung bereits einen kleinen Vorgeschmack über den Stand der Insektenzucht in Wissenschaft und Praxis. Antworten auf diese Frage liefert zwischen dem 12. – 15. November die "Inhouse Farming – Feed & Food Show" auf der Messe EuroTier in Hannover.
Schwarze Soldatenfliege im Fokus
In der EU sind mittlerweile sieben Insektenarten zugelassen, die als "processed animal protein" die Nutztierfütterung ergänzen. Die Larven der Schwarze Soldatenfliege landet am häufigsten im Tierfutter. Deren Proteinanteil ist laut der DLG vergleichbar mit dem von Sojabohnenmehl: 40 – 47 % in der Trockenmasse.
Die Firma Big Dutchman hat in 2020 deshalb das Unternehmen Better Insect Solutions gegründet, das die Technik für Insektenmäster anbietet. CEO Frank Hiller geht bereits heute davon aus, dass Insektenprotein einen großen Teil des Importsojas ersetzen kann.
Big Dutchman liefert die Technik
In Dänemark zeigt die Enorm Biofactory auf 22.000 m2, wie die Big Dutchman-Technik in der Praxis aussehen kann. Dort züchten und verarbeiten die Mitarbeiter die Larven der Schwarzen Soldatenfliege. Zu der Technik gehören:
Die Klimasysteme für den Zucht- und Mastbereich,
die Abluftreinigung und Wärmerückgewinnung,
die Flüssigfütterung und
die Boxen für die Mast.
Für Landwirte, die auf ein weiteres Standbein als Insektenmäster setzen möchten, gibt es kleinere, modulare Mastanlagen im Sortiment. Das Start-up Farminsect bietet Landwirten zudem feste Abnahmeverträge an.
Upcycling: Aus Reststoffen entsteht Eiweiß
Die Larven in der dänischen Enorm Biofactory ernähren sich vorwiegend von Resten aus der örtlichen Lebensmittelproduktion, wie Obst-, Gemüse- und Brotabfällen. Nach etwa zwölf Tagen werden die Larven zu Insektenöl und -mehl verarbeitet. 100 t Larven sollen dort produziert werden - und das jeden Tag.
Erst seit September 2021 dürfen Landwirte in der EU verarbeitetes, tierisches Protein aus Nutzinsekten an Schweine und Geflügel füttern. Die Insektenprodukte zeigten laut der DLG Mitteilung bei Schweine- und Geflügelbetrieben bereits gute Ergebnisse in der Produktion und Tiergesundheit.
Es gibt einen Haken
Doch warum springt nicht jeder auf den Zug auf? Die wirtschaftliche Produktion von Insektenprotein ist aufgrund der teuren Produktions- und Aufbereitungsverfahren noch nicht wettbewerbsfähig. Nils Borchard von der DLG weist darauf hin, dass der Einsatz landwirtschaftlicher Nebenprodukte und Abfälle der Lebensmittelindustrie als Futter die Kosten reduzieren könnte.
Wie sich das Potenzial von organischen Reststoffen und Abfällen ausschöpfen lässt, ist deshalb eine der Fragen, die Experten beim Thementag Insekten am 12. November auf der EuroTier diskutieren.
Mehlwurmprotein für Menschen
Auch wenn die Vorstellung noch bei vielen Leuten für Unbehagen sorgt: Insekten können nicht nur Futter für Nutztiere sein, sondern auch als Lebensmittel im Regal stehen – beispielsweise als Fleischersatzprodukt. Dafür eignet sich der Mehlwurm besonders gut.
Gemeinsam mit der Hochschule Pforzheim forscht das Start-up Alpha-Protein daran, welche Reststoffe sich besonders gut als Nahrung für die Insekten eignen. Zudem nutzen sie die Mehlwurm-Ausscheidungen als Pflanzendünger und die abgelegten Häute des Insekts für nachhaltige Kunststoffe.
Um die Forschung voranzutreiben, vor allem bei der Automatisierung der Aufzucht, plant die Hochschule eine 2 ha große Anlage in Ludwigshafen. Dort wollen die Forscher 1.000 t Trockeninsekten und 5.000 t Dünger im Jahr produzieren, mit Altbrot aus regionalen Bäckereien als Futterquelle.
Herausforderungen der automatisierten Zucht
Die größten Herausforderungen der automatisierten Insektenzucht sind:
Die Kontrolle von Umweltfaktoren wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit,
die präzise Handhabung der empfindlichen Eier,
die gleichmäßige Portionierung von frisch geschlüpften Larven.
Eine Lösung zeigt der Hersteller für Fütterungstechnologie WEDA Dammann & Westerkamp. In dem System aus Behältern und Mischtanks werden die Larven der Schwarzen Soldatenfliege mit regionalen Gemüseabfällen und weiteren Reststoffen gefüttert. Aktuell erzeugt die Anlage täglich Nahrung für etwa 25 t Larven-Output. Ab 2025 soll eine erweiterte Anlage täglich aus 210 t Rohstoff-Input bis zu 45 t Lebendlarven produzieren können.
Ihre Meinung ist gefragt!
Können Sie sich vorstellen, Insektenprotein in der Nutztierfütterung einzusetzen oder sogar selbst mal zu probieren? Wo sehen Sie Probleme? Schreiben Sie mir Ihre Meinung: malin.dietrich@topagrar.com
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