Jahrzehnt der Krise? Finanzexpertin erwartet weiter Inflation und Miniwachstum
Nach Einschätzung von Dr. Martina Noß von der Nord/LB wird die Teuerungsrate mittelfristig nicht mehr aufs Vorkrisenniveau zurückfallen. Auch wirtschaftlich erwarten uns keine goldenen Zeiten.
Die ökonomischen Bedingungen dürften im weiteren Verlauf der zwanziger Jahre nicht wesentlich leichter werden. So jedenfalls die Einschätzung der Leiterin Research der Nord/LB, Dr. Martina Noß, bei der Agrarfinanztagung der Landwirtschaftlichen Rentenbank und des DBV, die gestern unter dem Titel „Banken im Mittelpunkt der grünen Transformation“ in Berlin stattfand.
Steuern werden eher steigen
Noß geht davon aus, dass sowohl Inflation als auch Zinsen in Deutschland dauerhaft auf einem höheren Niveau als in der vergangenen Dekade verlaufen werden. Auch das wirtschaftliche Wachstum werden demnach nicht an frühere Zahlen heranreichen. Gleichzeitig werden die öffentlichen Ausgaben – etwa für Rüstung –absehbar deutlich höher ausfallen müssen, was nicht ohne Folgen für Steuern und Abgaben bleiben dürfte, so Noß.
Das „Geschäftsmodell Deutschland“ steht nach Einschätzung der Finanzmarktexpertin aber noch vor ganz anderen Herausforderungen. So bestünden gerade für die exportorientierte deutsche Wirtschaft wegen der zunehmenden internationalen Krisen überdurchschnittlich hohe Risiken. Lieferketten, Wertschöpfung und Geschäftsmodelle müssten daher überdacht werden.
Investitionsstau muss aufgelöst werden
Noß attestiert der Bundesrepublik zudem einen jahrelangen Investitionsstau, beispielsweise in der öffentlichen und digitalen Infrastruktur. Dieser müsse genauso angegangen werden wie die Diversifizierung der deutschen Energieversorgung. Ungelöst ist laut Noß auch die demografische Entwicklung und ihre Auswirkungen auf den Arbeitskräftemarkt. Unternehmen auch im Agrarsektor seien gut beraten, sich darauf einzustellen.
Banse: Märkte und Kurse bleiben volatil
Was kommt aber kurz- und mittelfristig auf den Agrarsektor zu? Nach Überzeugung vom Leiter des Thünen-Instituts für Marktanalyse, Prof. Martin Banse, bleibt es vorläufig an den Agrarmärkten turbulent. Das hat nicht zuletzt mit den schrumpfenden internationalen Endbeständen bei wichtigen Agrarprodukten zu tun. Dass die Reserven dabei gerade bei bedeutenden Agrarexporteuren nach unten gehen, trage ebenso zu einer steigenden Preisvolatilität bei wie die turbulenten Energiemärkte, die mit den Agrarkursen eng gekoppelt seien, erklärte Banse.
Der Agrarsektor wird sich nach seiner Analyse aber nicht nur mit den oft unberechenbaren Kursen auseinandersetzen müssen. Die habe die Landwirtschaft in den letzten Jahren ohnehin gut weggesteckt, meint der Agrarökonom. Klimawandel, Hunger und Migration werden ihm zufolge mittelfristig aber auch die Ansprüche an die Landwirtschaft als Basis von Lebensmittelversorgung und -sicherung weiter zunehmen lassen.
Gesellschaftliche Ansprüche steigen weiter
Das steht teilweise konträr zu den gleichzeitig steigenden gesellschaftlichen Ansprüchen an die Art und Weise, wie Landwirtschaft in Europa betrieben wird. Eine Transformation bei gleichzeitigem Fokus auf dem Erhalt der Produktivität wird laut Banse nicht zu vermeiden sein. Er ist jedoch optimistisch, dass dies gelingen kann, wenn die Bevölkerung dabei mitgenommen wird, also die Fortschritte bei nachhaltigerem Ackerbau und tierwohlgerechterer Haltung auch sieht und versteht.
Unter dieser Voraussetzung hält der Thünen-Direktor für möglich, dass die gesellschaftliche Wertschätzung für die Landwirtschaft wieder wächst und sich gleichzeitig neue Chancen für die Agrarwirtschaft auftun. Höhere Standards ließen sich schließlich auch in steigende Wertschöpfung ummünzen und die absehbar steigende Lebensmittelnachfrage auf den globalen Märkten biete neue Absatzchancen für heimische Agrarprodukte.
Hinweis:
Bitte aktivieren Sie Javascipt in Ihrem Browser, um diese Seite optimal nutzen zu können
Zum Lesen dieses Artikels benötigen Sie ein top agrar Abonnement
Die ökonomischen Bedingungen dürften im weiteren Verlauf der zwanziger Jahre nicht wesentlich leichter werden. So jedenfalls die Einschätzung der Leiterin Research der Nord/LB, Dr. Martina Noß, bei der Agrarfinanztagung der Landwirtschaftlichen Rentenbank und des DBV, die gestern unter dem Titel „Banken im Mittelpunkt der grünen Transformation“ in Berlin stattfand.
Steuern werden eher steigen
Noß geht davon aus, dass sowohl Inflation als auch Zinsen in Deutschland dauerhaft auf einem höheren Niveau als in der vergangenen Dekade verlaufen werden. Auch das wirtschaftliche Wachstum werden demnach nicht an frühere Zahlen heranreichen. Gleichzeitig werden die öffentlichen Ausgaben – etwa für Rüstung –absehbar deutlich höher ausfallen müssen, was nicht ohne Folgen für Steuern und Abgaben bleiben dürfte, so Noß.
Das „Geschäftsmodell Deutschland“ steht nach Einschätzung der Finanzmarktexpertin aber noch vor ganz anderen Herausforderungen. So bestünden gerade für die exportorientierte deutsche Wirtschaft wegen der zunehmenden internationalen Krisen überdurchschnittlich hohe Risiken. Lieferketten, Wertschöpfung und Geschäftsmodelle müssten daher überdacht werden.
Investitionsstau muss aufgelöst werden
Noß attestiert der Bundesrepublik zudem einen jahrelangen Investitionsstau, beispielsweise in der öffentlichen und digitalen Infrastruktur. Dieser müsse genauso angegangen werden wie die Diversifizierung der deutschen Energieversorgung. Ungelöst ist laut Noß auch die demografische Entwicklung und ihre Auswirkungen auf den Arbeitskräftemarkt. Unternehmen auch im Agrarsektor seien gut beraten, sich darauf einzustellen.
Banse: Märkte und Kurse bleiben volatil
Was kommt aber kurz- und mittelfristig auf den Agrarsektor zu? Nach Überzeugung vom Leiter des Thünen-Instituts für Marktanalyse, Prof. Martin Banse, bleibt es vorläufig an den Agrarmärkten turbulent. Das hat nicht zuletzt mit den schrumpfenden internationalen Endbeständen bei wichtigen Agrarprodukten zu tun. Dass die Reserven dabei gerade bei bedeutenden Agrarexporteuren nach unten gehen, trage ebenso zu einer steigenden Preisvolatilität bei wie die turbulenten Energiemärkte, die mit den Agrarkursen eng gekoppelt seien, erklärte Banse.
Der Agrarsektor wird sich nach seiner Analyse aber nicht nur mit den oft unberechenbaren Kursen auseinandersetzen müssen. Die habe die Landwirtschaft in den letzten Jahren ohnehin gut weggesteckt, meint der Agrarökonom. Klimawandel, Hunger und Migration werden ihm zufolge mittelfristig aber auch die Ansprüche an die Landwirtschaft als Basis von Lebensmittelversorgung und -sicherung weiter zunehmen lassen.
Gesellschaftliche Ansprüche steigen weiter
Das steht teilweise konträr zu den gleichzeitig steigenden gesellschaftlichen Ansprüchen an die Art und Weise, wie Landwirtschaft in Europa betrieben wird. Eine Transformation bei gleichzeitigem Fokus auf dem Erhalt der Produktivität wird laut Banse nicht zu vermeiden sein. Er ist jedoch optimistisch, dass dies gelingen kann, wenn die Bevölkerung dabei mitgenommen wird, also die Fortschritte bei nachhaltigerem Ackerbau und tierwohlgerechterer Haltung auch sieht und versteht.
Unter dieser Voraussetzung hält der Thünen-Direktor für möglich, dass die gesellschaftliche Wertschätzung für die Landwirtschaft wieder wächst und sich gleichzeitig neue Chancen für die Agrarwirtschaft auftun. Höhere Standards ließen sich schließlich auch in steigende Wertschöpfung ummünzen und die absehbar steigende Lebensmittelnachfrage auf den globalen Märkten biete neue Absatzchancen für heimische Agrarprodukte.