Klima- und Artenschutz in der Landwirtschaft: Turbo oder Pause?
Klimaschutz und Artenschutz haben an Strahlkraft in der gesellschaftlichen und politischen Debatte in Deutschland verloren. Woran orientiert sich nun die Landwirtschaft?
Kurz vor der Europawahl an diesem Wochenende spitzen sich die Debatten um den richtigen Weg beim Klima- und Artenschutz auch in der Landwirtschaft zu. Das war auch bei der Woche der Umwelt beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue in Berlin zu spüren.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) drängte auf mehr Tempo. „Wenn wir so weiter machen, wird es richtig teuer und wir verlieren zu viel auf dem Weg“, sagte sie. Dabei band sie auch das aktuelle Hochwassergeschehen im Süden Deutschlands ein. „Wir müssen vorsorgen vor dem nächsten Hochwasser“, sagte sie.
Lemke appellierte an eine vermehrte Renaturierung von Auen, die auch landwirtschaftliche Flächen kosten werde. „Wir brauchen mehr intakte Böden, Moore und natürliche Auenflächen, damit Wasser besser in der Landschaft gespeichert werden kann“, sagte Lemke.
Es gäbe in Deutschland schon ausreichend positive Beispiele für natürliche Hochwasserschutzanlagen und Deichrückverlegungen, an denen sich die Regionen orientieren könnten. Das Umweltministerium arbeite mit den Ländern bereits an einem neuen Hochwasserschutzgesetz.
EU-Agrarzahlungen für den Artenschutz
Beim Artenschutz setzt Lemke ganz auf eine Neugestaltung der EU-Agrarzahlungen. „Wir geben in der EU in das Agrarsystem knapp 60 Milliarden Euro pro Jahr. Das Geld geht zu den Landwirten, wir müssen das Geld so einsetzen, dass es Landwirten und der Umwelt etwas bringt“, sagte Lemke.
Das sei die Herausforderung für die nächste Reform der EU-Agrarzahlungen 2027, über die das neu gewählte EU-Parlament mit den EU-Institutionen nach der Europawahl verhandeln wird.
Erneut drückte Lemke ihr Unverständnis über die Rücknahme der verpflichtenden Flächenstilllegung aus. Warum man in einer Situation mit vollen Getreidelägern die Brachflächen abschaffe, das könne sie nicht verstehen, sagte sie.
Gezielt abgegrenzt von Lemkes Position hat sich bei der Diskussion am Schloss Bellevue die Landwirtschaftsministerin von Nordrhein-Westfalen, Silke Gorißen (CDU). Ihr Eindruck sei, dass die Ziele beim Klima- und Artenschutz dieselben seien, aber der Weg ein anderer, sagte sie. Landwirte müssten wirtschaften und Lebensmittel produzieren können, sagte Gorißen.
Die Leistungen von Landwirten für den Umwelt- und Artenschutz müssten aufgefangen werden. „Es wird um Geld gehen. Wir sollten uns aber nichts vormachen, dass wir beim Geld eingeschränkt sind mit den Mitteln“, sagte Gorißen.
Landwirtschaft unter enormem Druck
Die Landwirtschaft stehe unter einem enormen Druck, wandte Gorißen ein, das hätten die Bauernproteste zu Beginn des Jahres gezeigt. Sie plädierte dafür, dass sich auch das Verbraucherverhalten hin zu mehr regionaler und saisonaler Ware ändern müsse.
Auf eine wirtschaftliche Alternative für die landwirtschaftlichen Betriebe verwies der Umweltbeauftragte des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Eberhard Hartelt. „Wir müssen Wege finden, die Wirtschaftlichkeit und die Existenz der Betriebe zu erhalten“, sagte er.
Keine Überforderung der Landwirtschaft
Bei der Analyse der Hochwasser-Katastrophe in Süddeutschland warnte er vor einer Überforderung der Landwirtschaft. „Die Hochwasserlage wird die Landwirtschaft mit ihrem Boden allein nicht lösen können“, sagte er in Berlin.
Die Landwirtschaft sei bereit Umweltleistungen zu erbringen und stelle auch den Rückgang der Biodiversität nicht in Frage. „Wir brauchen eine wirtschaftliche Alternative für die Betriebe“, so Hartelt.
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Kurz vor der Europawahl an diesem Wochenende spitzen sich die Debatten um den richtigen Weg beim Klima- und Artenschutz auch in der Landwirtschaft zu. Das war auch bei der Woche der Umwelt beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue in Berlin zu spüren.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) drängte auf mehr Tempo. „Wenn wir so weiter machen, wird es richtig teuer und wir verlieren zu viel auf dem Weg“, sagte sie. Dabei band sie auch das aktuelle Hochwassergeschehen im Süden Deutschlands ein. „Wir müssen vorsorgen vor dem nächsten Hochwasser“, sagte sie.
Lemke appellierte an eine vermehrte Renaturierung von Auen, die auch landwirtschaftliche Flächen kosten werde. „Wir brauchen mehr intakte Böden, Moore und natürliche Auenflächen, damit Wasser besser in der Landschaft gespeichert werden kann“, sagte Lemke.
Es gäbe in Deutschland schon ausreichend positive Beispiele für natürliche Hochwasserschutzanlagen und Deichrückverlegungen, an denen sich die Regionen orientieren könnten. Das Umweltministerium arbeite mit den Ländern bereits an einem neuen Hochwasserschutzgesetz.
EU-Agrarzahlungen für den Artenschutz
Beim Artenschutz setzt Lemke ganz auf eine Neugestaltung der EU-Agrarzahlungen. „Wir geben in der EU in das Agrarsystem knapp 60 Milliarden Euro pro Jahr. Das Geld geht zu den Landwirten, wir müssen das Geld so einsetzen, dass es Landwirten und der Umwelt etwas bringt“, sagte Lemke.
Das sei die Herausforderung für die nächste Reform der EU-Agrarzahlungen 2027, über die das neu gewählte EU-Parlament mit den EU-Institutionen nach der Europawahl verhandeln wird.
Erneut drückte Lemke ihr Unverständnis über die Rücknahme der verpflichtenden Flächenstilllegung aus. Warum man in einer Situation mit vollen Getreidelägern die Brachflächen abschaffe, das könne sie nicht verstehen, sagte sie.
Gezielt abgegrenzt von Lemkes Position hat sich bei der Diskussion am Schloss Bellevue die Landwirtschaftsministerin von Nordrhein-Westfalen, Silke Gorißen (CDU). Ihr Eindruck sei, dass die Ziele beim Klima- und Artenschutz dieselben seien, aber der Weg ein anderer, sagte sie. Landwirte müssten wirtschaften und Lebensmittel produzieren können, sagte Gorißen.
Die Leistungen von Landwirten für den Umwelt- und Artenschutz müssten aufgefangen werden. „Es wird um Geld gehen. Wir sollten uns aber nichts vormachen, dass wir beim Geld eingeschränkt sind mit den Mitteln“, sagte Gorißen.
Landwirtschaft unter enormem Druck
Die Landwirtschaft stehe unter einem enormen Druck, wandte Gorißen ein, das hätten die Bauernproteste zu Beginn des Jahres gezeigt. Sie plädierte dafür, dass sich auch das Verbraucherverhalten hin zu mehr regionaler und saisonaler Ware ändern müsse.
Auf eine wirtschaftliche Alternative für die landwirtschaftlichen Betriebe verwies der Umweltbeauftragte des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Eberhard Hartelt. „Wir müssen Wege finden, die Wirtschaftlichkeit und die Existenz der Betriebe zu erhalten“, sagte er.
Keine Überforderung der Landwirtschaft
Bei der Analyse der Hochwasser-Katastrophe in Süddeutschland warnte er vor einer Überforderung der Landwirtschaft. „Die Hochwasserlage wird die Landwirtschaft mit ihrem Boden allein nicht lösen können“, sagte er in Berlin.
Die Landwirtschaft sei bereit Umweltleistungen zu erbringen und stelle auch den Rückgang der Biodiversität nicht in Frage. „Wir brauchen eine wirtschaftliche Alternative für die Betriebe“, so Hartelt.