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topplus Algenzucht auf dem Betrieb

Können Mikroalgen Soja als Tierfutter ersetzen?

Schweizer Forschende wollen Trinkwasser von Nutztieren durch „grüne Powersmoothies“ aus Mikroalgen ergänzen. Die Landwirte sollen damit einen Teil des Futtersojas ersetzen können. Wie soll das gehen?

Lesezeit: 4 Minuten

Könnten Mikroalgen Soja als Tierfutter ersetzen? Prof. Dr. Fabian Wahl vom Schweizer Forschungsinstitut Agroscope ist davon überzeugt. „Neben Pflanzen- und tierbasierten Proteinen vergessen wir oft die Mikroorganismen“, sagt Wahl. Der studierte Chemiker hat sich auf mikrobielle Systeme in Lebensmitteln spezialisiert und sprach in einem Vortrag vergangene Woche über den Forschungsstand, die potenziellen Vorteile und Herausforderungen von Mikroalgen als Futtermittel.

Das Ziel: Mikroalgen in Reaktoren direkt am Hof

Seine Vision sieht in etwa so aus: Auf einem landwirtschaftlichen Betrieb stehen Reaktoren, in denen  die nährstoffreichen Mikroalgen wachsen, die der Tierhalter selbst aufbereiten und als hofeigene Eiweißquelle an seine Kühe, Schweine oder Hühner verfüttern kann. So soll der hohe Anteil Importsoja, der zu 76 % in die Tierernährung geht, verringert werden. Prof. Wahl sagt: „Soja ist eine enorm hochwertige Proteinquelle und sollte meiner Meinung nach direkt für die Humanernährung genutzt werden.“

„Neben Pflanzen- und Tierbasierten Proteinen, vergessen wir oft die Mikroorganismen.“

Das Ziel des Forschungsteams ist es, die Algen möglichst bald auf den Betrieben an den Tieren zu testen. Dafür plant das Team, 30 neue Reaktoren auf 30 Schweizer Betrieben bis zum Jahr 2030 einzurichten. Ein mobiler 1.200-Liter-Reaktor soll bis Jahresende einsatzbereit sein. Ein 50.000-Liter-Reaktor wird gerade entwickelt – diese Größenordnung braucht es für den durchschnittlichen Schweizer Betrieb. Wahl erklärt: „Man kann sich das so vorstellen, wie das, was die Tiere heute schon auf der Alp haben: Nämlich die natürlichen Mikroalgen in den Trinkbrunnen, nur in einer höheren Konzentration.“

Als Grund für die dezentrale Produktion führt Wahl den hohen Energieverbrauch an, den es bräuchte, um die Algen transportfähig zu machen. Rund 90 % der gesamten Produktionsenergie müsste man allein dafür aufbringen, den Algen das Wasser zu entziehen und ein Pulver herzustellen. „Die aquatischen Algensysteme wachsen am besten in hochverdünnten wässrigen Nährmedien und das Entziehen von Wasser ist extrem energieintensiv“, sagt der Schweizer. Deshalb sehen die Wissenschaftler die Lösung direkt auf dem Betrieb. Landwirte könnten die Anlage mit wenig Aufwand selbst betreiben. Und nach der Reinigung könnte das Wasser aus der Mikroalgenproduktion für die Felder genutzt werden.

Proteinshakes für Milchkühe?

Das Endprodukt verfüttert der Landwirt schlussendlich in flüssiger Form. „Wir möchten nicht das Kraftfutter ersetzen, sondern das Trinkwasser durch eine proteinreiche, flüssige Nahrungsaufnahme ergänzen“, sagt Wahl. Der Rest der Fütterung erfolgt nach Angaben des Wissenschaftlers im besten Fall extensiv, durch Gras oder Heu im Winter. Er geht in einem Beispiel davon aus, dass eine Kuh täglich 100-140 l Wasser säuft. „Davon könnte man maximal ein Drittel durch den proteinreichen grünen Powersmoothie ersetzen und hätte einen Großteil des Eiweißbedarfs gedeckt.“

Studie zeigt: Tiere mögen Algen lieber als Soja

Eine Studie, die Agroscope gemeinsam mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) aus Zürich durchführte, zeigt, dass die Mikroalgen Spirulina oder Chlorella eine Sojaration vollständig ersetzen können. Am Ende haben die Forschenden die Tiere zwischen Soja und den Algen wählen lassen - die Mehrheit der Tiere habe sich für die Algen entschieden. Dr. Wahl präsentierte eine weitere Studie, die sich auf die Nährstoffe des Fleisches bezieht: Diese zeigt, dass der Omega-3-Fettsäuren-Gehalt im Schweinefleisch durch die Fütterung mit Spirulina oder Chlorella ansteigt. Geschmack, Zartheit und Textur des Fleisches blieben bei dem Versuch unverändert. Omega-3-Fettsäuren kommen beispielsweise in Lachs vor und sind für uns lebensnotwendig.

Soja und Mikroalgen im Vergleich

Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Für die Algen brauche es den Reaktor, die Anzucht, Nährstoffe und Wasser. Eine Kostenaufstellung für das Ganze gibt es noch nicht. Eine Herausforderung sind nach Angaben von Fabian Wahl die Energiekosten: „Die Temperaturen sollen möglichst stabil bleiben. Das ist energieintensiv“, sagt er. Die Algenproduktion direkt am Hof sei allerdings ressourcensparender und klimafreundlicher, als der Sojaanbau. Sie brauche nur 5 % des Wassers, das für Soja nötig ist und keine Ackerflächen. Auch auf die Transportlogistik und große Maschinen könne man verzichten.

Weitere Forschung nötig

Aktuell arbeiten die Agroscope-Mitarbeiter daran, Mikroalgenstämme zu isolieren und zu reinigen, die direkt auf den Schweizer Betrieben vorkommen. So wollen sie die natürliche Vielfalt nutzen und die besten Stämme erforschen. Diese sind an den Standort angepasst und besitzen natürliche Resistenzen. Sie testen außerdem zehn verschiedene Mikroalgenstämme und wollen so das ideale Nährmedium für ein optimales Wachstum finden.

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