Das Bundeskabinett hat den Entwurf zur Novelle der Verordnung zur Anrechnung von Upstream-Emissionsminderungen (UER) auf die Treibhausgasquote in dieser Woche entgegen der ursprünglichen Planung nicht beschlossen.
Zur Information: Mit der Verordnung konnten bislang Unternehmen, die in Deutschland der Treibhausgasquote unterliegen, ihre Verpflichtung seit dem Jahr 2020 teilweise mit Upstream-Emissions-Reduktionen (UER) erfüllen. Upstream-Emissionen entstehen u.a. bei der Erkundung und Erschließung von Lagerstätten oder bei der Herstellung und Gewinnung von Erdöl.
"Das Abfackeln (Flaring), das Ablassen (Venting) und das unkontrollierte Entweichen von Begleitgasen der Erdölförderung (Leckagen) sind wesentliche Quellen von Treibhausgasemissionen in der Ölproduktion", schreibt der Zoll auf seiner Internetseite.
Massive Kritik
Schon bei der Einführung der Verordnung im Jahr 2019 hatte es massive Kritik gegeben, da damit Emissionsminderungen bei der Förderung fossiler Kraftstoffe auf die ohnehin niedrige deutsche Treibhausgasminderungsquote im Verkehrssektor angerechnet werden dürfen, obgleich diese Emissionsminderungen im Ausland erfolgen und keinen Klimaschutzbeitrag in Deutschland leisten.
Mit der Novelle der Verordnung soll die Anrechnung von Upstream-Emissionsminderung (UER) nur noch bis zum Verpflichtungsjahr 2024 möglich sein. Das verfrühte Ausstieg beruht auf dem Verdacht, dass bei zahlreichen auf die THG-Quote angerechneten UER-Projekten Unregelmäßigkeiten entdeckt wurden.
Verdacht des Betrugs
Wie das Hauptstadtbüro Bioenergie, die politische Vertretung mehrerer Bioenergieverbände in Berlin, mitteilt, hatten Branchenmitglieder erheblichen Zweifel an der Korrektheit zahlreicher ab 2020 angerechneter UER-Projekte aus China deutlich gemacht. Erst Anfang 2024 leitete die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) eine Untersuchung zu möglicherweise gefälschten Angaben zu UER-Projekten und der Anrechnung auf die THG-Quotenverpflichtung ein.
Gefälschte UER-Nachweise haben offenbar die deutschen Klimaschutzbemühungen unterlaufen und verursachten für die gesamte Biokraftstoffwarenkette erhebliche wirtschaftliche Schäden. In Kombination mit den ebenfalls unter Betrugsverdacht stehenden Biodieselimporten aus China führen auch diese vermeintlich erbrachten THG-Minderungen zu einem Verdrängungseffekt beim physischen Bedarf für Biokraftstoffe mit der Folge Preisdruck an den Rohstoff- und Biokraftstoffmärkten durch erforderliche zusätzliche Exporte und einem rasanten Verfall der Preise für die Übernahme von Quotenverpflichtungen (THG-Quotenhandel) von über 400 € je Tonne CO2 auf ca. 100 € je Tonne CO2. Negativ betroffen ist damit auch die E-Mobilität. Auch bei diesem Skandal ist der Betrug nie aufgeklärt worden, die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen eingestellt.
„Zeit jetzt nutzen!“
Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie, begrüßt die Verschiebung des Kabinettsbeschlusses und appelliert an die beteiligten Bundesministerien, das verbleibende Zeitfenster nun für zwingend erforderliche Nachbesserungen an dem Verordnungsentwurf zu nutzen. Dieser sei zwar hinsichtlich des vorzeitigen Auslaufens der Anrechnung der UER zu begrüßen, doch eine konsequente Aufarbeitung der mutmaßlichen Betrugsfälle sei nicht zu erkennen.
„Die in der Realität nicht erbrachten Treibhausgas-Minderungsmengen durch gefälschte UER würden mit dem Referentenentwurf quasi mit einem Federstreich anerkannt. Auf dem Papier würde dadurch ein Klimaschutzbeitrag in einer Vielzahl von Fällen bestätigt, der so in der Realität nie stattgefunden hat.“
Lückenlose Aufklärung
Das Hauptstadtbüro Bioenergie fordert deshalb auch hier eine lückenlose Aufklärung gefälschter UER-Zertifikate aus China und dass UER-Projekte nicht zur Kompensation genutzt werden dürfen. Rostek unterstreicht: „Es muss gewährleistet werden, dass es für gefälschte UER-Nachweise keine Quotenerfüllung gibt und darüber hinaus die Quotenverpflichteten die entsprechenden THG-Mengen zügig mit anderen Quotenerfüllungsoptionen ausgleichen müssen.
Dass gefälschte UER-Zertifikate wiederum mit neuen UER-Zertifikaten ausgeglichen werden dürfen, wäre nichts anderes als die Legalisierung von Betrug an der Klimaschutzverpflichtung. Deutsche Klimaschutzbemühungen werden so umgangen, die Glaubwürdigkeit des Prüfsystems sowie die DEHSt stehen auf dem Spiel“, schließt Rostek.
Die Stellungnahme des Hauptstadtbüros und des Bundesverbandes Bioenergie zur Novelle der Verordnung finden Sie hier.
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