Zum Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung gibt es ab jetzt jedes Jahr ausführliche Zahlen. Den ersten Bericht hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) am Donnerstag veröffentlicht.
Gerade bei Tierarten, bei denen bisher besonders viel und häufig Antibiotika eingesetzt wurden, zeigt sich dabei eine erfreuliche Tendenz: Sowohl die Zahl der Behandlungstage je Tier als auch die Menge der insgesamt eingesetzten Antibiotika waren im Jahr 2022 rückläufig. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Verbrauchsmenge von Antibiotika bei Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten insgesamt um 12 % zurückgegangen.
Konzept funktioniert
„Der Rückgang zeigt, dass das im Tierarzneimittelgesetz festgeschriebene Antibiotikaminimierungskonzept wirksam ist“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Das ist eine gute Nachricht. Durch den geringeren Antibiotikaeinsatz sinkt langfristig das Risiko durch resistente Keime. Mit Hilfe der nun jährlichen Berichte sind wir deutlich näher am Geschehen und können zeitnah Handlungsempfehlungen geben.“
Seit diesem Jahr hat das BfR die Aufgabe, jährlich die Daten zum Antibiotika-Einsatz im Hinblick auf deren mögliche Bedeutung für den gesundheitlichen Verbraucherschutz zu bewerten. Konkret untersucht wurde die Entwicklung der Therapiehäufigkeit und der Verbrauchsmengen von antimikrobiellen Substanzen bei Mastkälbern, Mastrindern, Mastferkeln und Mastschweinen, Masthühnern und Mastputen. In der Vergangenheit hat das BfR bereits zwei Berichte zum Antibiotika-Einsatz über längere Beobachtungs-Zeiträume veröffentlicht. Nun liegt der erste Jahresbericht vor - für das Jahr 2022.
Bericht „Therapiehäufigkeit und Antibiotika-Verbrauchsmengen 2022: Entwicklung in zur Fleischerzeugung gehaltenen Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten“ (4.3 MB)
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Verbrauchsmenge von Antibiotika bei den untersuchten Tiergruppen insgesamt um 12 % zurückgegangen. Bezogen auf die Verbrauchsmengen je Tier und Tag war der Rückgang am stärksten bei Mastferkeln und Masthühnern (jeweils -12 %), gefolgt von Mastputen (-8 %), Mastkälbern (-5 %) und Mastschweinen (-3 %).
Auch die populationsweite Therapiehäufigkeit ging zurück. Hier war der stärkste Rückgang bei Mastferkeln (-8 %) festzustellen. Auch bei Masthühnern (-4 %), Mastputen (-3 %) sowie Mastkälbern und Mastschweinen (jeweils -2 %) gab es einen weiteren Rückgang der Therapiehäufigkeit. Lediglich bei den über acht Monate alten Mastrindern stiegen Therapiehäufigkeit und Verbrauchsmengen für Antibiotika im vergangenen Jahr an. Allerdings ist in dieser Tiergruppe der Antibiotikaeinsatz insgesamt mit deutlichem Abstand geringer als in allen anderen untersuchten Gruppen.
Kritische Wirkstoffe besonders stark eingeschränkt
Hervorzuheben ist außerdem ein Rückgang der Verbrauchsmengen bei den besonders kritischen Wirkstoffen der Cephalosporine der 3. und 4. Generation (-32 %) und der Polypeptidantibiotika (-24 %). Die populationsweiten Therapiehäufigkeiten für diese Substanzen gingen bei der Mehrzahl der Tiergruppen ebenfalls zurück. Auch die Verbrauchsmengen von Fluorchinolonen sanken insgesamt (-9 %), allerdings wiesen vier der sechs Nutzungsarten (Mastkälber, Mastferkel, Mastschweine, Mastputen) einen Anstieg der Therapiehäufigkeit auf.
Die Ergebnisse für das Jahr 2022 zeigen, dass Masthühner die höchste populationsweite Therapiehäufigkeit aufwiesen (45 Tage je Tier und Jahr), gefolgt von Mastputen (41 Tage), Mastkälbern (26 Tage), Mastferkeln (21 Tage), Mastschweinen (6 Tage) und Mastrindern (< 1 Tag). Die Verbrauchsmenge von Antibiotika in den sechs untersuchten Tiergruppen betrug insgesamt 309 t, von denen der größte Teil auf Mastschweine entfiel (91 t), gefolgt von Mastferkeln (62 t), Mastputen (56 t), Masthühnern (52 t) und Mastkälbern (46 t). Bei Mastrindern wurde weniger als eine Tonne an Antibiotika verbraucht.
Auch die Antibiotika-Resistenzraten des Indikatorkeims E. coli haben sich in diesen Tiergruppen in den vergangenen Jahren verringert. Allerdings zeigt sich, dass nicht jeder reduzierte Antibiotika-Einsatz unmittelbar zu verringerten Resistenzraten führt. Deshalb sind hier weitere Reduktionsanstrengungen erforderlich, um das Risiko einer Exposition der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber antibiotikaresistenten Bakterien weiter zu verringern.