Diskutieren auch Sie mit den Experten am Mittwoch, den 12 Juni 2024 um 14 Uhr auf der Plaza Stage der DLG-Feldtage.
Der Erosionsstopper
Tobias Pabst und sein Bruder Michael bewirtschaften im bayerischen Landkreis Dachau einen Ackerbaubetrieb mit Kartoffeln, Zwiebeln, Weizen, Sommergerste und Zuckermais. Damit Starkregen ihnen nicht den wertvollen Oberboden vom Acker spült, nutzen sie im Kartoffelanbau ein innovatives Verfahren: die Zwischendammbegrünung.
Dafür haben die Brüder ihre Grimme-Legemaschine um Querdammhäufler und einen alten Saatkasten erweitert. Über Schläuche aus dem Kasten wird bei einer Überfahrt Wintergerstensaatgut zwischen den Dämmen abgelegt.
Die nachfolgenden Querdammhäufler arbeiten zwischen den Kartoffeldämmen und ziehen dort den Boden samt dem Saatgute zu kleinen Querdämmen zusammen. Die Wurzeln der Gerste stabilisieren die Querdämme, sodass auch nach mehreren Regenschauern noch ein effektiver Erosionsschutz besteht.
Der Luftbildpionier
Vom Lenksystem bis zu Applikationskarten auf Basis eigener Luftbilder – nur wenige Landwirte setzen die vorhandenen Möglichkeiten der Digitalisierung so konsequent ein wie Konrad Harbort. Mit einem selbst gebauten Flächenflügler kann er in drei Stunden bis zu 450 ha seiner Flächen überfliegen.
Die gewonnenen Daten dienen vergleichsweise einfachen Anwendungen wie der Kartierung von Drainagen, Wildschäden oder Mäusebefall. Aber auch Unkräuter wie Trespe, Weidelgras oder Storchschnabel werden kartiert und Herbizidanwendungen nur gezielt auf Teilflächen durchgeführt. Aus der Luft ermittelte Sand- und Trockenstellen fließen in Karten zur Aussaatstärke und Unterfußdüngung ein.
Die Chia-Expertin
Südamerikanische Samen können in Norddeutschland wachsen und passable Erträge bringen – das beweist Rebekka Stünkel mit dem Anbau von Chia im niedersächsischen Rethem. Seit 2022 wächst das Salbeigewächs auf den sandigen Flächen mit maximal 35 Bodenpunkten. Dieses Jahr soll Chia ab Mai auf 3,8 ha wachsen – mit hoffentlich höheren Erträgen als die bislang 350 kg/ha. Dafür verbessert die junge Frau mithilfe von Familie und Freunden den Anbau Stück für Stück.
Hauptberuflich arbeitet die 26-Jährige als chemisch-technische Assistentin am Institut für Bodenkunde der Leibniz Universität Hannover. Quasi nebenbei ist Rebekka Stünkel zu einer wahren Chia-Expertin geworden und stemmt den Anbau samt der aufwendigen Unkrautbekämpfung sowie dem Aufbau der Vermarktungsstrukturen. Mit einer Bäckerei aus Hannover hat sich schon eine Kooperation ergeben, dort wird saisonal Brot mit heimischem Chia angeboten. Demnächst soll auch die Direktvermarktung der heimischen Samen anlaufen.
Der Bodenschützer
Alexander Schierholz bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Frau im niedersächsischen Landkreis Diepholz einen Gemischtbetrieb mit 135 ha Ackerland und 4.500 Legehennen, die sie in drei mobilen Freilandställen halten. Die Eier vermarktet Familie Schierholz unter dem Namen „Schierholzer Wiesenei“ in den Supermärkten der Region.
Die Besonderheit des Betriebs, der auf einem sehr sandigen Standort liegt, ist aber das konsequente Handeln nach den Prinzipien der regenerativen Landwirtschaft. Diese lauten: Störungen des Bodens minimieren, die Diversität erhöhen, den Boden immer bedeckt halten, den Acker ganzjährig begrünen und Tiere in den Ackerbau integrieren.
Um sie zu erfüllen, verzichtet Alexander Schierholz auf jegliche Art der Bodenbearbeitung und bestellt seine Flächen ausschließlich im No-till-Verfahren. Für viel Diversität sorgt seine vielfältige Fruchtfolge mit Körnermais, Erbsen, Winterweizen, Winterroggen, Raps und Wintergerste. Hinzu kommt ein Agroforstsystem, das er im Hühnerauslauf etabliert hat. Außerdem hält er eine Herde mit ca. 30 Angusrindern, die im Mobgrazing-System rotierend die Ackerflächen abgrasen.
Der Experimentierer
Die Geratal Agrar GmbH & Co. KG bewirtschaftet im Erfurter Becken 3.500 ha und fühlt sich dem Gedanken der Nachhaltigkeit verpflichtet. Und das nicht erst, seit der allgemeine gesellschaftliche und auch politische Trend zunehmend in diese Richtung weist.
„Wir haben im Pflanzenbau eine vielfältige Fruchtfolge mit mehr als 18 Kulturen im Anbau, wirtschaften seit mehr als 20 Jahren pfluglos, setzen zur Verbesserung der Bodenstruktur Zwischenfrüchte ein, und auch Blüh- und Ackerrandstreifen sind für uns nicht neu“, sagt Geschäftsführer René Döring. Nach dem Grundsatz des integrierten Pflanzenschutzes werden chemische Präparate nach dem Schadschwellenprinzip eingesetzt. Heißt: so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Und weil der konventionelle Ackerbau schon sehr nahe dran an „Öko“ ist, wurde 2017 ein Teil der Flächen
(200 ha) auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt. Dabei wird der Betriebszweig Ökolandbau auch als „Versuchsfeld“ gesehen, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Schließlich fallen im konventionellen Bereich immer mehr Reparaturwerkzeuge weg.