Unsere Autorin: DI Magdalena Waldauer, HBLFA Raumberg-Gumpenstein berichtet: Wie können auch kleine und Nebenerwerbslandwirte davon profitieren und welche Fallstricke gibt es zu beachten?
Entmistungsroboter sorgen für saubere Laufgänge, gesunde Klauen und ein gutes Stallklima, während automatische Futteranschieber regelmäßig Fressanreize schaffen. Über Sensoren lässt sich der Gesundheitszustand der Tiere und ihr Verhalten überprüfen. Längst ist die Automatisation und auch die Künstliche Intelligenz in vielen Ställen Stand der Technik. Doch was bringt die Technik kleineren Betrieben oder Nebenerwerbslandwirten.
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Digitale Helfer und Roboter haben längst Einzug in Ställen gehalten. Nicht immer ist es für österreichische Betriebe der richtige Schritt.
Oft führt die Mechanisierung der Innenwirtschaft zu einer größeren Herde und hohen Investitionen.
Doch auch kleine Betriebe können von moderner Technik profitieren, etwa beim Stallklima oder der Brunsterkennung.
Digitale Helfer und ständige Erreichbarkeit am Handy können Einfluss auf die Psyche der Landwirte haben und zu Stress führen.
Es braucht ein gesamtheitliches Konzept für die Modernisierung von Betrieben, mit klaren Zielen.
Durch ein größeres Angebot an generalüberholten Gebrauchtmaschinen erhalten auch kleinere Herden Zugang zu automatischen Melksystemen. Gut 1.800 Melkroboter sind in österreichischen Ställen im Einsatz, Tendenz steigend. Bei allen arbeitswirtschaftlichen Vorteilen, die Automatisierung und Digitalisierung bieten, birgt der breite Einsatz von Technik durchaus auch Risiken – gerade in der kleinstrukturierten Agrarlandschaft Österreichs.
Landwirtschaft in der Mechanisierungsfalle?
Als Antwort auf immer weniger verfügbare Arbeitskräfte am Betrieb und eine wachsende Belastung der körperlichen Gesundheit durch die täglichen Arbeitsabläufe, wählen viele Landwirte den Weg der Mechanisierung. Bei tierhaltenden Betrieben führt Mechanisierung der Innenwirtschaft jedoch sehr häufig zu einer drastischen Erhöhung der Tierbestände und Flächenausstattung. Dieser Aspekt wird kaum diskutiert.
Betriebliches Wachstum sei notwendig, um die technische Betriebsausstattung auszulasten und wirtschaftlich zu bleiben, so die Prämisse. Die (scheinbare) Notwendigkeit zur Bestandsanpassung kann kleinere Betriebe vor enorme finanzielle und logistische Herausforderungen stellen. Häufig fehlt die langfristige Perspektive: Wo möchte ich in 10, 20 Jahren sein? Welchen Weg möchte ich auf lange Sicht mit meinem Betrieb beschreiten? Was bedeutet nachhaltige Entwicklung für meinen Betrieb und meine Familie?
Zentrale Fragen vor Investitionen stellen
Ohne Fokus auf diese zentralen Fragen bleibt die gesamtwirtschaftliche Betrachtung der Investition aus. Wird der Viehbestand erhöht, um technische Einrichtungen besser auszulasten, kann dies eine ganze Kaskade negativer Auswirkungen auslösen: Die geringe Ausstattung an Eigenfläche kann zu einer angespannten Pachtsituation und Abhängigkeit führen. Dies ist besonders der Fall, wenn viele Betriebe auf den Zug aufspringen und schnell wachsen wollen.
Hohe Investitionen in Technik und in die Erweiterung des Betriebs können eine Verschuldung bis in die nächste Generation hinein zur Folge haben. Dies kann zu einem Zeitpunkt passieren, da die zukünftigen Nachfolger aufgrund ihres jungen Alters noch nicht in der Lage sind, die Tragweite der Entscheidung zu erfassen. Zudem haften Landwirte in der Regel, auch mit ihrem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten ihres Betriebes. All das kann dazu führen, dass der Handlungsspielraum und die Flexibilität eingeschränkt werden und die Anpassungsfähigkeit an die immer volatiler werdenden Märkte abnimmt.
Dennoch kann auch die kleinstrukturierte Landwirtschaft von Digitalisierung und innovativen Technologien profitieren. Es ist unbedingt notwendig, vor der Entscheidung die Erfordernisse und Voraussetzungen des einzelnen Betriebs im Detail zu beleuchten. Nicht jede Innovation ist für jeden Betrieb finanziell machbar oder überhaupt sinnvoll im Sinne der langfristigen Betriebsentwicklung. Nicht zuletzt gilt es auch in Forschung und Entwicklung, auf die Besonderheiten und spezifischen Herausforderungen der österreichischen Tierhaltung einzugehen.
Skalierbarkeit und Speziallösungen für kleine Betriebe
Laut Grünem Bericht 2023 stehen durchschnittlich 22 Kühe in österreichischen Milchviehbetrieben, mit einer sehr großen regionalen und einzelbetrieblichen Streuung. Hersteller von Agrartechnologien für kleine Betriebe haben leider oft eine geringere Marktpräsenz im Vergleich zu den großen „Playern“ der Branche. Diese Situation kann es schwieriger machen, passende Lösungen für den eigenen Hof zu finden, da diese Spezialanbieter weniger sichtbar sind. Ein zusätzlicher Rechercheaufwand kann sich aber lohnen, wie zum Beispiel bei selbstfahrenden Futtermischwagenherstellern. Mammut oder ballemax bieten Geräte mit sehr geringem Volumen und Außenmaßen an, die auch in älteren Stallungen betrieben werden können.
Empfehlenswert für kleine Betriebe sind zudem Lösungen, die skalierbar und damit an den aktuellen Viehbestand anpassbar sind. Brunsterkennungs- und Gesundheitsmonitoringsysteme sind ein gutes Beispiel. Abgesehen von der grundlegenden Installation des Systems zu Beginn, können die Komponenten einzeln, also pro Tier bestellt werden.
Auf Grund der eingeschränkten Möglichkeit zur Brunstbeobachtung sind derartige Systeme besonders für Nebenerwerbsbetriebe relevant. Sofern Eltern oder Großeltern die Brunstbeobachtung nicht mehr wahrnehmen können bzw. diese abgeben müssen, sind diese Systeme oft eine sehr gute Alternative, die Tiere auch aus der Ferne im Blick zu behalten und das nicht nur im Hinblick auf die Brunst, sondern auch, um rechtzeitig auf bevorstehende Abkalbungen oder Erkrankungen aufmerksam zu werden.
Im Alpenraum liegt der Anteil der Betriebe mit Kombinationshaltung bei mehr als 50 %. In einzelnen Regionen wird der Anteil sogar mit 80 % beziffert. Viele dieser Betriebe werden auf Grund der erschwerten Bedingungen im Nebenerwerb geführt. Für die Kombinationshaltung sind die gängigen Systeme wegen fehlender Treffsicherheit jedoch nur bedingt geeignet. Zusammen mit der Firma Smaxtec wird in dem Projekt P4Heat an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein daher an der Verbesserung der Brunsterkennung im Hinblick auf die Kombinationshaltung gearbeitet.
Der Einsatz von Computer Vision in der Landwirtschaft verspricht einen weiteren Sprung nach vorne, was Tierwohl und Tierüberwachung betrifft. Diese Technologie, die es Computern möglich macht, Bilder aus Stallkameras eigenständig zu interpretieren, hat im Milchviehbereich bereits teilweise Einzug gehalten.
Vorteil dieser Technologie gegenüber herkömmlichen Monitoringsystemen soll laut Entwicklern der geringe Preis sein, da außer der Kamera keine Hardware benötigt wird. Zukünftig sollen die Erkennung von Krankheitssymptomen, die Überwachung der Futteraufnahme, die Analyse des Bewegungsverhaltens, die Erkennung von anstehenden Geburten und vieles mehr völlig ohne Sensoren am Tier auskommen. Bis es so weit ist, wird es wohl aber noch eine Weile dauern – aktuell gibt es keine marktreife Komplettlösung.
Klimafolgenanpassung durch innovative Technologien
Angesichts steigender Temperaturen soll Digitalisierung und Automatisation vor allem helfen, das Tierwohl trotz Hitze sicherzustellen. In der Geflügel- und Schweinehaltung ist die automatisierte Steuerung des Stallklimas bereits Stand der Technik.
Auch in der Rinderhaltung bieten kostengünstige Stallklimasensoren bereits eine gute Möglichkeit zur Überwachung der Temperatur im Stall. Ziel ist es, Hitzestress durch Steuerung von technischen Stalleinrichtungen, wie Ventilatoren oder Curtains, zu vermeiden. Schon einfache Regelschalter bieten diese Form der automatisierten Steuerung. Es gibt auch Dienstleister, die sogenannte Stallklimachecks mithilfe Sensoren an allen kritischen Stellen der Gebäude anbieten, um konkrete Maßnahmen zur Verbesserung des Stallklimas zu erarbeiten.
Vorsicht vor Auswirkungen auf die Psyche
Arbeitskräftemangel ist ein großer Treiber der Automatisation in der Landwirtschaft. Aber häufig wird dort, wo eigentlich die großen Fragen gestellt werden sollten, bereits über die Lösung im Detail diskutiert. Häufig ist dabei nur eine einzige Ressource im Zentrum der Gedanken der Betriebsführer: die Zeit. Nicht immer ist es das richtige Ziel, eine Tätigkeit besonders schnell zu erledigen und somit punktuell Zeit zu sparen. Die Notwendigkeit, sich ständig an neue Systeme anzupassen und die Fähigkeit, mit hochtechnologischen Geräten umzugehen. Das erfordert ebenfalls Zeitressourcen und persönliches Engagement aller beteiligten Personen, damit die Systeme funktionieren.
Digitalisierung und der Einsatz von innovativen Technologien in der Landwirtschaft können tief greifende Veränderungen in der Arbeitswelt der Landwirte bewirken, die sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit haben können. Besonders die ständige Erreichbarkeit auch während Ruhephasen oder im Urlaub können den Betriebsführer belasten. Die Fragmentierung der Aufmerksamkeit durch den ständigen Blick aufs Smartphone kann Dauerstress statt Erleichterung im Arbeitsalltag bringen.
Die digitale Revolution in der Landwirtschaft steht erst am Anfang und ist ein dynamischer Prozess. Die Herausforderung für die Zukunft wird sein, diese Technologien so weiterzuentwickeln und zu implementieren, dass sie auch in der kleinstrukturierten Landwirtschaft ihren Nutzen bringen.
Neu entwickelte Technologienerproben
Besonders in den Bereichen Computer Vision und Fernerkundung, also Überwachung der Tiere und Bedingungen über weite Distanzen, entwickelt sich aktuell eine dynamische Startup-Szene. Diese neuen Unternehmen haben viele Quervernetzungen zu anderen Branchen.
Dabei ergeben sich für Landwirte zahlreiche Gelegenheiten, aktiv an der Entwicklung und Erprobung solcher Technologien mitzuwirken. Aktuelle Projekte an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein sind unter anderem agrifoodTEF zur Validierung und Weiterentwicklung von KI- und Robotiklösungen unter Praxisbedingungen, oder SatGrass, ein Tool zur Errechnung des optimalen Schnittzeitpunktes im Grünland mithilfe von Satellitenbildern. Wer Interesse hat, als Pilotbetrieb Teil der Entwicklung von Innovationen zu sein, kann sich gerne direkt in Raumberg-Gumpenstein melden. raumberg-gumpenstein.at
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Unsere Autorin: DI Magdalena Waldauer, HBLFA Raumberg-Gumpenstein berichtet: Wie können auch kleine und Nebenerwerbslandwirte davon profitieren und welche Fallstricke gibt es zu beachten?
Entmistungsroboter sorgen für saubere Laufgänge, gesunde Klauen und ein gutes Stallklima, während automatische Futteranschieber regelmäßig Fressanreize schaffen. Über Sensoren lässt sich der Gesundheitszustand der Tiere und ihr Verhalten überprüfen. Längst ist die Automatisation und auch die Künstliche Intelligenz in vielen Ställen Stand der Technik. Doch was bringt die Technik kleineren Betrieben oder Nebenerwerbslandwirten.
Schnell gelesen
Digitale Helfer und Roboter haben längst Einzug in Ställen gehalten. Nicht immer ist es für österreichische Betriebe der richtige Schritt.
Oft führt die Mechanisierung der Innenwirtschaft zu einer größeren Herde und hohen Investitionen.
Doch auch kleine Betriebe können von moderner Technik profitieren, etwa beim Stallklima oder der Brunsterkennung.
Digitale Helfer und ständige Erreichbarkeit am Handy können Einfluss auf die Psyche der Landwirte haben und zu Stress führen.
Es braucht ein gesamtheitliches Konzept für die Modernisierung von Betrieben, mit klaren Zielen.
Durch ein größeres Angebot an generalüberholten Gebrauchtmaschinen erhalten auch kleinere Herden Zugang zu automatischen Melksystemen. Gut 1.800 Melkroboter sind in österreichischen Ställen im Einsatz, Tendenz steigend. Bei allen arbeitswirtschaftlichen Vorteilen, die Automatisierung und Digitalisierung bieten, birgt der breite Einsatz von Technik durchaus auch Risiken – gerade in der kleinstrukturierten Agrarlandschaft Österreichs.
Landwirtschaft in der Mechanisierungsfalle?
Als Antwort auf immer weniger verfügbare Arbeitskräfte am Betrieb und eine wachsende Belastung der körperlichen Gesundheit durch die täglichen Arbeitsabläufe, wählen viele Landwirte den Weg der Mechanisierung. Bei tierhaltenden Betrieben führt Mechanisierung der Innenwirtschaft jedoch sehr häufig zu einer drastischen Erhöhung der Tierbestände und Flächenausstattung. Dieser Aspekt wird kaum diskutiert.
Betriebliches Wachstum sei notwendig, um die technische Betriebsausstattung auszulasten und wirtschaftlich zu bleiben, so die Prämisse. Die (scheinbare) Notwendigkeit zur Bestandsanpassung kann kleinere Betriebe vor enorme finanzielle und logistische Herausforderungen stellen. Häufig fehlt die langfristige Perspektive: Wo möchte ich in 10, 20 Jahren sein? Welchen Weg möchte ich auf lange Sicht mit meinem Betrieb beschreiten? Was bedeutet nachhaltige Entwicklung für meinen Betrieb und meine Familie?
Zentrale Fragen vor Investitionen stellen
Ohne Fokus auf diese zentralen Fragen bleibt die gesamtwirtschaftliche Betrachtung der Investition aus. Wird der Viehbestand erhöht, um technische Einrichtungen besser auszulasten, kann dies eine ganze Kaskade negativer Auswirkungen auslösen: Die geringe Ausstattung an Eigenfläche kann zu einer angespannten Pachtsituation und Abhängigkeit führen. Dies ist besonders der Fall, wenn viele Betriebe auf den Zug aufspringen und schnell wachsen wollen.
Hohe Investitionen in Technik und in die Erweiterung des Betriebs können eine Verschuldung bis in die nächste Generation hinein zur Folge haben. Dies kann zu einem Zeitpunkt passieren, da die zukünftigen Nachfolger aufgrund ihres jungen Alters noch nicht in der Lage sind, die Tragweite der Entscheidung zu erfassen. Zudem haften Landwirte in der Regel, auch mit ihrem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten ihres Betriebes. All das kann dazu führen, dass der Handlungsspielraum und die Flexibilität eingeschränkt werden und die Anpassungsfähigkeit an die immer volatiler werdenden Märkte abnimmt.
Dennoch kann auch die kleinstrukturierte Landwirtschaft von Digitalisierung und innovativen Technologien profitieren. Es ist unbedingt notwendig, vor der Entscheidung die Erfordernisse und Voraussetzungen des einzelnen Betriebs im Detail zu beleuchten. Nicht jede Innovation ist für jeden Betrieb finanziell machbar oder überhaupt sinnvoll im Sinne der langfristigen Betriebsentwicklung. Nicht zuletzt gilt es auch in Forschung und Entwicklung, auf die Besonderheiten und spezifischen Herausforderungen der österreichischen Tierhaltung einzugehen.
Skalierbarkeit und Speziallösungen für kleine Betriebe
Laut Grünem Bericht 2023 stehen durchschnittlich 22 Kühe in österreichischen Milchviehbetrieben, mit einer sehr großen regionalen und einzelbetrieblichen Streuung. Hersteller von Agrartechnologien für kleine Betriebe haben leider oft eine geringere Marktpräsenz im Vergleich zu den großen „Playern“ der Branche. Diese Situation kann es schwieriger machen, passende Lösungen für den eigenen Hof zu finden, da diese Spezialanbieter weniger sichtbar sind. Ein zusätzlicher Rechercheaufwand kann sich aber lohnen, wie zum Beispiel bei selbstfahrenden Futtermischwagenherstellern. Mammut oder ballemax bieten Geräte mit sehr geringem Volumen und Außenmaßen an, die auch in älteren Stallungen betrieben werden können.
Empfehlenswert für kleine Betriebe sind zudem Lösungen, die skalierbar und damit an den aktuellen Viehbestand anpassbar sind. Brunsterkennungs- und Gesundheitsmonitoringsysteme sind ein gutes Beispiel. Abgesehen von der grundlegenden Installation des Systems zu Beginn, können die Komponenten einzeln, also pro Tier bestellt werden.
Auf Grund der eingeschränkten Möglichkeit zur Brunstbeobachtung sind derartige Systeme besonders für Nebenerwerbsbetriebe relevant. Sofern Eltern oder Großeltern die Brunstbeobachtung nicht mehr wahrnehmen können bzw. diese abgeben müssen, sind diese Systeme oft eine sehr gute Alternative, die Tiere auch aus der Ferne im Blick zu behalten und das nicht nur im Hinblick auf die Brunst, sondern auch, um rechtzeitig auf bevorstehende Abkalbungen oder Erkrankungen aufmerksam zu werden.
Im Alpenraum liegt der Anteil der Betriebe mit Kombinationshaltung bei mehr als 50 %. In einzelnen Regionen wird der Anteil sogar mit 80 % beziffert. Viele dieser Betriebe werden auf Grund der erschwerten Bedingungen im Nebenerwerb geführt. Für die Kombinationshaltung sind die gängigen Systeme wegen fehlender Treffsicherheit jedoch nur bedingt geeignet. Zusammen mit der Firma Smaxtec wird in dem Projekt P4Heat an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein daher an der Verbesserung der Brunsterkennung im Hinblick auf die Kombinationshaltung gearbeitet.
Der Einsatz von Computer Vision in der Landwirtschaft verspricht einen weiteren Sprung nach vorne, was Tierwohl und Tierüberwachung betrifft. Diese Technologie, die es Computern möglich macht, Bilder aus Stallkameras eigenständig zu interpretieren, hat im Milchviehbereich bereits teilweise Einzug gehalten.
Vorteil dieser Technologie gegenüber herkömmlichen Monitoringsystemen soll laut Entwicklern der geringe Preis sein, da außer der Kamera keine Hardware benötigt wird. Zukünftig sollen die Erkennung von Krankheitssymptomen, die Überwachung der Futteraufnahme, die Analyse des Bewegungsverhaltens, die Erkennung von anstehenden Geburten und vieles mehr völlig ohne Sensoren am Tier auskommen. Bis es so weit ist, wird es wohl aber noch eine Weile dauern – aktuell gibt es keine marktreife Komplettlösung.
Klimafolgenanpassung durch innovative Technologien
Angesichts steigender Temperaturen soll Digitalisierung und Automatisation vor allem helfen, das Tierwohl trotz Hitze sicherzustellen. In der Geflügel- und Schweinehaltung ist die automatisierte Steuerung des Stallklimas bereits Stand der Technik.
Auch in der Rinderhaltung bieten kostengünstige Stallklimasensoren bereits eine gute Möglichkeit zur Überwachung der Temperatur im Stall. Ziel ist es, Hitzestress durch Steuerung von technischen Stalleinrichtungen, wie Ventilatoren oder Curtains, zu vermeiden. Schon einfache Regelschalter bieten diese Form der automatisierten Steuerung. Es gibt auch Dienstleister, die sogenannte Stallklimachecks mithilfe Sensoren an allen kritischen Stellen der Gebäude anbieten, um konkrete Maßnahmen zur Verbesserung des Stallklimas zu erarbeiten.
Vorsicht vor Auswirkungen auf die Psyche
Arbeitskräftemangel ist ein großer Treiber der Automatisation in der Landwirtschaft. Aber häufig wird dort, wo eigentlich die großen Fragen gestellt werden sollten, bereits über die Lösung im Detail diskutiert. Häufig ist dabei nur eine einzige Ressource im Zentrum der Gedanken der Betriebsführer: die Zeit. Nicht immer ist es das richtige Ziel, eine Tätigkeit besonders schnell zu erledigen und somit punktuell Zeit zu sparen. Die Notwendigkeit, sich ständig an neue Systeme anzupassen und die Fähigkeit, mit hochtechnologischen Geräten umzugehen. Das erfordert ebenfalls Zeitressourcen und persönliches Engagement aller beteiligten Personen, damit die Systeme funktionieren.
Digitalisierung und der Einsatz von innovativen Technologien in der Landwirtschaft können tief greifende Veränderungen in der Arbeitswelt der Landwirte bewirken, die sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit haben können. Besonders die ständige Erreichbarkeit auch während Ruhephasen oder im Urlaub können den Betriebsführer belasten. Die Fragmentierung der Aufmerksamkeit durch den ständigen Blick aufs Smartphone kann Dauerstress statt Erleichterung im Arbeitsalltag bringen.
Die digitale Revolution in der Landwirtschaft steht erst am Anfang und ist ein dynamischer Prozess. Die Herausforderung für die Zukunft wird sein, diese Technologien so weiterzuentwickeln und zu implementieren, dass sie auch in der kleinstrukturierten Landwirtschaft ihren Nutzen bringen.
Neu entwickelte Technologienerproben
Besonders in den Bereichen Computer Vision und Fernerkundung, also Überwachung der Tiere und Bedingungen über weite Distanzen, entwickelt sich aktuell eine dynamische Startup-Szene. Diese neuen Unternehmen haben viele Quervernetzungen zu anderen Branchen.
Dabei ergeben sich für Landwirte zahlreiche Gelegenheiten, aktiv an der Entwicklung und Erprobung solcher Technologien mitzuwirken. Aktuelle Projekte an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein sind unter anderem agrifoodTEF zur Validierung und Weiterentwicklung von KI- und Robotiklösungen unter Praxisbedingungen, oder SatGrass, ein Tool zur Errechnung des optimalen Schnittzeitpunktes im Grünland mithilfe von Satellitenbildern. Wer Interesse hat, als Pilotbetrieb Teil der Entwicklung von Innovationen zu sein, kann sich gerne direkt in Raumberg-Gumpenstein melden. raumberg-gumpenstein.at