Lieferbeziehung: Jeder Milcherzeuger kann Vertrag verlangen
Die möglichen Änderungen des Artikels 148 GMO hinsichtlich der Milchlieferbeziehungen sorgen für Diskussionen in der Branche. Was kommt auf Erzeuger und Molkereien zu?
Die möglichen Änderungen des Artikels 148 der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) hinsichtlich der Milchlieferbeziehungen sorgen für Diskussionen in der Branche. Was auf Erzeuger und Molkereien zukommt, hat top agrar beim Bundeslandwirtschaftsministerium nachgefragt. Der Artikel 148 der GMO regelt die Vertragsbeziehungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse. Mitte Oktober war durchgesickert, dass sich EU-Kommission, Parlament und Rat auf Änderungen verständigt hatten (top agrar berichtete). Allerdings waren einige Details noch unklar und ließen Interpretationsspielraum. top agrar hat beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) nachgehakt. Vereinfacht ausgedrückt lassen sich die Änderungen so zusammenfassen:
Der neue 1a des Artikel 148 sieht vor, dass jeder Milcherzeuger ab dem 1. Januar 2018 das individuelle Recht hat, einen Vertrag von seiner Molkerei (Genossenschaft oder Privat) nach Absatz 2 zu verlangen.
Absatz 2 schreibt einen Vertrag vor, der unter anderem den Milchpreis, die Milchmenge, den Lieferzeitraum u.ä. festhält.
Absatz 3 regelt, dass Genossenschaftsmolkereien von Absatz 1a (neu) und Absatz 2 befreit sind. Allerdings nur, wenn deren Satzungen/Lieferordnungen ebenfalls die Vertragselemente wie in Absatz 2, also den Milchpreis, die Milchmenge, den Lieferzeitraum u.ä., regeln.
Spannend ist nun die Frage, ob die heute gängigen Satzungen/Lieferordnungen der Genossenschaften die Anforderungen erfüllen, damit die Ausnahme für sie greift. Dazu das BMEL gegenüber top agrar: „Inwieweit die derzeitigen Satzungen bzw. Lieferordnungen der Genossenschaftsmolkereien die Gleichwertigkeitsklausel erfüllen, ist dem BMEL nicht präzise bekannt. Es ist Sache der Genossenschaftsmolkereien, im Falle der Geltendmachung des Artikels 148 Absatz 1a GMO eine solche Überprüfung vorzunehmen, und sich ggf. mit ihren Mitgliedern darüber auszutauschen.“
Gleiches gelte für die heute gängigen Vereinbarungen zwischen Erzeuger bzw. Erzeugerorganisation und Privatmolkereien. Eine Vollabnahmeklausel der Milch erfüllt nach Ansicht des BMEL Artikel 148 Absatz 2 GMO.
Branchenvertreter halten gegenüber top agrar zwei mögliche Szenarien für denkbar:
Milcherzeuger ist Genossenschaftsmitglied: Es muss eine Prüfung stattfinden, ob die Satzung/Lieferordnung die in Absatz 2 geforderten Vertragselemente (Preis, Menge, Zeitraum usw.) enthält und somit die Ausnahme greift. Die Prüfung könnte die Genossenschaft selber oder ein Verband machen. Allerdings kann der Milcherzeuger sich dieser Meinung nicht anschließen und von seinem neuen Recht Gebrauch machen, einen Vertrag zu fordern. Vermutlich müssten Gerichte dann den Streitfall klären.
Milcherzeuger liefert an Privatmolkerei: Hier muss eine Prüfung stattfinden, ob ein schriftlicher Vertrag vorliegt. Falls nicht, ist dieser ab 2018 verpflichtend. Zudem muss er eine Mengen- und Preisklausel enthalten.
Hinzu kommt: Möglich ist auch, dass der neue Landwirtschaftsminister/die neue Landwirtschaftsministerin schriftliche Verträge für die Milch-Branche vorschreibt. Dann würde Absatz 4 des Artikels 148 greifen. Dazu das BMEL: „Hinsichtlich Artikel 148 Absatz 4 GMO wäre zu entscheiden, welche der dortigen Optionen genutzt werden. Würde die Option des neuen Punktes i genutzt, müsste die Preis-Mengen-Relation bei allen Rohmilchlieferungen konkretisiert werden, sofern dies nicht schon jetzt der Fall ist.“ Der neue Punkt i schreibt vor, dass vor der Milchlieferung der Preis für Teilmilchmengen feststehen muss.
Die Änderungen des Artikels 148 sind im Rahmen der Omnibus-Verhandlung gelaufen. Die Schlussfassung der Ominibus-Verordnung liegt laut BMEL vor, wenn der EU-Rat, das Europäische Parlament und damit der EU-Gesetzgeber zugestimmt haben. Politisches Ziel sei ein Inktraftreten zum 1. Januar 2018.
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Die möglichen Änderungen des Artikels 148 der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) hinsichtlich der Milchlieferbeziehungen sorgen für Diskussionen in der Branche. Was auf Erzeuger und Molkereien zukommt, hat top agrar beim Bundeslandwirtschaftsministerium nachgefragt. Der Artikel 148 der GMO regelt die Vertragsbeziehungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse. Mitte Oktober war durchgesickert, dass sich EU-Kommission, Parlament und Rat auf Änderungen verständigt hatten (top agrar berichtete). Allerdings waren einige Details noch unklar und ließen Interpretationsspielraum. top agrar hat beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) nachgehakt. Vereinfacht ausgedrückt lassen sich die Änderungen so zusammenfassen:
Der neue 1a des Artikel 148 sieht vor, dass jeder Milcherzeuger ab dem 1. Januar 2018 das individuelle Recht hat, einen Vertrag von seiner Molkerei (Genossenschaft oder Privat) nach Absatz 2 zu verlangen.
Absatz 2 schreibt einen Vertrag vor, der unter anderem den Milchpreis, die Milchmenge, den Lieferzeitraum u.ä. festhält.
Absatz 3 regelt, dass Genossenschaftsmolkereien von Absatz 1a (neu) und Absatz 2 befreit sind. Allerdings nur, wenn deren Satzungen/Lieferordnungen ebenfalls die Vertragselemente wie in Absatz 2, also den Milchpreis, die Milchmenge, den Lieferzeitraum u.ä., regeln.
Spannend ist nun die Frage, ob die heute gängigen Satzungen/Lieferordnungen der Genossenschaften die Anforderungen erfüllen, damit die Ausnahme für sie greift. Dazu das BMEL gegenüber top agrar: „Inwieweit die derzeitigen Satzungen bzw. Lieferordnungen der Genossenschaftsmolkereien die Gleichwertigkeitsklausel erfüllen, ist dem BMEL nicht präzise bekannt. Es ist Sache der Genossenschaftsmolkereien, im Falle der Geltendmachung des Artikels 148 Absatz 1a GMO eine solche Überprüfung vorzunehmen, und sich ggf. mit ihren Mitgliedern darüber auszutauschen.“
Gleiches gelte für die heute gängigen Vereinbarungen zwischen Erzeuger bzw. Erzeugerorganisation und Privatmolkereien. Eine Vollabnahmeklausel der Milch erfüllt nach Ansicht des BMEL Artikel 148 Absatz 2 GMO.
Branchenvertreter halten gegenüber top agrar zwei mögliche Szenarien für denkbar:
Milcherzeuger ist Genossenschaftsmitglied: Es muss eine Prüfung stattfinden, ob die Satzung/Lieferordnung die in Absatz 2 geforderten Vertragselemente (Preis, Menge, Zeitraum usw.) enthält und somit die Ausnahme greift. Die Prüfung könnte die Genossenschaft selber oder ein Verband machen. Allerdings kann der Milcherzeuger sich dieser Meinung nicht anschließen und von seinem neuen Recht Gebrauch machen, einen Vertrag zu fordern. Vermutlich müssten Gerichte dann den Streitfall klären.
Milcherzeuger liefert an Privatmolkerei: Hier muss eine Prüfung stattfinden, ob ein schriftlicher Vertrag vorliegt. Falls nicht, ist dieser ab 2018 verpflichtend. Zudem muss er eine Mengen- und Preisklausel enthalten.
Hinzu kommt: Möglich ist auch, dass der neue Landwirtschaftsminister/die neue Landwirtschaftsministerin schriftliche Verträge für die Milch-Branche vorschreibt. Dann würde Absatz 4 des Artikels 148 greifen. Dazu das BMEL: „Hinsichtlich Artikel 148 Absatz 4 GMO wäre zu entscheiden, welche der dortigen Optionen genutzt werden. Würde die Option des neuen Punktes i genutzt, müsste die Preis-Mengen-Relation bei allen Rohmilchlieferungen konkretisiert werden, sofern dies nicht schon jetzt der Fall ist.“ Der neue Punkt i schreibt vor, dass vor der Milchlieferung der Preis für Teilmilchmengen feststehen muss.
Die Änderungen des Artikels 148 sind im Rahmen der Omnibus-Verhandlung gelaufen. Die Schlussfassung der Ominibus-Verordnung liegt laut BMEL vor, wenn der EU-Rat, das Europäische Parlament und damit der EU-Gesetzgeber zugestimmt haben. Politisches Ziel sei ein Inktraftreten zum 1. Januar 2018.