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Quo vadis Nutztierhaltung

MeLa: Tierhaltung in Mecklenburg-Vorpommern braucht Perspektive

Wir haben ein Baurecht, das nicht mit dem Umweltrecht harmoniert. Und wir haben ein Genehmigungsverfahren, dass eigentlich ein Verhinderungsverfahren ist, prangerten die Bauern auf der MeLa an.

Lesezeit: 5 Minuten

„Wir brauchen in Mecklenburg-Vorpommern die Tierproduktion.“ So lautet das deutliche Statement von Detlef Kurreck, Präsident des Landesbauernverbandes, und Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus, auf dem Bauerntag, auf dem Landwirte und Politiker am Mittwoch im Rahmen der MeLa die Frage „Quo vadis, Nutztierhaltung Deutschland?" diskutierten. Doch die Tierhalter befänden sich momentan in einer desaströsen Situation.

„Wir haben ein Baurecht, das nicht mit dem Umweltrecht harmoniert. Wir haben ein Genehmigungsverfahren, dass eigentlich ein Verhinderungsverfahren ist. Wir haben hohe Anforderungen an Tierwohl und Umwelt- und Naturschutz. Und dazwischen sind wir Bauern, die der künftigen Generation Antworten geben müssen, wie die Landwirtschaft der Zukunft aussehen soll“, führte Kurreck weiter aus.

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Landwirte sind überzeugte Tierwohl-Umsetzer

Rund 300 Landwirte aus Mecklenburg-Vorpommern waren der Einladung zum Bauerntag ins Festzelt auf der MeLa gefolgt, in dem Daphne Huber, stellvertretende Chefredakteurin der Agrarzeitung, moderierte. Unter den Gästen im Festzelt waren Landtagspräsidentin Birgit Hesse. Auf dem Podium diskutierten neben Detlef Kurreck und Dr. Till Backhaus, Thomas Dosch von der Tönnies Services Gmbh und Landwirt Michael Kühling Platz. Er machte aus den Erfahrungen seines beruflichen Alltags klar:

„Im Moment kann man von Wertschöpfung nicht mehr sprechen.“ Landwirte seien überzeugte Tierwohl-Umsetzer. Er selbst habe seine Schweineställe in den vergangenen zehn Jahren dreimal umgebaut, erfülle mit dem gesamten Bestand die Tierwohl-Vorgaben. „Wir sind ambitioniert, weiterzumachen“, betont der Landwirt. „Doch die Vorgaben des Immissionsschutzgesetzes machen es unmöglich, Auslaufmöglichkeiten für die Tiere zu schaffen. Hier muss die Politik handeln und den Ernst der Lage erkennen.“

Bauern werden zerrieben

„Die Tierhalter im Land befinden sich in einem Dilemma“, machte Bauernpräsident Kurreck deutlich. „Sie werden zwischen der gesellschaftlichen Forderung nach mehr Tierwohl, den Vorgaben der Baugesetzgebung und nicht zuletzt den Marktpreisen für Fleisch und Milch zerrieben.“

Die Bauern hätten schon immer rechnen müssen. Die aktuelle Kostenexplosion bei Energie, Bauten, Maschinen und bei fast allen Verbrauchsmaterialien und Rohstoffen verteuere die landwirtschaftliche Produktion jedoch im Rekordtempo. Bereits im ersten Quartal 2021 waren die Kosten für die landwirtschaftliche Produktion auf ein neues Allzeithoch gestiegen.

„Nie zuvor mussten Landwirte so viel Geld ausgeben, um die Produktion am Laufen zu halten und um zu investieren“, machte der Bauernpräsident deutlich. Diese Kosten müsste auch die lebensmittelverarbeitende Branche bei den Preisverhandlungen mit ihren Abnehmern einpreisen und der Einzelhandel schließlich auch an die Verbraucher weiterreichen.

„Aber nur wenn dieses Geld dann auch bei den Landwirten ankommt, sind sie in der Lage auch künftig regionale Lebensmittel in höchster Qualität erzeugen“, so Bauernpräsident Kurreck.

Backhaus´10-Punkte-Programm

Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus legte bei der Podiumsdiskussion ein 10-Punkte-Programm vor, in dem er sich deutlich für den Erhalt der Nutztierhaltung in Deutschland und MV als fundamentalen Zweig der Landwirtschaft ausspricht.

„Der Rückgang der Tierbestände bei Schwein und Rind ist dramatisch.“ Von 2,7 Mio. Schweinen und 1,3 Mio. Rinder zu Vorwende-Zeiten seien heute noch rund 762.000 Schweine und 485.000 Rinder übrig. „Für das Agrarland MV mit über 23.500 Arbeitskräften allein in der Landwirtschaft ist diese Entwicklung fatal“, machte der Minister deutlich. „Wir haben inzwischen die geringste Viehdichte in Deutschland. Einen weiteren Abbau möchte ich verhindern.“

Dr. Till Backhaus plädierte für eine flächenbezogene Tierhaltung, bei der ein Tierbesatz von zwei GV je Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche deutschlandweit nicht überschritten werden. Es brauche Unterstützung für die Bauern, machte auch Thomas Dosch von der Tönnies Services Gmbh deutlich, aber auch eines neuen Bewusstseins für die Lebensmittelproduktion. „Hier entstehen die Lebensmittel, die jeder im Regal erwartet – das ist vielen nicht klar“, sagte er. Es gäbe keine vegetarischen Produkte ohne Tierhaltung.

Gesetze anpassen

„Wir leben in einer Kreislaufwirtschaft. Der Strom kommt nicht aus der Steckdose und die Milch entsteht nicht in der Packung.“ Wer Tierhaltung weiterentwickeln möchte, muss Stallneu- und -umbauten ermöglichen, fordert der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern.

Mit der Empfehlung der Borchert-Kommission liege eine nationale Nutztierstrategie vor, die einen guten Weg beschreibe, wie auch Dr. Till Backhaus unterstrich. Die Borchert-Kommission hatte einen Investitionsbedarf von zunächst 1,2 Mrd. € jährlich in den Ställen ermittelt. Tierische Produkte könnten dafür etwa durch eine Verbrauchssteuer oder „Tierwohl-Abgabe" teurer gemacht werden. Denkbar wären etwa 40 Cent je Kilo Fleisch und Wurst.

Geld muss bei den Bauern auch ankommen

„Entscheidend für die Landwirte sei, dass die Honorierung für höhere Standards tatsächlich bei ihnen ankommt“, unterstreicht Kurreck. Eine langfristige Verlässlichkeit der vorgeschlagenen Tierwohlprämien müsse daher für alle Tierhalter sichergestellt werden. „Wir müssen die Tierhalter ermuntern, in ihrem Segment weiterzumachen“, sagte Detlef Kurreck mit Blick auf vielen Landwirte, die darüber nachdenken, aufzugeben.

„Wir haben hier ein unglaubliches fachliches Wissen angehäuft, das unbedingt erhalten werden muss, wenn wir Tierhaltung nach modernen Kriterien ausgestalten wollen. Doch im Moment kämpfen wir um jeden Einzelnen in der Tierproduktion – um ihm ein Auskommen und eine Perspektive zu ermöglichen.“

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