Nutzen Molkereien ihre Marktmacht bei den Milchpreisen aus?
Wer bestimmt den Milchpreis? Wie könnte die Preisfindung stärker im Interesse der Milcherzeuger stattfinden? Um Fragen wie diese zu beantworten, hat das Thünen-Institut den Milchmarkt analysiert.
Nutzen Molkereien ihre Marktmacht aus, um den Milchpreis zu drücken? Nein, sagen Wissenschaftler des Thünen-Instituts für Marktanalyse in einer „Evaluierung der Lieferbeziehungen zwischen milcherzeugenden Betrieben und Molkereien“. Demnach haben Molkereien beim Festlegen des Auszahlungspreises nur wenig Spielraum. Die Unternehmen stehen selber unter Wettbewerbsdruck und können es sich nicht leisten, Liefermengen zu verlieren, indem sie die Auszahlungspreise unter die Kosten der effizienten Erzeuger sinken lassen, so die Forscher.
Für ihre Studie im Auftrag des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) befragten die Thünen-Wissenschaftler Expertinnen und Experten aus Molkereien und Milcherzeugergemeinschaften. Ziel war auch mögliche Stellschrauben aufzuzeigen, die dazu beitragen könnten, die Preisfindung stärker im Interesse der Milcherzeugenden zu gestalten.
Internationale Märkte und LEH bestimmen Milchpreis
Laut den Thünen-Marktexperten stehen die Molkereien unter erheblichem Preisdruck, weil der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) vor allem die Preise der Nicht-Markenprodukte unter den direkt von den Molkereien bezogenen Spezialitäten drückt. Die Preise für die Massenware würden weitgehend an den internationalen Märkten bestimmt, heißt es in der Thünen-Analyse. Je nach Lage an diesen Märkten und Ausrichtung der Molkereien zahlten mal die einen und mal die anderen Molkereien mehr für die Rohmilch.
Produktionskosten-System ist zu aufwendig und teuer
Für die Forderung, den Milchpreis stärker an den Produktionskosten zu orientieren, sehen die Wissenschaftler daher wenig Umsetzungspotential. Sie weisen darauf hin, dass die Produktionskosten ohnehin indirekt in die Preisbildung eingingen. Ihrer Einschätzung nach würde eine direkte Berücksichtigung hingegen mit hohen Transaktionskosten einhergehen und Fragen aufwerfen, wie die jeweils maßgeblichen Produktionskosten zu bestimmen seien. Außerdem würden die Marktteilnehmer solche individuelle Vertragsvereinbarungen aus Gründen der Transparenz und des Vertrauens überwiegend ablehnen.
Mehr Milchgeld mit Qualitäts-Programmen?
Den Autoren zufolge haben die Milcherzeuger dennoch Möglichkeiten, Einfluss auf ihre Stellung in der Wertschöpfungskette zu nehmen. Sie könnten beispielsweise Zuschläge erhalten, wenn sie besondere Qualitäten liefern oder an freiwilligen Programmen teilnehmen, die der Qualitätsdifferenzierung dienen.
Diese Preiszuschläge hätten den zusätzlichen Vorteil, dass sie weniger volatil seien als der von den Molkereien gebotene Grundpreis. Manche Molkereien böten ihren Zulieferern demnach Festpreismodelle zur Absicherung gegen Preisschwankungen. Das gehe allerdings mit teilweise erheblichen Abschlägen an den Auszahlungspreis für die Erzeuger einher.
Normalerweise gäben die Molkereien die Auszahlungspreise kurzfristig bekannt. Die Erzeuger akzeptierten diese Preise auch deshalb, weil sie die Liefermengen kurzfristig nur geringfügig beeinflussen könnten.
Betriebsvergleiche zeigten zudem, dass viele Betriebe noch erhebliche Produktivitätsreserven hätten. Die Wissenschaftler sehen darin eine wichtigere Stellschraube als die Beeinflussung der Auszahlungspreise, um die Wettbewerbsfähigkeit auf der Erzeugerseite insgesamt zu steigern. Dies gelte selbst dann, wenn Molkereien über eine gewisse Marktmacht gegenüber ihren Zulieferern verfügen.
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Nutzen Molkereien ihre Marktmacht aus, um den Milchpreis zu drücken? Nein, sagen Wissenschaftler des Thünen-Instituts für Marktanalyse in einer „Evaluierung der Lieferbeziehungen zwischen milcherzeugenden Betrieben und Molkereien“. Demnach haben Molkereien beim Festlegen des Auszahlungspreises nur wenig Spielraum. Die Unternehmen stehen selber unter Wettbewerbsdruck und können es sich nicht leisten, Liefermengen zu verlieren, indem sie die Auszahlungspreise unter die Kosten der effizienten Erzeuger sinken lassen, so die Forscher.
Für ihre Studie im Auftrag des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) befragten die Thünen-Wissenschaftler Expertinnen und Experten aus Molkereien und Milcherzeugergemeinschaften. Ziel war auch mögliche Stellschrauben aufzuzeigen, die dazu beitragen könnten, die Preisfindung stärker im Interesse der Milcherzeugenden zu gestalten.
Internationale Märkte und LEH bestimmen Milchpreis
Laut den Thünen-Marktexperten stehen die Molkereien unter erheblichem Preisdruck, weil der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) vor allem die Preise der Nicht-Markenprodukte unter den direkt von den Molkereien bezogenen Spezialitäten drückt. Die Preise für die Massenware würden weitgehend an den internationalen Märkten bestimmt, heißt es in der Thünen-Analyse. Je nach Lage an diesen Märkten und Ausrichtung der Molkereien zahlten mal die einen und mal die anderen Molkereien mehr für die Rohmilch.
Produktionskosten-System ist zu aufwendig und teuer
Für die Forderung, den Milchpreis stärker an den Produktionskosten zu orientieren, sehen die Wissenschaftler daher wenig Umsetzungspotential. Sie weisen darauf hin, dass die Produktionskosten ohnehin indirekt in die Preisbildung eingingen. Ihrer Einschätzung nach würde eine direkte Berücksichtigung hingegen mit hohen Transaktionskosten einhergehen und Fragen aufwerfen, wie die jeweils maßgeblichen Produktionskosten zu bestimmen seien. Außerdem würden die Marktteilnehmer solche individuelle Vertragsvereinbarungen aus Gründen der Transparenz und des Vertrauens überwiegend ablehnen.
Mehr Milchgeld mit Qualitäts-Programmen?
Den Autoren zufolge haben die Milcherzeuger dennoch Möglichkeiten, Einfluss auf ihre Stellung in der Wertschöpfungskette zu nehmen. Sie könnten beispielsweise Zuschläge erhalten, wenn sie besondere Qualitäten liefern oder an freiwilligen Programmen teilnehmen, die der Qualitätsdifferenzierung dienen.
Diese Preiszuschläge hätten den zusätzlichen Vorteil, dass sie weniger volatil seien als der von den Molkereien gebotene Grundpreis. Manche Molkereien böten ihren Zulieferern demnach Festpreismodelle zur Absicherung gegen Preisschwankungen. Das gehe allerdings mit teilweise erheblichen Abschlägen an den Auszahlungspreis für die Erzeuger einher.
Normalerweise gäben die Molkereien die Auszahlungspreise kurzfristig bekannt. Die Erzeuger akzeptierten diese Preise auch deshalb, weil sie die Liefermengen kurzfristig nur geringfügig beeinflussen könnten.
Betriebsvergleiche zeigten zudem, dass viele Betriebe noch erhebliche Produktivitätsreserven hätten. Die Wissenschaftler sehen darin eine wichtigere Stellschraube als die Beeinflussung der Auszahlungspreise, um die Wettbewerbsfähigkeit auf der Erzeugerseite insgesamt zu steigern. Dies gelte selbst dann, wenn Molkereien über eine gewisse Marktmacht gegenüber ihren Zulieferern verfügen.