Jeder zehnte Betrieb setzt bereits Künstliche Intelligenz (KI) ein, weitere 38 % planen oder diskutieren aktuell darüber. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung unter 500 landwirtschaftlichen Betrieben, die der Bitkom und die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) heute vorgestellt haben.
Digitalisierung: Nur etwas für große Betriebe?
Auffallend ist, dass mit zunehmender Betriebsgröße auch das Interesse an KI wächst: Während erst 27 % der Betriebe zwischen 20 bis 49 ha KI nutzen, den Einsatz planen oder diskutieren, sind es bei größeren Betrieben ab 99 ha mehr als die Hälfte. Generell geben 60 % der Befragten an, dass sich digitale Technologien nur für größere Betriebe lohnen.
„Die Landwirtschaft gehört zu den Vorreitern der KI und ist dabei den meisten anderen Branchen voraus (…). Gerade kleinere Betriebe sollten sich die Möglichkeiten der KI stärker zu Nutze machen“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.
DLG-Vizepräsident Prof. Dr. Till Meinel sagt: „Der Einsatz von KI ist kein Trend, sondern aufgrund der vielfältigen Belastungen der Betriebsleiter zunehmend eine zwingende Notwendigkeit."
In diesen Bereichen nutzen Landwirte bereits Künstliche Intelligenz
Das größte Potenzial für einen KI-Einsatz in der Landwirtschaft wird in Klima- und Wettervorhersagen (54 %), im Pflanzenschutz (40 %) sowie in Marktanalysen und Preisvorhersagen (36 %) gesehen. Aber auch abseits von Stall und Feld wird KI geplant, diskutiert oder bereits eingesetzt: Bei 4 von 10 Betrieben für alltägliche Büroarbeit wie Verwaltungstätigkeiten.
Betriebe werden grundsätzlich digitaler
Der Einsatz von KI macht der Umfrage zufolge nur einen Teil der digitalen Möglichkeiten im Agrarsektor aus. Insgesamt zeigt die Studie einen zunehmenden Einsatz digitaler Technologien in den vergangenen zwei Jahren: Am weitesten verbreitet sind GPS-gesteuerte Landmaschinen, die 69 % der befragten Landwirte einsetzen. Vor zwei Jahren waren es laut Bitkom erst 58 %. Es folgen digitale Ackerschlagkarteien, bzw. Kuh- oder Sauenplaner mit 68 % (2022: 63 %). Farm- oder Herdenmanagementsysteme setzen inzwischen 46 % der Höfe ein, während es 2022 erst 32 % waren.
Dr. Rohleder sagt: „Es muss nicht gleich ein vollständig durchdigitalisierter Hof sein. Einzelne digitale Lösungen wie Apps für die Aufgabenplanung bieten einen niedrigschwelligen Einstieg in Smart Farming und können eine Grundlage sein, die Bewirtschaftung nach und nach intelligenter zu gestalten.“
Generell sehen nur die Hälfte der Landwirte die Digitalisierung als ein Problem des Agrarsektors. Für die Praktiker stehen vielmehr Themen wie zu viele Vorschriften, Regulierungen, mangelnde Unterstützung der Politik und niedrige Erzeugerpreise im Fokus. "In anderen Branchen sieht das ganz anders aus. Dort ist die Digitalisierung das größte Problem", sagt Dr. Rohleder bei der Pressekonferenz.
Investitionskosten hemmen weiteren Ausbau
Trotz aller Vorteile wollen nur 19 % der Betriebe in diesem Jahr in digitale Technologien und Anwendungen investieren. Im letzten Jahr hingegen investierten fast die Hälfte der Betriebe. Die Investitionen gehen also deutlich zurück. Dr. Meinel begründet den Rückgang mit den Auswirkungen der Bauernmilliarde, die die Bundesregierung zur Investitionsförderung bereitstellte und die in diesem Jahr wegfällt.
Die Investitionskosten sind also mit 75 % der größte Hemmschuh der Digitalisierung, gefolgt von der Sorge vor zu viel Bürokratie.
Schulnote 4,7 für unzureichende Politik
Mit der Politik sind die Landwirte eher unzufrieden, im Durchschnitt geben sie der derzeitigen politischen Arbeit zur Digitalisierung der Landwirtschaft nur die Schulnote 4,7. Entsprechend beklagt rund die Hälfte (52 %) der Betriebe eine mangelnde Einbindung bei der Planung politischer Maßnahmen. 51 % zählen des Weiteren eine unzureichende Internetversorgung zu den stärksten Hemmnissen. Es folgen die Sorge um einen Verlust der Datenhoheit beziehungsweise eine hohe Komplexität digitaler Systeme mit jeweils 49 %.
„Was die Praktiker uns spiegeln, ist, dass ihnen ein klarer, auch auf längere Zeit verlässlicher Rahmen fehlt. Ohne verlässliche Rahmenbedingungen werden Investitionen und damit auch Innovationen gehemmt.“
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverband Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 500 landwirtschaftliche Betriebe ab 20 ha in West- und 100 ha in Ostdeutschland telefonisch und online befragt. Die Befragung fand im Zeitraum von KW 7 bis KW 13 2024 statt. Die Umfrage ist repräsentativ.