Jahresbilanz: NRW-Agrarministerin Gorißen – Engagiert in engen Grenzen
Gut ein Jahr ist NRWs Agrarministerin Silke Gorißen im Amt. Auch wenn bei den großen Themen andere den Kurs vorgeben, versucht sie ihren Spielraum zu nutzen.
Von der Landrätin in Kleve zur Agrarministerin in NRW: Dass Silke Gorißen an Hendrik Wüsts Kabinettstisch sitzt, hat 2022 viele überrascht. Ihre Bilanz nach gut einem Jahr: Nach den Startschwierigkeiten durch den Umzug ihres Ministeriums ist sie nun sehr rührig, hat aber nur einen begrenzten Handlungsspielraum.
Nahbar und interessiert
Silke Gorißen (CDU) punktet mit ihrer nahbaren Art. Sie ist interessiert, hat keine Vorurteile und sucht das Gespräch mit Land- und Forstwirten sowie Verbrauchern. So saugt sie ungefilterte Meinungen auf. Diese wichtige Tugend fehlt anderen Politikern in Berlin und Brüssel.
Kursangeber sind andere
Zuhören ist das eine, politisch umsetzen das andere. Da hat es Gorißen schwerer. Vor allem für die Landwirtschaft geben andere den Kurs vor:
Brüssel will den Einsatz von chemischem Pflanzenschutz halbieren, bis hin zum Totalverbot. Das hätte für die Hellwegbörde als Kornkammer Westfalens drastische Folgen. Darauf macht Gorißen permanent aufmerksam, ohne das Verfahren direkt beeinflussen zu können.
Berlin geht den Umbau der Nutztierhaltung in Minischritten an, während in der Veredlungsregion Westfalen-Lippe längst Strukturen wegbrechen. Das moniert die Ministerin lautstark, hat aber kaum Handhabe, es kurzfristig zu ändern.
In Düsseldorf hat Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) die Federführung bei den Reizthemen „Wolf“ und „zweiter Nationalpark“. Gorißen darf mitreden, muss sich aber vor allem um die von Krischers Entscheidung betroffenen Weidetierhalter und Waldbesitzer kümmern.
Allerdings: Den Spielraum, den sie hat, versucht die Ministerin zu nutzen. Zwei Beispiele:
Berlin hat das Transportalter für Kälber auf 28 Tage heraufgesetzt. Um Milcherzeuger dabei zu unterstützen, hat das NRW-Agrarministerium ein Förderprogramm für Kälberiglus aufgelegt. Dort sind bereits 2 Mio. € abgeflossen. Volltreffer!
Im neuen Prämienantrag hat der Bund für die Öko-Regelung „Vielfältige Fruchtfolge“ 45 €/ha angesetzt. NRW hat eine Aufstockung über die Zweite Säule auf 100 €/ha angeboten – und eine überdurchschnittlich große Resonanz erreicht.
Damit löst Gorißen nicht die offenen Fragen um Pflanzenschutz-Verbote und Tierwohl-Finanzierung. Aber es ist das, was sie direkt umsetzen kann. Bei den „großen Linien“ bleibt ihr nur, sich für die Interessen der Land- und Forstwirte in NRW einzusetzen.
Das tut sie: beharrlich, sachlich und manchmal zugespitzt. Aufpassen sollte die Ministerin, dass sie dabei nicht wie eine Lobbyistin klingt – das hat zumindest der Westdeutsche Rundfunk schon einmal so formuliert. Am Ende könnte das der Ministerin, vor allem aber den Land- und Forstwirten schaden.
Gorißen und Berges im Doppel
Auffällig unauffällig war im ersten Jahr Gorißens Staatssekretär Dr. Martin Berges. Der ehemalige Direktor der Landwirtschaftskammer NRW steckt fachlich tief in den Agrarthemen, ist politisch aber kaum hör- und sichtbar. Warum eigentlich nicht? Im Doppel könnten sie noch stärker auf die Interessen der Land- und Forstwirte sowie Verbraucher aufmerksam machen. Nur Mut!
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Von der Landrätin in Kleve zur Agrarministerin in NRW: Dass Silke Gorißen an Hendrik Wüsts Kabinettstisch sitzt, hat 2022 viele überrascht. Ihre Bilanz nach gut einem Jahr: Nach den Startschwierigkeiten durch den Umzug ihres Ministeriums ist sie nun sehr rührig, hat aber nur einen begrenzten Handlungsspielraum.
Nahbar und interessiert
Silke Gorißen (CDU) punktet mit ihrer nahbaren Art. Sie ist interessiert, hat keine Vorurteile und sucht das Gespräch mit Land- und Forstwirten sowie Verbrauchern. So saugt sie ungefilterte Meinungen auf. Diese wichtige Tugend fehlt anderen Politikern in Berlin und Brüssel.
Kursangeber sind andere
Zuhören ist das eine, politisch umsetzen das andere. Da hat es Gorißen schwerer. Vor allem für die Landwirtschaft geben andere den Kurs vor:
Brüssel will den Einsatz von chemischem Pflanzenschutz halbieren, bis hin zum Totalverbot. Das hätte für die Hellwegbörde als Kornkammer Westfalens drastische Folgen. Darauf macht Gorißen permanent aufmerksam, ohne das Verfahren direkt beeinflussen zu können.
Berlin geht den Umbau der Nutztierhaltung in Minischritten an, während in der Veredlungsregion Westfalen-Lippe längst Strukturen wegbrechen. Das moniert die Ministerin lautstark, hat aber kaum Handhabe, es kurzfristig zu ändern.
In Düsseldorf hat Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) die Federführung bei den Reizthemen „Wolf“ und „zweiter Nationalpark“. Gorißen darf mitreden, muss sich aber vor allem um die von Krischers Entscheidung betroffenen Weidetierhalter und Waldbesitzer kümmern.
Allerdings: Den Spielraum, den sie hat, versucht die Ministerin zu nutzen. Zwei Beispiele:
Berlin hat das Transportalter für Kälber auf 28 Tage heraufgesetzt. Um Milcherzeuger dabei zu unterstützen, hat das NRW-Agrarministerium ein Förderprogramm für Kälberiglus aufgelegt. Dort sind bereits 2 Mio. € abgeflossen. Volltreffer!
Im neuen Prämienantrag hat der Bund für die Öko-Regelung „Vielfältige Fruchtfolge“ 45 €/ha angesetzt. NRW hat eine Aufstockung über die Zweite Säule auf 100 €/ha angeboten – und eine überdurchschnittlich große Resonanz erreicht.
Damit löst Gorißen nicht die offenen Fragen um Pflanzenschutz-Verbote und Tierwohl-Finanzierung. Aber es ist das, was sie direkt umsetzen kann. Bei den „großen Linien“ bleibt ihr nur, sich für die Interessen der Land- und Forstwirte in NRW einzusetzen.
Das tut sie: beharrlich, sachlich und manchmal zugespitzt. Aufpassen sollte die Ministerin, dass sie dabei nicht wie eine Lobbyistin klingt – das hat zumindest der Westdeutsche Rundfunk schon einmal so formuliert. Am Ende könnte das der Ministerin, vor allem aber den Land- und Forstwirten schaden.
Gorißen und Berges im Doppel
Auffällig unauffällig war im ersten Jahr Gorißens Staatssekretär Dr. Martin Berges. Der ehemalige Direktor der Landwirtschaftskammer NRW steckt fachlich tief in den Agrarthemen, ist politisch aber kaum hör- und sichtbar. Warum eigentlich nicht? Im Doppel könnten sie noch stärker auf die Interessen der Land- und Forstwirte sowie Verbraucher aufmerksam machen. Nur Mut!