Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) denkt laut dem Präsidenten des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, Klaus-Peter Lucht, viel zu kurz. Dabei gehe es darum, die Wettbewerbsfähigkeit der ländlichen Räume zu erhalten.
Auf NDR Info beklagte der Landwirt, dass Özdemir mehr Platz für die Tiere im Stall fordert, den Landwirten aber kein Geld dafür gebe. Stattdessen habe er in seinem jetzigen Haushaltsvorschlag alles gekürzt.
Lucht hat außerdem die Befürchtung, dass die scharfen Verordnungen in Deutschland dazu führen, dass die Produktion ins Ausland verlagert wird, wo die Landwirte zu ganz anderen Standards arbeiten können. Deren Produkte würden dann wiederum nach Deutschland importiert. Betriebe hierzulande würden so "an die Wand gefahren", sagte der Bauernvertreter.
Landesministerin widerspricht
Das möchte die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) so nicht stehen lassen. Bei NDR Info weist sie die Kürzungskritik als falsch zurück: "Es gibt jetzt zum ersten Mal vom Bund für die nächsten Jahre 1 Mrd. €. Das könnte natürlich mehr sein und das müsste mehr sein."
Staudte betonte, dass eine dauerhafte Finanzierung wichtig sei. Dass es nicht mehr Geld gibt, schreibt sie Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zu. Und wenn die Bauern mehr Geld erhalten sollen, etwa bei einer Reduzierung der Tierzahl, müsse das auch "gesamtgesellschaftlich getragen werden".
Eine Überregulierung sieht sie in Deutschland auch nicht. Fakt sei, dass nicht nur Exportmärkte Richtung Asien weggebrochen sind aufgrund der Afrikanischen Schweinepest, sondern, dass auch der Binnen-Absatz ganz kontinuierlich zurückgeht. Die Deutschen würden weniger Schweinefleisch verzehren und der Trend gehe in Richtung pflanzenbasierter Ernährung.
"Und diese Grundentwicklung ist ja auch richtig." Es müsse ein "Begleitprogramm" geben - sowohl für die Ställe, die umgebaut würden, als auch für jene, die gar nicht mehr benötigt würden, so Staudte.
Agrarministerkonferenz in Kiel
Dies und weitere aktuelle Aufreger sind bis Freitag Thema der Agrarministerkonferenz in Kiel. Vor allem die Zukunft des Tierwohlausbaus beschäftigt die Politiker.
Schleswig-Holsteins Agrarminister Werner Schwarz (CDU), der den Vorsitz der Konferenz führt, hatte bereits vorab gefordert, den Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland voranzutreiben. "Wir müssen unseren Landwirtinnen und Landwirten Planungssicherheit geben." Er nehme den "enormen Veränderungsdruck" auf den Betrieben wahr.
Viele seien bereit, ihre Produktionsverfahren und Arbeitsweisen weiterzuentwickeln. "Ein Umbau ohne Berücksichtigung der Belange der landwirtschaftlichen Betriebe wird allerdings nicht funktionieren", so Schwarz. Stattdessen müsse man gemeinsam Lösungen entwickeln.
Kritik äußert der Landwirt an den geplanten Kürzungen für Agrarstruktur und Küstenschutz. "Sollten die Kürzungen in Höhe von 293 Mio. € so beschlossen werden, hätte dies massive finanzielle Auswirkungen", so der Landwirtschaftsminister. Förderprogramme und Fördermaßnahmen könnten dann nicht umgesetzt werden.
Proteste angekündigt
Begleitet wird das Treffen in Kiel von mehreren Demonstrationen. Am Donnerstag etwa wollen Landwirte mit bis zu 1.000 Traktoren ihren Forderungen nach Unterstützung und weniger Bürokratie Nachdruck verleihen, meldet der NDR weiter.
Der Verein "Land schafft Verbindung" richtet sich in einem offenen Brief an Özdemir. Die Vertreter sprechen von einer "ideologiegetriebenen Politik" und "realitätsfernen Narrativen", die zum schlechten Image von Landwirten und zu politischen Fehlentscheidungen geführt hätten. Der Verein fordert deshalb zu verschiedenen Themen eine Richtigstellung von Özdemir, zum Beispiel zu Glyphosat oder dem Methanausstoß in der Rinderhaltung. Dazu haben die Verantwortlichen nach eigenen Angaben wissenschaftliche Belege gesammelt und ein Dossier verfasst.
Landwirte geben auf - Beispiel Schweinehaltung
Laut einer aktuellen deutschlandweiten Stimmungsumfrage der Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN) wollen Dreiviertel der Befragten in den kommenden zwölf Monaten nicht in Schweinehaltung investieren. Das liege vor allem an der Unzufriedenheit mit der Politik, schreibt die ISN.
Pro Jahr würden in Schleswig-Holstein bereits bis zu 5 % der Milchvieh- und bis zu 11 % der schweinehaltenden Betriebe aufgeben oder umsatteln. Die Zahl der schweinehaltenden Betriebe in SH ist z.B. in den vergangenen 20 Jahren von 2.540 auf 520 gesunken! ●