Unser Autor: Friedrich Kempl, Agrana Tulln
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Im österreichischen Rübenanbau ist der Pilz Cercospora beticola der Verursacher der größten Ertragsausfälle.
Der Trend zu frühem Blattschluss begünstigt die frühe Infektion der Zuckerrübenblätter.
Wenn Sie Sorten mit einer APS von 4 bis max. 5 angebaut haben, haben Sie in puncto Cercospora richtig gewählt.
Unter den Fungiziden werden die seit 2021 eingesetzten Wirkstoffe aus der Gruppe der Triazole laufend durch neue Wirkstoffe aus dieser Gruppe ergänzt.
Standorte mit bereits längerem Anbau von „CR+“-Sorten sowie ein Feldversuch zeigen, dass sich Cercospora beticola auch an Sorteneigenschaften anpasst.
Die Blätter der Zuckerrübe können von vielen verschiedenen Pilzen befallen werden. Diese lösen diverse Blattkrankheiten aus, die die Assimilationsleistung der Blätter beeinträchtigen, Blätter zum Absterben bringen und Neuaustrieb verursachen. So wird die natürliche Ertragsfähigkeit der Pflanzen geschmälert. Im Europäischen Umfeld sind vor allem folgende Erreger von wirtschaftlicher Bedeutung:
Cercospora-Blattflecken,
Ramularia-Blattflecken,
Echter Mehltau,
Rübenrost und
Stemphylium-Blattflecken.
Hohe Temperaturen begünstigen vor allem den Befall durch Cercospora, während Ramularia, Rübenrost und insbesondere Stemphylium unter feuchteren und kühleren Bedingungen in maritim geprägten Anbauregionen auftreten. Echter Mehltau wird ebenfalls durch trockenwarmes Wetter begünstigt, tritt aber meist erst im Spätsommer auf.
Cercospora mit größten Ertragseinbußen
Unter den Klimabedingungen des österreichischen Rübenanbaugebietes sind Cercospora-Blattflecken die Hauptursache für Ertragseinbußen durch Blattkrankheiten. Echter Mehltau tritt hier deutlich seltener auf, wird jedoch durch die bereits früher notwendigen Fungizidanwendungen gegen Cercospora miterfasst. Mehrere Faktoren verursachen Probleme bei Cercospora. Der im Zuge des Klimawandels anhaltende Trend zu frühem Blattschluss begünstigt die frühe Infektion der Zuckerrübenblätter durch Cercospora.
Erst das Kleinklima im geschlossenen Bestand bietet die Verhältnisse, die der Pilz für Infektionen und effiziente Ausbreitung benötigt. Hohe Temperaturen im Sommer beschleunigen die Vermehrung des Pathogens im Bestand. Darüber hinaus ist der Erreger bereits gegen viele Wirkstoffe resistent geworden.
Von Strobilurinen (FRAC-Gruppe 11) ist bereits seit vielen Jahren keine Wirkung gegen Cercospora-Blattflecken zu erwarten und auch Triazole (FRAC Gruppe 3) sind nur mehr eingeschränkt wirksam. Dabei bestehen aber Wirkungsunterschiede zwischen den einzelnen Wirkstoffen.
Tolerante Sorten wichtig
Aus den oben genannten Gründen hat sich die Zusammensetzung des Sortenangebots stark verändert. Sorten mit einer APS von 4 bis max. 5 bilden den neuen Standard. Darüber hinaus werden besonders tolerante, als „CR+“ bezeichnete Sorten, die auf APS 2 eingeschätzt werden, zunehmend genutzt.
Einige Neue Fungizide
In Übersicht 1 sind die 2024 für die Anwendung gegen Blattkrankheiten in der Zuckerrübe zugelassenen Fungizide aufgelistet. Wie ersichtlich, wurden die bereits seit vielen Jahren verwendeten Wirkstoffe aus der Gruppe der Triazole Difenoconazol und Tetraconazol seit 2021 ergänzt durch weitere Wirkstoffe aus dieser Gruppe: Mefentrifluconazol (Revyona und Alonty) und Prothioconazol (Propulse, befristete Zulassung). Alonty und Propulse enthalten zusätzlich noch je einen Wirkstoff aus der Gruppe SDHI, FRAC-Gruppe 7 (Alonty: Fluxapyroxad, Propulse: Fluopyram). Diese aktuell nur in Wirkstoffkombinationen verfügbaren Wirkstoffe können zum Resistenzmanagement beitragen. Es wird erwartet, dass im Zuge der heurigen Saison auch noch Panorama als Kombination von Prothioconazol und dem ebenfalls noch nicht in Zuckerrübe verwendeten Metconazol zugelassen wird.
Ebenso neu im heurigen Jahr ist, dass mit Univoq per Notfallzulassung erstmals ein Fungizid mit den Wirkstoffen Fenpicoxamid (FRAC-Gruppe 21) und Prothioconazol für die Anwendung in Zuckerrübe zugelassen sein wird. Ein in Zuckerrübe neuer Wirkungsmechanismus wird damit verfügbar.
Von allen neuen Wirkstoffen kann erwartet werden, dass sich der Schadpilz Cercospora beticola daran anpasst und resistent wird. Einzig einige Multisite-Wirkstoffe (FRAC Code M) zeigen dauerhaft verlässliche Wirkung.
Sortenresistenz CR+ nicht von Dauer!
Beobachtungen auf Praxisstandorten in Regionen mit bereits längerem Anbau von „CR+“-Sorten sowie Ergebnisse eines Feldversuches in Bayern zeigen deutlich, dass sich Cercospora beticola auch an Sorteneigenschaften anpasst. Es werden jene Stämme selektiert, die die Resistenz der Pflanzen überwinden. Eine ausreichende Fungizidanwendung ist also auch bei diesen Sorten notwendig und angeraten. Eine größere Vielfalt bei resistenten Sorten wäre notwendig!
Empfehlungen für die Praxis:
Beachten Sie den Warndienst (www.warndienst.at) und Warnmeldungen!
Die Bestandesentwicklung hat großen Einfluss auf die Infektionsbedingungen: Früher Blattschluss bedeutet hohes Risiko von früher Infektion!
Wählen Sie Ihre Fungizidstrategie abgestuft nach der erwarteten Witterung:
Bei Beregnung herrscht der höchste Infektionsdruck: Hier ist höchste Aufmerksamkeit gefordert. Behandeln Sie früh und häufig. Setzen Sie leistungsfähige Fungizidmischungen ein. Bringen Sie die Fungizide auch bereits vor der Beregnung aus.
Bei starkem Druck (z. B. Tullnerfeld, Machland, Staulagen) sollten Sie rechtzeitig mit den Behandlungen starten. Beachten Sie das Monitoring, halten Sie Spritzabstände ein. Bei wenig Niederschlag bringt Kupfer gute Wirkung.
Im Trockengebiet mit erfahrungsgemäß geringem Druck sollte die Erstbehandlung nach Monitoring bzw. Warnaufruf erfolgen. Für die Folgebehandlung sollten Sie ebenfalls das Monitoring beachten. Bei geringem Druck und wenig Niederschlag reicht Kupfer vollständig aus.
Wirkstoffwechsel als Resistenzmanagement: nicht zweimal hintereinander denselben Azol-Wirkstoff verwenden!
Die leistungsfähigeren Fungizidmischungen (Univoq, Propulse oder Alonty plus Kupfer) sollten zu Beginn der Spritzfolge in der 1. oder 2. Spritzung stehen! – Bei zeitgerechtem Spritzstart in der zweiten Applikation, bei leicht verspätetem Spritzstart in der ersten Anwendung.
Strobilurine wirken schon lange nicht mehr gegen Cercospora!
Keine Spritzung ohne Kontaktfungizid (Kupfer)!
Zur letzten Spritzung wird ein Kontaktfungizid solo empfohlen.
Der Zeitpunkt der letzten Anwendung ist vom geplanten Erntetermin abhängig – innerhalb von sechs Wochen vor der Ernte ist kein Fungizideinsatz sinnvoll.
Schwefel wirkt gut gegen Mehltau und hat eine Nebenwirkung gegen Spinnmilben, die bei anhaltender Trockenheit auftreten können.
Detaillierte Empfehlungen erhalten Sie beim zuständigen Rohstoffaußendienstmitarbeiter der Agrana bzw. unter www.ris.agrana.com .
Die in der Übersicht auf Seite 20 angegebenen Beschränkungen in der Aufwandmenge, Anwendungsanzahl sowie Wartezeiten vor der Ernte sind unbedingt einzuhalten.
Einen guten Überblick über die aktuell zugelassenen Pflanzenschutzmittel bietet weiters auch der Warndienst unter www.psm.warndienst.at/ackerbau .