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topplus „Böse“ Bauernproteste?

Schriftstellerin Duve würde Agrarsubventionen am liebsten „radikal abschaffen“

Die Autorin hat bei einer Debatte der Publizistenvereinigung PEN Berlin kein Verständnis für die Bauernproteste und wirft ihnen vor, „miese Stimmung“ zu verbreiten. Özdemir verteidigt den Berufsstand.

Lesezeit: 5 Minuten

Die Gräben zwischen der Landwirtschaft und Teilen der Gesellschaft sind tief und sie scheinen im Zuge der Bauerndemos der vergangenen Monate bei einigen eher noch weiter aufgerissen zu sein. Dabei verlaufen die Linien nicht unbedingt zwischen den Städten und dem ländlichen Raum.

Einmal mehr deutlich wurde das bei einer Diskussionsveranstaltung der Publizistenvereinigung PEN Berlin, auf der in der vergangenen Woche Autoren mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zum Thema „Protestbauern, Bauernproteste“ gesprochen haben. Der Bundesminister musste sich zeitweise schützend vor die Landwirte stellen.

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„Bauernparade mit 300.000 €-Traktoren“

Für die Schriftstellerin Karen Duve sind die Proteste von Landwirten anscheinend ein absolutes Ärgernis. Sie hat sich über den großen Zuspruch für die Landwirte und ihre Demonstrationen gewundert, während im Januar „ein Drittel Deutschlands überschwemmt war“. Den Leuten, denen das Wasser bis zum Hals stand, sei die Aufmerksamkeit weggenommen worden von einer „Bauernparade, die mit 300.000 €-Traktoren die Straße entlanggefahren sind“, moniert Duve, die seit 2009 selbst in der ländlichen Märkischen Schweiz lebt.

Diese Bauern hätten „gepöbelt und krakeelt“ und eine ganz miese Stimmung verbreitet. Und sie seien noch mit ganz viel Verständnis belohnt worden, „was in den Augen dieser Bauern wahrscheinlich auch nur ein Zeichen von Schwäche ist“, so das scharfe Urteil der Schriftstellerin. Sie würde Subventionen für die Bauern „radikal abschaffen“, wenn sie könnte.

Duve: Bauern wollen „Diesel subventioniert haben“

„Wenn wir an Bäuerinnen und Bauern denken, denken wir an die Verursacher des Klimawandels. Wir sollten aber vor Augen haben, dass die Bauern die größten Opfer des Klimawandels sind“, meint die Autorin und Landwirtin Nataša Kramberger. Sie selbst hatte im vergangenen Jahr mit Extremwetter zu kämpfen. Es sei irgendwann keine Frage des Ertrages mehr gewesen, sondern der wirtschaftlichen Existenz. Das habe sie auch emotionell sehr mitgenommen, berichtet Kramberger.

„Überall sonst in der Gesellschaft gilt das Verursacherprinzip“, entgegnet Duve. Die Bauern hingegen würden in Krisenzeiten noch abgepuffert. Während also ein Drittel des Landes unter Wasser stehe, „wollen sie Diesel subventioniert haben“. Sie verstehe nicht, wie der Bauernverband es so „dummdreist schafft, die Leute am Nasenring durch die Manege zu ziehen“, so die Autorin des Buches „Anständig essen“.

Özdemir: Bauern sind die ersten, die helfen

Özdemir erinnert die Autorin daran, dass nur die Landwirtschaft im Gegensatz zu allen anderen Branchen ihre Sektorziele beim Klimaschutz eingehalten hat. Deshalb sei es nachvollziehbar, wenn Landwirte es nicht verstehen, dass der Verkehrssektor sich von seinen Klimaschutzzielen verabschiede, während die Bauern ungeachtet ihrer Erfolge beim Klimaschutz mit dem Verzicht auf den Agrardiesel belastet werden. Duves Vorwurf zur Hochwassersituation will Özdemir ebenfalls nicht so stehen lassen. Er fragt: „Wer ist denn der Erste, der mit dem Traktor kommt, und die Leute vor dem Absaufen rettet?“ Das seien die Landwirte.

Auch den Bauernverband nimmt der Agrarminister in Schutz: Ihm sei es lieber, mit einer konservativen berufsständischen Vertretung zu streiten, als dass sich die Agrarlandschaft in immer mehr und immer radikalere Teile zerlege. Das könne in niemandes Interesse sein. Das bedeute nicht, die Landwirte zu schonen, sondern vielmehr, sie auch beim Klima- und Artenschutz in die Verantwortung zu nehmen, betonte Özdemir.

Dieselschlepper vorerst nicht ersetzbar

„Landwirte fahren nicht nur zum Spaß auf den Feldern rum und die Traktoren sind auch nicht nur deshalb so groß, weil es Spaß macht“, hält der österreichische Bauer und Schriftsteller Reinhard Kaiser-Mühlecker Duve entgegen. Größere und breitere Maschinen seien oft einfach notwendig, um die wetterbedingt kleiner werdenden Zeitfenster auf dem Acker besser ausnutzen zu können. Auch seien dieselbetriebene Schlepper mangels praktischer Alternativen vorerst nicht ersetzbar, gibt der Landwirt zu bedenken.

Das sei richtig, aber mit einer derartig differenzierten Argumentation könne man gegen den Bauernverband immer nur verlieren, versetzt Duve. Sie scheint dabei den DBV mit den zahlreichen Organisationen und Einzelpersonen gleichzusetzen, die hinter den Bauernprotesten stehen. Sie sagt gleichwohl: „Mir kommt der Bauernverband wie ein großes, ungezogenes Monsterkind vor, das seit Jahrzehnten kein Nein mehr gehört hat.“ Die Autorin plädiert dafür, die Landwirte und ihre Vertretung „ruppiger anzufassen“ und ihnen klarzumachen, dass deren seit 1960 anhaltende enge Verbindung mit der CDU der Agrarwirtschaft nicht gut getan habe.

„Ganz perfide“ findet Duve den Vorwurf, Politiker hätten alle noch nicht körperlich gearbeitet. „Als wenn Rukwied jeden Tag im Stall steht und die Mistschaufel schwingt.“ Dabei sei es doch viel schlimmere Arbeit, sich „14 Stunden mit der FDP auseinanderzusetzen“, als „14 Stunden auf einem Glyphosat-Trecker zu sitzen“, so die eigenwillige Sicht der Schriftstellerin.

Agrarpolitik ein „Fass voll mit Problemen und Versprechungen“

Özdemir sieht da auch die Rolle der Politik anders. Er räumt ein, dass der Gesetzgeber über die Jahre hinweg zu wenig Kontinuität liefere. Die Politik wechsle „alle paar Jahre“, erfinde dann das Rad neu und gründe immer neue Kommissionen mit immer neuen Vorschlägen und Anforderungen. Die Klage von Landwirten darüber könne er nachvollziehen, so der grüne Bundesminister. Er habe nun als BMEL-Chef ein „Fass bis zum Anschlag voll mit Problemen und Versprechungen“ geerbt. Hinzu gekommen seien die Sparbeschlüsse, ohne die Landwirtschaft zuvor konsultieren. Da klingt selbst bei Özdemir Frust heraus.

Er warnt gleichwohl davor, „arrogant“ über die Bauern zu reden. Er selbst kenne einen Landwirt, die in ihrem Leben einmal Urlaub gemacht hätten – in Sichtweite ihres Hofs. Dieser Bauer habe nun eine Rente, mit der er nicht einmal auf 700 € im Monat komme. Das sei auch Realität. Die Geräte solcher Betriebe stammten vom Maschinenring, dennoch wollten diese Bauern etwas für die Natur oder das Tierwohl tun, verdeutlichte Özdemir. Deshalb sei es unfair, alle Probleme auf den Schultern der Landwirte abzuladen, zumal ein große Teil davon aus politischen Rahmensetzungen, aber auch dem Verbraucherverhalten resultiere. Aus diesem Grund setze sein Haus auf den Tierwohlumbau und die stärkere Vergütung von Gemeinwohlleistungen, so der Bundesminister.

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