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Schwanger: Keine Hilfe für den Betrieb

Eine schwangere Unternehmerin ist nicht nur in anderen Umständen. Sie hat ein Problem: Wenn sie ihren Betrieb als KG führt, steht ihr dafür keine Betriebshilfe zu. Eine junge Landwirtin berichtet.

Lesezeit: 4 Minuten

Nachts 120 kg schwere Mastschweine verladen oder bei der abendlichen Kontrolle dem kranken 40 kg-Ferkel hinterherrennen, um ihm eine Injektion zu verpassen. Auch stirbt mal ein Schwein, das dann aus der Bucht geholt werden muss: Es gibt Arbeiten, die eine Schwangere nicht machen sollte und nicht darf.

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„Frauen und Mütter haben das Recht auf Schutz und Fürsorge“, sagt ein Sprecher des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein- Westfalen (MAGS). Um dieses Recht zu gewährleisten, gibt es das Mutterschutzgesetz. „Dazu gehört, dass Schwangere keine Arbeiten ausführen dürfen, bei denen Unfallgefahrenzu befürchten sind“, teilt das MAGS mit. Auch schweres Heben und Tragen von Lasten per Hand von regelmäßig mehr als 5 kg oder gelegentlich mehr als 10 kg sind tabu.

„Das Recht gilt für Arbeitnehmerinnen. Selbstständige schützt es kein Stück“, moniert Katharina R. Die Agrarbetriebswirtin übernahm 2022 den elterlichen Hof. Ende Januar 2024 erwartete die 36-Jährige ihr drittes Kind. Mutterschutz war für sie nur graue Theorie. Die Praxis sah für sie anders aus.

Keine Betriebshilfe für KG

Die junge Unternehmerin bewirtschaftet einen Schweinemastbetrieb mit 2200 Plätzen und 65 ha Ackerbau. Die Schweinemast führt sie mit einem viehhaltenden Betrieb als Kommanditgesellschaft (KG). Das hat Folgen: „Für die Versorgung der Tiere in der KG ist per Gesetz eine Betriebshilfe ausgeschlossen und muss anderweitig aufgefangen werden, beispielsweise durch Unternehmensangehörige der Kommanditgesellschaft. “So erklärt es ein Sprecher der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG).

Im Klartext: Für die KG gibt es keine Betriebshilfe, weil die anderen Gesellschafter einspringen könnten. Die Regelung findet die Landwirtin völlig praxisfern. „Meine Partner sind auf Rinder spezialisiert. Es ist ein Unterschied, ob man Kühe oder Schweine managt“, gibt sie zu bedenken. Nur für den Ackerbau stand der schwangeren Betriebsleiterin nach Auskunft des Sozialversicherers „für die bei der Bodenbearbeitung anfallenden Arbeiten stundenweise“ eine Betriebshilfe zu. „Da aber im Winter auf dem Acker nichts zu tun ist, habe ich die Hilfe nicht in Anspruch nehmen können“, kommentiert die Landwirtin die für sie ebenfalls unbefriedigende Aussage.

Lücke im System

Auch eine Krankschreibung hätte ihr nicht genutzt, weil sie für die KG trotzdem keine fremde Hilfe bekommen hätte. „Außerdem war ich schwanger und nicht krank“, wirft die dreifache Mutter ein. Lediglich nach der Entbindung hatte sie für 14 Tage Unterstützung durch eine Haushaltshilfe. Diese hätte sie auch länger in Anspruch nehmen können. Aber auch dafür wäre ein „gelber Schein“ erforderlich gewesen. Der Fall zeigt, dass die Sozialversicherung nicht auf schwangere Betriebsleiterinnen ausgelegt ist. „Aktuell lässt sich da wenig ändern“, berichtet Jörg Uennigmann, Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband, Münster. Eine Auslagerung des Viehbestandes in eine KG hat nach Ansicht des Sozialrechtsexperten Vor- und Nachteile:

Auf der einen Seite haben diese KGs steuerliche Gründe und für sie werden auch keine Beiträge zur landwirtschaftlichen Kranken und Alterskasse gezahlt. Auf der anderen Seite bekommen nur landwirtschaftliche Betriebe mit bodengebundener Tierhaltung eine Betriebshilfe – und zwar unabhängig vom Geschlecht und von Schwangerschaft oder Beinbruch.

Mit der Familie geregelt

„Diesen Aspekt einer Betriebsteilung sollte man nicht so einfach wegwischen und sagen ,Wir schaffen das schon‘“, mahnt Uennigmann. Der Geschäftsführer des Landesverbands der Betriebshilfsdienste und Maschinenringe in Westfalen-Lippe rät Unternehmern und Unternehmerinnen ein Budget für eine Hilfe im Krankheitsfall einzuplanen. Daran dachte auch die Betriebsleiterin: „Notfalls hätte ich selbst jemanden vom Betriebshilfsdienst engagiert und bezahlt.“ Doch das musste sie nicht: Die Familie packte an. „Und ich war in der ganzen Schwangerschaft fit. Dafür bin ich dankbar“, sagt die junge Frau und nimmt ihren Sohn auf den Arm.

Wo bleibt der Mutterschutz?

Schwanger sein ist das eine. Selbstständig und schwanger sein ist etwas ganz anderes. Für selbstständige Frauen, die Nachwuchs erwarten, greift kein Mutterschutz. Dieser regelt, dass Arbeitnehmerinnen im Normalfall sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin und bis acht Wochen nach der Geburt nicht im Betrieb arbeiten dürfen. Hingegen selbstständige Frauen müssen auch hochschwanger bis zuletzt ackern, weil das Gesetz sie bislang benachteiligt und weil sie für die Zeit rund um die Geburt selbst finanziell vorsorgen müssen. Unter Umständen gefährden sie ihre Gesundheit und die des ungeborenen Kindes.

Sieht so die Förderung weiblichen Unternehmertums aus? Nein. Setzen. Sechs. Der Mutterschutz für Selbstständige, den die Landesregierung angekündigt hat, ist überfällig. Berufsverbände müssen Druck machen.

Rebecca Kopf

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