Das junge Unternehmen Good Crop aus München vermarktet alte und besondere Getreidesorten sowie Hülsenfrüchte aus der Region München in Form von Fertiggerichten. Mitgründer Moritz Wiest gibt Einblicke in diese etwas andere Art der Urprodukt-Vermarktung und zeigt, welche Convenience-Produkt sich aus Getreide noch herstellen lassen, außer Brot und Nudeln. Convenience ist englisch und heißt Bequemlichkeit. Der Oberbegriff meint Lebensmittel, die für den Verbraucher möglichst einfach zu händeln und dafür schon vorverarbeitet wurden.
Das Interview mit Good Crop Gründer Moritz Wiest
Welche Getreidesorten verarbeiten Sie zu was für Produkten?
Moritz Wiest: Wir beziehen beispielsweise Rot- und Einkorn, Nackthafer und -gerste, Emmer, Gelbmehlweizen oder Champagnerroggen von Bio-Landwirten aus dem Raum München. Diese bieten wir vorgegart als Zutat für Bowls oder Salate an. Auch cremigkochende Produkte wie Risotto aus Nacktgerste oder Milchreis aus Nackthafer haben wir im Sortiment. Sie können wie Reis als Sättigungsbeilage verzehrt werden.
Neben Getreide bieten wir auch Ready-to-eat Hülsenfrüchte wie Berglinsen, Kichererbsen, Lupinen oder Black Turtle Bohnen aus regionaler Landwirtschaft an.
Wie verarbeiten Sie das Getreide vor?
Wiest: Alle Produkte sind in Kunststoffbeuteln vorgegart und werden auch in diesen verkauft. Dadurch verkürzen wir den sonst langwierigen Garprozess. Wir nehmen das Rohprodukt, z.B. Kichererbse, weichen sie ein, füllen sie mit der passenden Menge Wasser in einen Beutel und autoklavieren sie. Das heißt, wir kochen sie eine bestimmte Zeit unter Druck ein. Beim Getreide kommt lediglich ein Schuss Sonnenblumenöl mit in den Beutel. Das wars. Danach sind die Produkte dann ungekühlt bis zu 12 Monate haltbar.
Vermarktung der alten Sorten
Wie vermarkten Sie die Getreidesorten und die Hülsenfrüchte dann?
Wiest: Der Endverbraucher kann im Online-Shop oder Einzelhandel 200g- bzw. 250g-Beutel kaufen, online auch als Mix-Pakete. Neuerdings konzentrieren wir uns auf die Vermarktung in Großgebinden à 2,5 oder 5kg Gebinden für die Vermarktung an Betriebskantinen, Mensen, Schulen, Kitas und Großküchen aber auch an Biergärten und andere Gastronomie. Die Abnehmer in den Großküchen haben wenig Personal zur Verfügung, oft auch wenig Geld. Sie erhalten von uns daher gesunde und ballaststoffreiche Bio-Lebensmittel aus der Region, die ihnen durch die Vorverarbeitung im Alltag dennoch Arbeitsschritte sparen.
Im Grunde verstehen wir uns als ein Teil der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette, der hochwertige regionale Erzeugnisse verarbeitet und haltbar macht. Hier im Raum München gibt es nämlich kein Konservenwerk wie uns.
Wie sieht die Zusammenarbeit mit Ihren Partnerlandwirten aus?
Wiest: Einen Teil unserer Ware beziehen wir über eine örtliche Mühle, die Draxmühle, die sich auf die Verarbeitung von alten Sorten spezialisiert hat. Das meiste kriegen wir aber mittlerweile direkt von unseren Partnerlandwirten. Hier können wir auf ein bestehendes Netzwerk von 10 bis 15 Lieferanten zurückgreifen, die uns regelmäßig beliefern. Derzeit sind das ausschließlich bio-zertifizierte Betriebe, aber das hat verarbeitungstechnische Gründe. Wir wollen zukünftig auch mit konventionellen Betrieben zusammenarbeiten, die spannende Sorten anbauen.
Suchen Sie noch neue Partnerlandwirte?
Wiest: Ja! Wir sind immer auf der Suche nach neuen Sorten, die wir aufnehmen können. Ganz konkret suchen wir Erzeuger, die uns Hülsenfrüchte, am liebsten spannende Bohnen, wie weiße Bohnen oder Borlotti-Bohnen anbauen.
Müssen es unbedingt alte Sorten sein, die Landwirte Ihnen anbieten können?
Wiest: Nein. Bei der Bezeichnung bin ich sowieso lieber vorsichtig. Der Begriff "alte Sorten" ist nicht geschützt. Im Marketing wird da auch viel Schindluder mit betrieben. Wir suchen nicht zwangsläufig alte Sorten, sondern einfach besondere. Sie sollen in erster Linie gut schmecken, dürfen aber gern auch optisch besonders aussehen. Die Black Turtle Bohne ist beispielsweise keine alte Sorte, aber für den regionalen Anbau geeignet, geschmacklich überzeugend und in der Küche vielseitig verwendbar.
Gibt es Mindestmengen, die Sie benötigen?
Wiest: Nein, wenn wir neue Betriebe finden, die etwas Spannendes anbauen, schauen wir, was da ist - und nehmen davon so viel wie möglich ab.
Gerade versuchen wir zum Beispiel unseren Kunden eine Schwarze Nacktgerste schmackhaft zu machen. Ich kaufe auch mal 25 kg von etwas Neuem ab, um es einfach mal ausprobieren zu können. Vieles beruht auf individuellen Absprachen. Wir gucken, welcher Betrieb was im Angebot hat, und schauen dann, wie wir das im Verkauf pushen können.
Um mal ein Gefühl dafür zu bekommen, welche Mengen Sie bisher absetzen: Können Sie uns hier Einblicke geben?
Wiest: Ich würde schätzen, dass wir 2023 zwischen 5 und 10 Tonnen Rohware vermarkten konnten. Wir sind klein - aber wir wollen wachsen.
Was macht alte Sorten so besonders?
Wieso konzentrieren Sie sich überhaupt auf alte, bzw. besondere Sorten und Urgetreide?
Wir suchen Sorten, die gut schmecken und schön aussehen. Rotkernweizen schaut einfach super aus! Champagnerroggen schmeckt sehr aromatisch. Und mit am wichtigsten: Wir suchen Sorten, von denen uns die Partnerbetriebe sagen, dass sie im Anbau Sinn machen. Wir wollen Vielfalt auf die Äcker und auf die Teller bringen. Wer unser Probierpaket bestellt, hat quasi eine ganze Fruchtfolge auf dem Teller. Wenn wir möglichst viele Sorten an die Leute bringen, kann der Landwirt in der Fruchtfolge viel rotieren und dem Boden etwas Gutes tun.
Außerdem berichten die Landwirte, dass viele alten Sorten mit dem Klimawandel besser zurecht kommen, widerstandsfähiger sind und weniger Input wie Dünger und Pflanzenschutzmittel benötigen. Dann rentiert sich der Anbau auch.
Nicht zuletzt verfügen unsere Sorten über spannende Mikronährstoffprofile.
Was sind die nächsten Pläne?
Wiest: Dieses Jahr bringen wir neue Produkte auf den Markt, testen weiter Neues und suchen eine größere Produktionsstätte.
Ideen kommen dabei auch mal von den Betrieben. Ein Partnerlandwirt hat mich kürzlich gefragt, ob wir nicht etwas aus dem anfallenden Buchweizenbruch machen können. Jetzt nutzen wir das als Buchweizenstärke beim Einkochen von Pürees und Eintöpfen, sodass diese cremig werden. Bevor wir da Industriestärke nehmen, nutzen wir doch das, was sowieso anfällt.
Außerdem experimentieren wir mit Hülsenfrucht-Tofus. Bei den Schwarzen Bohnen fällt ebenfalls Bruch an, den man eben zu Tofu verarbeiten kann. Bei den Hülsenfrüchten gibt es viele Möglichkeiten.
Nebenbei suchen wir eine größere Produktionsanlage im Raum München, die bestenfalls für Lebensmittelproduktion zugelassen ist.