Agrardiesel: Warum Strom, Wasserstoff und Biomethan ihn nicht ersetzen können
Alternativen zum Agrardiesel wären jetzt sehr willkommen, sind aber noch nicht ausgereift. Einblicke in den Stand der Dinge in Sachen alternative Antriebe.
Ob elektrische Antriebe, grüner Wasserstoff oder nachhaltige Kraftstoffe auf Basis von Biomethan – es gibt sie, die Alternativen zum Agrardiesel. Aber wird die Diskussion um ihren Einsatz in der Landwirtschaft differenziert genug geführt? Am vergangenen Donnerstag auf dem innovate-Kongress in Osnabrück schon. Dort besprach top agrar Chefredakteur Guido Höner das Thema auf dem von der Verbindungsstelle Landwirtschaft-Industrie (VLI) gesponserten Podium mit Landwirtin Marie Hoffmann, Unternehmer Hubert Loick, Claas-Experte Patrick Ahlbrand und Startup-Gründer in der Biomethan-Branche, Henning Dicks. Schnell wurde klar: Es gibt sie, die nachhaltigen Alternativen. Aber nicht jeder nachhaltige Kraftstoff eignet sich auch für jeden Einsatzbereich.
„Jede Technologie hat ihre Daseinsberechtigung“, sagte etwa Patrick Ahlbrand vom Landmaschinenhersteller Claas. Aber man müsse "ideologiefrei" darüber diskutieren, für welchen Zweck welche Technologie Sinn macht.So kommt Batterietechnologie bereits in kleineren Maschinen wie Hofladern, Futtermischwagen und kleineren Traktorenzum Einsatz, um die Menge an fossiler Energie in der Landwirtschaft zu reduzieren. "Im Moment ist Batterietechnologie noch teuer, aber wird ja ständig weiterentwickelt", sagte der Landtechnik-Experte. Bei schweren Aktivitäten auf dem Feld sehe das allerdings anders aus. "Der Xerion wiegt jetzt schon 16t. Mit einer Batterie würde doppelt so schwer."
Landwirtin Marie Hoffmann gab die Ladezeiten bei E-Schleppern zu bedenken. Sie überlegt, auf ihrem Betrieb mit Anbau von grünem Spargel in Zukunft beispielsweise elektrisch betriebene Schmalspurtraktoren einzusetzen. Allerdings liege hier die Laufzeit unter Volllast nur bei rund fünf Stunden. "Du musst deinen Tagesablauf dann schon auf die Ladezeiten ausrichten", so die Junglandwirtin.
Dennoch sieht Hoffmann Potenzial in der Stromerzeugung auf landwirtschaftlichen Betrieben. Wenn dieser dann noch für den Maschinenantrieb verwendet werden kann - umso besser. Hoffmann glaubt, dass gerade vor dem Hintergrund der Flächenkonkurrenz Agri-PV-Konzepte wichtiger werden. "Vor allem in dichtbesiedelten Gebieten müssen wir Ansätze der Doppel- oder Dreifachnutzung der Flächen umsetzen, also Strom- und Lebensmittelerzeugung sowie Biodiversitätsförderung." Sie plant übrigens in diesem Bereich eine Doktorarbeit zu schreiben.
Alternative, flüssige Kraftstoffe
Für schwere Feldarbeiten sieht Claas-Mitarbeiter Patrick Ahlbrand die Zukunft eher in nachhaltigen, flüssigen Kraftstoffen. "Flüssig, weil die Energiedichte dann höher ist und sich flüssige Kraftstoffe einfacher transportieren lassen." Hier sei sogenanntes HVO, hydriertes Pflanzenöl,eine denkbare Alternative. Dies sei ein "hochintensiver Kraftstoff", der den großen Vorteil hat, dass er mit vorhandener Infrastruktur verwendet werden kann, so Ahlbrand.
Wir werden keine Bio-LNG Trecker von Claas sehen."
Patrick Ahlbrand
Verflüssigtes Biogas, also LNG, als Kraftstoff für Traktoren zu nutzen, wie es CNH mit seiner Marke New Holland tut, sieht Ahlbrand für seinen Arbeitgeber nicht. "Wir werden auf absehbare Zeit keine LNG-Trecker von Claas sehen", legt er sich fest.
Startup-Gründer Henning Dicks, der mit seinem Unternehmen agriportance u.a. im Bio-LNG-Markt aktiv ist, stimmte dem zu. Es sei sehr aufwendig, die Infrastruktur für die Aufbereitung von Biogas zu Bio-LNG aufzubauen. Einzelne Traktoren damit zu tanken, sei nicht das passendste Einsatzgebiet. Bio-LNG sei hingegen sinnvoll für den Schwerlastbereich und damit etwas für Unternehmen, die eine Flotte LKWs damit betanken können.
"Wasserstoff war schon oft Hoffnungsträger", sagte Loick AG-Vorstand Hubert Loick. "Aber diesmal bin ich mir hundertpro sicher." Der Unternehmer sieht großes Potenzial im Wasserstoff als chemischen Grundstoff, in der Kunststoffproduktion und auch in der Mobilität, z.B. im Schwerlastbereich.
"Wasserstoff ist für die Landwirtschaft ein Glücksfall", bestätigte Patrick Ahlbrand von Claas. "Weil wir die Energie, die wir produzieren, so besser speichern können." So plant Loick derzeit, Solaranlagen mit einem Elektrolyseur zu koppeln und zu Zeiten, wenn erneuerbarer Strom im Überfluss vorhanden ist, Wasserstoff herzustellen. Im Einsatz als Kraftstoff für Landmaschinen käme Wasserstoff hingegen weniger infrage. "Das sollten wir besser für die energieintensive Industrie vorhalten, als es selbst zu nutzen."
Bremst Agrardieselrückvergütung andere Kraftstoffe aus?
Generell sei es relativ schnell möglich, andere, nachhaltigere Kraftstoffe in jeweils passende Einsatzbereiche in der Landwirtschaft einzusetzen, glauben die Diskutanten. Auch aus dem Publikum der innovate kam kein Widerspruch. Da Agrardiesel allerdings als alleiniger Kraftstoff subventioniert werde, hätten Landwirte, die umstellen wollen, weniger Anreize, darauf umzustellen.
Zum Schluss stellten die Podiumsteilnehmer noch andere Forderungen an die Politik und waren sich darin überwiegend einig.
Der differenzierte Blick auf die verschiedenen Technologien im Kraftstoffbereich für verschiedene Einsatzbereiche sei essentiell.
Die Technologiesicht des Automobilsektors dürfte nicht eins zu eins auf die Landtechnikindustrie übertragen werden. Dort herrsche eine ganz andere Situation vor. Das gilt vor allem für die Elektromobilität.
Sich dabei schon im Vorfeld nicht allzu sehr auf eine Technologie festzulegen, sondern offen für andere Wege zu bleiben und ideologiefrei zu diskutieren, sei ungemein wichtig.
Mehr Fokus hingegen sei sinnvoll, wenn es umregionale Wertschöpfung geht.
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Ob elektrische Antriebe, grüner Wasserstoff oder nachhaltige Kraftstoffe auf Basis von Biomethan – es gibt sie, die Alternativen zum Agrardiesel. Aber wird die Diskussion um ihren Einsatz in der Landwirtschaft differenziert genug geführt? Am vergangenen Donnerstag auf dem innovate-Kongress in Osnabrück schon. Dort besprach top agrar Chefredakteur Guido Höner das Thema auf dem von der Verbindungsstelle Landwirtschaft-Industrie (VLI) gesponserten Podium mit Landwirtin Marie Hoffmann, Unternehmer Hubert Loick, Claas-Experte Patrick Ahlbrand und Startup-Gründer in der Biomethan-Branche, Henning Dicks. Schnell wurde klar: Es gibt sie, die nachhaltigen Alternativen. Aber nicht jeder nachhaltige Kraftstoff eignet sich auch für jeden Einsatzbereich.
„Jede Technologie hat ihre Daseinsberechtigung“, sagte etwa Patrick Ahlbrand vom Landmaschinenhersteller Claas. Aber man müsse "ideologiefrei" darüber diskutieren, für welchen Zweck welche Technologie Sinn macht.So kommt Batterietechnologie bereits in kleineren Maschinen wie Hofladern, Futtermischwagen und kleineren Traktorenzum Einsatz, um die Menge an fossiler Energie in der Landwirtschaft zu reduzieren. "Im Moment ist Batterietechnologie noch teuer, aber wird ja ständig weiterentwickelt", sagte der Landtechnik-Experte. Bei schweren Aktivitäten auf dem Feld sehe das allerdings anders aus. "Der Xerion wiegt jetzt schon 16t. Mit einer Batterie würde doppelt so schwer."
Landwirtin Marie Hoffmann gab die Ladezeiten bei E-Schleppern zu bedenken. Sie überlegt, auf ihrem Betrieb mit Anbau von grünem Spargel in Zukunft beispielsweise elektrisch betriebene Schmalspurtraktoren einzusetzen. Allerdings liege hier die Laufzeit unter Volllast nur bei rund fünf Stunden. "Du musst deinen Tagesablauf dann schon auf die Ladezeiten ausrichten", so die Junglandwirtin.
Dennoch sieht Hoffmann Potenzial in der Stromerzeugung auf landwirtschaftlichen Betrieben. Wenn dieser dann noch für den Maschinenantrieb verwendet werden kann - umso besser. Hoffmann glaubt, dass gerade vor dem Hintergrund der Flächenkonkurrenz Agri-PV-Konzepte wichtiger werden. "Vor allem in dichtbesiedelten Gebieten müssen wir Ansätze der Doppel- oder Dreifachnutzung der Flächen umsetzen, also Strom- und Lebensmittelerzeugung sowie Biodiversitätsförderung." Sie plant übrigens in diesem Bereich eine Doktorarbeit zu schreiben.
Alternative, flüssige Kraftstoffe
Für schwere Feldarbeiten sieht Claas-Mitarbeiter Patrick Ahlbrand die Zukunft eher in nachhaltigen, flüssigen Kraftstoffen. "Flüssig, weil die Energiedichte dann höher ist und sich flüssige Kraftstoffe einfacher transportieren lassen." Hier sei sogenanntes HVO, hydriertes Pflanzenöl,eine denkbare Alternative. Dies sei ein "hochintensiver Kraftstoff", der den großen Vorteil hat, dass er mit vorhandener Infrastruktur verwendet werden kann, so Ahlbrand.
Wir werden keine Bio-LNG Trecker von Claas sehen."
Patrick Ahlbrand
Verflüssigtes Biogas, also LNG, als Kraftstoff für Traktoren zu nutzen, wie es CNH mit seiner Marke New Holland tut, sieht Ahlbrand für seinen Arbeitgeber nicht. "Wir werden auf absehbare Zeit keine LNG-Trecker von Claas sehen", legt er sich fest.
Startup-Gründer Henning Dicks, der mit seinem Unternehmen agriportance u.a. im Bio-LNG-Markt aktiv ist, stimmte dem zu. Es sei sehr aufwendig, die Infrastruktur für die Aufbereitung von Biogas zu Bio-LNG aufzubauen. Einzelne Traktoren damit zu tanken, sei nicht das passendste Einsatzgebiet. Bio-LNG sei hingegen sinnvoll für den Schwerlastbereich und damit etwas für Unternehmen, die eine Flotte LKWs damit betanken können.
"Wasserstoff war schon oft Hoffnungsträger", sagte Loick AG-Vorstand Hubert Loick. "Aber diesmal bin ich mir hundertpro sicher." Der Unternehmer sieht großes Potenzial im Wasserstoff als chemischen Grundstoff, in der Kunststoffproduktion und auch in der Mobilität, z.B. im Schwerlastbereich.
"Wasserstoff ist für die Landwirtschaft ein Glücksfall", bestätigte Patrick Ahlbrand von Claas. "Weil wir die Energie, die wir produzieren, so besser speichern können." So plant Loick derzeit, Solaranlagen mit einem Elektrolyseur zu koppeln und zu Zeiten, wenn erneuerbarer Strom im Überfluss vorhanden ist, Wasserstoff herzustellen. Im Einsatz als Kraftstoff für Landmaschinen käme Wasserstoff hingegen weniger infrage. "Das sollten wir besser für die energieintensive Industrie vorhalten, als es selbst zu nutzen."
Bremst Agrardieselrückvergütung andere Kraftstoffe aus?
Generell sei es relativ schnell möglich, andere, nachhaltigere Kraftstoffe in jeweils passende Einsatzbereiche in der Landwirtschaft einzusetzen, glauben die Diskutanten. Auch aus dem Publikum der innovate kam kein Widerspruch. Da Agrardiesel allerdings als alleiniger Kraftstoff subventioniert werde, hätten Landwirte, die umstellen wollen, weniger Anreize, darauf umzustellen.
Zum Schluss stellten die Podiumsteilnehmer noch andere Forderungen an die Politik und waren sich darin überwiegend einig.
Der differenzierte Blick auf die verschiedenen Technologien im Kraftstoffbereich für verschiedene Einsatzbereiche sei essentiell.
Die Technologiesicht des Automobilsektors dürfte nicht eins zu eins auf die Landtechnikindustrie übertragen werden. Dort herrsche eine ganz andere Situation vor. Das gilt vor allem für die Elektromobilität.
Sich dabei schon im Vorfeld nicht allzu sehr auf eine Technologie festzulegen, sondern offen für andere Wege zu bleiben und ideologiefrei zu diskutieren, sei ungemein wichtig.
Mehr Fokus hingegen sei sinnvoll, wenn es umregionale Wertschöpfung geht.