Auch Milchvieh-, Sauen- und Hühnerhalter müssen seit Jahresbeginn Antibiotikabehandlungen in der staatlichen Antibiotika-Datenbank (TAM) registrieren. Waren bis dahin nur Mäster betroffen, kommen jetzt neu hinzu:
Milchkühe,
Kälber, die nicht im Tierhaltungsbetrieb geboren wurden,
Zuchtschweine (Sauen und Eber) sowie Saugferkel,
Jung- und Legehennen.
Wer ist meldepflichtig?
Meldepflichtig wird nur, wer die Bestandsgrenzen in Übersicht 1 überschreitet, so etwa Milchviehhalter mit mehr als 25 Kühen im Halbjahresschnitt oder Ferkelerzeuger mit mehr als 85 Sauen. Kleinere Betriebe sind nicht betroffen.
Für Mastschweine, -hähnchen und -puten, deren Antibiotikaverbrauch schon seit 2014 erfasst wird, besteht weiterhin Meldepflicht. Nicht meldepflichtig sind Jungsauen bis zur Einstallung in den Stall bzw. die Quarantäne.
Mastrinder über acht Monate sind aus dem Katalog gestrichen worden. Meldepflichtig sind hingegen Kälber unter zwölf Monaten, die nicht auf dem Betrieb geboren sind, wenn der Halbjahresdurchschnitt 25 Tiere übersteigt. Dies betrifft nicht nur Kälber- und Bullenmäster, sondern auch Fresser- und Färsenaufzuchtbetriebe.
Fast alle „Neumelder“ sind bereits im Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (HI-Tier) erfasst. Allerdings gilt das nicht automatisch für die TAM-Datenbank. Dort haben sich bislang nur wenige neu eingetragen.
Neu dabei – jetzt anmelden
Wer das versäumt hat, wählt in der HIT-Datenbank das „Auswahlmenü Tierarzneimittel/Antibiotika (TAM)“. Im Fenster „Eingabe Nutzungsart“ setzt er für jede Nutzungsart des Betriebs einzeln ein Häkchen und speichert die Eingabe durch „Einfügen“ ab. Dies sollte rechtzeitig erfolgen – spätestens aber bis zum 14. Juli 2023, damit Meldungen für das erste Halbjahr möglich sind.
Auch Tierhalter, die bislang bei TAM gemeldet haben, müssen neue Nutzungsarten angeben. So müssen Sauenhalter jetzt „Zuchtschweine“ und „Saugferkel“ neu in der TAM-Datenbank angelegen.
Antibiotika? Nur der Tierarzt
Die zweite Neuerung: Seit Januar dürfen nur noch Tierärzte Verschreibungen, Anwendungen oder Abgabe von Antibiotika in die Datenbank melden. Sie können diese Meldeverpflichtung an Dritte wie QS übertragen. Die Tierhalterversicherung, die Landwirte bislang einreichen mussten, wurde ersatzlos gestrichen.
Tierärzte müssen Antibiotika für alle Betriebsgrößen melden. In der TAM-Datenbank werden nur Daten der meldepflichtigen Tierarten aus Übersicht 1 registriert.
Landwirt meldet Tierzahlen
Der Tierhalter muss für jede Nutzungsart den Bestand melden, der zu Beginn des Halbjahrs gehalten wurde. Ebenso alle Bestandsveränderungen – auch verendete oder notgetötete Tiere. Ausnahme: Hat eine Nutzungsart keinerlei Antibiotika erhalten, muss der Tierhalter eine Nullmeldung abgeben. Die Tierzahlmeldung entfällt dann.
Er kann einen Dritten mit den Meldungen beauftragen, wenn er dies der zuständigen Behörde bzw. in der TAM-Datenbank anzeigt. Der halbjährliche Rhythmus bleibt: Fürs erste Halbjahr Meldung bis bis zum 14. Juli, fürs zweite Halbjahr bis zum 14. Januar des Folgejahrs. Zugelassen sind nur elektronische Meldungen.
Sauenhalter müssen für jede Nutzungsart Zu- und Abgänge melden: So das Absetzen der Ferkel als Abgang in der Nutzungsart „Saugferkel“, parallel die Einstallung ins Flatdeck als Zugang in der Nutzungsart „Ferkel bis 30 kg“.
Derzeit sind noch nicht alle Funktionen der TAM-Datenbank an die neue Rechtslage angepasst. Es ist aber davon auszugehen, dass Rinderhalter ihre Meldungen aus der HI-Tier-Datenbank übernehmen können. Dazu setzen sie unter dem Menüpunkt „Eingabe Tierbestand/Bestandsveränderungen“ einen Haken an den Unterpunkt „Vorschlag/Übernahme Tierbestand/-veränderungen aus VVVO-Meldungen für Rinder“. Damit werden gleichzeitig zugegangene Rinder, die älter als zwölf Monate und nicht mehr meldepflichtig sind, aus der TAM-Datenbank abgemeldet.
Beschleunigter Zeitplan
Der neue Terminplan ist in Übersicht 2 dargestellt:
1. Februar bzw. 1. August: Die betriebliche Therapiehäufigkeit wird halbjährlich für jede gehaltene Nutzungsart berechnet. Tierhalter können die Werte ihres Betriebs in der TAM-Datenbank abrufen. Es empfiehlt sich, auch die Tierarztpraxis dafür freizuschalten, damit ein Überschreiten der Grenzwerte nicht übersehen wird. Wer auf Nummer Sicher gehen will, wählt eine schriftliche Benachrichtigung durch das Veterinäramt. Die Gebühr beträgt meistens 10 €.
15. Februar: Die bundesweiten Antibiotika-Kennzahlen werden veröffentlicht – sowohl auf der Internetseite des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmit-telsicherheit (BVL) als auch in der TAM-Datenbank. Das BVL errechnet aus allen meldepflichtigen Antibiotikaverbräuchen des Vorjahrs den Median (Kennzahl 1) und das 3. Quartil (Kennzahl 2). Diese gelten künftig für ein Jahr und werden erstmals 2024 veröffentlicht. Von den bundesweit ermittelten Therapiehäufigkeiten liegen 50 % unterhalb der Kennzahl 1 und 25 % oberhalb der Kennzahl 2.
1. März bzw. 1. September: Tierhalter müssen ihre betriebliche Therapiehäufigkeit anhand der BVL-Kennzahlen einordnen und dies in ihren Unterlagen dokumentieren. Übersteigt der eigene Wert Kennzahl 1, ermittelt der Landwirt mit seinem Hoftierarzt Ursachen und überlegt, wie sich der Antibiotikaeinsatz künftig verringern lässt.
1. April bzw. 1. Oktober: Wird die Kennzahl 2 überschritten, müssen Landwirt und Tierarzt einen schriftlichen Maßnahmenplan erstellen und beim Veterinäramt vorlegen. Dauert die Umsetzung länger als sechs Monate, muss ein Zeitplan ergänzt werden. Überschreitet ein Betrieb Kennzahl 2 zweimal in Folge, muss er keinen neuen Maßnahmenplan einreichen.
Faktor 3 bis 5 möglich
Die Therapiehäufigkeit ist die Anzahl der Tage im Halbjahr, an denen ein Tier im Durchschnitt mit einem Wirkstoff behandelt wurde. Dabei bekommen kritische Antibiotika ein stärkeres Gewicht. Je höher ihr Anteil, umso mehr steigt die betriebliche Therapiehäufigkeit. Darunter fallen:
Antibiotika mit besonderer Bedeutung für die Humanmedizin: Dazu gehören Fluorchinolone, Cephalosporine der 3. und 4. Generation sowie Colistin. Jeder Behandlungstag wird mit dem Faktor 3 multipliziert.
One-Shot-Präparate: Hier hält der therapeutische Wirkstoffspiegel nach einmaliger Anwendung länger als 24 Stunden. Seit Beginn des Jahres gilt der Faktor 5.
Long-Acting-Präparate: Bei Langzeitantibiotika, die mehrmals eingesetzt werden, gilt folgende Formel: Wirktage = (1 + Anzahl Intervalltage) x Behandlungstage.
Veterinärämter dürfen mehr
Das Veterinäramt kann bei Betrieben mit Maßnahmenplan eingreifen, um den Antibiotikaeinsatz zu verringern. Folgende Maßnahmen können zum Einsatz kommen:
Maßnahmenplan durch einen zweiten Tierarzt überarbeiten,
anerkannte Leitlinien über die Anwendung antibiotisch wirksamer Arzneimittel beachten,
Haltung, Fütterung, Besatzdichte, Hygiene, Einrichtung und Ausstattung der Ställe vorgeben,
Impfung der Tiere,
temporäre Anwendung von Antibiotika nur durch den Tierarzt, wenn die Therapiehäufigkeit zweimal in Folge erheblich oberhalb der Kennzahl 2 liegt,
vertiefte mikrobiologische Diagnostik.
Wird auch diese Anordnung nicht befolgt, kann im Extrem angeordnet werden, dass die Tierhaltung für längstens drei Jahre ruhen muss.
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Auch Milchvieh-, Sauen- und Hühnerhalter müssen seit Jahresbeginn Antibiotikabehandlungen in der staatlichen Antibiotika-Datenbank (TAM) registrieren. Waren bis dahin nur Mäster betroffen, kommen jetzt neu hinzu:
Milchkühe,
Kälber, die nicht im Tierhaltungsbetrieb geboren wurden,
Zuchtschweine (Sauen und Eber) sowie Saugferkel,
Jung- und Legehennen.
Wer ist meldepflichtig?
Meldepflichtig wird nur, wer die Bestandsgrenzen in Übersicht 1 überschreitet, so etwa Milchviehhalter mit mehr als 25 Kühen im Halbjahresschnitt oder Ferkelerzeuger mit mehr als 85 Sauen. Kleinere Betriebe sind nicht betroffen.
Für Mastschweine, -hähnchen und -puten, deren Antibiotikaverbrauch schon seit 2014 erfasst wird, besteht weiterhin Meldepflicht. Nicht meldepflichtig sind Jungsauen bis zur Einstallung in den Stall bzw. die Quarantäne.
Mastrinder über acht Monate sind aus dem Katalog gestrichen worden. Meldepflichtig sind hingegen Kälber unter zwölf Monaten, die nicht auf dem Betrieb geboren sind, wenn der Halbjahresdurchschnitt 25 Tiere übersteigt. Dies betrifft nicht nur Kälber- und Bullenmäster, sondern auch Fresser- und Färsenaufzuchtbetriebe.
Fast alle „Neumelder“ sind bereits im Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (HI-Tier) erfasst. Allerdings gilt das nicht automatisch für die TAM-Datenbank. Dort haben sich bislang nur wenige neu eingetragen.
Neu dabei – jetzt anmelden
Wer das versäumt hat, wählt in der HIT-Datenbank das „Auswahlmenü Tierarzneimittel/Antibiotika (TAM)“. Im Fenster „Eingabe Nutzungsart“ setzt er für jede Nutzungsart des Betriebs einzeln ein Häkchen und speichert die Eingabe durch „Einfügen“ ab. Dies sollte rechtzeitig erfolgen – spätestens aber bis zum 14. Juli 2023, damit Meldungen für das erste Halbjahr möglich sind.
Auch Tierhalter, die bislang bei TAM gemeldet haben, müssen neue Nutzungsarten angeben. So müssen Sauenhalter jetzt „Zuchtschweine“ und „Saugferkel“ neu in der TAM-Datenbank angelegen.
Antibiotika? Nur der Tierarzt
Die zweite Neuerung: Seit Januar dürfen nur noch Tierärzte Verschreibungen, Anwendungen oder Abgabe von Antibiotika in die Datenbank melden. Sie können diese Meldeverpflichtung an Dritte wie QS übertragen. Die Tierhalterversicherung, die Landwirte bislang einreichen mussten, wurde ersatzlos gestrichen.
Tierärzte müssen Antibiotika für alle Betriebsgrößen melden. In der TAM-Datenbank werden nur Daten der meldepflichtigen Tierarten aus Übersicht 1 registriert.
Landwirt meldet Tierzahlen
Der Tierhalter muss für jede Nutzungsart den Bestand melden, der zu Beginn des Halbjahrs gehalten wurde. Ebenso alle Bestandsveränderungen – auch verendete oder notgetötete Tiere. Ausnahme: Hat eine Nutzungsart keinerlei Antibiotika erhalten, muss der Tierhalter eine Nullmeldung abgeben. Die Tierzahlmeldung entfällt dann.
Er kann einen Dritten mit den Meldungen beauftragen, wenn er dies der zuständigen Behörde bzw. in der TAM-Datenbank anzeigt. Der halbjährliche Rhythmus bleibt: Fürs erste Halbjahr Meldung bis bis zum 14. Juli, fürs zweite Halbjahr bis zum 14. Januar des Folgejahrs. Zugelassen sind nur elektronische Meldungen.
Sauenhalter müssen für jede Nutzungsart Zu- und Abgänge melden: So das Absetzen der Ferkel als Abgang in der Nutzungsart „Saugferkel“, parallel die Einstallung ins Flatdeck als Zugang in der Nutzungsart „Ferkel bis 30 kg“.
Derzeit sind noch nicht alle Funktionen der TAM-Datenbank an die neue Rechtslage angepasst. Es ist aber davon auszugehen, dass Rinderhalter ihre Meldungen aus der HI-Tier-Datenbank übernehmen können. Dazu setzen sie unter dem Menüpunkt „Eingabe Tierbestand/Bestandsveränderungen“ einen Haken an den Unterpunkt „Vorschlag/Übernahme Tierbestand/-veränderungen aus VVVO-Meldungen für Rinder“. Damit werden gleichzeitig zugegangene Rinder, die älter als zwölf Monate und nicht mehr meldepflichtig sind, aus der TAM-Datenbank abgemeldet.
Beschleunigter Zeitplan
Der neue Terminplan ist in Übersicht 2 dargestellt:
1. Februar bzw. 1. August: Die betriebliche Therapiehäufigkeit wird halbjährlich für jede gehaltene Nutzungsart berechnet. Tierhalter können die Werte ihres Betriebs in der TAM-Datenbank abrufen. Es empfiehlt sich, auch die Tierarztpraxis dafür freizuschalten, damit ein Überschreiten der Grenzwerte nicht übersehen wird. Wer auf Nummer Sicher gehen will, wählt eine schriftliche Benachrichtigung durch das Veterinäramt. Die Gebühr beträgt meistens 10 €.
15. Februar: Die bundesweiten Antibiotika-Kennzahlen werden veröffentlicht – sowohl auf der Internetseite des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmit-telsicherheit (BVL) als auch in der TAM-Datenbank. Das BVL errechnet aus allen meldepflichtigen Antibiotikaverbräuchen des Vorjahrs den Median (Kennzahl 1) und das 3. Quartil (Kennzahl 2). Diese gelten künftig für ein Jahr und werden erstmals 2024 veröffentlicht. Von den bundesweit ermittelten Therapiehäufigkeiten liegen 50 % unterhalb der Kennzahl 1 und 25 % oberhalb der Kennzahl 2.
1. März bzw. 1. September: Tierhalter müssen ihre betriebliche Therapiehäufigkeit anhand der BVL-Kennzahlen einordnen und dies in ihren Unterlagen dokumentieren. Übersteigt der eigene Wert Kennzahl 1, ermittelt der Landwirt mit seinem Hoftierarzt Ursachen und überlegt, wie sich der Antibiotikaeinsatz künftig verringern lässt.
1. April bzw. 1. Oktober: Wird die Kennzahl 2 überschritten, müssen Landwirt und Tierarzt einen schriftlichen Maßnahmenplan erstellen und beim Veterinäramt vorlegen. Dauert die Umsetzung länger als sechs Monate, muss ein Zeitplan ergänzt werden. Überschreitet ein Betrieb Kennzahl 2 zweimal in Folge, muss er keinen neuen Maßnahmenplan einreichen.
Faktor 3 bis 5 möglich
Die Therapiehäufigkeit ist die Anzahl der Tage im Halbjahr, an denen ein Tier im Durchschnitt mit einem Wirkstoff behandelt wurde. Dabei bekommen kritische Antibiotika ein stärkeres Gewicht. Je höher ihr Anteil, umso mehr steigt die betriebliche Therapiehäufigkeit. Darunter fallen:
Antibiotika mit besonderer Bedeutung für die Humanmedizin: Dazu gehören Fluorchinolone, Cephalosporine der 3. und 4. Generation sowie Colistin. Jeder Behandlungstag wird mit dem Faktor 3 multipliziert.
One-Shot-Präparate: Hier hält der therapeutische Wirkstoffspiegel nach einmaliger Anwendung länger als 24 Stunden. Seit Beginn des Jahres gilt der Faktor 5.
Long-Acting-Präparate: Bei Langzeitantibiotika, die mehrmals eingesetzt werden, gilt folgende Formel: Wirktage = (1 + Anzahl Intervalltage) x Behandlungstage.
Veterinärämter dürfen mehr
Das Veterinäramt kann bei Betrieben mit Maßnahmenplan eingreifen, um den Antibiotikaeinsatz zu verringern. Folgende Maßnahmen können zum Einsatz kommen:
Maßnahmenplan durch einen zweiten Tierarzt überarbeiten,
anerkannte Leitlinien über die Anwendung antibiotisch wirksamer Arzneimittel beachten,
Haltung, Fütterung, Besatzdichte, Hygiene, Einrichtung und Ausstattung der Ställe vorgeben,
Impfung der Tiere,
temporäre Anwendung von Antibiotika nur durch den Tierarzt, wenn die Therapiehäufigkeit zweimal in Folge erheblich oberhalb der Kennzahl 2 liegt,
vertiefte mikrobiologische Diagnostik.
Wird auch diese Anordnung nicht befolgt, kann im Extrem angeordnet werden, dass die Tierhaltung für längstens drei Jahre ruhen muss.